We’ll Come United ruft auf und lädt ein zu Antirassismus-Tagen vom 2. bis 5. September 2020
Nach der Ermordung von George Floyd durch einen Polizeibeamten in Minneapolis hat die Black Lives Matter-Bewegung die Straßen erobert und allen gezeigt, dass Rassismus ein weltweites System ist – und dass antirassistische Kämpfe im Mittelpunkt sozialer Aufbrüche stehen. In einer eindrucksvollen Welle globaler Demonstrationen wurde deutlich, dass es unzählige Querverbindungen zwischen unseren Kämpfen gibt. Wir glauben, dass es neuer, großer Koalitionen für Gerechtigkeit, für soziale und politische Rechte und für ein anderes Gemeinsames bedarf – über verschiedene Bewegungen hinaus und transnational.
Auch in Zeiten von Corona gilt: Wir sind hier. Wir sind immer noch da, in Europa, Deutschland und in Hanau, daran kann kein Terror, kein BAMF und keine Ausländerbehörde etwas ändern. Wir sind immer noch da und unser (all)täglicher Kampf geht weiter:
Trotz und wegen verschärfter Ausgrenzung und Entrechtung jener, die dazu gezwungen werden, auch während Covid 19 in Massenunterkünften und Lagern zu hausen. Trotz und wegen der unfassbaren Gewalt und der tödlichen Abschreckungspolitik an den Außengrenzen, auf dem Meer und auch an Land, wo Brüssel nun sogar tödliche Schüsse auf Schutzsuchende legitimiert. Trotz und wegen einer Abschiebe-Industrie, die fortgesetzt unschuldige Menschen inhaftiert und um jeden Preis außer Landes schafft. Trotz und wegen einer Politik der Spaltung und Hetze, die zu rassistischen Morden aufwiegelt und diese dann als Einzeltäter verharmlost.
In Hanau wurden am 19. Februar dieses Jahres 9 Menschen, unsere Brüder und Schwestern, durch einen rassistischen Terroranschlag innerhalb weniger Minuten ermordet. Parallel dazu werden die NSU-Akten für Jahrzehnte weggeschlossen, rassistische Netzwerke und ihre Verbindungen in Polizei und Verfassungsschutz werden toleriert.
Institutioneller Rassismus prägt unseren Alltag: in Ämtern und Behörden, bei der Polizei, bei der Wohnungssuche und auch in der Lohnarbeit. Ausgrenzung schafft die Bedingungen für rassistische Ausbeutung in den Niedriglohnsektoren. Rassismus verletzt und tötet, auf sehr vielen verschiedenen Ebenen.
Dagegen steht unser täglicher Protest und Widerstand. Dagegen setzen wir den Auf- und Ausbau von Solidaritätsstrukturen. Dagegen organisieren wir uns mit Demonstrationen, Paraden und Kampagnen. Die sozialen Bewegungen, die klar und deutlich gegen alle Formen des Rassismus kämpfen, werden stärker. Unsere Forderungen werden lauter: für ein Bleiberecht und Papiere für alle, für Bewegungsfreiheit und offene Grenzen, für gleiche Rechte für Alle.
Leave no one behind wurde in den letzten Monaten als Slogan überall aufgegriffen und verbreitet. Er steht nicht nur für die Evakuierung der menschenunwürdigen Transitcamps auf den griechischen Inseln, sondern für die Schließung aller Lager und für ein Ende sozialer Ausgrenzung. Wir von We’ll Come United rufen zu einer breiten Allianz für Gerechtigkeit und Rechte auf, die die verschiedenen Akteure aus verschiedenen Bewegungen (Klimabewegung, Frauenrechte, LGBTQ, Antifa-Bewegung, Antimilitaristische Bewegung) zusammenbringt. Wir sind überzeugt, dass wir alle einen großen Kampf teilen. Lasst uns zusammenkommen und gemeinsam Aktionen planen. Wir wollen trotz der Herausforderungen der Pandemie zeigen, dass wir an diesen verschiedenen Fronten für eine solidarische Gesellschaft weiterkämpfen.
Und wir rufen für Anfang September zu dezentralen antirassistischen Aktionstagen auf.
Denn der September 2015, vor dann genau fünf Jahren, markiert einen historischen Durchbruch gegen das Grenzregime. Der March of Hope hatte demonstriert, dass die Überwindung der Grenzen möglich ist. Der Sommer der Migration hatte gezeigt, dass ein offenes Europa vorstellbar wird.
