Langer Marsch

Aufruf zur Teilnahme am langen Marsch für die Freiheit von Abdullah Öcalan
Der lange Marsch ist eine jährliche Aktion der kurdischen Befreiungsbewegung, um gegen die Inhaftierung von Abdullah Öcalan zu protestieren. Öcalan ist Philosoph der kurdischen Bewegung, auf seinen Ideen beruht auch die demokratische Selbstverwaltung in Rojava-Nordsyrien in der Menschen auf Basis von Ökologie, Feminismus und Demokratie eine Alternative zum Kapitalismus aufbauen und leben. Er sitzt seit 21 Jahren in Isolationshaft. seine Inhaftierung und Haftbedingungen sind ein Verstoß gegen Internationales Recht und die Menschenrechte.
Der lange Marsch ist eine gute Gelegenheit, um die kurdische Bewegung besser kennenzulernen. Tagsüber wandern wir gemeinsam durch die Straßen, abends gibt es Vorträge & Diskussionen über verschiedene Themen. An jedem Tag gibt es einen thematischen Schwerpunkt, beispielsweise Kampf gegen Rassismus, ökologische Kämpfe usw.

Mehr unter:
https://longmarch.freeocalan.org/deutsch
Tag der Ökologie und Freiheit am 6.2.
In Frankfurt ist der lange Marsch am 6. Februar mit dem Themenschwerpunkt auf Ökologie. Wir starten um 11.00 Uhr an der Grünen Lunge! Packt eure Freund*innen und Maske ein und kommt vorbei!
Lasst uns gemeinsam auf die Straßen gehen, für eine ökologische Zukunft, dafür dass niemand im Gefängnis sitzen muss und für eine bessere Welt!
Die Maßnahmen zur Bekämpfung von CoVid-19 werden die gesamte Zeit eingehalten. Meldet euch an unter: langermarsch2021@protonmail.com

In Antimilitarismus, Ökologie, Repression, Swing 221 veröffentlicht | Getaggt , , | Kommentare geschlossen

Stay Positive

In Texten und Diskussionsaufrufen der Linken dominieren Kritik und pessimistische Beschreibungen, insbesondere in Bezug auf die eigene Szene/Bewegung/Milieu. Auch wir haben das schon häufiger getan, halten dies aber für falsch.

Viele linke Texte werden formuliert aus einer Perspektive, dass „die deutsche Linke endlich kapieren soll und tun muss, was ich und meine Gruppe schon seit vielen Jahren sage/tue, dann … etc pp.“ Wer sich durch alte Hefte blättert, wird feststellen, dass es diese Rhetorik gibt, seitdem es die neue neue undogmatische Linke in der BRD gibt. Wie kann so was sein? Warum glauben wir überhaupt, dass es so etwas wie „die Deutsche Linke“ gibt, wo wir ansonsten doch so feingliedrig differenzieren? Würden wir denn Verhältnisse wollen, in denen es möglich wäre, zehntausende Aktivist*innen auf eine Linie zu bringen? Und selbst wenn, würde es tatsächlich so viel an den Gesamtverhältnissen ändern? Würde denn die globale Umwälzung aller Verhältnisse stattfinden, wenn die radikale Linke endlich checken würde, was du und deine Gruppe sagt?
Kritik ist notwendig und treibt uns voran, schärft Positionen und schafft Bewusstsein für Sackgassen. Im besten Fall ist sie so formuliert, dass diejenigen, an die sich die Kritik richtet, diese auch überzeugt – ein in der Linken erstaunlich selten praktizierter Stil. Zudem besteht die Gefahr, sich nur mit Fehlern und Misserfolgen auseinandersetzen, und darüber die vielen positive Entwicklungen und Tendenzen zu übersehen, die neben dem Kritikwürdigen und Negativen erwähnenswert sind. Wir sind der Meinung, dass wir uns stärker auf das beziehen sollten, was gelingt, als unsere üblichen Muster zu bedienen. Um diese positiven Aspekte sowie daraus auftauchende Fragestellungen soll es nun im weiteren Beitrag gehen.

Roll-Back und Repression

Wir sind konfrontiert mit der größten (proto)-faschistischen Mobilisierung seit den 1990er Jahren. Die Bewegungslinke ist einer der wenige Akteure, die sich AfD, Pegida und Quarkdenker*innen auf der Straße entgegen stellt. Dies drückt sich in vielen kleinen bis großen Mobilisierungen und massenhaften direkten Aktionen gegen rechte Aktivist*innen aus. Dieses Feld bindet vielfach Kapazitäten, die wir nicht in progressivere Kämpfe stecken können. Aber diese Auseinandersetzung ist alternativlos und sie ist durchaus erfolgreich: Die antifaschistische Linke ist der zentrale Akteur, der dafür sorgt, dass die faschistische Raumnahme auf der Straße zumindest Begrenzungen erfährt. Und es ist der kompromißlose Antifaschismus, der bisher verhindert, dass bürgerliche Gruppen mit der AfD offen paktieren.
Gegen antifaschistische und Strukturen agiert der Staat massiv repressiv : Ob mediale Hetze wie bei der „Kantholz“-Debatte in Bremen oder konkrete 129-Verfahren wie in BaWü und Leipzig, das Feindbild Antifa als rechtes Narrativ treibt die sogenannte bürgerliche Mitte vor sich her. In Hamburg rächt sich der Staat mit massiven Verfahren an Aktivist*innen für die aufständischen Bilder vom G-20 Gipfel. Aber auf diese und andere Repressionsschläge reagiert die radikale Linke aktuell mit durchaus erfolgreichen Solidaritätskampagnen, die zudem erfolgreich spektrenübergreifend wirken.
Etwas ähnlich sehen wir die Bedingungen im Antirassismus. Auch hier agieren Aktivist*innen durchaus erfolgreich: Die antirassistische Linke ist der zentrale Akteur, der dafür sorgt, dass die tödliche Politik der EU überhaupt noch skandalisiert wird. Und es ist der kompromißlose Aktivismus. der dafür sorgt, dass bürgerliche Gruppen sich zum Sterbenlassen, an den Außengrenzen, dem Einsperren in den Lagern, sprich der menschenunwürdigen Politik Europas überhaupt noch verhalten.

Radikaler Feminismus

Straijk Kobiet in Polen, die Bewegung der grünen Halstücher in Argentinien – große Bewegungen für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gibt es vor allem international und sind Zeichen eines Wiedererstarkens des Feminismus. Aber auch hierzulande werden feministische Kämpfe wieder lauter. Dabei gehen autonome Feministinnen über den liberalen Feminismus-Begriff hinaus und verwandeln die Intersektionalitätsdebatten konsequent in eine kämpferische Praxis. Was in der Szene (wenn überhaupt) lange nur eine moralische Debatte war, zeigt sich nun in kraftvollen FLINT-only Demos auf der Straße, was sich lange (wenn überhaupt) nur in kleinen Aktionen des zivilen Ungehorsams ausdrückte, findet sich zunehmend auch in expliziten Sabotage-Aktionen. Das ist eine Entwicklung, die wir positiv sehen und die wir nicht mehr missen wollen.

Ökologiebewegung

Das Thema Ökologie ist endlich wieder in der radikalen Linken angekommen. Dies ist vielen verschieden Faktoren und Akteuren zu verdanken. Sicherlich auch, weil der Klimawandel in vollem Gange ist und für viele Menschen auch in der urbanen Linken unmittelbar greifbarer geworden ist. Aber auch den hartnäckigen Mobilisierungen durch Kampagnen wie EndeGelände oder der Konsequenz der Waldbesetzer*innen im Dannenröder Wald. Dass dagegen ein Castor-Transport 2020 nahezu widerstandsfrei durchs Land gefahren werden konnte, halten wir für einen Widerspruch, der das grundsätzlich Positive aber nicht abschwächt.

Höchstes Level an militanten Aktionen seit Jahrzehnten.

Wir können keine Statistiken dazu liefern, aber unser Eindruck beim Lesen von verschiedenen Dokumentationen ist, dass es in den letzten Jahren eine Zunahme militanter Aktionen gab im Verhältnis zu vor zehn oder zwanzig Jahren. Und das, obwohl die Spielräume immer enger werden. Sowohl die politischen Spielräume werden enger – da wird aus einem umgeschubsten AfDler ein Mordversuch mit Kantholz; Für das Anschreien eines Bullen werden 2 Jahre Knast ausgesprochen; Aus einer eingeschmissenen Bushaltestelle werden die schlimmsten Krawalle seit Jahrzehnten. Aber auch die Spielräume, die einem der Verfolgungsapparat ließ, werden aufgrund massiver Aufrüstung und Ausweitung immer enger. Die beeindruckende Quantität und Qualität an nächtlichen Aktionen und Massenmilitanz der Autonomen in den 1980er Jahren wäre unter der Bedrohung heutiger standardisierter Ermittlungsmethoden (Kameraüberwachung, DNA-Spuren etc.) so sicherlich auch nicht mehr möglich. Nichtsdestotrotz entscheiden sich offensichtlich mehr Aktivist*innen für eine militante Praxis. Was wir daran problematisch vermuten (ohne es zu wissen), ist, dass es zu einer zunehmenden Spezialisierung kommt. Früher sind alle hin und wieder losgezogen, um beim Schweineverein im Viertel die Scheiben einzuwerfen. Dies lässt sich heute in der Einfachheit zumeist gar nicht mehr machen, sondern braucht Vorbereitung und spezialisiertes Wissen. Dieses Wissen wird zwar auf Webplattformen und über Broschüren geteilt, aber eben nicht mehr von allen praktiziert. Da aber die Praxis die eigene Sichtweise prägt, sorgt es für Trennung in der Linken. Wir denken, dies ist auch ein Faktor für das zunehmende Auseinanderdriften verschiedener, sich als autonom verstehender Milieus, die mit den anderen Milieus nichts mehr anzufangen wissen.

Die Tanker der Bewegung

Viele Menschen gehen in die IL, den Roten Aufbau oder zu …ums ganze! Diese Großgruppen bieten vielfache und flexible Möglichkeit, langfristig radikale Politik zu gestalten und in Vernetzung zu bleiben. Früher haben viele Aktive den Kontakt zur sozial organisierten Szene verloren, wenn sie älter wurden, Lohnarbeit umfassender wurde, Kinder zu betreuen hatten, krank wurden, Auszeiten nahmen, nicht mehr auf jeder Demo und vor allem nicht mehr auf jeder Party aufschlagen konnten. Das ist jetzt anders. Allerdings sorgen die Gruppen auch für eine Dominanz eines bestimmten Organisations- und Politikstils und – die eigene Praxis prägt die eigene Sichtweise – wie soziale Kämpfe und linke Interventionen wahrgenommen und beurteilt werden. Zudem wirken sie sich auf ein bestimmtes Szene-Milieu sowohl mobilisierend als auch lähmend aus – machen die großen Gruppen eine Kampagne, kommen Hinz und Kunz aus ihren Kiezen und Syndikatsprojekten und konsumieren das Event. Tun sie es nicht, verlaufen Mobilisierungen oft recht schwach. Was tun mit diesem Dilemma? Wie verlaufen dazu die Debatten in den großen Tankern der Bewegung?

