Rote Hilfe:

Spendenaufruf

Auf Grund ihres antisexistischen Engagements gegen einen übergriffigen Lehrenden wurde eine Genossin zu hohen Strafzahlungen verurteilt. Wir verstehen diese Unterlassungsklagen und Entschädigungsgelder eindeutig als Repression gegen feministische Kämpfe, um Betroffene mundtot zu machen und rufen euch daher dazu auf, Kohle für sie zu spenden, damit die Genossin nicht auf den (hohen) Restkosten sitzen bleibt, die wir nicht abdecken konnten.

Zum Hintergrund:

Die Betroffene beschwerte sich beim Gleichstellungsbüro ihrer Universität über einen ihr gegenüber übergriffigen Lehrenden. Das eingeschaltete Büro ergriff jedoch keine Konsequenzen gegen den Täter und drohte stattdessen ihr und weiteren Betroffenen mit Konsequenzen,
sollten die Vorfälle öffentlich werden. Als Reaktion machte die Betroffene das Verhalten der Universität öffentlich und willigte zu einem Gespräch mit der FAZ ein, die über die Vorfälle berichtete. Daraufhin erhielt sie vom Anwalt des übergriffigen Lehrenden eine Aufforderung eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie es in Zukunft unterlassen würde von den Vorfällen zu sprechen. Es kam für die Betroffene nicht in Frage zu unterschreiben und Stillschweigen zu bewahren. In Absprache mit ihrer Anwältin erstattete sie Anzeige wegen sexueller Belästigung. Diese Anzeige war u.a. notwendig, um gegen die Unterlassungsaufforderung vorgehen zu können. Da sie die Aufforderung nicht unterzeichnete, folgte eine Klage des Täters, um sie dazu zu zwingen. Gegenstand dieser Verhandlungen waren die Aussagen, die die Betroffene gegenüber der FAZ tätigte. Der Täter gewann den Prozess und die Betroffene darf über Teile der Vorfälle nicht sprechen, da sie die Taten nicht beweisen konnte – was für sexualisierte Gewalttaten typisch ist.
In der Folge hat der Täter in einer kombinierten, zweiten Klage 7500€ Entschädigung gefordert und zusätzlich weitere Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Dieser zweite Prozess ist mit einem Vergleich geendet, durch den die geforderte Summe deutlich gesenkt werden konnte.

Öffentlichkeitsarbeit und Erfolge:

Die Genossin hat viel Energie in Öffentlichkeitsarbeit gesteckt, sowohl innerhalb der linken Szene als auch über regionale und überregionale Presse. Sie thematisierte die Vorfälle, den Umgang des Gleichstellungsbüros und die juristische Auseinandersetzung unter anderem in der FAZ, weitere Medien berichteten in der Folge darüber. Überdies organisierte sie eine Kundgebung mit mehreren hundert Personen mit. Als Reaktion auf diese Proteste und die Berichterstattung hat die Universität eine Antidiskriminierungsrichtlinie verfasst, an der nun auch explizit studentische Vertreter*innen mitarbeiten durften, und in der festgehalten wurde, dass die Antidiskriminierungsberatungsstelle der Universität unabhängig und parteiisch im Sinne der Betroffenen ist. Des Weiteren fand sich eine Gruppe von Personen, die eine Unterstützungsgruppe gegründet und auch den Prozess solidarisch begleitet hat. Aus diesen Zusammenhängen ist eine neue Gruppe hervorgegangen, die explizit Betroffene sexualisierter Gewalt bei Gerichtsprozessen unterstützen möchte.

Bitte unterstützt die Genossin

spendet für die Kosten,
die die ganze Scheiße verursacht hat!
Rote Hilfe e.V. – Ortsgruppe Frankfurt
IBAN: DE24 4306 0967 4007 2383 90
BIC: GENODEM1GLS
Spendenstichwort:
Feministische Betätigung

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Anquatschversuch in Frankfurt/Main

Am 15. Juni klingelt bei der Familie einer Genossin, wo sie gemeldet ist, gegen Abend ein Mensch, der sich an der Freisprechanlage als DHL ausgibt und sich oben als Herr Müller vom Bundesverfassungsschutz vorstellt. Er sagt, er suche Frau X* und hätte Fragen zu Menschen aus Bremen. X* hält sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung auf, ihre Familie will erst mit ihr abklären, ob es ok ist, ihre Handynummer weiterzugeben. Herr Müller sagt, er würde am nächsten Tag nochmal vorbeikommen, was er auch tut. Der Bruder von X* gibt ihm die Telefonnummer, einen Tag später ruft Herr Müller X* an. Sie ist bereit, mit ihm zu telefonieren, weil sie sich dadurch erhofft, dass er nicht weiter ihre Familie belästigt. Er will sie zu einem Unternehmen aus Leipzig befragen, das er namentlich nicht nennt, aber meint, dass X* in der Vergangenheit für dieses gearbeitet hätte. X* sagt ihm, dass sie kein Interesse an einem Gespräch hat und legt auf. Danach wechselt sie ihre Handynummer.
Solltet ihr von Beamt*innen des Verfassungsschutzes angequatscht werdet, verweigert unbedingt jedes Gespräch! Ihr müsst kein Wort mit denen wechseln, da der VS keinerlei polizeiliche Befugnisse hat. Die VS-Mitarbeiterinnen versuchten gezielt, das Gespräch nicht einschüchternd, sondern vertraulich zu gestalten. Dass sie hierbei in die persönliche Sphäre der Person eingedrungen sind und den Eindruck von staatlicher Verfolgung hinterlassen, gehört zum psychisch-manipulierenden Vorgehen. Gebt keine Kontaktdaten oder andere Informationen weiter.
Es ist niemals eine Option mit dem VS zu reden. Deren Mitarbeiter*innen sind bestens geschult und lassen sich auch nicht austricksen. Jede Information, die diese in einem „unverfänglichen“ Gespräch erhalten, ist eine Information zu viel! Der Verfassungsschutz möchte Öffentlichkeit vermeiden. Daher: Meldet Euch bei der Roten Hilfe oder anderen Rechtshilfestrukturen, um das weitere Vorgehen zu besprechen und macht den Anquatschversuch öffentlich.

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Antifa Dokumentation:

Farbe gegen Wohnhaus von Felix Straubinger (IB)

Frankfurt am Main, 11. Juni 2020

Wir haben heute den IB-Aktivisten Felix Straubinger zu Hause besucht. Mit Parolen und Farbflaschen haben wir die Aussenfassade seines Hauses markiert. Straubinger ist seit einiger Zeit immer wieder bei Aktionen der Identitären Bewegung aufgefallen und wurde dankenswerterweise auch vor kurzem von Antifaschist*innen in die Öffentlichkeit gezogen.

Wer auch militant gegen Nazis im Rhein-Main Gebiet aktiv werden will findet im Netz vielerlei Hinweise. (https://­stadtlandvolk.noblogs.org/post/2019/02/04/­broschure-zum-rhein-main-gebiet-komplett/)
Felix wohnt übrigens mit seinen Eltern und Geschwistern an folgender Adresse:
Felix Straubinger, Am Windhag 3 63263 Frankfurt-Zeppelinheim

Den fünf minuten Auftritt mit seinen IB Kumpels auf der alten Oper vor wenigen Wochen nehmen wir zum Anlass noch mal eine Warnung auszusprechen. Frankfurt ist ein heisses Pflaster für Schweine wie dich, übrigens auch das Waldstadion wo du dich ja immer mal gern rumgetrieben hast.
Der rassistische Anschlag von Hanau bleibt unvergessen. Faschistische Strukturen angreifen, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!

