Der 18.03. aus den Augen des Verfassungsschutzes!

Wir hatten in der Vergangenheit ja immer mit großer Freude Diskussionstexte zu Blockupy veröffentlicht. Nun gibt es wieder einen Text und zwar vom hessischen Verfassungsschutz. Das wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten! Da es ja immer noch eine laufende Repression gegen die Proteste gibt, möchten wir zudem darauf hinweisen das diese Dokumentation nicht zu Mußmaßungen oder gar einem Antworttext animieren soll.

Aus dem Verfassungsschutzbericht Hessen für 2015:

Linksextremistisch beeinflusste Proteste gegen die Eröffnungsfeierlichkeiten des EZB-Neubaus am 18. März

Zur Vorbereitung der Proteste organisierte das linksextremistisch beeinflusste Blockupy-Bündnis zahlreiche Schlafplätze in der Stadt. So wurde ein Theater in den NAXOS-Hallen als ganztägiger zentraler Anlauf-, Rückzugs und Verpflegungsort zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus koordinierte das Bündnis die Anreisen, indem es unter anderem einen Sonderzug für etwa 900 Personen anmietete, der von Berlin über Hannover und Göttingen nach Frankfurt fuhr. Im gesamten Bundesgebiet fand im Vorfeld eine Vielzahl von Mobilisierungsveranstaltungen statt.

Weiterhin rief das Blockupy-Bündnis die Kampagne „18nulldrei − Ich nehm mir frei!“ ins Leben, um gezielt Schüler, Studenten und Arbeitnehmer aufzufordern, sich am 18. März − einem Werktag − freizunehmen. Das …umsGanze!- Bündnis und unorganisierte Autonome initiierten die Kampagnen M18 und Destroika, die insbesondere auf die Mobilisierung des autonomen und anarchistischen Spektrums zielten. Destroika wurde im Nachhinein auf einer von Linksextremisten genutzten Internetseite als eine der „größten militanten Mobilisierungs-Kampagnen der letzten Jahre (seit G8-2007)“ bezeichnet. Im Namen von Destroika seien, so eine „autonome gruppe“, im Vorfeld des 18. März bundesweit verschiedene Sachbeschädigungen und Brandstiftungen an Gebäuden und Fahrzeugen von Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen und Textilunternehmen begangen worden. Ein Destroika-Aufruf kritisierte die „Reaktion der Staatsgewalt“ als „empfindlich und unerwartet repressiv“. Destroika erinnerte an die Handlungsfähigkeit der Szene in Verbindung mit einer früher in Hamburg gewalttätig verlaufenen Demonstration: „Unsere Erfahrungen in Hamburg im Dezember 2013 haben jedoch gezeigt, dass wir auch im Ausnahmezustand handlungsfähig sind, wenn wir unberechenbar und damit unkontrollierbar bleiben. Eine Vielzahl von Leuten, die über das ganze Stadtgebiet verteilt entschlossen agiert, kann auch ein großes polizeiliches Aufgebot ins Leere laufen lassen“.

Weitere Aufrufe veröffentlichten die Bündnisse Interventionistische Linke (IL), …umsGanze!-Bündnis, M31-Netzwerk, [3A]*Revolutionäres Bündnis und Perspektive Kommunismus. In Hessen waren in die Vorbereitung und die Mobilisierung der Proteste insbesondere der linksextremistisch beeinflusste, regionale Ableger des Blockupy-Bündnisses No Troika Rhein-Main und die dem …ums- Ganze!-Bündnis angehörende Frankfurter gewaltbereite autonome Gruppe kritik&praxis − radikale Linke [f]rankfurt eingebunden. Letztere stellte einen der Sprecher des Blockupy-Bündnisses. Die vom Blockupy-Bündnis geplante „Protestchoreographie“ für den 18. März sah vor, ab sieben Uhr morgens Blockadeaktionen rund um den EZB-Neubau durchzuführen. Hierzu sollten − ausgehend von verschiedenen Sammelstellen − mehrere Blockadepunkte in unmittelbarer Nähe der EZB angelaufen und besetzt werden. Hierfür hatte das Blockupy-Bündnis einen „Aktionskonsens“ formuliert …

Aufgrund der breit gefächerten Mobilisierung und zahlreichen Anreiseabsichten rechneten die Sicherheitsbehörden im Vorfeld damit, dass die Zahl von 10.000 Personen mindestens erreicht werde. Auch angesichts der Verlautbarungen der autonomen Szene befürchteten die Sicherheitsbehörden, dass es am 18. März zu massiven gewalttätigen Ausschreitungen kommen werde.

