Widerstand gegen Nationaltaumel in Mainz – ein kurzer Rückblick

Kameratürme, Wurstbuden, Blaulichtmeile, Nationaltaumel, über 7000 Polizist_innen im Einsatz in der Kleinstadt, Streifenpolizist_innen mit Maschinenpistolen wechselten sich ab mit BFEs und mehr oder weniger gut erkennbaren zivilen Beamten, um die Feier der Deutschen Nation zu schützen. Nur damit sich niemand dieser ekelhaften Apokalypse entgegenstellt. Die geplante Demonstration durch die Innenstadt wurde verboten. Sie hätte schließlich die patriotische Feier stören können.
Schon Tage davor waren die Bullen sichtlich nervös: dauerhaft wurde das Haus Mainusch observiert. Sogar vor Besuchen bei der Arbeit von Unbeteiligten machten sie nicht Halt, um Informationen zu den geplanten Protesten zu erpressen. Bei der Kundgebung wich das BFE nicht von der Seite der Protestierenden. Anschließend hängten sich Zivis an die Fersen der Teilnehmenden. Erste Spontiversuche wurden somit durch die Masse der Bullen verunmöglicht. Immer waren ihre Wannen und Zivis eilig zur Stelle, um die kleinste Regung von Widerstand im Keim zu ersticken. Deutschland duldet keine Dissidenz, keinen Widerspruch gegen seine Selbstdarstellung als offen und inklusiv. Wer es dennoch wagen sollte zu protestieren, wurde umstellt und beschattet. Erst gegen 16.30 gelang es, ein kleines Zeichen gegen diese Widerlichkeit zu setzen.
Es war klar, dass ein massives Repressionsarsenal bereit stehen würde, um die Deutschlandfeier gegen jegliche Art der Störung zu verteidigen. Es war unklar, wie groß die Reichweite der Mobilisierung werden würde, wie viele Menschen sich in eine beschauliche Landeshauptstadt mit einer eher kleinen Szene wagen würden, um dem autoritären Monster ein “Nie wieder!” entgegen zu brüllen. Es war unbekannt, was genau es heißen würde, einer demonstrationsfreien Innenstadt mit 4000 erkennbaren und 3000 nicht erkennbaren Repressionskräften gegenüber zu stehen. David gegen Goliath.

Tatsächlich kam alles anders als gedacht. Noch schlimmer. Die Kundgebung gegen den nationalen Wahnsinn, das letzte Überbleibsel des Protestes nach dem Demonstrationsverbot, war von allen Seiten locker von hessischen BFEs umgeben, in einer Ecke des Hauptbahnhofes, eingeklemmt zwischen der Wache der Bundespolizei und einem LKW des Technischen Hilfswerkes, der als mobile Blockade der Straßenbahnschienen daneben verwendet wurde. Als drei Nazis pöbelnd an der Kundgebung vorbeigingen und einen deutschen Gruß zeigten, störte das die Polizei nicht im geringsten. Hitlergruß als Meinungsäußerung gegen Linksextremisten. Das ist die Demokratie, die am dritten Oktober in Mainz von den Bullen geschützt wurde.

Umso schöner war es, dass zahlreiche Menschen gekommen waren, um sich dem entgegenzustellen. Trotz der widrigen Umstände lief am Nachmittag eine Sponti in der demonstrationsfreien Zone – dort, wo die Institutionen der Demokratie ihre Festnahme- und Überwachungstechniken vorführten, dort, wo geschichtsvergessen Deutschlandfahnen geschwenkt wurden, dort wo dem widersprechende Meinungsäußerungen polizeilich verboten worden waren. Auch nach dem dritten Oktober und gerade wegen des dritten Oktober in Mainz werden wir nicht müde werden, diesem Deutschland die Party zu crashen.