Grüße an die von Repression betroffenen Freunde aus Leipzig – unser Kampf ist gerecht! Frankfurt bleibt nazifrei!
Autonome Antifas


Farbe gegen Haus einer Fundamentalistin

Frankfurt am Main, 13. Mai 2020
In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai haben wir das Haus der reaktionären Fundamentalistin Heidi Mund im Schelmenweg 18, Bergen-Enkheim, mit Farbe angegriffen und ihre Garage mit dem Schriftzug “Entnazifizierung Jetzt” verschönert. Außerdem haben wir Sauerkraut in ihren Briefkasten gekippt.
Nach dem Scheitern des Frankfurter Pegida-Ablegers “Freie Bürger für Frankfurt”, den Heidi Mund mit ihrem Mann Matthias organisiert hat, hatten wir eigentlich den Eindruck, dass Heidemarie Mund völlig in der politischen Irrelevanz verschwunden ist. Bis auf einige schwache Versuche, den Frauenkampftag für ihr rassistisches und antifeministisches Geschwurbel zu vereinnahmen, hatte man längere Zeit nichts mehr von ihr gehört.
Mit dem Aufkommen der verschwörungsideologischen Samstagsdemos sieht Heidi nun allerdings wieder ihren Moment gekommen und ist nun wieder öfter in der Stadt zu sehen. Letztes Wochenende führte sie einen “Spaziergang” der selbsternannten “Rebellen” über die Zeil, zusammen mit dem rechtsaußen Youtuber Henryk Stöckl. Die dort zur Schau gestellte Zusammenrottung aus VerschwörungsideologInnen, organisierten Nazi-Hools und verwirrtem Volk stellt einen der größten rechten Aufläufen seit langem dar. Die offen rechte bis rechtsoffene Vernetzung birgt unserer Meinung nach enormes Radikalisierungspotential, deshalb haben wir uns dazu entschieden, uns die InitiatiorInnen mal vorzuknöpfen.
Wir hoffen, dass diese kleine Aktion vielleicht auch andere Leute zur Handlung inspiriert, denn viele kleine Aktionen können Einiges ausrichten. So ist uns bei unserem Besuch in Bergen beispielsweise aufgefallen, dass Heidi ihre Nachbarschaft ganz schön mit Fundi-Propaganda zustickert und würden uns sehr freuen, wenn sich Leute dessen annehmen.

Gerade in solchen Zeiten legen wir reaktionären Pissern nahe: #StayHomeStaySafe, dann bleiben wir es auch!

AfD-Büro mit Stahlkugeln beschossen

Frankfurt am Main, 18. Mai 2020
Wir haben heute Nacht auf das menschenleere AFD Parteibüro im ersten Stock des Wasserweg 2 in Frankfurt mit Stahlkugeln geschossen. Gefährdung für Menschen haben wir ausgeschlossen, im Gegensatz zu den mörderischen Hetzern im Parlament und ihren rassistischen Helfern auf der Straße.
Nachdem vor drei Monaten in Hanau Tobias Rathjen neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen hat, gab und gibt es vielfältige Aktionen des Widerstands. Dabei steht die AFD im Fokus, denn die Stimmung solcher rassistischer Gewalttaten werden durch sie erzeugt und begünstigt. Die AFD schürt die menschenverachtende Stimmung gegen vermeintliche Migranten und „Ausländer“. Sie hat mit ihrer Kampagne gegen „Shishabars“ die theoretische und praktische Grundlage für Angriffe wie in Hanau gelegt. Zu dem alltäglichen Rassismus unserer Gesellschaft werden Feindbilder erzeugt und die Ausgrenzung vorangetrieben. Die rassistischen Mörder meinen nicht nur die getöteten Personen direkt, sondern greifen die Lebensweise einer pluralistischen Gesellschaft als solche an.
Alle, die nicht in das weiße patriarchale Bild passen sind gemeint. Ihnen soll durch Hetze und Gewalt ihre Freiheit genommen werden. Es wird ein angeblich bedrohtes weißes „Wir“ geschaffen, und von anderen Menschen abgegrenzt, welche die AFD am liebsten auf dem Mittelmeer sterben lassen oder an den Grenzen erschießen will. So vereinen sich die Biedermänner mit den Mörder*innen. Durch den strategischen Bruch vom Tabu dessen was sagbar scheint, wird auch der Rückhalt für die Mörder vergrößert.
Dies ist Ursache und Bedingung zugleich für Angriffe wie in Hanau und Halle. Allein aus diesem Grund ist Tobias Rathien kein Einzeltäter. Die AFD hat mitgeschossen! Wir ziehen die politisch Verantwortlichen in Verantwortung. Wir werden nichts unversucht lassen die Mörder zu stoppen, wenn nötig mit allen erforderlichen Mitteln.
Grüße an alle Migrantifas

AfD hat mitgeschossen

Maintal, 19.06.2020
In der Nacht vom 18. auf den 19. Juni haben wir Horst Nothas (AfD) an seinem Wohnort in Maintal besucht. Wir haben „AfD hat mitgeschossen“ an seine Garage gesprüht. Seinen gewerblich genutzten Transporter haben wir tiefergelegt und mit Abbeizer behandelt.
Horst ist ein kleines Licht. Er steht nicht im Rampenlicht wie andere Hetzer seiner Partei. Aber er hat entschieden sich in einer chauvinistischen, völkischen und rassistischen Partei zu organisieren. Damit ist er mitverantwortlich für die rassistische Atmosphäre aus der unter anderem die mörderischen Täter in Halle, Kassel oder Hanau ihre Motivation und ihre Rechtfertigung ziehen.
Seine Nachbar*innen sollen wissen das sich Horst auf Seite der Unmenschlichkeit positioniert hat. Seine (potentielle) Kund*innen sollen wissen welchen Klempner sie sich mit Horst ins Haus holen oder eben nicht. Viele kleine Lichter in der AfD sollen wissen dass auch sie zur Verantwortung gezogen werden können.
Wir sind solidarisch mit den Betroffenen der rassistischen Morde in Hanau am 19. Februar, den Angehörigen und Freund*innen der Getöteten und auch mit den vielen Verletzten. Deren Forderung nach lückenloser Aufklärung des Ablaufs und des Hintergrunds des Anschlags unterstützen wir und verstehen unsere kleine Aktion als bescheidenen Beitrag zur Durchsetzung dieser.
Yalla Migrantifa
Keine Vergeben, kein Vergessen
P.S.: An Horst und seine Kameraden: Ja, wir haben uns an der Garage verschrieben. Ihr dürft euch gerne darüber lustig machen. Du kannst dich darauf verlassen, Horst, beim nächsten mal schreiben wir es korrekt. Großes Antifa- Ehrenwort.

Keine Denkmäler für Kolonialverbrecher!

