Linke Aktivist*innen laufen häufig Gefahr, einer erkennungsdienstlichen Behandlung (ED-Behandlung) unterzogen zu werden. Hier möchten wir euch darüber informieren, was es damit auf sich hat und wie ihr euch in solchen Situationen am besten verhaltet.
Eine ED-Behandlung ist die Erfassung von personenbezogenen Daten durch die Polizei und beinhaltet in der Regel standardisierte Fotos (Profil, Frontal) sowie Abdrücke aller zehn Finger, im Zweifel auch von Handflächen oder Ohren. Hinzukommen kann die Erfassung auffälliger Körpermerkmale, wie zum Beispiel Tätowierungen, Narben oder Muttermale.
Weil die Polizei für ihre Standardfotos und Fingerabdruckblätter bislang noch erhebliche Ausrüstung braucht, finden ED-Behandlungen eigentlich immer auf der Polizeiwache statt. Das ist ein Rahmen, den die Polizei recht weitgehend kontrolliert, und wenn mensch erstmal dort ist, ist es kaum möglich, sich der Maßnahme (auch juristisch) zu entziehen. Sich auf der Wache widerständig zu verhalten, wird meist dazu führen, dass die Polizei die Maßnahme erzwingt und euch die Fingerabdrücke gewaltsam abnimmt – darauf solltet ihr vorbereitet sein.
Häufig werden die Fotos dann mit Filmaufnahmen von Demos und die Fingerabdrücke mit Spuren von alten ‚Tatorten‘ abgeglichen. Um das zu erleichtern, will die Polizei manchmal Fotos mit Vermummungsmaterial oder anderen Kleidungsstücken von euch. Das müsst und solltet ihr auf keinen Fall mitmachen, denn ihr seid nicht verpflichtet, bei eurer eigenen Strafverfolgung aktiv mitzuwirken. Das bedeutet, ihr müsst keine bestimmten Haltungen einnehmen (z.B. Wurfbewegung vorführen) und bei keinerlei Kostümierung mitwirken (z.B. Kapuze aufsetzen). Auch wenn die Polizist*innen mit einer gewaltsamen Durchsetzung drohen, solltet ihr versuchen, euch dieser Schikane zu widersetzen.
Grundsätzlich muss zwischen zwei verschiedenen Formen der ED-Behandlung unterschieden werden, der repressiven, sich also auf eine konkrete Straftat beziehenden und der präventiven, zur sogenannten Gefahrenabwehr. Bei einer postalischen Vorladung zur ED-Behandlung solltet ihr daher zeitig Kontakt zu euren Antirepressionsstrukturen aufnehmen, da die unterschiedlichen Formen unterschiedliche juristische Handlungsoptionen ermöglichen.
In der Praxis sind die Handlungsmöglichkeiten allerdings sehr beschränkt, denn die Polizei wird in der Regel versuchen, die ED-Behandlung durchzusetzen, ohne der betroffenen Person eine Möglichkeit zu geben, juristisch dagegen vorzugehen. Sollte die Polizei also z.B. im Rahmen einer Demonstration die sofortige Durchführung einer ED-Behandlung verlangen, gibt es kaum eine Chance diese zu verhindern. Falls ihr in der letzten Zeit erkennungsdienstlich behandelt worden seid, macht die Cops darauf aufmerksam, wenn eure Daten bereits polizeilich erfasst sind, wäre eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung überflüssig und schikanös.
Wie gesagt lassen sich direkte ED-Behandlungen kaum verhindern, daher könnt ihr auch erstmal nicht viel falsch machen. Lasst euch aber auf keine Gespräche mit den Cops ein, denn es gibt keine ‚unwichtigen Fragen‘. Die Polizei hat keinen Anspruch auf Informationen zu Themen wie Rechts- oder Linkshänder*in, Raucher*in, Fremdsprachenkenntnisse, Schuhgröße oder Führerschein usw. Solche Maßnahmen sind Teil staatlicher Repression und Einschüchterung, lasst euch daher nicht unterkriegen, trefft euch im Anschluss mit Freund*innen, redet über Sorgen und informiert eure örtlichen Antirepressionsstrukturen.
Wie immer gilt: Macht Gebrauch von eurem Aussageverweigerungsrecht. Ihr müsst und solltet bei Polizei und Staatsanwaltschaft nichts sagen (außer den Infos auf eurem Personalausweis plus eine grobe Berufsbezeichnung und euren Familienstand). Außerdem: Nichts unterschreiben, das ist euer gutes Recht! Bei Unsicherheiten, Fragen oder Problemen: scheut euch nicht Kontakt zur nächsten Ortsgruppe der Roten Hilfe oder euren Antirepressionsstrukturen aufzunehmen!