Tatsächlich war bereits der frühe Morgen des 18. März von schwersten Ausschreitungen überschattet. Bereits ab sechs Uhr zogen etwa 4.000 gewalttätige und teilweise vermummte Autonome in mehreren Gruppen durch die Frankfurter Innenstadt und begingen eine Vielzahl von Sachbeschädigungen und Gewalttaten. Die Linksextremisten errichteten Barrikaden und zündeten sie an. Sie griffen Polizeibeamte, Rettungskräfte und teilweise unbeteiligte Dritte an. Dabei wurden mehrere Polizei- und Privatfahrzeuge beschädigt oder sogar in Brand gesetzt, zahlreiche Fensterscheiben von Banken, Versicherungen und Geschäften zertrümmert und ein Polizeirevier massiv attackiert. Teilweise augenscheinlich von Ortskundigen geführt, gingen die Gewalttäter offenbar geplant und koordiniert vor. Für ihre Straftaten benutzten die Autonomen unter anderem Steine, Flaschen, Pyrotechnik, Brandbeschleuniger, ätzende Flüssigkeiten, Krähenfüße, Hämmer und Eisenstangen.

Parallel zu den schweren Ausschreitungen blockierten überwiegend friedliche Akteure, darunter auch mutmaßliche Linksextremisten, verschiedene Punkte im Umkreis der EZB. Bis zum Mittag gingen sowohl die Zahl der Straftaten als auch die Intensität der Gewalt zurück. Mit bis zu 1.200 Personen aus dem nichtextremistischen Spektrum fand ab zwölf Uhr die störungsfreie Veranstaltung des DGB statt. Ursprünglich sollte der Aufzug vom DGB- zum EZB-Gebäude ziehen, der Endpunkt wurde jedoch kurzfristig zur Kundgebung des Blockupy- Bündnisses auf dem Römerberg verlegt. Diese begann mit etwa 10.000 Teilnehmern um 14 Uhr. Dabei blockierten Teilnehmer vereinzelt umliegende Straßen, weitgehend blieb es aber friedlich. Die Kundgebung des Blockupy-Bündnisses setzte sich gegen 17 Uhr unter Beteiligung von etwa 17.000 Personen in Richtung Opernplatz in Bewegung. Im Demonstrationszug befanden sich deutlich über 2.000 gewaltorientierte Linksextremisten, die sich teilweise zu einem schwarzen Block formierten. Die Demonstration verlief angesichts der starken Polizeipräsenz ohne größere Störungen, allerdings wurden bengalische Fackeln entzündet und Polizeibeamte vereinzelt mit Stein- und Flaschenwürfen angegriffen. Während der Abschlusskundgebung auf dem Opernplatz wurde die dortige Commerzbankfiliale beschädigt. Erneut kam es zu Stein- und Flaschenwürfen. Nach Beendigung der Veranstaltung reiste ein Großteil der auswärtigen Teilnehmer zeitnah ab. Dennoch kam es bis in die Morgenstunden des 19. März zu weiteren Sachbeschädigungen, unter anderem wurden Mülltonnen und ein Fahrzeug in Brand gesetzt.