Gießen, 25.6.
Wir haben das (15-Meter große) Bismarck-Denkmal in Gießen verschönert.
Rassismus gibt es nicht erst seit den weltweiten Proteste infolge der brutalen Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten.
Aber spätestens jetzt sollte auch dem letzten klar sein, dass wir diese Verhältnisse angreifen müssen und das rassistische Herrschaftssystem nicht weiter bestehen darf.
Der Kampf gegen Rassismus darf aber nicht nur aus Floskeln bestehen, sondern muss auch die Wurzeln verstehen und bekämpfen: den Kolonialismus und seine Kontinuitäten heutzutage.
Auf Bismarck stolz sein ist noch irgendwie salonfähig. Taugen NS-Verbrecher*innen jetzt gerade nicht mehr ganz so als nationale Identifikationsfiguren
für Bürgerliche, ist immerhin noch Bismarck da, auf den man seinen Nationalstolz richten kann. Viele wissen aber nicht, dass Bismarck den Weg für den deutschen Kolonialismus bereitet hat.
Wir fordern also eine radikale Aufarbeitung der deutschen und europäischen Kolonialverbrechen. Keine Denkmäler für Kolonialverbrecher in Gießen, in Deutschland und weltweit.

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Dokumentation: Do shit get hit – Bullenwache angegriffen.

Frankfurt/nied, 22.06.2020
Viel zu oft beleidigen, belästigen, bedrohen, misshandeln die Schweine, wen sie wollen. Viel zu oft schlagen, foltern und ermorden sie, wen sie wollen. Viel zu oft wird relativiert, weggeschaut und vertuscht. Keine Anstrengung ist zu groß, um das Schweinesystem am Laufen zu halten.
Egal ob Hanau, NSU 2.0, die Anschlagsserie von Joachim Scholz oder die alltägliche rassistische Gewalt durch Bullen und andere Feinde der Emanzipation, wir lassen uns nicht spalten und schlagen zurück. Deshalb haben letzte Nacht die Schweine zur Abwechslung Besuch von uns bekommen. Ihre Außenfassade im Frankfurter Stadtteil Nied zeigt nun die Konsequenzen ihres Handelns. Viel Farbe und eine klare Botschaft bleiben zurück. Eine Hausdurchsuchung bei uns, eine bei euch – If you knock on our doors, we’ll knock on yours! Solidarität mit allen von Repressionen und Gewalt betroffenen Menschen! Grüße gehen raus an alle kämpfenden Genoss*innen! Widersetzen, angreifen, Gegenmacht aufbauen!

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„This is no justice, this is shit“

Urteil nach 1,5 Jahren
Elbchaussee-Prozess

Am 10.07.2020 endete nach 1,5 Jahren Dauer der Prozess gegen fünf Angeklagte im Elbchaussee-Verfahren. Drei Jahre zuvor fand in Hamburg der G20-Gipfel statt, gegen den es vielfältige Proteste gab. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen von NoG20-Protesten am Elbchaussee-Aufzug teilgenommen zu haben. Obwohl den einzelnen Angeklagten keine konkreten Taten zugeordnet werden konnten, sollten sie nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft für alle Handlungen und entstandenen Schäden haftbar gemacht werden.
Vor dem Jugendgericht wurden zwei damals noch Jugendliche jeweils zu Arbeitsstunden, zwei weitere Angeklagte aus dem Rhein-Main-Gebiet zu Bewährungsstrafen und Loïc aus Frankreich zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt.
Der Elbchaussee-Prozess zeigte vor allem zweierlei: den unbedingten Willen der Strafverfolgungsbehörden, für die Vorkommnisse während des G20-Gipfels Schuldige zu präsentieren und den politischen Willen, jeglichen Protest zu delegitimieren und zu kriminalisieren. Im Verlauf des Prozesses wurden die von der Staatsanwaltschaft präsentierten polizeilichen Ermittlungsergebnisse reihenweise als manipuliert und tendenziös entlarvt. Mehrfach bezeichneten Zeug*innen der Anklage die von der Polizei vorgelegten schriftlichen Aussagen während des Prozesses als „Quatsch“ oder falsch dargestellt. In der Urteilsbegründung beklagte selbst das Gericht „die politische Stimmungsmache“ und Hetze der Staatsanwaltschaft von Beginn an, die in unverhältnismäßiger U-Haft, der Verschleppung Jugendlicher nach Hamburg oder politisch gesteuertem Aussageverhalten sichtbar wurde.
Um einen „schädlichen Einfluss“ durch eine kritische Prozessbegleitung von solidarischen Strukturen wie der Roten Hilfe zu verhindern, fand der Prozess gegen die fünf Angeklagten die meiste Zeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die vier Angeklagten aus dem Rhein-Main-Gebiet gestanden ihre Teilnahme an dem Protestzug auf der Elbchaussee ein, bedauerten dessen Verlauf und die Form der Aktion, die nicht ihre sei. Das Gericht wertete die Einlassungen „in der Nähe zur Reueerklärung“, vermisste aber eine glaubwürdige Entschuldigung, so dass sie sich kaum strafmildernd auswirkten. Die Prozessstrategie, mit distanzierenden Aussagen einen Freispruch zu erreichen, ging somit nicht auf.
Loïc, der 5. Angeklagte, machte im Prozess auf die Unverhältnismäßigkeit der Strafverfolgung aufmerksam. Sein Unverständnis über eine Bestrafung für Geschehnisse, die die Angeklagten nicht selbst begangen haben, drückte er direkt nach Urteilsverkündung vor dem Gerichtsgebäude aus: „This is no justice, this is shit“. Dagegen wurde und wird kein*e Polizeibeamte*r für die Gewalt anderer in der Einheit oder sogar für die eigens ausgeübte Gewalt während der Gipfelproteste belangt. Loïc distanzierte sich nicht für die Geschehnisse an der Elbchaussee und entschuldigte sich für nichts. In seiner Prozesserklärung ordnete er die Proteste gegen den G20-Gipfel und ihre Legitimität in einen größeren politischen Kontext ein.
Das Urteil ist eine deutliche Absage an den Versuch der Staatsanwaltschaft, aus dem bloßen Mitlaufen eine Mittäterschaft an gewalttätigen Auseinandersetzungen zu konstruieren und politische Auseinandersetzungen in die Nähe von Hooligan-Schlägereien zu rücken. Der Protestmarsch auf der Elbchaussee falle durch seinen von Beginn an „unfriedlichen Verlauf“ nicht unter den Schutz des Versammlungsrechts, urteilte das Gericht. Allerdings sei durch die Wahl der gemeinsamen schwarzen Kleidung ein gemeinsamer Rückhalt für gewalttätige Aktionen erzeugt worden, der den Angeklagten als Solidarisierung und psychische Beihilfe ausgelegt wurde, so dass sie wegen besonders schwerem Landfriedensbruch verurteilt wurden. Mit dieser Argumentation konnte das Gericht einzelne für die Taten anderer abstrafen und so ein offensichtlich politisch motiviertes Exempel zum Elbchaussee-Komplex statuieren. Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung jedoch ausdrücklich, dass mit dem Urteil kein Präzedenzfall für die Beurteilung anderer Demonstrationen ergangen sei und bezog sich damit vor allem auf die Verfahren zum Rondenbarg.