An diese Erfahrungen wollen wir erinnern und anknüpfen. Deswegen rufen wir dazu auf, rund um den fünften Jahrestag des March of Hope in der ersten Septemberwoche bundesweit und transnational zu mobilisieren. In gemeinsamen Aktionstagen wollen wir die ganze Vielfalt unserer Kämpfe und Netzwerke zum Ausdruck bringen. In vielfältigen Aktivitäten, in virtuellen Räumen, aber auch auf den Straßen und entlang der Flucht- und Migrationsrouten wollen wir protestieren und für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte demonstrieren.
#leavenoonebehind – No Lager nowhere
Leave no one behind steht nicht nur für die Evakuierung der menschenunwürdigen Transitcamps auf den griechischen Inseln, sondern für die Schließung aller Lager und für ein Ende sozialer Ausgrenzung. Katastrophale Bedingungen in den Lagern, sei es auf den griechischen Inseln oder überall in Deutschland und Europa, machen besonders in Zeiten von Covid 19 erneut deutlich, wessen Leben geschützt oder nicht geschützt werden. Wir fordern die Auflösung der Lager und eine menschenwürdige Unterbringung in Wohnungen. Wir fordern Leave no one behind, keine Lager für Niemand!
#noborders – From the Sea to the Cities
Der Slogan verbindet Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer mit der Forderung nach Aufnahme von Geflüchteten und Migrant*innen in deren Zielstädten. Die in der Seenotrettung Tätigen treffen sich mit Bürgermeister*innen und Gemeinden sowie mit Initiativen von „Seebrücke“ und „Solidarity Cities“, um konkrete Korridore der Solidarität zu schaffen.
#keinmenschistillegal – Stop Deportation and Dublin!
Der Widerstand gegen Abschiebungen und die Forderung nach einem Bleiberecht und Papieren für alle sind entscheidende tägliche Kämpfe überall in Europa und darüber hinaus – ob als Bürger*innenasyl, als juristische oder politische Unterstützung oder als Blockade einer Abschiebung.
Wir intervenieren mit dem Aufbau alternativer Strukturen, indem wir die Selbstorganisationen von Geflüchteten in Lagern und in den Communities stärken, und gemeinsam mit AktivistInnengruppen Schutzstrukturen und sichere Räume schaffen, die unserem obersten Ziel der Verhinderung von Abschiebungen dienen.
#migrantifa – gegen Rassismus und rassistische Morde – Entnazifizierung jetzt!
In den letzten Monaten sind vielerorts Migrantifa-Gruppen entstanden, die Antifaschismus mit den Forderungen migrantischer Communities verbinden. Die strukturellen Dimensionen des Rassismus werden in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, die Erfahrungen aus Chemnitz, Halle und Hanau verbinden sich mit dem, was wir aus Minneapolis oder Moria wissen: Institutioneller Rassismus ist ein System und prägt unseren Alltag: in Ämtern und Behörden, bei der Polizei, bei der Wohnungssuche und auf der Arbeit. Ausgrenzung schafft dabei die Bedingungen für rassistische Ausbeutung in den Niedriglohnsektoren.
Wir fordern die Entnazifizierung von Ämtern und Behörden, von Polizei etc.
Vom 2. – 4. September lokal dezentral!
Anfang September wollen wir zusammenkommen und gemeinsam Aktionen planen, in Städten, Dörfern und Landkreisen. Wir wollen trotz der Herausforderungen der Pandemie zeigen, dass wir an diesen verschiedenen Fronten für eine solidarische Gesellschaft weiterkämpfen. Ideen gibt es viele: ob Aktionen zivilen Ungehorsams, Veranstaltungen zu Bürger*innenasyl, ein Bestreiken der Ausländerbehörde oder ein regionaler Marsch von Ortschaft zu Ortschaft, von Lager zu Lager, für Bewegungsfreiheit und das Recht zu Bleiben. Ob Demonstrationen und Aktionen, Visualisierungen, Online-Aktivitäten oder Straßentheater – lasst uns zusammen kämpfen für Bewegungsfreiheit, gleiche Rechte und gegen Rassismus!
Zum 5. September
möchten wir uns dezentral auf regionaler Ebene sammeln, um We*ll Come United in diesem Jahr parallel in mehreren Bundesländern oder auch regionalen Zusammenschlüssen zu erleben und unsere Vielfalt und Stärke sichtbar zu machen.
United against Racism!
Say their names! Pläne für Frankfurt
In Frankfurt ist eine Aktion in der Innenstadt am Samstag, den 5.9. angedacht zum Thema „Gesichter des Rassismus“, der von Rassismus bei Abschiebungen oder an den Außengrenzen, Alltagsrassismus, strukturellem Rassismus bis zu rassistisch motivierten Morden reichen soll – Stichwort in Hanau, Polizeigewalt/NSU 2.0. Im Zentrum sollen die Betroffenen und die Opfer stehen, ihnen soll ein Gesicht gegeben werden, sie sollen benannt und an sie soll erinnert werden.