Bewegungslinke als Stärke begreifen

Wir glauben, dass es ein Vorteil ist, dass eine Bewegungslinke sich eben nicht durch Debatten, Appelle oder Machtstrukturen auf eine einheitliche Linie bringen lässt. Wir glauben weiterhin, dass unsere Vielfalt unsere Stärke ist. Wir halten es für sinnvoll, dass es einige gibt, die sich mit aller Entschiedenheit an jedem einzelnen Baum festketten oder ihren Dorfkiez verteidigen und uns den Spiegel vorhalten, was nur alles möglich ist, wenn wir entsprechend konsequent sind. Wir halten es für sinnvoll, dass sich andere in unmittelbare Gestaltungsmöglichkeiten begeben und Kampagnen wie Radentscheid, Transition Town, SoLaWi und vieles mehr begeben, um im konkreten Hier und Jetzt anzufangen, Alternativen zu schaffen. Wir halten es für sinnvoll, dass es Menschen gibt, die die Schuhgröße jedes Faschisten in der Vorstadt auswendig wissen. Wir halten es für sinnvoll, dass es Menschen gibt, die diese Faschisten konfrontieren und einschränken. Wir halten es für sinnvoll, dass es einige gibt, die sich in Organisationsstrukturen begeben. Wir halten es für sinnvoll das welche Wissenschaft betreiben. Wir halten dies alles für sinnvoll, um als Linke in Bewegung zu bleiben und nicht in unserer eigenen Ideologie zu verharren, sondern all diese Perspektiven und Initiativen zu nutzen, um uns an rasant verändernde Verhältnisse anzupassen. Zudem glauben wir, dass dies sowieso passiert, unabhängig wie unsere moralischen Debatten und Appelle verlaufen. Viel wichtiger erachten wir, dass wir anfangen zu lernen, dies bei aller Verschiedenheit und allen Widersprüchen als Stärke zu begreifen. Und auch sehen, was uns in dieser Verschiedenartigkeit gelingt, auch wenn es im Verhältnis zum Gesamtziel „Gutes Leben für alle“ selbstverständlich stets viel zu wenig erscheinen mag.
Ich und meine Gruppe /Dez.20

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One Solution! Zero Covid?

webadresse: https://de.indymedia.org/node/134861

Die Kampagne Zero Covid wird von vielen als Ausweg aus der linker Sprachlosigkeit gegenüber der Corona-Pandemie angesehen. Dabei fordert der Aufruf realpolitisch, was in diesen Verhältnissen nicht zu erreichen ist. Gleichzeitig verkennt er die Repression, die auch ein solidarischer Lockdown bedeuten würde. Eine linksradikale Antwort auf Corona wäre es sich solidarisch in Netzwerken jenseits von Kapital und Staat zu organisieren.

Worüber man nicht sprechen kann – muss man schweigen

Plötzlich – oder doch vielleicht endlich – kommt Bewegung in die Sache. Seit kurzem haben auch die Linken in deutschsprachigen Raum eine Strategie gegen den Corona-Virus und die damit zusammenhängenden Krise gefunden. „Zero Covid“ heißt die Losung und allerorts von Hamburg bis nach Wien wird ein solidarischer Lockdown gefordert. Die Gruppe redical [m] aus Göttingen verkündete gar, dass ZeroCovid der erste nennenswerte Versuch sei, die Sprachlosigkeit der Linken, was Corona angeht, zu Überwinden [1].
Diese Sprachlosigkeit festzustellen, ist nun keine allzu aufregende Erkenntnis – man sollte diese sich allerdings nicht gegenseitig zum Vorwurf machen. Interessanter ist schließlich die Frage, wieso weite Teile der Linken zu Corona zunächst wenig zu sagen hatten. Das mag daran liegen, dass linke Politik ganz wesentlich auf sozialer Nähe beruht, dass man sich in Autonome Zentren, Gruppen, Demos trifft und organisiert und dies unter den Vorzeichen der Pandemie schwieriger geworden sind und (mitunter durchaus aus guten Gründen) unterlassen wurde. Das mag auch daran liegen, dass Gesundheit für die (radikale) Linke hierzulande ohnehin nicht eine allzu zentrale Rolle einnimmt, obwohl natürlich auch die Frage der Gesundheit nach Klassengrenzen usw. strukturiert ist. Zusätzlich – und das ist wahrscheinlich der entscheidende Punkt – liegt die Pandemie schlicht außerhalb der Themenfelder der Linken. Eine Wirtschaftskrise wäre von der gesellschaftlichen Linken von Beginn an anders aufgegriffen und bearbeitet worden. Das mag auch daran liegen, dass die Corona-Virus als natürliche Katastrophe erscheint. Als natürliche Katastrophe erscheint sie aber zunächst als unpolitische – als eine Sache, um die keine Auseinandersetzungen geführt werden können und in der es ohnehin nur ganz bestimmte von der Wissenschaft vorgegebene Lösungen gibt. Es ist dann eben wie beim Hochwasser: Es ist ein natürlicher Prozess und wenn es mal da ist, geht es darum, dass es so schnell wie es geht wieder weg ist, wofür dann Feuerwehr und Katastrophenschutz zuständig sind.
Nun (und das gilt natürlich genauso auch fürs Hochwasser) ist die Pandemie eben kein rein natürliches Ereignis: Allein, dass eine Pandemie sich so ausbreiten kann bzw. überhaupt so auf den Menschen überspringt, ergibt sich aus einer kapitalistisch angetriebenen Zerstörung der Umwelt.[2] Auf die Tatsache, dass der Umgang mit der Pandemie selbst mit der Gesellschaft und der Einrichtung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu tun, macht zumindest auch die Kampagne ZeroCovid aufmerksam, auch wenn das eine Erkenntnis ist, über die schon im Frühjahr geschrieben wurde.
Überhaupt – um damit wieder zur angeblichen Überwindung der Sprachlosigkeit der Linken zurückzukehren – zeugt es durchaus von einer gewissen Vermessenheit jetzt zu behaupten, „ZeroCovid“ sei der erste Versuch, die linke Sprachlosigkeit in Bezug auf Corona zu überwinden. Tatsächlich gab es bereits im Frühjahr eine ganze Reihe an Texten, die sich mit Corona auseinandergesetzt hatten und durchaus Vorschläge wie man mit der Pandemie umgehen könnte z.B. bei Crimethink [3]. In Slowenien, Süditalien, den französischen Banlieue und anderswo gibt es seit Monaten Proteste gegen die Ausgangssperren: aber gut, dort spricht man auch eine andere Sprache und das zählt wahrscheinlich schon allein deshalb nicht als Versuch, die Sprachlosigkeit zu überwinden. Überhaupt gab es auch im ersten Lockdown eine ganze Reihe von Versuchen des Aufbaus von solidarischer Hilfe durch linke Initiativen, die man zumindest auf breiter Ebene als gescheitert betrachtet muss – bedauerlicher Weise jedoch entstanden zudem kaum Auswertungsstatements. Angesichts all dessen überrascht es dann doch, dass ein solcher Vorschlag nach über einem dreiviertel Jahr Pandemie und mehreren Monaten im Lockdown in unterschiedlicher Gestalt kommt. Der Vorschlag wäre theoretisch und praktisch auch schon zu Beginn der Pandemie denkbar gewesen. Dass man das eben nicht gemacht hat und jetzt nach Monaten des Lockdowns nach mehr Lockdown ruft, sagt dann vielleicht doch mehr über das Milieu, das diesen Vorschlag unterstützt, aus als über die generelle Sprachlosigkeit der Linken.

Die Logik des Staates lässt sich nicht austricksen!

Die Sprache der Kampagne ist unverkennbar eine realpolitische: Wir müssen jetzt handeln, wir machen jetzt einen Vorschlag, wie die derzeitigen gesellschaftlichen Institutionen anders handeln können, wie wir innerhalb der Verhältnisse die Corona-Pandemie bekämpfen könnten; wir schließen die Wirtschaft, wir führen aber soziale Hilfen ein, die wir mit Vermögenssteuern etc. finanzieren. Das ist an sich wenig überraschend, schließlich haben wahrscheinlich genügend Linksliberale den Aufruf initiiert. Dass er aber von linksradikalen Gruppen derart gefeiert wird, mag dann schon zu überraschen. Man gibt sich offensichtlich allzu leicht der Illusion hin, dass Forderungen leichter umzusetzen wären bzw. mehr Menschen erreichen können, wenn man sie denn nur realpolitisch verpackt. Es spricht wirklich alles dafür, Sammelunterkünfte aufzulösen, Obdachlose eine Wohnung zu verschaffen, beengte Wohnverhältnisse zu beenden, Menschen eine weitgehende soziale Absicherung anzubieten, vollen Lohnausgleich bei Betriebsschließungen zu garantieren. Der – wirklich schlechte – Witz ist nur, dass all diese Forderungen – vor allem in dem enormen Ausmaß, in dem sie allein schon angesichts der Corona-Pandemie notwendig wären – innerhalb dieser Verhältnisse wohl kaum umsetzbar sind. Allen Menschen eine angemessene Wohnung zu verschaffen, würde an der Eigentumslogik, an der kapitalistischen Ordnung, derart rütteln, dass es unmöglich bleibt. Nun ist das kein Einspruch gegen diese Forderungen, sondern nur gegen die Leichtfertigkeit, wie diese als vom Staat umsetzbare dargestellt werden. Es bleibt schleierhaft, wieso Forderungen, die dem derzeitigen System wirklich diametral entgegenstehen, in ein realpolitisches Gewand gekleidet sich leichter umsetzen lassen sollten. Sinnvoller wäre es aufzuweisen, wie die Umsetzung dieser Forderungen in diesen Verhältnissen systematisch unmöglich ist: was nicht gegen die Forderungen spricht, sondern gegen die Verhältnisse, die ihre Verwirklichung blockieren. Sinnvoller ist es, darauf hinzuweisen, wie sehr die Corona-Pandemie und ihre desaströse Bekämpfung mit der kapitalistischen Gesellschaft zusammenhängt und wie man in einer anderen, in einer kommunistischen Gesellschaft stattdessen damit umgehen könnte.