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Die drei Dimensionen der Security Culture

SOZIALE SICHERHEIT

  • „Don’t ask, don’t tell“ Prinzip
    Beispiel: Es reicht Freund*innen zu sagen ihr geht zu einem Treffen, ihr braucht nicht zu sagen von welcher Gruppe oder wo es stattfindet.
  • Nur so viel Wissen wie nötig
    Fragt euch bei jeder Info, die ihr weitergebt, muss die andere Person das wissen. Nicht nur Informationen, wer was genau macht, sondern auch wer eine Aktion organisiert, die Netzwerke dahinter, etc. sind für Repression sehr relevant.
    Wichtig: Gilt auch nach Aktionen, Aktionsgemacker gefährdet uns alle!
    Beispiel: Es gibt bessere Wege Menschen voneinander zu unterscheiden, als sie bei ihrer Polit-Gruppen Zugehörigkeit zu nennen.
  • Verschiedene Aktionsbereiche und -level trennen
    Beispiel: Bei einer offenen Plattform können auf Treffen gut neue Leute gewonnen werden, Themen breiter diskutiert werden, etc. – es ist aber der falsche Ort, um Leute für eine Aktion, die starker Kriminalisierung ausgesetzt sein kann, zu mobilisieren.
  • potentielle Zuhörer*innen beachten
    Welche Informationen gebe ich an welche Orte weiter? Könnten unbeteiligte Zuhörer*innen dort mitlauschen?
    Beispiel: Eine Demo ist kein guter Ort, um die letzte Aktion nachzubesprechen.

PHYSISCHE SICHERHEIT

  • Wer hat Zugang zu was? Beispiel: Der Raum in dem ihr eure Aktionsmaterialien lagert: ist er abgeschlossen, wer kann dort alles rein?
  • Seid ihr auf Hausdurchsuchungen vorbereitet?
    Habt ihr ein Plakat „Checkliste Hausdurchsuchung“ an die Tür gehängt? Eine Handynummer einer Anwält*in? Habt ihr in der WG schon mal darüber geredet, wie ihr mit so einer Situation umgehen wollt? Ist bei euch aufgeräumt?
    Kalender, unverschlüsselte Sticks /Handys / Laptops sind bei einer Hausdurchsuchung das größte Geschenk für die Bullen.
  • Welche Spuren hinterlasst ihr?
    z.B. Fingerabdrücke, bezahlen mit EC-Karte, Video-Aufnahmen, Hausmüll, Flyer, SMS, Metadaten…
  • Welche Räume haben ein besonders hohes Repressionsrisiko? Sollten dort dann Treffpunkte für Aktionen sein?
    Repressions-Beispiel: In Tübingen wurden mehrere Hausprojekte im Jahr 2016 videoüberwacht. In Hamburg wurde der Infoladen Schwarzmarkt und das Hausprojekt darüber videoüberwacht. Die KTS wurde 2014 videoüberwacht und 2017 durchsucht.
  • Welche Kleidung auf Aktionen tragen? Welche Kleidung und Dinge solltet ihr nach Aktionen loswerden?
    Repressions-Beispiel: Sehr häufig werden Kleidungsstücke als Beweise vor Gericht verwendet und bei Hausdurchsuchungen gezielt danach gesucht.

KOMMUNIKATION UND DIGITALE SICHERHEIT

  • Umfasst u.a.: Briefe, Telefone, Email, Chat/Messenger, „Soziale“-Netzwerke, digitale Informationen (Daten auf Computer, Cloud, …), Funk …
  • Bereiche, die wir schützen wollen:
    Inhalt unserer Nachrichten und Daten, Metadaten: z.B. wer redet mit wem, mit welcher Kamera wurde das Bild gemacht, etc.
    Repressions-Beispiel: In Basel wurden Leute vor Gericht gezerrt für eine Scherben-Sponti, nur weil sie am Tag der Sponti mit anderen Beschuldigten SMS geschrieben haben.
  • Bedenke, dass unverschlüsselte Kommunikation (Mails, SMS, http statt https) unglaublich einfach zu überwachen ist, verschlüsseln hingegen hat sich immer wieder bewährt.
  • Wenn 10 Leute gleichzeitig ihr Handy ausmachen lässt sich daraus schließen, dass sie sich treffen und nicht belauscht werden wollen. Repressionsbehörden lieben solche Metadaten und kommen (sogar im nachhinein) problemfrei an sie heran. Am besten lasst ihr euer Handy zu Hause!
  • Vergiss auch nicht, dass sich mit Handys einfach Bewegungsprofile erstellen lassen.
  • Welche Daten verbreitest du im Internet, speziell in sozialen Medien?
    Repressions-Beispiel: Immer häufiger werden Bilder aus „Sozialen“-Medien von den Verfolgungsbehörden zur Identifizierung von Beschuldigten genutzt.

IM ALLGEMEINEN GILT: SICHERHEITSBEWUSSTSEIN STATT PARANOIA!

Damit eine Sicherheitsstrategie funktionieren kann, muss Handlungsfähigkeit erhalten bleiben:

  • Ein Sicherheitsstandard der dich handlungsunfähig macht, ist eine Vorverlagerung der Repression.
  • So sicher Arbeiten wie möglich und trotzdem praktikabel bleiben
  • In Gruppen darf ein Sicherheitsstandard Menschen nicht ausschließen, stattdessen Skillshare und Workshops bis alle es nutzen können. Aber auch ein zu niedriger Sicherheitsstandard schließt Menschen aus.
  • Nur kollektive Sicherheitsstandards bieten Schutz für uns und unsere Strukturen.
  • Repression trifft uns nicht alle gleich. Aufenthaltsstatus, potenzielle Berufsverbote und Bewährung können zu sehr unterschiedlichen Risiken für Einzelne führen.
  • Faulheit ist nicht dasselbe wie Unpraktikabel!
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Auf Suche nach einer Bewegung: Vom Tatort zum Internet-Papiertiger

Seit einigen Wochen tauchen in vielen Stadtteilen Frankfurts Aufkleber der sogenannten Jungen Bewegung (JB) auf. In einer Frankfurter U-Bahn prahlte eine Personengruppe, dass am Folgetag irgendwas in der Stadt passieren solle. Mehr als ein paar verklebte Sticker und Fotos im Netz steckte nicht hinter der vermeintlich krassen Aktion. Es ist symptomatisch, dass solche Aktivitäten als große Aktion mit dementsprechender Veröffentlichung bezeichnet werden. Content für soziale Netzwerke – und natürlich zur Selbstbespaßung einer fiktiven Bewegung und deren AnhängerInnen.
Auch das Aufhängen eines Banners in Braunschweig oder das kurze und nur wenige Minuten andauernde Ausrollen eines Transparents in Frankfurt bei einer sog. „Hygienedemo“ mit dem selben Label, ändert nichts an der sehr simplen aber aufsehenerregenden Form der politischen Aktivität. Dahinter steckt vielmehr das Kalkül mit wenig Aufwand und Personen möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren, damit Medien berichten und die „Aktion“ bildlich reproduzieren. Aufmerksamen Leser*innen wird dieses Prinzip bekannt vorkommen: Es gleicht dem Stil, mit dem sich die Identitäre Bewegung (IB) vor wenigen Jahren in Deutschland prominent in Nachrichten und Medien platzierte.

