In seiner Frankfurter Privatwohnung setzte die Polizei im April einen Taser gegen einen Mann ein, der daraufhin kollabierte und einige Tage später im Krankenhaus starb. Der Tote war Diabetiker und hatte sich gegen seine drohende Einweisung in die Psychiatrie gewehrt. Er war nicht der erste Taser-Tote: Erst einige Monaten vorher starb ein Mann in Pirmasens (Rheinland-Pfalz) ebenfalls nach einem Taser-Einsatz. Die Todesumstände ähneln sich auffällig: Auch er wehrte sich gegen eine Einweisung in die Psychiatrie, kollabierte auf dem Weg ins Krankenhaus und verstarb. In beiden Fällen lässt sich die Todesursache nicht ursächlich allein auf den Taser-Einsatz zurückführen. Das hat allerdings System: Erfahrungen in den USA und den Niederlanden zeigen, dass besonders psychisch kranke Menschen überdurchschnittlich oft Opfer von Taser-Einsätzen werden, für sie besteht zudem krankheitsbedingt ein erhöhtes Risiko, einen Taserangriff nicht zu überleben.
Die Gewerkschaft der Polizei und Innenminister Beuth setzen sich vehement für den Gebrauch der Waffe ein. Der Taser wird in Deutschland weiterhin als harmlos verkauft: „Derjenige hat danach zwar zwei kleine Einstiche, er bedarf vielleicht einer gewissen Betreuung. Aber die Langzeitfolgen sind doch weit geringer. Das Ziel ist die absolute Bewegungsunfähigkeit für die Zeit des Stromflusses. Danach ist die Handlungsfähigkeit wieder voll gegeben.“ Im Polizeisprech heißt sie Distanzelektroimpulsgerät (DEIG). Ihr Gebrauch ist in den neuen Polizeigesetzen enthalten, u.a. in Hessen und wird derzeit in mehreren Bundesländern eingeführt. Der Taser ist eine Art Pistole, die mit Widerhaken versehene Projektile verschießt, die sich ca. 1 cm tief in die Haut der Getroffenen bohren. Über feine Drahtfäden werden elektrische Impulse mit einer Stromstärke von 1,3 Milliampere über die Pfeile übertragen, die die sensorischen und motorischen Funktionen des peripheren Nervensystems tangieren und zur vorübergehenden Lähmung der Zielperson führen bzw. Schmerzen verursachen.
Aktuell sind ein Revier in Frankfurt und Offenbach mit Tasern ausgestattet. Bald soll die Polizei dann Hessenweit über Taser verfügen. Zunächst werden sogenannte „Unterstützungseinheiten“ und die Beamt*innen in den Innenstadtrevieren zwei Tage im Umgang geschult. Zukünftig soll in jedem Polizeipräsidium rund um die Uhr ein Taser zur Verfügung stehen. Der Taser wurde in Hessen zuvor seit 2017 in einem Pilotprojekt von einem Überfallkommando in Frankfurt und vom 1. Polizeirevier in Offenbach getestet, insgesamt wurde er dort vierzehnmal angewandt.
Eine Goldgrube für Axon Public Safety
Der Taser ist nur eines von vielen Modulen der Aufrüstung der Polizei im Namen der „Inneren Sicherheit“, dazu kommen Bodycams sowie Drohnen zur Tatort- und Verkehrsunfallaufnahme zur „Aufklärung von Gefahrenlagen“. Die Polizei erhält bis 2020 zudem neueSchusswaffen. Neu ist auch der eigene Messengerdienst „HePolChat“, der Polizeirechner, dienstliche Smartphones und Tablets miteinander verbindet, um Informationen und Fotos schneller übermitteln zu können. Hessens Predictive Policing mit den Programmen „HessenDATA“ und „KLB-operativ“ wurde bereits in der Swing Nr. 208 vorgestellt.
Produziert werden die Taser für die deutsche Polizei von der Firma Axon Public Safety Germany SE, mit Sitz in Frankfurt, in der Hugo-Junkers-Straße 3, Gebäude 115. Das Unternehmen stellt übrigens auch die Bodycams und die zugehörige Datenverarbeitungssoftware für die Polizei bundesweit her und erlebt damit aktuell einen finanziellen Höhenflug – gepusht durch den ständigen Ruf nach mehr „Innerer Sicherheit“.