Ich will für euch im Lockdown bleiben

Neben den – zumindest der Schlagrichtung durchaus richtigen – sozialen Anliegen geht es der Kampagne um die Forderung nach einer „solidarischen Pause“, nach einem harten Lockdown, der nicht nur den privaten Bereich, sondern nun auch ebenso sehr die Wirtschaft betreffen soll. Dass die Wirtschaft von dem Lockdown weitestgehend ausgenommen wurde, dass dort, wenn man den Verlautbarungen der Politik Glauben schenkt, anscheinend keine Infektionen stattfinden können, dass diese ungehindert weiterlaufen soll, zeigt die Funktionsweise des Kapitalismus und seine ganze Absurdität. Soweit so gut. Allerdings beinhaltet die Forderung nach einer „solidarischen Pause“ eben nicht nur die Forderung nach einem Lockdown für das Kapital, gegen den nichts einzuwenden wäre, sondern ebenso sehr die Fortsetzung des Lockdowns im Privaten. Dass nun der solidarische Lockdown zum Allheilmittel wird, drückt sich auch darin aus, dass man zum Leidensdruck, den der Lockdown auslöst, kaum etwas zu sagen hat. Nur kurz etwas zu häuslicher Gewalt, nichts zu den Depressionen, psychischen und sonstigen Krankheiten, die er auslöst, nichts zu den Menschen in den ganzen Knästen, in denen das Virus furchtbar grassiert hat, nichts zu den Menschen, die in anderen, ohnehin geschlossenen Einrichtungen wie Jugendheimen oder geschlossenen psychiatrischen Kliniken nun umso mehr eingesperrt sind. Und natürlich verläuft auch die Betroffenheit von diesem Leidensdruck – um es nochmals für die zu sagen, die es ansonsten ignorieren würden – entlang von Klassen- und Geschlechtsgrenzen, entlang von sozialen und rassistischen Markierungen.

Des Weiteren bedeutet ein Lockdown Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Ausgangssperren, Absperrungen von Vierteln und Städten – die natürlich auch dann nicht angenehmer werden, weil vielleicht diesmal die reicheren Viertel davon auch betroffen sind. Diese Ein- und Absperrung befördern eine staatliche Repression und polizeiliche Morde. Und freilich trifft dieser Frontalangriff der Herrschaft besonders diejenigen Überlebenskünstler:innen, die sich sonst in den letzten Zwischenräumen der smarten Stadt der Reichen bewegen: Wohnungslose, Illegale, Junkies, Straßenkinder, Geflüchtete und viele rassistisch markierten Menschen. Offensichtlich hat man das polizeiliche Vorgehen, das allgegenwärtige racial profiling diesen Sommer in den deutschen Städten und die darauf reagierenden Riots in Stuttgart und Frankfurt so schnell wieder vergessen, sodass man nun eine Beibehaltung bzw. gar eine Verschärfung dessen fordert. Natürlich hat es diese polizeiliche Repression auch davor schon gegeben und es wird sie auch noch nach Corona geben. Aber so zu tun, als wäre es eine linke Antwort auf die Corona-Pandemie genau diese Repression aufrechtzuerhalten und sogar zusätzlich zu ermächtigen und sich nicht ein Modell genau jenseits dieser Repression, jenseits der staatlichen Vermittlung der Gesellschaft zu überlegen, bleibt abzulehnen und nicht auch noch zu begrüßen.

All Cops Are Showing Solidarity

Dazu kommt: Wer soll denn diesen „solidarischen“ Lockdown nun umsetzen? Die staatlichen Institutionen? Die Polizei? Wie kommt man denn nun zur Annahme, dass diese einen Lockdown, ganz egal, wie dieser angelegt ist, solidarisch umsetzen würde? Auch ein solidarischer Lockdown würde entlang der üblichen Klassen- und Geschlechtergrenzen, der rassistischen Markierungen u.ä. durchgesetzt werden. Um das zu zeigen, braucht es nicht einmal eine besondere theoretische Begründung. Es genügt auf das polizeiliche Handeln zu blicken, zu dem genug bekannt sein sollte. Zu was hat man die letzten Jahre gegen die ganzen PAGs protestiert, zu was hat man die ganze rechte „Einzelfälle“ und Strukturen thematisiert, wenn diese am Ende doch wieder die richtigen sein sollen, um die Gesellschaft zu organisieren und Antworten auf eine Krise abzusichern, wenn ihnen doch wieder alle Gewaltmittel anvertraut werden sollen? Auch hier zeigt sich wieder die Grenze der Realpolitik: Man argumentiert und denkt im Grunde von Voraussetzungen aus, die schlicht nicht gegeben sind. Denn eine Polizei, die nichts rechts durchsetzt wäre, die einigermaßen solidarisch wäre, gibt es heute nicht und sie zu schaffen würde, wenn es denn überhaupt möglich wäre, Jahre dauern. (Aus guten Gründen halten wir eine solche Polizei für unmöglich, aber darum geht es hier erstmals nicht.) Dass man trotzdem so tut als ließe sich unter den Vorzeichen einer solchen Polizei (und anderer entsprechender Institutionen) ein solidarischer Lockdown umsetzen, zeugt von der Illusion der Realpolitik, die dort vermeintlich unmittelbar umsetzbare Vorschläge liefert, wo sie gerade nicht in dieser Form unmittelbar umzusetzen sind. Dazu passt jener sozialdemokratische Glaube an den Staat als ein bloßes Instrument, den man einfach einen Zweck geben kann und der das dann auch genauso umsetzt, ganz unabhängig von politökonomischen Funktionsweisen und Zwängen, unabhängig von Herrschaftsmechanismen und unabhängig von Machtstrukturen innerhalb des Staates.

Die ganz Gewieften werden nun einwenden, dass ja gar nicht die Polizei diesen Lockdown kontrollieren soll. Wer denn sonst allerdings? Man wendet nun, dass dieser Lockdown von unten organisiert und somit kontrolliert werden soll. Von der Basisbewegung oder von Gewerkschaften etwa. Wie hat man sich das vorzustellen? Die örtliche Antifa-Crew jagt jetzt nicht mehr Nazis, sondern Leute, die sich nicht an die Ausgangssperre halten? Eine solche Kontrolle von unten ist nun auch ganz grundsätzlich schlichtweg utopisch – und zwar in einem schlechten Sinne. In einer staatlich-kapitalistischen Gesellschaft hält nun einmal der Staat und seine Organe die Gewaltmittel in der Hand. Die Polizei und andere Organe haben das Monopol auf die Kontrolle und die Regelung der Gesellschaft. Wieso sollten sie das an nicht-staatlichen Gruppen und Organisationen abgeben, zumal an solchen die dem Staat zumindest verbalradikal eher skeptisch gegenüberstehen? Wie soll es also eine Kontrolle von unten geben, die nicht in den Formen des Staates verläuft, die nicht genau das macht, was der Staat sich vorstellt (und das wäre mit Sicherheit nicht solidarisch)? Wenn man aber auf der anderen Seite glaubt, dass sich diese solidarische Kontrolle von unten durchaus gegen den Staat herstellen lässt, wenn man glaubt, dass so etwas bereits jetzt möglich wäre, dass man tatsächlich eine „un-staatliche Ordnung“ durchsetzen könnte, wieso hält man sich dann mit realpolitischen Forderungen und Appellen an den Staat auf? Wieso fordert man nicht gleich (richtigerweise) die Revolution und fängt an, andere gesellschaftliche Formen aufzubauen? Und wieso wartet man mit dem Aufbau einer solchen solidarischen Organisation der Gesellschaft bis Corona die Altenheime leer räumt?

Die reale Verstaatlichung des Individuums

Man muss sich fragen, wieso man überhaupt zu so einer Position wie einem solidarischen Lockdown gelangt. Das mag wesentlich daran liegen, dass ein Lockdown überhaupt als einzige Möglichkeit mit der Pandemie umzugehen erscheint. Keine andere Bekämpfung des Virus, kein Denken außerhalb von staatlichen Strukturen und Kategorien scheint möglich zu sein. Das lässt sich schon an der Darstellung des Verhältnisses von Bevölkerung und Ökonomie ablesen. Liest man die Verlautbarungen der ZeroCovid Kampagne und derjenigen, die sie unterstützen, scheint die Lage folgende zu sein: Auf der einen Seite die Menschen, die – von den Querdenkern mal abgesehen – kein Problem mit Lockdown, Ausgangssperren usw. haben und auf der anderen Seite die Ökonomie, die sich gegen jeden Lockdown, gegen jede Schließung wehrt und die vom Lockdown bis dato auch ausgenommen ist. Diese Trennung ist auf gleich mehrfache Weise falsch: Es baut auf der Annahme auf, dass sich die Leute im Grunde gerne in den Lockdown begeben, dass er für sie kein Problem darstellt. Wie angedeutet bedeutet der Lockdown aber für viele einen Leidensdruck und selbst die, die ihn zähneknirschend hinnehmen, wünschen sich, dass er so schnell wie möglich aufhört. Diejenigen, die nach Schlupflöchern suchen, die sich nicht (immer) daranhalten, sind eben nicht bloß die Unternehmen, sondern auch genauso die Bevölkerung. Auf der anderen Seite wäre es auch genauso falsch, die Infektionen allein auf die Wirtschaft zu schieben und so zu tun als würde nicht auch der „private Bereich“ dafür eine Rolle spielen. Vielleicht liegt diese Trennung im Verhalten von Bevölkerung und Ökonomie auch daran, dass man sich nicht eingestehen will mit welchen Mitteln ein solcher harter Lockdown (im privaten Bereich) durchgesetzt werden würde.