Junge, Identitäre „Bewegung“

Im April strahlte die ARD den Tatort „National feminin“ aus, der sich mit der IB auseinandersetzt. Er behandelte einen Mord an einer rechten Videobloggerin, welche im Film in der sogenannten Jungen Bewegung organisiert ist – also das Synonym zu IB. Bereits am Tag vor der Ausstrahlung verabredeten diverse Personen der IB und Personen aus deren Umfeld auf dem Nachrichtenportal Discord, Accounts mit dem fiktiven Label zu erstellen. Unter diesem hetzen sie mit den rund 50 neu gegründeten Accounts gegen die Schauspielerin Florence Kasumba und versuchten mehr schlecht als recht einen rechten Shitstorm gegen sie zu befeuern. Auf den weiterhin bestehenden Accounts nutzen sie das von den Tatort-Macher*innen entworfenen Logo und Label, welches dem der IB entlehnt ist. Als content dienen dieselben rassistischen Parolen und sharepics, wie auf den Kanälen der IB. Gleichzeitig ging ein Internetshop der JB Hessen online, der Merch wie Tassen, T-Shirts und natürlich Sticker anbietet.

Das „Kapern“ des JB-Labels wirkt bisweilen wie eine Hoffnung die letzten Überbleibsel und die Aufmerksamkeit die einst der IB zugutekam, zu retten. Der Hype um die Identitären scheint mittlerweile abgeebbt zu sein und ihr Projekt ist quasi am Ende, was nicht zuletzt durch deren Auszug aus dem Hausprojekt in Halle symbolisiert wird. Nachdem es aus verschiedenen Lagern zu Recht häufig Kritik am Umgang der Medien mit solchen Aktionen gab, scheinen diese mittlerweile einen angebrachteren Weg gefunden zu haben mit den vermeintlich skandalösen Aktionen umzugehen. Durch die Berichterstattung über die Aktionen spielten die Medien der extrem Rechten in die Hände und die inszenierten Aktionen erfahren eine unnötig große Öffentlichkeit. Dahinter steht die Medien-Strategie der IB, in Diskurse zu intervenieren und sie zu dominieren. Deren Ziel ist es, den Ausgang der Diskurse mitzubestimmen und die Ideologie der extremen Rechten in einen sagbaren Rahmen zu verschieben.

Drei Stapel Sticker verkleben und ein Transparent bei einer Demonstration ausrollen sind wahrlich kein Indiz für eine Struktur, gar für eine Bewegung. Die Idee auf den Tatort-Zug aufzuspringen ist dabei weder sonderlich kreativ noch innovativ. Demnach zeigt sich die ganze Banalität der „Cut and Paste“-Generation bei dem selbst erklärten Leiter der JB Hessen. Felix Straubinger wurde bereits in der September-Ausgabe (2019) der Autonome Rhein-Main Info – Swing vorgestellt. Bereits damals wurde ihm zugeschrieben Aufkleber produziert und verbreitet zu haben, die inhaltlich der IB nah stehen. Straubinger tritt nun in den sozialen Medien als Leiter der Jungen Bewegung Hessen auf und scheint in dieser Rolle auch einige der Accounts zu pflegen. Er studiert an der TU in Darmstadt Geschichte im Bachelor und ist aktiver Fan der Eintracht Frankfurt. Außerdem tritt er auf dem rechten Portal enuffpost als Autor auf und ist bereits letztes Jahr gemeinsam mit Bewohnern der extrem rechten Burschenschaft Germania in Marburg zum Sommerfest der IB in Halle gereist.
Nun tauchte er mit drei weiteren Personen, die laut deren Postings dem Umfeld der Jungen Bewegung Hessen zu zuordnen sind, am 30.05.2020 mit einem Transparent auf einer der aktuell wöchentlich statt findenden „Hygienedemos“ in der Frankfurter Innenstadt auf. Ähnlich wie bei der IB wird der Auftritt der vergleichbar kleinen Gruppe ganz groß im Internet geteilt, obwohl sie mit dem Banner weniger als drei Minuten auf der Kundgebung zugegen waren. Die Strategie dahinter ist bekannt, das Label austauschbar. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie dieses Mal von Beginn an im luftleeren Raum verpuffen, was auch vom Umgang der Medien und der Linken mit der Gruppe abhängig sein wird.

Drai.noblogs.org/ak069

In Antifa, Swing 218 veröffentlicht | Getaggt , , , | Kommentare geschlossen

Sie müssen hören, wenn sie uns nicht sehen

Samstag, 15:00 Uhr, eine Fahrraddemo für den Ausbau der Grünflächen fährt durch die Stadt. Annalena sitzt auf ihrem Rennrad und unterhält sich mit Zoe, die auf ihrem E-Fahrrad gemütlich mitfährt. Auf einmal wird es lauter, denn neben der Demo fährt ein schwarzer Mercedes E 280 vorbei. Aus dessen Fenster dröhnt Deutschrap, während sich der aus dem Fenster gelehnte Arm im Takt bewegt. Annalena und Zoe empören sich über die Machoprolls, die mit ihrer lauten Mucke das Gespräch stören und mit ihrem Auto sowieso nur angeben wollen und nebenbei die Umwelt zerstören. Sie haben vielleicht nicht unrecht, dass der 13 Jahre alte Benz die Umwelt gefährdet und dass die Jungs im Auto doch nur angeben wollen.
Doch einer linken Bewegung wird diese Feststellung nicht weiterhelfen. Dass der Kanacke im dicken Benz dabei zum Symbol geworden ist, einem Symbol für Egoismus, Machotum und Ignoranz, ist auch auf der Fahrraddemo unbestritten.

Abgehängt sein

Während Teile der Linken auf die Prolls im Benz schimpfen und Verbote fordern, wird kaum Energie darauf verwendet, zu verstehen, warum gerade junge migrantische Männer häufig solche Autos fahren: In bildungsbürgerlichen Kreisen wächst man mit dem Wissen auf, dass man die Uni besucht, was Gutes lernt und sich vielleicht irgendwann ein Reihenhaus kauft. Später kommt häufig noch das Sammeln von guten Rotweinen und der Wunsch, in den Pyrenäen wandern zu gehen, hinzu. In den sozialen Brennpunkten jedoch sieht die Vorstellung anders aus, besonders bei Migrantinnen und Migranten – denn schon von früh auf lernt man, dass man es eh zu nichts zu bringen wird. Eine Gewissheit, die geschaffen wird durch Film und Fernsehen, Mainstreampresse, diffamierenden Sprüchen in der Schule und durch die Politik.
Dabei ist klar: wer in solchen Verhältnissen aufwächst, hat ein anderes Ziel. Man möchte es raus schaffen aus dem Block, raus aus Verwahrlosung, und der ganzen Welt zeigen, dass man es zu etwas gebracht hat. Man möchte Mama und Papa ein Auto kaufen, bei dem nicht die Sorge vorherrscht, dass es an der nächsten Ecke kaputt geht. Umziehen, am besten in ein Haus weg vom Grau und dem Beton, man möchte einfach zur Gesellschaft dazugehören. Doch das Glücksversprechen des Kapitalismus ist trügerisch, die wenigsten schaffen es raus. Die Vorstellung, das durch Fleiß und Arbeit zu erreichen, wird dabei durch Diskriminierungen im Alltag und im Bildungssystem erschwert. Dabei lernen vor allem junge Männer in unserer Gesellschaft, wie wichtig es ist all, das nicht an sich heranzulassen: sie sollen hart und erfolgreich sein. Und in unserer kapitalistischen Gesellschaft passt nichts besser zum Sinnbild eines erfolgreichen Mannes als das Auto als Statussymbol.

