Die drei Dimensionen der Security Culture

SOZIALE SICHERHEIT

  • „Don’t ask, don’t tell“ Prinzip
    Beispiel: Es reicht Freund*innen zu sagen ihr geht zu einem Treffen, ihr braucht nicht zu sagen von welcher Gruppe oder wo es stattfindet.
  • Nur so viel Wissen wie nötig
    Fragt euch bei jeder Info, die ihr weitergebt, muss die andere Person das wissen. Nicht nur Informationen, wer was genau macht, sondern auch wer eine Aktion organisiert, die Netzwerke dahinter, etc. sind für Repression sehr relevant.
    Wichtig: Gilt auch nach Aktionen, Aktionsgemacker gefährdet uns alle!
    Beispiel: Es gibt bessere Wege Menschen voneinander zu unterscheiden, als sie bei ihrer Polit-Gruppen Zugehörigkeit zu nennen.
  • Verschiedene Aktionsbereiche und -level trennen
    Beispiel: Bei einer offenen Plattform können auf Treffen gut neue Leute gewonnen werden, Themen breiter diskutiert werden, etc. – es ist aber der falsche Ort, um Leute für eine Aktion, die starker Kriminalisierung ausgesetzt sein kann, zu mobilisieren.
  • potentielle Zuhörer*innen beachten
    Welche Informationen gebe ich an welche Orte weiter? Könnten unbeteiligte Zuhörer*innen dort mitlauschen?
    Beispiel: Eine Demo ist kein guter Ort, um die letzte Aktion nachzubesprechen.

PHYSISCHE SICHERHEIT

  • Wer hat Zugang zu was? Beispiel: Der Raum in dem ihr eure Aktionsmaterialien lagert: ist er abgeschlossen, wer kann dort alles rein?
  • Seid ihr auf Hausdurchsuchungen vorbereitet?
    Habt ihr ein Plakat „Checkliste Hausdurchsuchung“ an die Tür gehängt? Eine Handynummer einer Anwält*in? Habt ihr in der WG schon mal darüber geredet, wie ihr mit so einer Situation umgehen wollt? Ist bei euch aufgeräumt?
    Kalender, unverschlüsselte Sticks /Handys / Laptops sind bei einer Hausdurchsuchung das größte Geschenk für die Bullen.
  • Welche Spuren hinterlasst ihr?
    z.B. Fingerabdrücke, bezahlen mit EC-Karte, Video-Aufnahmen, Hausmüll, Flyer, SMS, Metadaten…
  • Welche Räume haben ein besonders hohes Repressionsrisiko? Sollten dort dann Treffpunkte für Aktionen sein?
    Repressions-Beispiel: In Tübingen wurden mehrere Hausprojekte im Jahr 2016 videoüberwacht. In Hamburg wurde der Infoladen Schwarzmarkt und das Hausprojekt darüber videoüberwacht. Die KTS wurde 2014 videoüberwacht und 2017 durchsucht.
  • Welche Kleidung auf Aktionen tragen? Welche Kleidung und Dinge solltet ihr nach Aktionen loswerden?
    Repressions-Beispiel: Sehr häufig werden Kleidungsstücke als Beweise vor Gericht verwendet und bei Hausdurchsuchungen gezielt danach gesucht.

KOMMUNIKATION UND DIGITALE SICHERHEIT

  • Umfasst u.a.: Briefe, Telefone, Email, Chat/Messenger, „Soziale“-Netzwerke, digitale Informationen (Daten auf Computer, Cloud, …), Funk …
  • Bereiche, die wir schützen wollen:
    Inhalt unserer Nachrichten und Daten, Metadaten: z.B. wer redet mit wem, mit welcher Kamera wurde das Bild gemacht, etc.
    Repressions-Beispiel: In Basel wurden Leute vor Gericht gezerrt für eine Scherben-Sponti, nur weil sie am Tag der Sponti mit anderen Beschuldigten SMS geschrieben haben.
  • Bedenke, dass unverschlüsselte Kommunikation (Mails, SMS, http statt https) unglaublich einfach zu überwachen ist, verschlüsseln hingegen hat sich immer wieder bewährt.
  • Wenn 10 Leute gleichzeitig ihr Handy ausmachen lässt sich daraus schließen, dass sie sich treffen und nicht belauscht werden wollen. Repressionsbehörden lieben solche Metadaten und kommen (sogar im nachhinein) problemfrei an sie heran. Am besten lasst ihr euer Handy zu Hause!
  • Vergiss auch nicht, dass sich mit Handys einfach Bewegungsprofile erstellen lassen.
  • Welche Daten verbreitest du im Internet, speziell in sozialen Medien?
    Repressions-Beispiel: Immer häufiger werden Bilder aus „Sozialen“-Medien von den Verfolgungsbehörden zur Identifizierung von Beschuldigten genutzt.

IM ALLGEMEINEN GILT: SICHERHEITSBEWUSSTSEIN STATT PARANOIA!

Damit eine Sicherheitsstrategie funktionieren kann, muss Handlungsfähigkeit erhalten bleiben:

  • Ein Sicherheitsstandard der dich handlungsunfähig macht, ist eine Vorverlagerung der Repression.
  • So sicher Arbeiten wie möglich und trotzdem praktikabel bleiben
  • In Gruppen darf ein Sicherheitsstandard Menschen nicht ausschließen, stattdessen Skillshare und Workshops bis alle es nutzen können. Aber auch ein zu niedriger Sicherheitsstandard schließt Menschen aus.
  • Nur kollektive Sicherheitsstandards bieten Schutz für uns und unsere Strukturen.
  • Repression trifft uns nicht alle gleich. Aufenthaltsstatus, potenzielle Berufsverbote und Bewährung können zu sehr unterschiedlichen Risiken für Einzelne führen.
  • Faulheit ist nicht dasselbe wie Unpraktikabel!
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