Das bringt zum vielleicht grundlegenden Problem zurück, dass nämlich ein Lockdown als einzige Möglichkeit angesehen wird, die Pandemie zu bekämpfen. Doch diese Annahme ist nur aus einer gewissen Perspektive, einer staatlichen zumal, gesetzt und nicht unbestreitbar. Das heißt freilich nicht, dass das Corona-Virus nicht gefährlich sei oder dass Kontaktbeschränkungen (und auch sonstige epidemiologische Maßnahmen wie z.B. Masken) falsch seien. Es heißt, dass der Lockdown nur vor dem Hintergrund einer gewissen – im Grunde genommen neoliberalen – Pandemiebekämpfung als einzige Möglichkeit erscheint. Im Gegensatz dazu wäre die Corona-Pandemie wesentlich als eine kapitalistische Krise zu sehen: Wie bereits angemerkt wurde das das Entstehen der Pandemie wie auch anderer Pandemien durch die kapitalistische Umweltzerstörung und Massentierhaltung ermöglicht. Risikofaktoren wie Atemwegserkrankungen oder Adipositas haben mit der industriell verursachten Luftverschmutzung einerseits oder eben andererseits der kapitalistisch bedingten Klassenzugehörigkeit und damit bspw. verbundenem Möglichkeiten, was die Ernährung und den Sport angeht, zu tun. Gleichzeitig gibt es (gerade im Süden Europa) ein massiv zusammengespartes Gesundheitssystem und ähnlich (nicht-)funktionierende Pflegeheime. Doch diese Faktoren lassen sich nicht bloß nachträglich feststellen und genauso wenig muss man sich mit dem Hinweis begnügen, dass die Pandemie unter anderen Vorzeichen nie in diesem Ausmaß ausgebrochen wäre: Die europäischen Staaten handeln in der Krise in einer Weise, die diese Faktoren fortsetzt und verschärft. Dies ist auch nicht verwunderlich; schließlich tritt dem Virus ein Staat gegenüber, den es längst schon nicht mehr um Daseinsvorsorge geht, sondern der auf jede Krise nicht mit sozialer Absicherung und einem entsprechenden Angebot reagiert, sondern mit einer Einschränkung der Freiheitsrechte.[4] Dass es den deutschen wie auch den anderen (europäischen) Staaten eben überhaupt nicht mehr in den Sinn kommt, auf eine Krise mit sozialer Absicherung zu reagieren, lässt sich anhand einiger Schlaglichter belegen. Nie wurden die Testkapazität angemessen massiv erhöht, geschweige denn sinnvolle Teststrategien für Alten- und Pflegeheime entwickelt, kaum wurden flächendeckend Luftfilter besorgt und an bestimmten Orten wie z.B. an Schulen eingesetzt, das großflächige Beschaffen von Schutzkleidung oder FFP2-Masken wurde kaum Erwägung gezogen und dort, wo es schließlich stattfand, kam es viel zu spät und unter schlecht organisierten Bedingungen. Die Pflegekräfte wurden im Frühjahr noch beklatscht, Lohnerhöhungen gab es jedoch nicht. Selbst der versprochene und lächerlich niedrige Corona-Bonus von 500 € in Bayern wurde schließlich nur willkürlich ausgezahlt.[5] Auch die Impfstrategie und deren Verzögerung wäre genau unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten: Anstatt für eine Koordination der einzelnen Forschungsgruppen und Unternehmen zu sorgen bzw. den Impfstoff unter staatlicher Leitung herstellen zu lassen, hat man die Milliardensummen lieber so investiert, dass man die einzelnen Unternehmen auf den Markt gegeneinander hat antreten lassen, was nicht nur eine schnellere und bessere Entwicklung behindert hat sondern auch für deutlich geringere Produktionsmengen gesorgt hat. Das einzelne Unternehmen kann ja nicht absehen, ob es mit seinem Impfstoff Erfolg haben wird und kann deshalb zunächst auch nur begrenzte Produktionskapazitäten freistellen. Selbst der Ankauf der Impfdosen durch die EU folgt wieder dieser Logik. Für einen Ankauf in großen Mengen des Impfstoffs AstraZeneca wurde sich auch deshalb entschieden, weil dieser günstiger ist als andere Impfstoffe. Lieber ein Jahr länger Freizeit-Lockdown als ein paar Milliarden mehr auszugeben. Aus diesem Nicht-Handeln des Staates wären die richtigen Konsequenzen zu ziehen: Weder kann es darum gehen stattdessen einen Lockdown zu durchzusetzen noch diese Daseinsvorsorge wieder von Staat einzufordern. Dass der Staat so handelt wie er handelt, hat seine Gründe, die sich nicht einfach realpolitisch aufheben lassen. [6] Vielmehr wäre eine andere Gesellschaft einzufordern, die sich zentral genau um diese Daseinsfürsorge dreht. Eine Gesellschaft, in der das eigene Leben sozial abgesichert ist und der man über seine eigenen Lebensumstände mitentscheiden kann. Ein Lockdown, ob man ihn nun solidarisch nennt oder nicht, der an den Staat delegiert wird und von diesem durchgesetzt werden soll, bedeutet gerade nun aber nicht gesellschaftliche Mitbestimmung, er heißt gerade nicht, dass man über seine eigenen Lebensumstände, zu dem fraglos auch der Umgang mit und der Schutz vor Corona gehört, entscheiden kann. Er beendet keine Sprachlosigkeit, er sorgt nur dafür, dass andere für eine*m sprechen, und zwar ohne dass man das beeinflussen könnte.

Wie wir leben wollen

Die ständige realpolitische Hoffnung ist freilich nicht ohne Grund: Eine andere Gesellschaft ist noch so fern, noch so weit weg, man will im hier und jetzt, jetzt sofort was ändern. Deshalb tauscht man so gerne seine radikale Gesellschaftskritik mit realpolitischen Forderungen ein. Und tatsächlich liegt an diesem Gefühl auch etwas Wahres, so einfach lässt es sich nicht verwerfen. Die Revolution wäre zwar tatsächlich die Lösung auf die Fragen der Krise, aber einfach alles darauf verschieben, während man bis dahin die Zähne zusammenbeißen soll, wäre schlicht fatal. Es geht – und das gilt für die Frage der Corona-Pandemie ebenso wie ansonsten – andere Beziehungsweisen zu schaffen, die etwas von einer anderen Gesellschaft antizipieren, etwas von den anderen Möglichkeiten der Mitbestimmung und der sozialen Absicherung vorwegnehmen, während sie gleichzeitig auf eine andere Welt hindrängen. Das kritische Potential, das solche Beziehungsweisen beinhalten, wird jedoch kassiert, wenn man dann doch ständig den Staat anruft bzw. sich diese Beziehungsweisen durch den Staat vermittelt denkt. Es geht also z.B. darum, sich in Netzwerken, Bezugsgruppen und Communities zusammenzuschließen, die – so weit das unter diesen Verhältnissen geht – sich unterstützen und gemeinsam über ihre Risiken und ihr Vorgehen entscheiden, es geht darum sich durch wechselseitige Hilfe gegenseitig zu unterstützen, es geht darum durch Streiks und Krankfeiern sich der Arbeit zu entziehen, es geht darum, sich die Mittel zur Bekämpfung der Pandemie wie beispielsweise FFP2-Masken anzueignen, es geht darum durch Besetzungen den beengten Wohnraum zu erweitern oder überhaupt erst zu verschaffen, es geht darum, durch Betriebsbesetzungen die Produktion auf die – gerade im Rahmen der Corona-Pandemie – benötigten Güter umzustellen. Klar ist natürlich, dass solche Aktionen umso erfolgreicher sind, je mehr Menschen sich daran beteiligen, dass es dafür eine Menge an Leuten braucht, die vielleicht gerade nicht in Sicht ist. Allerdings bräuchte es genauso eine solche Massenbewegung, um die realpolitischen Forderungen umzusetzen. Vor diesem Hintergrund zeigt sich der Einwand, dass das alles nicht machbar ist, als bloßer Hemmschuh, der verdeckt, dass das vermeintlich Einfache genauso wenig machbar ist. Oder andersrum: Wenn die Realpolitik machbar sein soll, ist es die Revolution auch!
Es bleibt also dabei: Wir wollen nicht (bloß) ZeroCovid, wir wollen alles!

ak unknown desires

webadresse: https://de.indymedia.org/node/134861

[1] https://twitter.com/m_redical/status/1350728489792634880?s=20
[2] Vgl. z.B. hier: https://www.republik.ch/2020/12/23/covid-19-ist-erst-der-anfang
[3] https://de.crimethinc.com/2020/03/18/das-virus-uberleben-ein-anarchistischer-leitfaden-kapitalismus-in-der-krise-aufkommender-totalitarismus-strategien-des-widerstands
[4] Siehe hierzu den sehr lesenswerten Text:
https://www.rosalux.de/publikation/id/43536/in-der-pandemie-nichts-neues. Dieser argumentiert im Grunde zwar ebenfalls sozialdemokratisch, macht aber einige Punkte, die durchaus auch aus einer linksradikalen
Perspektive aufzugreifen wäre.
[5] https://www.youtube.com/watch?v=KCJN0KxRwGQ
[6] Vgl. dafür z.B. auch hier: https://kosmoprolet.org/de/thesen-zur-krise

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9. Februar 2021 CommemorAction

Den Toten des Grenzregimes gedenken.

Solidarität mit den Familien der 91 im Mittelmeer Verschollenen!

Am 9. Februar 2021 jährt sich ein Schiffsunglück vor der Küste Libyens – eines von unzähligen in den vergangenen Jahren auf dem Mittelmeer. In einer wütenden und würdigen Kundgebung wird an diesem Tag den 91 Vermissten gedacht, in verschiedenen Europäischen Städten, darunter Frankfurt, sowie in Tripoli (Libyen) und in Al-Fashir (Darfur/Sudan).
Vor einem Jahr, am 9. Februar 2020 um 4.09 Uhr morgens, wurde das Alarmphone von einer Gruppe von 91 Menschen angerufen. Sie befanden sich auf einem treibenden schwarzen Schlauchboot vor Garabulli, Libyen, in Seenot. Die Menschen waren in Panik, aber es gelang ihnen, ihre GPS-Koordinaten klar zu kommunizieren, die das Alarmphone sofort an die Italienischen und Maltesischen Behörden sowie an die sogenannte libysche „Küstenwache“ weiterleitete.

Um 5.35 Uhr riefen die Menschen in Seenot das Alarmphone zum letzten Mal an. Danach konnte kein Kontakt mit dem Boot mehr hergestellt werden. Die sogenannte libysche Küstenwache, die von Europa finanziert und ausgebildet wird, um Grenzkontrollen und Gewalt an den Grenzen zu delegieren, teilte dem Alarmphone mit, dass sie nicht die Absicht hätten, die Menschen in Seenot zu suchen und zu retten, denn ihre Gefängnisse seien voll.

An diesem Tag wurde auch ein Boot nach Malta gerettet, und viele hofften, dass es das Boot sei, welches das Alarmphone alarmiert hatte. Es wurde jedoch schnell klar, dass es sich um ein zweites Boot in Seenot handelte: ein weißes statt eines schwarzen Schlauchbootes, mit 82 statt 91 Menschen an Bord.

Aufgrund des Schweigens der Behörden über das Schicksal der Menschen auf dem schwarzen Schlauchboot – und das ist keine Ausnahme, sondern betrifft die meisten Boote in Seenot im zentralen Mittelmeer – müssen sich das Alarmphone sowie Angehörige und Freund*innen von Menschen in Seenot meist auf bruchstückhafte Informationen verlassen und versuchen, entscheidende – wenn auch minimale – Details zusammenzubringen, um zu rekonstruieren, was mit Menschen in Seenot bzw. mit den Vermissten passiert ist.

In den Tagen nach dem 9. Februar 2020 wurde deutlich, dass die 91 Menschen nirgendwo zu finden waren. Es gab keine Spur von ihnen an Land und nichts, was darauf hindeutete, dass sie noch auf See waren. Einen Monat später schrieb das Alarmphone einen offenen Brief an alle Behörden und fragte, was an diesem Tag passiert sei und was sie unternommen hätten, um die 91 Menschen zu suchen und zu retten, doch erhielten sie von niemandem eine Antwort.

Erst zehn Monate später, als im Dezember 2020 eine weitere Anfrage an alle Behörden geschickt wurde, antwortete Frontex – eindeutig das Ergebnis des gestiegenen Drucks auf die EU-Grenzagentur und der Ermittlungen über ihre Beteiligung an den Push-Backs, die internationale Aufmerksamkeit und Verurteilung hervorgerufen haben. Frontex schickte jetzt auch ein Foto, das am 9. Februar 2020 aufgenommen worden war. Es zeigt ein Schlauchboot in der Nähe der GPS-Position, die damals von den 91 in Not geratenen Menschen gemeldet wurde. Es sind jedoch keine menschlichen Überreste auf dem Foto zu erkennen.