Die Realität ist aber eine andere. Sie ist nicht geprägt von Aufstieg, sondern Hoffnungslosigkeit und zunehmenden Unterschieden zwischen Armen und Reichen. So wird für viele junge Migranten aus dem Wunsch, das begehrte Haus und den Neuwagen zu besitzen, eben der Kauf eines 15 Jahren alten Mercedes oder BMW, der damals viel kostete, heute aber weniger kostet als ein neues Elektrofahrrad.

Es geht um Anerkennung

Doch während es einem klar ist, dass das Glücksversprechen sich nicht erfüllt hat, ist der Wunsch, dass es einem besser geht und man anerkannt wird, immer noch da. Dieser Wunsch nach Anerkennung spiegelt sich wider im Umgang mit alten Autos, mit denen man durch die Stadt rast.
Der Rapper und Youtuber „Slavik“ bringt das auf den Punkt: „Der deutsche Thomas hat 20 Millionen auf dem Konto und fährt Fahrrad, der Umwelt zuliebe. Aber wenn der Slavik sich ein Nissan-Mikra kauft, denkst du, jemand denkt dran, dass er es der Umwelt zuliebe tat? Dieser Slavik, dieser Underdog mit 20 Millionen! Nein, sie denken dann, ah, der Domino’s Pizzafahrer.“
Wer auf diesen Wunsch nach Anerkennung und als Einzelner gesehen zu werden nur mit Abwertung reagiert und Benzfahrer als Macho und Proll stigmatisiert, der wird die (migrantische) Unterschicht weder verstehen, noch erreichen.
Denn die lebenslange Sehnsucht zu einer Gesellschaft dazu zugehören, in der der Status sich über Materielles verdeutlicht, wird nicht dadurch verändert, Menschen zu erklären, dass man keine Statussymbole braucht und der Benz doch nur eine Penisverlängerung sei oder die Umwelt zerstört. Diesen Wunsch nach Anerkennung kann man nur befriedigen, wenn man soziale Verbesserungen schafft und die Stigmatisierung von Migranten als ewige, dummbleibende Unterschicht beendet.
Die linke Bewegung muss daher verstehen: Laute Mucke aus dem Mercedes mag nach außen hin ein Zeichen des Machotums sein. In Wahrheit ist es aber vor allem die Selbstvergewisserung, dass man den eigenen Aufstieg doch noch nicht ganz aufgegeben hat.
Am deutlichsten spiegelt diesen Wunsch der Rapper „Credibil“ in seinen Lyrics wider: „Der ganze Randbezirk will AMGs! Sie sollen hören, wenn sie uns nicht seh’n“.

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It’s corony, stupid. – Überlegungen zur Corona-Krise

/ AK.069

Dass alle Verschwörungsideologien zum Thema Corona völliger Humbug, das Virus gefährlich und Schutzmaßnahmen angebracht sind, steht außer Frage. Das müssen wir aber vermutlich den wenigsten Leser*innen erklären. Auch die Frage, welche Maßnahmen sinnvoll und welche überflüssig sind und waren, wird sich erst im Laufe der Zeit klären lassen, und soll hier nicht diskutiert werden. Wir versuchen sicher nicht, Hobbyvirolog*innen zu spielen. Davon gab es in Deutschland in den letzten Monaten mehr als genug. Uns geht es in diesem Text um die gesellschaftlichen Folgen der Einschränkungen und die Hilflosigkeit der Linken.

Unter Corona leidet einerseits das Kapital – was uns als Kommunist*innen ja egal sein könnte. Es ist aber klar, dass Rezessionen Arme und Schwache in besonderem Maße treffen. Andere Auswirkungen sind die negativen Effekte auf demokratische Freiheiten. Personenbezogene Daten und Bewegungsprofile werden erfasst, das Recht auf Versammlung, ein zentrales demokratisches Grundrecht, eingeschränkt und Sanktionsmaßnahmen gegen Verstöße verhängt. Die Kontaktsperre und die anderen Einschränkungen ließen sich nur damit durchsetzen, dass eine erhöhte Kontrolle des öffentlichen Lebens eingeführt wird.

Corona – die große Gleichmacherin?

Wie sehr man von der erhöhten Kontrolle des öffentlichen Lebens betroffen ist, hängt stark von der gesellschaftlichen Position ab. Hierzu vier Szenen aus Frankfurt:

Frankfurt Güntersburgpark: Dort, zwischen Bornheim und Nordend, zwischen Stadtvillen, Rhabarbersaftschorle, Besserverdienenden und hippen Eltern mit Transporträdern, verbrachten in Woche zwei der Kontaktbeschränkungen Hunderte von Anwohner*innen ihre Freizeit. Als die Polizei daraufhin anrückte, bat sie höflich per Lautsprecher darum, doch bitte das Abstandsgebot einzuhalten und bedankte sich danach herzlich bei den Anwesenden.
In Frankfurt Griesheim, dem Stadtteil Frankfurts mit dem geringsten Durchschnittseinkommen, patrouillierte die Polizei mehrmals täglich und verhängte Geldstrafen von bis zu 600 € gegen Jugendliche, die sich auf der Straße aufhielten. Dies endete in einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen und der Polizei.

Im Bahnhofsviertel dagegen wurden „die, die noch nie auf der Sonnenseite des Lebens standen, sich selbst überlassen“ – so formulierten es Mitarbeiter*innen der Frankfurter Drogenhilfe in einem offenen Brief an die Stadt Frankfurt. Wegen der Infektionsgefahr blieben nur sieben von zwölf Druckstuben geöffnet, vor diesen sammelten sich häufig bis zu 100 Menschen ohne jegliche Schutzvorkehrungen. Auch dem Personal mangelte es an Sicherheitsvorkehrungen und Mitarbeiter*innen berichteten davon, wie sie selbst am Rand der psychischen Belastbarkeit standen.
In der Frankfurter Innenstadt demonstrierten im April mehrere hundert Menschen gegen die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern. Trotz der Beachtung von Abstandsregeln und Maskenpflicht wurde die Veranstaltung von der Polizei gewaltsam aufgelöst, Personalien aufgenommen und Strafzahlungen erhoben. Dies geschah während am Main dichtgedrängt Wochenendspaziergänger*innen spazierten und flanierten, jedoch ohne sich politisch zu positionieren. Ein Schelm wer da böses ahnt, bzw. vermutet, dass das Auftreten und Durchgreifen der Polizei mit dem politischen Ausdruck der Veranstaltung zu tun hat.

Es zeigt sich vor allem eins: Die Polizei nutzte ihre zusätzlichen Kompetenzen vor allem dazu, diejenigen zu maßregeln, die nicht ins Bild der Finanzmetropole Frankfurt passen. Sie ist die Exekutive des Klassenkampfes von oben.