Insgesamt wurden am 18. März 148 Polizeibeamte leicht und zwei schwer verletzt. 170 Fahrzeuge wurden beschädigt: 70 der Polizei, davon sieben in Brand gesetzt, sowie zwei der Feuerwehr und 98 von Privatpersonen. Die Polizei führte 534 Identitätsfeststellungen durch und identifizierte nachträglich weitere 94 Personen. Es wurden 293 Platzverweise ausgesprochen und 26 Personen vorläufig festgenommen unter anderem wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs, der Sachbeschädigung, der gefährlichen Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Im Nachgang wurden 289 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ein festgenommener Aktivist aus Italien, der mehrere Pflastersteine und eine Flasche auf Einsatzkräfte geworfen hatte, wurde zwischenzeitlich zu 14 Monaten Haft − ausgesetzt für fünf Jahre auf Bewährung mit europaweiter Gültigkeit − verurteilt. Der Gesamtschaden der Ausschreitungen dürfte Schätzungen der Polizei zufolge bei über zwei Millionen Euro liegen. Die Bilanz der Protestbeteiligten fiel sehr unterschiedlich aus. Nichtextremistische Organisationen wie zum Beispiel das Netzwerk Attac lehnten die gewalttätigen Ausschreitungen ab („Solche Bilder wollten wir nicht. Solche Aktionen entsprechen nicht dem, was wir in unserem Aktionskonsens beschlossen haben“). Dem entgegneten autonome Gewalttäter: „Doch genau das wollten wir und unsere wütenden Freund*innen aus ganz Europa: einen politischen Krawall!“ Aus dem gleichen Statement auf einer vor allem von Linksextremisten genutzten Internetplattform geht hervor, dass die Ausschreitungen zielgerichtet geplant worden waren:

„Ein Aufruhr, eine Revolte entwickelt sich, spitzt sich zu, um dann eines Tages, zu explodieren. Ein Krawall dagegen entsteht nicht spontan, vielmehr wird sich dazu verabredet. […] Die dabei teils vorhandene Kritik an einigen Aktionen können wir nicht teilen, im Gegenteil, wir haben selten solch zielgerichtete Militanz gesehen: 7 abgefackelte Polizeikarren, 55 beschädigte, 150 verletzte Bullen, Barrikaden, Angriffe auf Banken, teuren Einzelhandel, Versicherungen, Bürgeramt, Gericht, Verkehrsbetriebe und insgesamt einen Sachschaden in Millionen-Höhe sind ein klares Statement“. (Schreibweise wie im Original.) Das Blockupy-Bündnis selbst äußerte sich zunächst relativierend-verständnisvoll und ohne eindeutige Distanzierung von den Ausschreitungen. Ein Sprecher des Blockupy-Bündnisses erklärte in einem Fernsehinterview, man müsse „verstehen, […] dass die Wut vieler Menschen aus ganz Europa ziemlich groß ist auf die Politik der Bundesregierung und der EZB. Und insofern: Wenn man jemanden verantwortlich machen möchte, dann ist es die Bundesregierung und dann ist es die EZB. […] Zum einen sind das nicht die Bilder, die wir wollten, und für die wir stehen als Bündnis. Andererseits ist klar: so groß ist das mediale Interesse nie bei Protesten, wie wenn es zuAuseinandersetzungen kommt. Deswegen ist es auch immer so ein bisschen zynisch auf eine gewisse Art und Weise, was da gesagt wird, das überschattet jetzt nur das berechtigte Anliegen. Das berechtigte Anliegen wird seit Jahren nicht gehört“.

Nach heftiger öffentlicher Kritik kritisierte das Bündnis in späteren Äußerungen jedoch, dass die Gewalttäter die Blockupy-Strukturen für ihre Vorhaben missbraucht und letztlich Aktionen durchgeführt hätten, die weder verantwortbar noch vermittelbar gewesen seien. Allerdings lehnte das Blockupy- Bündnis es weiterhin ab, sich generell zu distanzieren und sprach sich vielmehr für eine bessere Kommunikation untereinander aus. In einem Thesenpapier vom 30. Mai wertete der Koordinierungskreis des Bündnisses den 18. März als ein „deutliches Zeichen für einen entschlossenen Widerstand gegen das Krisenregime und für ein anderes, solidarisches Europa“: „Gesellschaftliche Verbreiterung in Tateinheit mit politischer Zuspitzung, das ist unser Ziel mit Blockupy. Dafür wollen wir vermittelbare Formen zivilen Ungehorsams, die eine breite Beteiligung innerhalb und auch außerhalb des Bündnisses ermöglichen, die die Regeln des Erlaubten mehr als nur symbolisch übertreten und dadurch starke Bilder schaffen: Menschen brechen Regeln, weil es um Wichtigeres geht. Ungehorsam polarisiert, führt zu Repression, macht Risse im Beton sichtbar. Er zeigt die Gewalt und Anmaßung der Herrschenden, unsere Lebensverhältnisse und immer die Lebendigkeit unseres Widerstands“.