Black Lives Matter

Während des gesamten vergangenen Jahres haben Familien und Freund*innen der 91 Vermissten, die sich an Bord des schwarzen Schlauchbootes befanden, auf der Suche nach ihren Angehörigen sowohl das Alarmphone als auch europäische Behörden kontaktiert, aber niemand hat ihnen Antworten gegeben. Dank der kollektiven Bemühungen und der Selbstorganisation der Familien, vor allem in Darfur, wo die meisten der Hinterbliebenen leben, wurde eine Liste der Vermissten erstellt, die bislang 62 Namen und viele Fotos enthält. Dies gibt vielen von denen, die die europäische Behörden an dem Tag auf See verschwinden ließen, einen Namen, ein Gesicht, ein Lächeln.

Ohne dass Leichen gefunden werden und ohne klare Antworten, ist es für ihre Familien unmöglich, etwas über das Schicksal der vermissten Liebsten zu erfahren und mit dem Verlust abzuschließen.

Die 91 Menschen, die seit dem 9. Februar vermisst sind, sind in den offiziellen Statistiken nicht erfasst. Sie zählen nur jene Schiffsunglücke, die von Überlebenden bestätigt wurden. Gibt es aber keine Zeug*innen, werden sie nicht gezählt, so dass Dutzende Unglücke von internationalen Organisationen nicht anerkannt werden.
Die Logik, das Leben und den Tod von People of Color allein auf Zahlen und Statistiken zu reduzieren, ist abzulehnen. Diese rassistische Entmenschlichung erklärt nicht den Verlust von Abdul, von Aboubacar, von Adnan, von Abdel. Sie erklärt nicht den Schmerz, der ihren Müttern, ihren Schwestern, ihren Freund*innen zugefügt wurde. Es berücksichtigt nicht die Gewalt der White Supremacy, durch Taten oder durch Untätigkeit, historisch und gegenwärtig, die weiterhin People of Color mordet oder sie auf See sterben lässt.

Das Schweigen und der Mangel an Anerkennung verweigert ganzen Gemeinschaften das Recht, zu erfahren, was mit den Menschen passiert ist, die sie vermissen. Es verweigert ihnen das Recht, ihre Angehörigen zu beerdigen, um sie zu trauern und mit den schmerzhaften Suchaktionen abzuschließen.
Ganze Gemeinschaften sind von diesem gewaltsamen Schweigen betroffen. Sie weigern sich aber, zum Schweigen gebracht zu werden und schließen sich stattdessen zusammen, um Antworten zu fordern. Am 9. Februar versammeln sich die Familien und Freund*innen der 91 Vermissten in Al Fasher, Darfur, um ihren Angehörigen zu gedenken und um gegen das Unsichtbarmachen des Verschwindenlassens ihrer Angehörigen zu protestieren.

Say their names!

In Solidarität mit ihnen und in Solidarität mit den Freund*innen und Familien aller Menschen, die durch das gewaltsame europäische Grenzregime verschwunden sind oder getötet wurden, werden in mehreren Städten Antworten gefordert. Gemeinsam werden die Namen der Verschollenen genannt, um Europa daran zu erinnern, dass jedes Schwarze Leben zählt, dass nicht vergessen wird und dass weiter gegen das rassistische Grenzregime gekämpft wird.

Für ein Ende der rassistischen Gewalt, der Tötung von Menschen auf der Flucht und ihres gewaltsamen Verschwindenlassens.
Heute und jeden Tag soll Europa für seine rassistische Gewalt zur Rechenschaft gezogen werden. Für Bewegungsfreiheit für alle. Stoppt das Sterben auf See, jetzt!

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Die Zapatistas kommen nach Europa…und nach Rhein-Main!

Ende letzten Jahres erreichte uns die Nachricht: In diesem Jahr wird erstmals eine Delegation der EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional – Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung) alle fünf Kontinente besuchen – zunächst Europa. Ziel ist die Stärkung von Kämpfen von unten und links in unseren Regionen sowie die Vernetzung und der Austausch mit ihren eigenen Kämpfen.

Die zapatistische Bewegung

Der Aufstand der Zapatistas von 1994 in Chiapas richtet sich gegen Ausbeutung, Rassismus, Unterdrückung der Frauen und aller benachteiligten Geschlechter, Militarisierung, Umweltzerstörung und die Marginalisierung der indigenen und ländlichen Bevölkerung durch die Herrschaft der Großgrundbesitzer, der politischen Funktionäre und der mexikanischen und transnationalen Konzerne. Dagegen setzen die Zapatistas den Aufbau rebellischer autonomer Strukturen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Selbstverwaltung, Geschlechtergerechtigkeit, Produktion, Medien und Rechtsprechung. Seit ihrer Rebellion von 1994 konnten sie viele Verbesserungen für ihre soziale Basis und für viele andere Bewegungen erreichen.

Immer wieder haben sie weltweit Anstöße gegeben für eine Vernetzung und Verbindung der Kämpfe von links und unten. Begonnen mit mexikoweiten Treffen im Rebellengebiet und den „Intergalaktischen Treffen“ – die ein wichtiger Startschuss waren für die Anti-Globalisierungsbewegung und die Bildung von Strukturen wie People’s Global Action oder indymedia. 2001 mobilisierten sie mit einer Delegationsreise durch Mexiko Millionen von Menschen. In den letzten Jahren haben sie zu internationalen Frauentreffen geladen und in der „kleinen zapatistischen Schule“ ihre Erfahrungen aus der Selbstverwaltung an tausende Menschen aus der ganzen Welt weitergegeben. Ihre Bewegung ist weitergewachsen, sie haben ihre Autonomie ausgebaut, Samen der Rebellion in ganz Mexiko gesät und sich über den Nationalen Indigenen Kongress (CNI) mit unzähligen widerständigen indigenen Gruppen und Organisationen Mexikos eng vernetzt.

Das Vorhaben der Reise

Im Rahmen der Rundreise von 2021 möchten über 120 Delegierte, davon 75 Prozent Frauen, nach Europa kommen. Eine Vorhut wird per Schiff von Mexiko nach Europa segeln. Alle anderen kommen per Flugzeug, um dann mehrere europäische Länder zu bereisen. Damit wird symbolisch die vermeintliche »Eroberung« Lateinamerikas anti-kolonial konterkariert. Gleichzeitig betont die Bewegung, dass die indigene Bevölkerung niemals unterworfen werden konnte. Am 13. August, exakt 500 Jahre nach der angeblichen Eroberung dessen, was heute Mexiko ist, will die Delegation in Madrid sein.
Die Reise durch Europa beginnt Mitte Juni/Juli und endet im Oktober. Auch Gruppen des linksgerichteten, parteiunabhängigen Nationalen Indigenen Kongresses (CNI) sowie des Zusammenschlusses der Völker in Verteidigung von Wasser und Land in Morelos, Puebla und Tlaxcala werden an der Rundreise teilnehmen.
Mit ihrer neuen Initiative wollen die Zapatistas die Resignation durchbrechen, Hoffnung säen und den Status quo des herrschenden Systems wieder einmal erschüttern und neue solidarische und ökologische Wege finden – gemeinsam mit uns. Sie sagen: »Wir sind Zapatist*innen, Träger*innen des Virus des Widerstandes und der Rebellion. Als solche werden wir die fünf Kontinente bereisen.«

In insgesamt 6 Kommuniqués (das 6. erschien als erstes) hat die EZLN seit Oktober ihre Beweggründe und das Vorhaben der Reise dargelegt und beschrieben. Am 01.01.2021, 27 Jahre nach dem zapatistischen Aufstand, erschien der erste Teil mit dem Titel „Eine Erklärung…für das Leben“, eine gemeinsame Erklärung der EZLN und eines Teils des Europa von unten und links. Bis dato wurde er von etwa 2900 Gruppen, Kollektiven und Einzelpersonen aus 60 Ländern unterzeichnet und täglich kommen neue dazu. Die Unterzeichnenden teilen den Inhalt des Geschriebenen und wollen ihren Teil beitragen sowie an den Treffen und Aktivitäten der Reise teilnehmen. Die Erklärung kann immer noch unterschrieben werden.

Wie wir uns organisieren wollen…

Die Vorbereitungen für die Reise und den Aufenthalt in Europa werden aktuell von einem europaweiten solidarischen Netzwerk organisiert, zu dem auch das Ya-Basta-Netz gehört. Wir haben uns entschieden lokale Strukturen zur Organisierung der Reise in Deutschland aufzubauen. Außerdem schließen wir uns bundesweit thematisch zusammen, und arbeiten zu migrantischer Selbstorganisierungen, queer*feministischer Organisierung, Patriarchat, Naturzerstörung, Klima & Umweltkämpfen, Dekolonisierung, praktischen Internationalismus, mentaler Selbstverteidigung, antirassistischer & antifaschistischer Vernetzung, Militarismus, Landwirtschaft, Agrarwende und weiteren Themen.

Auch in Frankfurt bzw. dem Rhein-Main-Gebiet haben sich zur Planung des Aufenthaltes der Delegation bereits viele unterschiedliche Gruppen und Zusammenhänge von links und unten vernetzt und über Vorhaben und Planungen ausgetauscht.
Klar ist: Auf dem europäischen Kontinent, von dem so viel Zerstörung und Vernichtung ausgegangen ist – und immer noch ausgeht – wollen wir sie willkommen heißen. Auf eine Art, die der beharrlichen Rebellion für das Leben gerecht wird, mit der die Zapatistas so viele von uns wieder und wieder gelehrt haben, dass Aufgeben keine Option ist. Diese Art besteht auch darin, dass wir rebellische Beziehungen zueinander aufbauen. Wir wollen die Zapatistas mit all den Widerständen und Rebellionen verbinden, die es auf diesem Kontinent gibt – die für das Leben kämpfen und gegen die Zerstörung, für die Gleichheit der Menschen und gegen die Unterdrückung und Ausgrenzung. Daher wollen wir uns mit euch verbinden, Beziehungen aufbauen zu den Menschen, die kämpfen, von links und unten. Und damit meinen wir wirklich miteinander in Beziehung zu gehen, denn das ist in dieser kalten, individualisierten, distanzierten Welt wahrhaft revolutionär.

Diese Aufgabe ist groß – und doch nur ein kleiner Schritt auf dem Weg, der vor uns allen liegt. Wir laden euch ein, euch einzubringen und uns zu kontaktieren, wenn ihr Teil davon sein wollt oder wenn ihr mit euren Fähigkeiten und Möglichkeiten die Reise unterstützen wollt. Da für Reisekosten und Logistik viel Geld notwendig sein wird, rufen wir alle solidarischen Menschen, Kollektive und Organisationen auf, dieses historisch bedeutsame Vorhaben auch ökonomisch zu unterstützen. Die Infos dazu findet ihr auf unserer Seite.