Eskapaden und autoritäre Ausschweifungen von links

Nicht nur die staatlichen, sondern auch linke Antworten auf die Krise fallen autoritär aus. In den sozialen Netzwerken wurde zu Beginn der Pandemie in Deutschland der Hashtag #staythefuckhome genutzt, um die freiwillige Selbstquarantäne aller Menschen zu fordern. Wer dem widersprach sah sich schnell mit Denunziationen und Vorwürfen konfrontiert. Da kam es schon vor, dass Menschen zu Mörder*innen erklärt wurden, die mit ihren Kindern auf dem Spielplatz schaukelten oder ihren Laden aus Existenzangst noch so lange wie möglich geöffnet hatten. Sogar eine Verschärfung der staatlichen Repressionen gegen Regelübertreter*innen wurde gefordert. Hierin lässt sich ein autoritäres Verlangen spüren, das auf dem Glauben moralischer Integrität beruht und in der Forderung endet, dass amoralisches Verhalten unmittelbar gesühnt werden soll. Sicherlich war es vernünftig, zuhause zu bleiben, um das Ansteckungsrisiko für sich und andere zu minimieren. Dass diese Möglichkeit aber maßgeblich von den eigenen Arbeits- und Wohnverhältnissen abhängt, war dabei selten Thema. #staythefuckhome funktioniert eben nicht so gut, wenn man eine Doppelschicht im Amazon-Lager hinter sich bringen muss.
Andere Linke fanden sich in ihrer anarchistischen Trotzhaltung wieder und bliesen aus prinzipieller Staatsfeindschaft – sie forderten jetzt erst recht raven zu gehen und sich von diesem Staat nichts vorschreiben zu lassen. Auch das ist mehr Ausdruck des Verlusts politischer Urteilsfähigkeit und infantilem Wunschdenken als von Gesellschaftskritik.

NS–Relativierung von links

Dass gelbe Davidsterne mit der Aufschrift „Ungeimpft“ eine widerliche Relativierung der Shoah darstellen, ist klar, und wurde so auch auf allen linken Kanälen benannt. Sobald es aber gegen den eigenen politischen Gegner geht, haben viele Linke vor der Relativierung der Naziverbrechen ebenfalls wenig Skrupel. Unverfroren warf man Wolfgang Schäuble und Boris Palmer, so unsympathisch sie sind, die Verbreitung von Euthanasiegedanken vor. Schäuble sagte, das Grundgesetz schütze die Würde des Menschen, nicht jedes Leben; Palmer, dass den Corona-Toten hier aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Krise verhungerte Kinder in Afrika gegenüberstünden. Beide Aussagen sind vor allem vorgeschobene Argumente wirtschaftsliberaler Interessen. Bei Palmer schwingt zudem das moralisierende „Denk an die Kinder in Afrika“ mit, das den Deutschen nur all zu leicht über die Lippen kommt, wenn im Kindergarten der Kartoffelbrei nicht ganz aufgegessen wurde. Dabei kommt er natürlich nicht auf die Idee, Entschädigungen für Nachkommen der Opfer der Massaker der deutschen Kolonialherren zu fordern. Trotz allem: wer die Äußerungen Schäubles und Palmers mit der gezielten Tötung von Menschen mit Behinderungen vergleicht, ist nicht viel besser als die „Ungeimpften“.

Im Westen nichts Neues

Es ist zu begrüßen, dass im Falle der COVID-19 Pandemie in Deutschland die Gesundheit von Menschen über Wirtschaftsinteressen gestellt wurde. Dass dies nur für Staatsbürger*innen gilt ist ebenso logisch wie tragisch; die Menschen, die in Moria und anderen Camps an der europäischen Grenze leben wurden seit der Kontaktsperre noch mehr alleine gelassen, als sie es sowieso schon waren. In afrikanischen Staaten sind wirtschaftliche Engpässe tatsächlich schon spürbar. Hilfsgüterlieferungen und Entwicklungshilfeprogramme wurden dramatisch reduziert.
In Deutschland entspannt sich die Situation erfreulicherweise Zunehmens. Hier kann man sich also wieder zum Aperol-Spritz in den Parks und Bars treffen, ohne dass die, die nicht gerade zu einer Risikogruppe gehören, das Virus besonders fürchten müssen. Während hier also gerade (von vielen) aufgeatmet und vielleicht sogar schon Urlaub auf dem Ballermann geplant wird, hat ein Großteil der Welt den Höhepunkt der Corona Pandemie noch vor sich. Mitte Juni gab es binnen 24 Stunden einen neuen weltweiten Rekord an Neuansteckungen. Indien, das ein sowieso schon hoffnungslos überfordertes Gesundheitssystem und viel zu wenig Intensivbetten zur Verfügung hat, nimmt bereits Platz 3 der Länder mit den meisten Corona-Zahlen ein und auch in vielen afrikanischen und südamerikanischen Ländern steigen die Infektions- und Todeszahlen drastisch. Die tatsächliche Katastrophe steht also noch bevor.

In Anbetracht der Tatsache, dass die EU und die USA bereits Vorverträge über eventuelle Impfstoff-Lieferungen abgeschlossen haben, steht auch nicht in Frage, wer im Falle eines Impfstoffes am längsten auf dessen Verfügbarkeit warten muss.

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BERICHT über die Zustände in der Geflüchtetenunterkunft Bonames:

Die Flüchtlingsunterkunft in Bonames wurde am 7.6.2016 ursprünglich für zwei Jahre gegründet. Hier leben 53 Familien, insgesamt etwas mehr als 333 Personen, davon mindestens 146 Kinder aus verschiedenen Nationen. Die ersten Familien, die in die neu gebaute Unterkunft in Bonames einzogen, waren 18 Familien aus der Wickererstraße, die gezwungen waren, nach Bonames zu ziehen, weil die anderen Gebäude abgerissen wurden. Die meisten von ihnen leben immer noch in Bonames. Mit der Zeit wurden mehr Familien nach Bonames gebracht, jedoch Kapazitäten nicht angepasst, wodurch die ersten Probleme entstanden sind.

Die größten Probleme entstanden jedoch ab Anfang 2019 und nach der Renovierung. Nach der Renovierung hatten viele kein warmes Wasser mehr, viele mussten oft zwischen einzelnen Wohnungen umziehen. Wir haben kein funktionierendes Internet, die Mitarbeiter von der Diakonie jedoch schon. Die Diakonie, welche für unsere Unterbringung beauftragt ist, drohte uns an, die Unterbringung zu kündigen, wenn wir uns beschweren würden. Das ist auch mit zwei Familien passiert; Sie haben in Frage gestellt, warum sie wegen den kleinen Umbauarbeiten drei Mal umziehen sollten. Beide Familien wurden aus der Unterkunft geworfen. Nach dem Vorfall haben viele Angst gehabt, Probleme mit dem Wasser, den Waschmaschinen, mit der Hygiene, Krankheiten etc. anzusprechen.
Vor etwa zwei Jahren ist die Krätze ausgebrochen, die Diakonie ist auch seitdem auch informiert, hat das jedoch nicht an das Gesundheitsamt weitergegeben. Viele Wohnungen sind feucht, es gibt teilweise Schimmelprobleme, die nach der Renovierung sogar zunahmen. Dabei bekommt die Diakonie für die Unterbringung von der Stadt sehr viel Geld.

