Eskalierter Arbeitskampf bei der Firma Zumtobel in Usingen

Der österreichische Leuchtenhersteller Zumtobel hatte im April 2016 die Absicht kundgetan, sein Werk im ­Hintertaunus mit ca. 150 Beschäftigten zum 31. August zu schließen. Nach erheblichen Warnstreiks und ganztägigen Betriebsversammlungen, begleitet von der Forderung nach einem Sozialtarifvertrag, kam es zu Verhandlungen. Es wurde ein bankfähiges Fortführungskonzept erarbeitet. Ein Investor wollte das Konzept umsetzen und alle Beschäftigten dabei übernehmen. Darüber hat Zumtobel mit dem Investor seit Mai verhandelt. Ende August gab das Unternehmen dann das Scheitern der Verhandlungen bekannt. Die IG Metall hat daraufhin die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag konkretisiert, über den Zumtobel aber weiterhin nicht verhandeln wollte. Deshalb traten die Beschäftigten Anfang September im Kampf um einen Sozialtarifvertrag in einen unbefristeten Streik. Dabei geht es einerseits um ausreichende finanzielle Unterstützung und Erleichterung: den Mitarbeitern soll für jedes Betriebsjahr drei Monatslöhne gezahlt und eine Transfergesellschaft eingerichtet werden. Viele Ältere unter den Beschäftigten befürchten, dass sie in der ländlichen Region keinen gleichwertigen Arbeitsplatz finden und rasch in Hartz IV landen könnten. Mit dem Streik sollen aber auch die Kosten der Schließung für den Konzern in die Höhe getrieben werden.

Im Laufe des Augusts verschärfte sich die Situation: Zumtobel machte parallel zum Streikbeginn die Werkstore dicht und legte den Betrieb still. Eine Aussperrung also, da die Beschäftigten während des Streiks den Anspruch auf Entgelt verlieren. Die Beschäftigten versuchten mit verschiedenen Aktionen, in die Offensive zu kommen. Am 16. September „belagerten“ die streikenden Beschäftigten die Frankfurter Börse. „Mit Transparenten, einem Sarg und selbst produzierten Aktien wurden Wut und Trauer an den Ort getragen, der die Gründe für die Werksschließung in Usingen symbolisiert“, heißt es in einem Streikinfo. Denn der Betrieb in Usingen war laut Streikenden rentabel, Zumtobel sei kein angeschlagener Mittelständler, sondern ein hochprofitabler Konzern. Am 22. September kam es dann zu einer weiteren Eskalation: während rund 100 Mitarbeiter aus Hessen zur Firmenzentrale des Konzerns in Österreich fuhren und dort mehrere Stunden lang gegen die Schließung des Werkes demonstrierten und die Zufahrt versperrten, ließ Zumtobel fast genau zur selben Zeit LKW‘s zum Usinger Werk fahren, um Teile von dort abzutransportieren. 50 zurückgebliebene Zumtobel-Beschäftigte und KollegInnen verschiedener Metall-Firmen versuchten, den Abtransport mit allen Mitteln zu verhindern. Erst stoppte eine kleine Reifenblockade, später eine Menschenkette die LKW vor dem Werkstor. Daraufhin rückte die Polizei an und drohte mit der Räumung der Blockade. Mit Polizeihund, Schutzschildern, Knüppeln und Abfilmerei wurde eine Drohkulisse aufgebaut. Nach über drei Stunden Nervenkrieg gaben die Streikenden nach und machten eine Gasse für die LKW frei. Man habe nur fertige und halbfertige Erzeugnisse und nicht, wie von den Streikenden befürchtet, Maschinen oder Betriebsanlagen abtransportiert, erklärte die Geschäftsleitung später in einer eidesstattlichen Versicherung.

Ende September wurde der Ausstand vorerst ausgesetzt, dafür eine Betriebsversammlung mit 34 Punkten angesetzt. Die IG Metall setzt vorerst auf Deeskalation und Verhandlungen. Die Beschäftigten haben Tag für Tag Solidarität aus nah und fern erhalten, freuen sich weiterhin über Unterstützung und Zuspruch, Spenden und direkte Besuche vor Ort im Usinger Achtzehnmorgenweg 2 – 4. Solidaritätsadressen können an betriebsratusingen@zumtobelgroup.com geschickt werden. Infos im Web: www.igm-zumtobel.de