Ya Basta Rhein-Main

Kontakt & Infos: yabasta-rheinmain@riseup.net / ya-basta-netz.org / enlacezapatista.ezln.org.mx (Seite der EZLN mit allen Comunicados)

In Anti-Globalisierung, Antikapitalismus, Soziale Kämpfe, Swing 221 veröffentlicht | Getaggt , , | Kommentare geschlossen

Dokumentationen

Brandanschlag auf Kieswerk

Niederofleiden, 29. November 2020
In der Nacht vom 28.11. haben wir im Kieswerk in Niederofleiden Feuer gelegt. Wir solidarisieren uns mit der Besetzung und ihrem Kampf um den Danni.
Zur Feier des ersten Advents am 29.11. haben wir uns dazu entschieden, in der Nacht zuvor den Tagebau der Mitteldeutschen Hartstein Industrie AG südöstlich von Niederofleiden zu besuchen. Dort haben wir ihren Bagger des Modells Hitachi ZX870LC-6 in Brand gesetzt. Aktuell werden von diesem Tagebau täglich viele LKW-Ladungen mit Steinen und Kies zum Dannenröder Wald gefahren. Dort dienen sie der Ebnung von Wegen für die Polizei und der Sicherung der bereits gerodeteten Bereiche der Autobahn.
Da damit die Mitteldeutsche Hartstein Industrie AG die Polizei, die Strabag und die DEGES direkt beim Bau des Lückenschlusses der A49 unterstützt, sind sie ein Ziel für uns geworden. Der Bau der A49 ist ein ökologisches Fiasko, der Polizeieinsatz dort ist ein klarer Angriff gegen die Unversehrtheit aller Lebewesen vor Ort.
Für uns ist es egal, ob Partei, Familienbetrieb, Großkonzern, Tagebau oder Forstamt. Ihr alle tragt Verantwortung! Und wir werden es nicht zulassen, dass ihr euch dieser entzieht! Ob angemeldete Demonstration, Widerstand in der Waldbesetzung selbst, Autobahnblockaden, Störung der Grünenzentralen in Wiesbaden oder Stuttgart, Angriffe auf Firmensitze oder einfach das Tragen der „Wald statt Asphalt“ Fahnen. Wir alle stehen im Widerstand gegen den Bau dieser Autobahn gemeinsam. Ihr könnt diese Bewegung nicht spalten.
Zudem laden wir alle dazu ein, sich der diesjährigen Adventfeier anzuschließen.
Wer zündet an Sonntagen noch Kerzen an, wenn du stattdessen auch Bagger anzünden kannst?
Advent, Advent, ein Bagger brennt. Erst einer, dann zwei, dann drei, dann vier, dann stehen wir auch vor deiner Tür. Und wenn der fünfte Bagger brennt, hast du die Verkehrswende verpennt.
Eine Autonome, solidarische Gruppe

Feuer bei der „Frey Forst GmbH“ gelegt

Bieben, 26. November 2020
In der Nacht vom 26.11. wurde in Bieben-Grebenau ein Brandsatz an einem Firmengelände deponiert. Die Firma selbst stellt Harvester und Forstmaschinen zur Rodung des Dannenröder Waldes zur Verfügung.
Vergangene Nacht habe ich beim Betrieb „Frey Forst GmbH“ in Bieben Feuer gelegt. Frey Forst stellt Harvester für die Zerstörung des Dannenröder Waldes zur Verfügung. Ich habe nicht das Gefühl, dass es notwendig ist, erneut zu erklären, was für eine Katastrophe der Bau der A49 ist. Das wurde durch Andere bereits oft genug getan. Die Drohungen, die ausgesprochen wurden, sind keine leeren. Ich kenne eure Adressen, weiß wer an dieser Räumung und Rodung beteiligt ist. Genau so wie andere. Erst wenn die letzte Firma identifiziert ist, das letzte Betriebsgelände besucht wurde, der letzte Brandsatz gezündet wurde, werdet ihr merken, dass es ein Fehler war, die A49 durch den Danni zu legen.
Trotz meiner Wut betone ich, dass ich den Ort vorher kannte und die Distanz zu umliegenden Häusern ungefährlich für diese war. Ich schicke meine Solidarität an die Menschen, die aktuell im Wald kämpfen und hoffe, dass ihr auch weiterhin gegen die A49 kämpft mit euren Aktionsformen.
Ein solidarischer Kämpfer

Vonovia Karre zerstört

Frankfurt, 26. November 2020
Wir haben in der Nacht vom 25.11.2020 auf den 26.11. eine Vonovia Karre in Frankfurt-Bockenheim geplättet, die Scheiben eingeschlagen und eine Forderung hinterlassen: Wohnraum für alle! Vonovia darf nicht weiter einfach widerstandslos in der Stadt rumgentrifizieren! Dieser Imobilienkonzern steht für die Verdrängung und Ausbeutung von Menschen, dessen Recht auf Wohnraum er weiterhin schamlos der kapitalistischen Verwertungslogik unterwirft.
Vor mehr als einem Monat, wurde das anarcha-queer-feministische Hausprojekt Liebig34 in Berlin von den Bullen, der Landesregierung und damit auch von den Profiteur*innen der Immobilienwirtschaft geräumt. FLINTA* wurde damit mal wieder von diesem beschissen Staat ein widerständiger, emanzipatorischer Freiraum genommen. Darüber sind wir wütend und schlagen zurück: Unsere Aktion und der entstandene Sachschaden ist Rache und Beitrag zur Räumungsbilanz für die Liebig34! Nehmt ihr uns die Häuser ab, dann machen wir eben eure Karren platt!
Vor zwei Monaten wurden schon 5 Karren von autonomen Nachtaktiven in Frankfurt zerstört http://de.indymedia.org/node/111491 Heute kam die sechste dazu, die nicht die letzte sein wird. Lasst uns weiterhin widerständig sein und gegen den Ausbau der Stadt der Reichen kämpfen. Das bedeutet Vonovia und konsorten dort anzugreifen wo sie uns begegnen.
Solidarität mit allen kämpfenden FLINTA* der ehemaligen Liebig 34!
Solidarität mit allen FLINTA* die gestern am 25.11 und täglich gegen patriarchale Gewalt kämpfen und ihre Wut auf die Straße getragen haben!
Solidarität mit allen Menschen die gerade gegenüber den Mörderbullen sozialökologische Freiräume im Dannröder Forst verteidigen!

Hebebühnen der Firma Meteco angezündet

Frankfurt, 25. November 2020
Wir haben heute Nacht in Frankfurt Nied 2 Hebebühnen der Firma Meteco angezündet. Diese werden im Dannröder Wald durch die Polizei genutzt.
Nachdem durch die Polizei mehrere Abstürze im Dannröder Wald verursacht wurden, welche ausser zynischen Kommentaren der Bullen nichts verändern, haben wir beschlossen, nun selbst Hand an zu legen. Die Bullen gefährden bewusst und absichtlich die in den Bäumen hängenden Personen. Mehr als nur menschenverachtend ist da der Hinweis, dass doch bitte lebenswichtige Seile gekennzeichnet werden sollen – damit die SEK Bullen wissen worauf sie rumtrampeln sollen oder was sie durchschneiden sollen? In welcher Welt ist es Aufgabe von gefährdeten Personen, die Polizei darauf hinzuweisen, sie doch bitte nicht umzubringen?
Wir verteidigen uns selbst. Was in Frankfurt brennt, kann im Danni keinen Schaden mehr anrichten. Firmen wie Mateco verdienen gut an der Umweltkatastrophe und der Zerstörung unserer Lebensgrundlage. Doch wir haben ihnen nun ein eindeutiges Angebot gemacht, ziehen sie ihre Hebebühnen von der Räumung im Danni ab, dann wird es keine weitere Probleme geben.
Wir haben darauf geachtet dass keine Unbeteiligten zu Schaden kommen.
Die A49 ist als Bauprojekt eine absurde Großveranstaltung ohne jeden Sinn und Verstand. Umweltpolitisch ist der Ausbau eine Katastrophe. Die grüne Partei zeigt deutlich ihr Gesicht und dass der Drang nach Macht korrumpiert. Die hessische Regierung ist bereit, die Räumung und Rodung des Dannröder Waldes mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste schnell durchzuziehen. Keine Rücksicht wird hierbei auf Gesundheit oder Leben der Aktivistis gelegt. Auch die einfachen Bullen werden verheizt. Die schwarz-grüne Regierung hat Angst vor der Stärke der Klima und Umweltbewegung – sorgen wir dafür, dass es weiterhin so bleibt. Sie sollen nicht glauben das wenn die Autobahntrasse geräumt und gerodet ist, der Widerstand vorbei wäre, im Gegenteil!
Kommt alle zur Verteidigung der Besetzungen im Dannröder Wald, macht Aktionen, da wo ihr seid!

Strabag Firmenfahrzeug in Brand gesetzt

Bad Hersfeld, 25. November 2020
In der Nacht von Sonntag, den 22.11. haben wir uns dazu entschlossen, den Standort der STRABAG AG in Bad Hersfeld zu besuchen. Die STRABAG AG ist die Firma, die durch die DEGES mit dem Bau der A49 betraut wurde. Damit ist sie eine der Hauptverantwortlichen für die aktuelle Zerstörung des Maulbacher und Dannenröder Waldes, sowie die des Herrenwaldes. Aus diesem Grund haben wir einen Asphaltfertiger in Brand gesetzt.
Angesichts der Vernichtung des Lebensraum vieler und der Verschmutzung des Wasserschutzgebiets, die besonders in Zeiten der Klimakatastrophe ein massiver Angriff auf Leben darstellt, ist unsere Antwort darauf noch als harmlos anzusehen.
Wir hoffen, dass die Wärme unserer Aktion auch die Herzen der Menschen im Wald erreicht. Der Danni mag fallen, doch der Bau der Autobahn wird noch lange dauern. Diese Zeit wird nicht störungsfrei bleiben! Die Verantwortlichen werden ernten, was sie säen!
Jede Firma, die den Ausbau der A49 unterstützt, sollte sich dringlichst überlegen, ihre Hilfe zurückzuziehen. Der Standort der STRABAG AG in Bad Hersfeld ist nicht der einzige Ort, den wir kennen. Ihre werdet fallen, wie die Bäume!
Gegen den Autofetischismus!
Für eine sofortige Verkehrswende und die Befreiung der Arten!
Danni bleibt!
Keine A49!