Nach der Renovierung verlangte die Diakonie, dass es bei uns wöchentliche Wohnungskontrollen gibt. Die Kontrollen sollten dem Zweck dienen, kaputte Sachen in der Wohnung zu entdecken, die Schäden und Mängel wurden jedoch nur sehr selten oder sehr sporadisch behoben. In einer Versammlung hat die Diakonie uns gesagt, dass die Herde mit vier Platten aufgrund einer Brandgefahr raus müssen, die kleinen könnten bleiben. Die kleinen Herde, mit nur zwei Platten, reichen uns jedoch nicht, um für die Familie zu kochen. Später wollten sie, dass wir auch die kleinen Herde abgeben. Wir haben uns mehrmals bei der Diakonie beschwert, die jedoch stets erwiderte, dass die Verantwortung bei der Stadt liege.
Am 10.Juni haben wir eine kleine Demonstration in Bonames abgehalten, ohne Ergebnis. Aufgrund des Stresses haben viele von uns Panikattacken bekommen, das kommt jetzt regelmäßig vor. Die Mitarbeiter von der Diakonie bezeichneten das als „Theater“. Statt Hilfeleistungen wurde als Reaktion ab dem 12.Juni unser Camp von Securitys umstellt, um „für Sicherheit zu sorgen“. Mittlerweile sind es etwa 20 Securitys, welche rund um die Uhr anwesend sind und uns teilweise eingeschüchtert und bedroht haben. Beispielsweise haben sie sich gegenüber einer im achten Monat schwangeren Frau aggressiv Verhalten, dazu später mehr.

Am 15.Juni gab es ein erstes Treffen mit Vertretern von der Stadt und dem Herrn Heinz, Herrn Franz, Sabine und Linda von der Diakonie. Aus irgendeinem Grund saß auch die Polizei mit am Tisch. Wir nannten unsere Probleme, dass warmes Wasser, Strom und WLAN mangelt beispielsweise. Die Stadt teilte uns dort mit, dass die Stromprobleme schon lange bekannt seien, jedoch haben sie nichts unternommen. Sie sprachen mit uns sehr beschwichtigend, haben uns jedoch keine konkrete Hilfe angeboten. Zitat: „Es ist so wie es ist“ und „wir können euch keine Wohnungen zaubern.“
In dem Gespräch wurde uns trotzdem angeboten, dass wir uns in einer Woche nochmal treffen, um eine Lösung zu finden.

Am 22.Juni sind wir wieder dahin gegangen, wir haben über mehrere Punkte gesprochen: Bezüglich der Herde gäbe es angeblich keine Lösungen, wir sollen uns absprechen wann wir duschen sollen (zwei Mal die Woche soll reichen, sagen sie), wir sollen keine elektrischen Geräte wie Laptops und Fernseher gleichzeitig anschalten. Sie haben uns widersprochen, dass es kein WLAN gibt, auf das Angebot es selbst zu prüfen, sind sie nicht eingegangen. Die Bilder davon, dass unsere Nachbarn Krätze haben, wollten sie nicht sehen; die Kinder sollen nicht so viel draußen spielen. Generell wurden eher uns Vorwürfe bezüglich der Situation gemacht, statt Lösungsvorschläge zu bieten. Uns wurde gedroht, dass wenn wir uns weiter beschweren würden, es jetzt sofort auch schlechtere Unterkünfte für uns gibt. Am selben Tag haben wir eine Demonstration vor der Unterkunft abgehalten.
Am 18. Juni wurde Frau Rashids Herd entfernt, während sie nicht zuhause war. Am 27.Juni haben die Securitys versucht, den Herd von besagter schwangeren Frau Yusefi gewaltsam zu entfernen. Mehrere Bewohner haben dagegen protestiert, viele haben noch ihren Herd in der Wohnung, wieso gerade diese Frau? Wir haben die Polizei gerufen, welche dann die Sicherheitsleute von dem Gelände geleitet hat.

Die Einschüchterungen hörten nicht auf. Am 2.Juli um 5 Uhr morgens wurde die, wir wiederholen es, im achten Monat schwangere Frau Yusefi mitsamt Familie sowie Frau Rashid mit Familie von einem großen Polizeikommando sehr grob aus deren Wohnungen gezogen, ohne klopfen, ohne Vorankündigung. Etwa 10 Polizisten stürmten die Wohnung von Frau Yusefi, etwa 50 warteten im Hof. Die Diakonie hat den Polizisten den Schlüssel gegeben.
Frau Yusefi, welche natürlich zu der Uhrzeit schlief, wurde nicht gestattet, sich richtig zu kleiden und ein Kopftuch anzuziehen.
Die zwei Familien wurden nicht zufällig gewählt. Frau Rashid und Frau Yusefi haben mit vielen Bewohnern über die Situation gesprochen und sie bestärkt, für ihre Rechte einzustehen. Sie haben Hausverbot bekommen. Für uns ist eindeutig, dass es sich um eine Abschreckungsmaßnahme handelt. Leider hat das funktioniert.

Am 10.Juli teilte uns die Stadt morgens mit, dass alle Herde aus den Wohnungen raus müssen. Die Übersetzer haben sich versprochen und sagten, dass alle elektrischen Geräte raus müssen. Es kam wie die vergangenen Tage zu mehreren Panikattacken, die Sicherheitsleute haben nicht geholfen oder Hilfe gerufen. Die Herde auf dem Gelände wurden eingesammelt. Wir sind uns bewusst über die existierenden Stromprobleme, jedoch wird uns keine Alternative angeboten.
Wir hatten mehrere Rückfragen, die Lage war insgesamt sehr unklar. An dem gesamten Tag hat Herr Dörr nicht mehr versucht mit Dolmetschern mit uns zu sprechen. Als wir versuchten, ihn mit der Situation zu konfrontieren, kamen viele Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken, Herr Dörr hat sich hinter sie gestellt. Gegen 17 Uhr haben alle Diakoniemitarbeiter das Gelände verlassen. Die Polizisten machten eine Reihe und ließen uns nicht durch, auch wenn wir zur Arbeit mussten. Spaziergänger durften passieren.
Die Lage zog sich über mehrere Stunden. Jegliche Vermittlungen liefen nur über anwesende Aktivisten, die versucht hatten, uns zu helfen. Obwohl wir Leute mit elektronischen Beatmungsgeräten, Patienten mit Medikamenten, welche gekühlt werden müssen und Milch für Neugeborene vor Ort haben, wurde uns abends der Strom abgestellt. Das wurde nicht einmal richtig kommuniziert. Der Strom würde erst wieder angestellt werden, wenn alle Kochgeräte, auch Mikrowellen, aus den Wohnungen raus sind. Statt mit uns zu reden, wurde so Druck auf uns ausgeübt.
Einigen Familien wurde ein kurzfristiger Umzug in Hotels angeboten. Es wurde zwar gesagt, dass dort ausreichend Platz sei, die Familien, die das Angebot annahmen, berichteten, dass ihnen für 7 Personen nur ein Zimmer gebucht wurde. Am Ende wurden für uns alle nur 6 Herdplatten zur Verfügung gestellt, bis heute. Wir sind 333 Personen. Als alle Herde raus waren, wurde etwa um Mitternacht der Strom wieder angestellt.
Wir fordern:

1. Eine menschenwürdige Unterbringung, wir wollen nicht in Lagern leben! Sofortiges Handeln.
2. Ausreichende Kochmöglichkeiten!
3. Warmes Wasser, ausreichend Strom, funktionierendes WLAN!
5. Keine Securitys!
6. Sprecht mit uns, nicht über uns!

– Die Bewohner der Geflüchtetenunterkunft in Bonames
Frankfurt, den 15.07.2020

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