Riesenprozess gegen Linke in München!

Seit fast einem Jahr läuft in München einer der größten Prozesse gegen Linke der Nachkriegsgeschichte. Zehn Genoss_innen sind unter dem Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland (§ 129b) angeklagt. Das geht uns alle an!
Konkret handelt es sich dabei um Mitglieder der Konföderation der Arbeiter und Studierenden aus der Türkei (ATIK). Ihnen wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, unter anderem mit Konzerten die Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) unterstützt zu haben. Die TKP/ML wird von der Türkei als Terror-Organisation eingestuft. Wohlgemerkt steht die TKP/ML, anders als zum Beispiel die PKK, nicht auf europäischen oder deutschen Terrorlisten, lediglich in der Türkei wird die Organisation verfolgt. Dass der Staat hier aktiv wird, tut er aus Freundschaft zum türkischen Staat: Die Taten, die den Genoss_innen vorgeworfen werden, sind zudem in Deutschland allesamt legal. Dennoch sitzen sie schon seit zwei Jahren in Untersuchungshaft, teilweise isoliert, konnten bis vor kurzem mit ihren Anwält_innen nur durch eine Trennscheibe sprechen und mussten weitere solcher Schikanen über sich ergehen lassen. Allen drohen mehrjährige Haftstrafen, einige saßen bereits in der Türkei in Isolationshaft, manche 20 Jahre, und sie sind nicht zuletzt vor erneuter Verfolgung aus der Türkei geflohen – hinein in die Arme des deutschen „Rechtsstaats“.
Möglich macht dies der §129b des deutschen Strafgesetzbuches. Dieser erlaubt es dem Innenministerium, Menschen den Prozess zu machen, von denen ein anderer Staat behauptet, sie seien organisierte Kriminelle oder Terroristen. Das ist nicht nur in Anbetracht der aktuellen türkischen Regierung ein Skandal, sondern ganz grundsätzlich etwas, mit dem selbst die liberalste Rechtstaatlerin ein Problem haben sollte. Es mag unnötig sein zu erwähnen, dass fast ausschließlich türkische und kurdische Linke mittels §129b verfolgt werden. Anders als sein Zwilling §129a ist §129b dabei nicht bloß ein Ermittlungsparagraph sondern führt in der Regel zu langjährigen Haftstrafen. Bei §129a wird gegen deutsche Terror-Organisationen und organisierte Kriminelle ermittelt. Meistens führen diese Verfahren allerdings nicht zu Gerichtsprozessen, geschweige denn zu Verurteilungen, sondern der Vorwurf dient einzig dazu, weitreichende Ermittlungsbefugnisse – wie etwa Lauschangriffe und Langzeitüberwachung – zu ermöglichen. „Deutsche“ werden überwacht, „Ausländer“ eingeknastet – was soll bei ihnen auch aufgeklärt werden? Haben sie doch, wenn – dann die vermeintlichen Taten im Ausland begangen und nicht deutsches Recht gebrochen. Wenn es zu einer Auslieferung nicht reicht, werden sie hier aus Gefälligkeit eingesperrt. Der Staat kann diese Prozesse dabei ebenso willkürlich einleiten wie abbrechen, das Verhältnis zur Türkei kann noch so schlecht sein – Linke verfolgen geht immer. Das wird am aktuellen TKP/ML-Prozess deutlich. Auch das PKK-Verbot ist immer noch nicht aufgehoben und ebenso daran, dass es erst einen deutschen Journalisten, Deniz Yücel in den Mühlen der türkischen Justiz braucht, bis hierzulande Solidarität mit einem Gefangenen geübt wird.

Wir fordern die Freiheit für alle politischen Gefangenen! Ob in der BRD, der Türkei oder sonstwo. Alle politischen Gefangenen brauchen unsere Solidarität! Und nicht nur die; auch all die Linken, die noch nicht in den Knästen sitzen. Wir müssen uns für einander interessieren und füreinander einstehen. In dieser Welt der Grenzen, Ketten und Schlagstöcke ist es das einzige, was wir haben. Es gäbe sehr viel mehr zu erzählen, zu den einzelnen Angeklagten, zu den Schweinereien, die sich die deutschen Behörden erlauben, zum Verhältnis der deutschen und nicht-deutschen Linken.
Seid solidarisch und informiert euch selbst! Zum Beispiel unter: www.tkpml-prozess-129b.de

Die Moral von der Geschicht’: Getroffen sind wenige, gemeint sind wir alle!