Feuerwerk und Graffiti an Knastmauern

Frankfurt am Main, 9. November 2020
Am Montag (09.11.) haben wir dem Knast in Frankfurt einen Besuch abgestattet. Mit Feuerwerk haben wir unsere Genoss*innen im Knast gegrüßt. Außerdem haben wir mit Farbe Parolen hinterlassen, damit unser Besuch noch lange in Erinnerung bleibt.
Um den Genoss*innen im Knast das Leben erträglicher zu machen, könnt ihr ihnen schreiben.
Grüße gehen auch an die von Repression betroffenen Antifaschist*innen in Stuttgart und Leipzig. Freiheit für Jo, Dy und Lina.
Solidarität mit den Betroffenen der 129 a-Verfahren in Hamburg, Frankfurt, Berlin und Leipzig. Keinen Frieden mit dieser Klassenjustiz!
Der Kampf um den Danni geht erst richtig los. Beteiligt euch an den Aktionen, ob im Danni oder vor eurer Haustür. Kommt in Frankfurt zur Kundgebung am Freitag den 13.11. um 17 Uhr zur JVA Preungesheim.
Freiheit für die Danni Gefangenen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Freiheit für alle Gefangenen!
Kommt in den Wald!

E-Scooter sabotiert

BRD, Dezember 2020
In der ersten Dezemberwoche wurden in ganz Deutschland gezielt fast tausend Miet-Elektro-Roller sabotiert.
Es wurden Kabel durchtrennt, Displays unbrauchbar gemacht, Räder blockiert, Griffe beschmaddert, Akkus durchbohrt… Der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Muss man immer noch erklären, warum E-Scooter scheiße sind? Nochmal in Kürze:
In ökologischer Hinsicht sind sie übel, weil sie unnötig Energie verbrauchen, die Akkuherstellung ist auch energieintensiv und diese sind hinterher Sondermüll. Das ganze Ding ist komplett überflüssig. Statt zu Fuß zu gehen oder mit dem Fahrrad zu fahren, wird zusätzlicher Schrott produziert, der keinen positiven Einfluss auf den Verkehr und die Ökobilanz der Städte hat. Es kann keinen grünen Kapitalismus geben!
E-Scooter sind Überwachungsmaschinen. Bei den allermeisten Anbietern werden die Daten der Nutzer*innen gespeichert, ausgewertet und weiterverkauft. Anonyme Mobilität ist damit unmöglich. Überwachung ist ein Herrschaftsinstrument. Es ist nicht egal, ob Konzerne und Regierungen wissen, wer sich wo auhält und hinbewegt. Deswegen haben sich Leute in vielen Orten erdreistet den hippen Scheißern, Individualisten und spaßverliebten Bequemen eine Entscheidung abzunehmen: mal nicht nicht eben schnell mit dem Elektro-Roller losfahren.
Das finden wir gut.
Wenn ihr das auch so seht, sabotiert die Dinger im Vorbeigehen, auf dem Weg zu Freund*innen, zur Schule oder Arbeit – oder macht kleine Aktionsspaziergänge. Das geht auch unter Corona-Bedingungen. Und nebenbei macht das auch noch ein kleines bisschen Spaß.

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Einer für alle. In Erinnerung an Christian Krähling

Am 10.12.2020 verstarb überraschend Christian Krähling im Alter von 43 Jahren. Der Amazon Arbeiter und Aktivist war am Logistik-Standort des Versandkonzerns in Bad Hersfeld aktiv und war einer wichtigsten Organisatoren von Widerstand bei Amazon in Deutschland und Europa. Auch mit diversen Kämpfen in Frankfurt war eng er verbunden, weshalb wir an ihn erinnern wollen. Christian lebte Solidarität über Grenzen hinweg und verstand es wie wenige andere, verschiedene Kämpfe konkret zu verbinden. Ihm ist zu verdanken, dass etwa eine Delegation aus Bad Hersfeld bei den Protesten gegen die Eröffnung der EZB dabei war oder dass Arbeitskämpfe und Streiks verschiedener Bereiche bundesweit von Amazon-Mitarbeiter*innen unterstützt wurden. Das Frankfurter PrekärLab als Teil des Transnational Strike Plattform hat bei der Aktion zur Schließung der Zara-Filiale auf der Zeil am Tag nach seinem plötzlichen Tod seiner gedacht. Christian, rest in Power!

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Chronik Nov./Dez. 2020 – Jan. 2021

Chronik
18.11. Im südhessischen Atomkraftwerk Biblis ist ein Behälter mit radioaktivem Müll bei Lagerarbeiten aus mehr als 10 Meter Höhe abgestürzt! Die Behälter werden üblicherweise zu dritt übereinandergestapelt, beim Anheben des obersten mit einem Gabelstapler ist dieser Behälter dann abgestürzt. Und weil alle immer noch an den Weihnachtsmann glauben, besteht natürlich keinerlei Gefahr für Mensch und Umwelt!
19.11. Das Amtsgericht in Wiesbaden verurteilt einen 55-jährigen Taunussteiner wegen rassistischer Anschläge auf MigrantInnen zu zwei Jahren und 10 Monaten Knast. Der Rassist hatte in zwischen Januar und September 2019 in Taunusstein in mindestens vier Fällen aus seinem Auto heraus mit einer Zwille und Stahlkugeln auf Geflüchtete geschossen. Zum Zeitpunkt der Taten war er AfD-Mitglied und wollte Angst unter MigrantInnen verbreiten. Zwei Wochen vor Prozessbeginn ist er dann aus der Partei ausgetreten, weil er ja nun geläutert sei! Auch hier hilft der Glaube an den Weihnachtsmann!
21.11. Mehr als zwei Jahre nach den ersten Nazi-Drohmails des NSU 2.0 gegen mehrere Frauen gibt es von staatlicher Seite immer noch keine Ergebnisse oder Erkenntnisse über die Verantwortlichen. Nun hat eine der Betroffenen eine Belohnung auf die Täter ausgesetzt – ein verzweifelter Versuch, die Inkompetenz und Tatenlosigkeit der staatlichen Behörde anzuklagen! Die Kerninformationen waren damals innerhalb des 1. Polizeireviers in Frankfurt und in Revieren in Wiesbaden abgefragt worden. Aber natürlich versanden solche Ermittlungen, die Bullen gegen Bullen durchführen zwangsläufig, wie uns der Weihnachtsmann mitteilte!
21.11. An der Frankfurter Hauptwache versammeln sich etwa 100 Leute am Jahrestag des „Trans Day of Rememberance“, um der Opfer transphober Gewalt zu gedenken. Eine Woche vorher war es auf der Zeil zu einem Übergriff von homophoben Männern auf eine Transperson gekommen.
25.11. Am Tag gegen Gewalt an Frauen kommt es auch in Frankfurt zu einer abendlichen Demo, an der sich etwa 300 Leute beteiligen.
26.11. Auch dieses Jahr kommt es rund um den Konsumterror Tag „Black Friday“ zu mehrtägigen Streiks in den Lagern des Onlinehändlers Amazon, so auch im osthessischen Bad Hersfeld. Seit Jahren weigert sich Amazon, auf die Forderungen von Gewerkschaften nach besseren Bezahlungen und Arbeitsbedingungen einzugehen.
05.12. In Frankfurt-Bockenheim protestieren 40 Menschen gegen Leerstand und für eine sozialere Wohn und Gesellschaftspolitik. Mit einem Stadtteilrundgang wird an gut 10 Stationen die Verdrängung und Vernichtung von Wohnraum und Gewerbeflächen beschrieben.
07.12. In Mainz wird die Leiche einer obdachlosen Frau gefunden, sie war in der kalten Nacht in ihrem Zelt erfroren! Alltag mitten im reichen Deutschland!
07.12. In Frankfurt Höchst wird das Bismarck-Denkmal am Brüningpark mit Farbe besudelt. Ebenfalls am Wochenende gibt es eine Farbattacke auf das Weltkulturen Museum in Sachsenhausen. Hier fliegen Farbbeutel und es gibt „Anti Koloniale Aktion“ Schriftzüge. Während wir die Aktion in Höchst selbsterklärend finden, lässt uns das Museum eher etwas ratlos zurück. Gefunden haben wir dazu bisher jedenfalls nichts erklärendes.
08.12. Am Frankfurter Architekturmuseum kommt es zu einem Übergriff auf einen Mitarbeiter und den Direktor des Museums. Dabei versuchte der rechtskonservative Mainzer Immobilienverwalter Matthias Müntz, in das geschlossene Museum einzudringen, wobei er dem Direktor ins Gesicht schlug und einen Mitarbeiter in die Hand biss. Zu diesem Zeitpunkt fand im Museum das Streaming einer Online-Veranstaltung über die Zukunft der Städtischen Bühnen statt. Müntz wiederum ist Vorstandsmitglied des deutschtümmelnden Vereins „Aktionsgemeinschaft Schauspielhaus“, die sich für einen Wiederaufbau des Schauspielhauses von 1902 zu Kaiserzeiten einsetzt. Dass er versuchte, die Veranstaltung zu sprengen, liegt dabei auf der Hand. Müntz ist sei Jahren in ähnlichen Initiativen aktiv, immer geht es darin darum eine Akzeptanz und das Wiedererschaffen deutschnationaler und europäischer Feudalkultur zu verwirklichen. Hier treffen Adlige auf die Bürger für Frankfurt, honorige Westendbewohner auf Yuppies aus der Werbebranche, sie eint der Gedanke, Kultur und Innenstädte seien ausschließlich Priviligierten vorbehalten. Sie feiern den Fake-Nachbau der Frankfurter Altstadt als Schritt hin zu einer Stadt, die „den alten Glanz und Ruhm glorreicher Zeiten“ wiedergeben soll! Krieg den Palästen!
11.12. in Frankfurt gehen die Fridays for Future mal wieder auf die Straße! Diesmal wird für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens vor fünf Jahren protestiert. Trotz des Abkommens würden Autobahnen gebaut und fossile Brennstoffe subventioniert, statt während der Corona Pandemie zukunftsfähige, klimafreundliche Konzepte oder kleine Unternehmen zu unterstützen, stelle die Regierung milliardenschwere Rettungspakete für große Unternehmen und Umweltkiller bereit.
12.12. In Hessen sind im Jahr 2019 3923 Vollstreckungsanträge für Zwangsräumungen von Wohnungen und Geschäftsräumen ausgestellt worden. In Frankfurt allein sind im Jahr 2020 bis Ende Oktober 588 Zwangsäumungen durchgeführt worden!
13.12. Dass Macht korrumpiert, ist ja eine alte Weisheit – gut zu beobachten bei den hessischen Grünen. Der Parteirat der Grünen hat den Polizeieinsatz im Danneröder Forst jetzt gelobt und als angenehm deeskalativ gefeiert. Aber was soll eine Regierungspartei auch sonst von sich geben!
14.12. Und wo wir schon bei Parteien sind, die Frankfurter CDU hat ihr Kommunalwahlprogramm vorgestellt. Darin wird angestrebt, dass die Hälfte aller FrankfurterInnen perspektivisch in Eigentum wohnen soll. Was dies angesichts der horrenden Immobilienpreise bedeutet? Stadt der Reichen! Und auch einen neuen / alten Hauptfeind hat die Partei ausgemacht – besetzte und linksautonome Zentren stellen eine Gefahr für die Sicherheit dar, und auch die städtischen Mittel für den Club Voltaire sollen gestrichen werden. Dazu mehr Videoüberwachung überall – nichts Neues so gesehen, aber immer wieder schön, es schwarz auf weiß zu lesen!
15.12. Apropos Law and Order; der Frankfurter CDU-Stadtverordnete Stephan Deusinger ist zu einer Geldstrafe von 12 000 Euro wegen Wahlfäschung verknackt worden. Er hatte vor der letzten Kommunalwahl einen falschen Wohnsitz angegeben, um für den Ortsbeirat 1 (City) kandidieren zu können. Tatsächlich wohnt Deusinger aber seit 2002 mit Familie in Eschersheim. An der vermeintlichen Meldeadresse in der Innenstadt war er nie gesehen worden, aber hey, als CDU-Mitglied kannste ja machen, was du willst!
01.01.21 In Offenbach wird ein jüdischer Gemeinderabbiner an einem Kiosk in der Bettinastraße von einem 46-jährigen Deutschen antisemitisch beschimpft und bedroht. AnwohnerInnen kommen dem Geistlichen zu Hilfe und vertreiben den pöbelnden Nazi!
12.01. Mit einem Sonder-Abschiebeflug werden 26 Menschen nach Afghanistan abgeschoben, darunter auch 3 Männer aus Hessen! Krieg? Terror? Corona Pandemie? Menschenrechte? Alles scheißegal – solange die Abschiebmaschinerie läuft – Unterstützt Geflüchtete!
13.01. In Kelsterbach werden mehr als ein Dutzend Autos, Hauswände und ein Weltkriegsmahnmal mit Parolen der rechtsextremen Q-Anon Bewegung und dem Namenszug von Donald Trump beschmiert!

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Intro swing 220

Hier habt ihr zwanzig Seiten swing für den langen Corona-Winter.
Da aktuell öffentliche Orte kaum zugänglich sind, nehmt euch doch ein paar mehr Ausgaben mit und verteilt sie unter guten Freund*innen.
Danke für Eure Zuschriften und die Spenden. Wir brauchen mehr davon. Von beidem. Spenden brauchen wir, um die Produktion aufrecht zu erhalten. Mehr Zuschriften, weil uns immer wieder Berichte und Beschreibungen von Aktionen durch die Lappen gehen. Beispielsweise haben wir nix im Heft zu den großen Protesten in Polen gegen das Abtreibungsgesetz der PiS-Regierung und den Soli-Demos hierzulande. Überhaupt haben wir kaum einen Blick über den Tellerrand geworfen, sondern vor allem lokale Bezugnahmen, weil es dazu zum einen auch viel zu sagen gibt und zum andern unser Platz begrenzt ist.
Kommt gut durch, wir sehen uns auf der Straße und im Wald!
Eure swing
P.S. Einsendeschluss für die nächste Ausgabe ist der 11.1.21 in die üblichen Postfächer!

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Corona oder das Schweigen der Linken

Ein Aufruf zur Debatte
Wie verhalten wir radikale Linke uns in der Pandemie? Wie positionieren wir uns zu den staatlichen Maßnahmen? Wie können wir Widerstand und radikale Haltung unter den Bedingungen eines (partiellen) Ausnahmezustands aufrechterhalten?
Wir haben versäumt, über den Sommer hinweg gemeinsame Diskussionen zu den Aufgaben linker Politik im Umgang mit Corona und den staatlichen Maßnahmen zu führen. Auch innerhalb der linken Bewegungen war der Umgang mit der Pandemie weitgehend individualisiert – eine kollektive politische Positionierung, die auf einer gemeinsamen Debatte fußt, blieb aus.
Wie haben sich die linken
Strömungen verhalten?
Relativ schnell organisierten Linke in Frankfurt und einigen anderen Orten Hessens lokale solidarische Nachbarschaftshilfe. Die Kommunikation fand aufgrund der Unsicherheit der ersten Monate hauptsächlich über digitale Medien und Messengerdienste wie Telegram oder Signal statt. Einen realen Widerhall hat die Organisierung dieser Gruppen unseres Erachtens kaum gehabt. Auch kam es nur selten zur Kontaktaufnahme von Menschen, die Unterstützung beim Einkaufen oder beim Hund ausführen benötigten. Es zeigte sich, dass Unterstützung meist im direkten nachbarschaftlichen Umfeld organisiert wurde und es dazu keine linken Strukturen benötigte. Im nachbarschaftlichen Umfeld war die Hilfsbereitschaft, soweit wir das beobachten könnten, sehr groß. Trotzdem würde uns hier auch eine Auswertung und Einschätzung der Stadtteilgruppen interessieren. Was lief gut, was lief schlecht?
Politisch konnten die Gruppen überhaupt keine Positionierung erreichen. In einzelnen „Solidarisch-Gruppen“ war sogar ein Bezug auf die Proteste gegen die EU-Grenzpolitik unerwünscht. Ein Austausch auch im „realen Leben“ fand unserer Beobachtung nicht statt. Somit blieb dieser erste Ansatz ein rein bürgerschaftliches Hilfsprogramm ohne konkrete Wirkung.
„Leave no one behind“ war das andere große Motto, zu welchem frühzeitig im April Aktionen stattfanden und einen sofortigen Abschiebestopp, eine Auflösung der Lager und gleiche Rechte und gleicher Zugang zu Gesundheitsversorgung forderten. Dabei wurden auch die staatlichen Maßnahmen (Abstand halten, „#stayathome“) als exklusiv kritisiert, da Geflüchtete in Lagern keinen Abstand halten können und Obdachlose kein zu Hause haben, in dem sie bleiben können: Es ist ein Privileg, Corona-Regeln einhalten zu können. Im März/April setzten sich bundesweit Linke über die bestehenden Versammlungsverbote hinweg (und bekamen staatliche Repressalien zu spüren), ohne den Ausnahmezustand und die Grundrechtseinschränkungen direkt zu thematisieren.
Im Nachhinein würden wir dies als Fehler bezeichnen, denn so konnten sich rechte Gruppen des Themas vermeintlich annehmen. Unser Eindruck ist, dass die staatlichen Maßnahmen von vielen Linken als notwendiges Übel hingenommen wurden. Dabei hätten wir – und wir können es jetzt im Herbst auch wieder – die allgemeinen sinnvollen Schutzmaßnahmen ernst nehmen und propagieren können und gleichzeitig gegen die teilweise massiven Grundrechtseinschränkungen wie Demonstrationsverbote vorgehen müssen. Denjenigen, die wie das Capulcu-Kollektiv vor staatlichem Missbrauch von Corona-Tests gewarnt hatten, wurde implizit unsolidarisches Verhalten und Panikmache vorgeworfen. Zwar ist bisher kein Zugriff des Staates auf DNA-Proben über Corona-Tests bekannt geworden, doch haben uns die letzten Monate gezeigt: Kontaktlisten in Gaststätten werden, trotz anfänglicher Kritik, durch Polizeiorgane genutzt; zu Anfang der neuen Ausnahmemaßnahmen im November wird über die Unverletzlichkeit der Privatsphäre und die Anbindung der Corona-Warn-App an die Ämter diskutiert. Dem Staat ist nie zu trauen!
Mit dem Auftreten von „Querdenken“, Verschwörungsideologen und anderen Strömungen der Corona-Leugner*innen wurde es scheinbar für viele Linke unmöglich, eine Position zu vertreten, die nicht das hohe Lied auf die staatlichen Maßnahmen singt, aber auch nicht die Gefahr durch Corona herunterspielt.
Hinzu kam, dass direkt zu Beginn und teilweise noch vor offiziellen staatlichen Verordnungen linke Zentren dicht gemacht haben. Das war eine schwer zu verdauende Entscheidung – aus damaliger Sicht nicht völlig unverständlich, da Ausbreitungsweise und Gefährlichkeit des Virus noch unklar waren, aber doch schwerwiegend, weil wir uns somit Orte kollektiver Diskussionen beraubt haben. Auch hierzu erwarten wir noch Stellungnahmen und Erklärungen der Zentren.

Wir können uns vieles nur mit der Klassenzugehörigkeit und einem inzwischen relativen positiven Staatsbild erklären. Ein Großteil der Linken betreibt heutzutage Klientel-Politik für aufgeklärte Mittelschichten. Zwar gibt es Unterstützung für soziale Kämpfe und gegen Ausgrenzung – aber Linke gehören in den seltensten Fällen zu „Betroffenen“ oder kämpfen als Teil der proletarisierten Klasse. Die Diskussionen um „Neue Klassenpolitik“ hat in diese Situation zwar Bewegung gebracht, bleibt aber äußerlich.
Forderungen nach „Degrowth“ oder einer „Transformation“, die heutzutage bis weit in linksradikale Gruppen Einzug gehalten haben, zeigen ein reformistisches Gedankengut, dass die Hoffnung auf eine radikale Veränderung aufgegeben hat.
Ein anderer Punkt ist, dass die staatlichen Maßnahmen soziale Verhältnisse und Beziehungen atomisieren, aber zugleich auf atomisierte soziale Beziehungen innerhalb der Linken treffen. Die neoliberale Subjektivierung ist auch an der Linken nicht spurlos vorrübergegangen. Versuche mittels konstruierter Identität wieder eine Form von Kollektivität aufzubauen, müssen aber scheitern, so lange nicht ehrlich über Karriereentscheidungen, Klassenherkunft und -zugehörigkeit geredet wird. Und solange diese Kollektivität rein äußerlich bleibt und auch ihr Verhältnis zur individuellen Freiheit klärt.
Auf der anderen Seite verkennt der Aufruf zur Unversöhnlichkeit aus der insurrektionalistischen Ecke, wie weit diese Position von der Lebensrealität der meisten Menschen, auch aus unserem Umfeld, entfernt ist.
Nun kommen im Herbst weitere staatliche Maßnahmen – große Massenunterkünfte für Geflüchtete bleiben bestehen, Logistik- und Fleischereiunternehmen dürfen weiterhin den Infektionsschutz ignorieren. Natürlich müssen wir auch hier ansetzen – bei der dezentralen Unterbringung von Geflüchteten ist Hessen ganz hinten: 2/3 leben in Gemeinschaftsunterkünften, was schon in normalen Zeiten beschissen ist, jetzt ist es eine Katastrophe. Wir werden uns aber auch zu den staatlichen Ausnahmeverordnungen verhalten müssen, wollen wir in Zukunft noch glaubwürdig sein.
Wir sagen nicht: Schützt euch oder andere nicht
Wir sagen nicht: seid unsolidarisch
Wir sagen nicht: helft nicht euch und anderen
Wir sagen nicht: haltet keinen Abstand, nutzt keine Masken
Wir sagen: wer sich solidarisch verhalten will, muss dies auch gegen den Staat tun.
Wer unter „Solidarisch gegen Corona“ versteht, staatliche Maßnahmen kritiklos hinzunehmen, handelt nicht solidarisch, sondern egoistisch.
Einige Autonome

In Antikapitalismus, Swing 220 veröffentlicht | Kommentare geschlossen