Intro
Hier habt ihr zwanzig Seiten swing für den langen Corona-Winter.
Da aktuell öffentliche Orte kaum zugänglich sind, nehmt euch doch ein paar mehr Ausgaben mit und verteilt sie unter guten Freund*innen.
Danke für Eure Zuschriften und die Spenden. Wir brauchen mehr davon. Von beidem. Spenden brauchen wir, um die Produktion aufrecht zu erhalten. Mehr Zuschriften, weil uns immer wieder Berichte und Beschreibungen von Aktionen durch die Lappen gehen. Beispielsweise haben wir nix im Heft zu den großen Protesten in Polen gegen das Abtreibungsgesetz der PiS-Regierung und den Soli-Demos hierzulande. Überhaupt haben wir kaum einen Blick über den Tellerrand geworfen, sondern vor allem lokale Bezugnahmen, weil es dazu zum einen auch viel zu sagen gibt und zum andern unser Platz begrenzt ist.
Kommt gut durch, wir sehen uns auf der Straße und im Wald!
Eure swing
P.S. Einsendeschluss für die nächste Ausgabe ist der 11.1.21 in die üblichen Postfächer!
Corona oder das Schweigen der Linken
Ein Aufruf zur Debatte
Wie verhalten wir radikale Linke uns in der Pandemie? Wie positionieren wir uns zu den staatlichen Maßnahmen? Wie können wir Widerstand und radikale Haltung unter den Bedingungen eines (partiellen) Ausnahmezustands aufrechterhalten?
Wir haben versäumt, über den Sommer hinweg gemeinsame Diskussionen zu den Aufgaben linker Politik im Umgang mit Corona und den staatlichen Maßnahmen zu führen. Auch innerhalb der linken Bewegungen war der Umgang mit der Pandemie weitgehend individualisiert – eine kollektive politische Positionierung, die auf einer gemeinsamen Debatte fußt, blieb aus.
Wie haben sich die linken
Strömungen verhalten?
Relativ schnell organisierten Linke in Frankfurt und einigen anderen Orten Hessens lokale solidarische Nachbarschaftshilfe. Die Kommunikation fand aufgrund der Unsicherheit der ersten Monate hauptsächlich über digitale Medien und Messengerdienste wie Telegram oder Signal statt. Einen realen Widerhall hat die Organisierung dieser Gruppen unseres Erachtens kaum gehabt. Auch kam es nur selten zur Kontaktaufnahme von Menschen, die Unterstützung beim Einkaufen oder beim Hund ausführen benötigten. Es zeigte sich, dass Unterstützung meist im direkten nachbarschaftlichen Umfeld organisiert wurde und es dazu keine linken Strukturen benötigte. Im nachbarschaftlichen Umfeld war die Hilfsbereitschaft, soweit wir das beobachten könnten, sehr groß. Trotzdem würde uns hier auch eine Auswertung und Einschätzung der Stadtteilgruppen interessieren. Was lief gut, was lief schlecht?
Politisch konnten die Gruppen überhaupt keine Positionierung erreichen. In einzelnen „Solidarisch-Gruppen“ war sogar ein Bezug auf die Proteste gegen die EU-Grenzpolitik unerwünscht. Ein Austausch auch im „realen Leben“ fand unserer Beobachtung nicht statt. Somit blieb dieser erste Ansatz ein rein bürgerschaftliches Hilfsprogramm ohne konkrete Wirkung.
„Leave no one behind“ war das andere große Motto, zu welchem frühzeitig im April Aktionen stattfanden und einen sofortigen Abschiebestopp, eine Auflösung der Lager und gleiche Rechte und gleicher Zugang zu Gesundheitsversorgung forderten. Dabei wurden auch die staatlichen Maßnahmen (Abstand halten, „#stayathome“) als exklusiv kritisiert, da Geflüchtete in Lagern keinen Abstand halten können und Obdachlose kein zu Hause haben, in dem sie bleiben können: Es ist ein Privileg, Corona-Regeln einhalten zu können. Im März/April setzten sich bundesweit Linke über die bestehenden Versammlungsverbote hinweg (und bekamen staatliche Repressalien zu spüren), ohne den Ausnahmezustand und die Grundrechtseinschränkungen direkt zu thematisieren.
Im Nachhinein würden wir dies als Fehler bezeichnen, denn so konnten sich rechte Gruppen des Themas vermeintlich annehmen. Unser Eindruck ist, dass die staatlichen Maßnahmen von vielen Linken als notwendiges Übel hingenommen wurden. Dabei hätten wir – und wir können es jetzt im Herbst auch wieder – die allgemeinen sinnvollen Schutzmaßnahmen ernst nehmen und propagieren können und gleichzeitig gegen die teilweise massiven Grundrechtseinschränkungen wie Demonstrationsverbote vorgehen müssen. Denjenigen, die wie das Capulcu-Kollektiv vor staatlichem Missbrauch von Corona-Tests gewarnt hatten, wurde implizit unsolidarisches Verhalten und Panikmache vorgeworfen. Zwar ist bisher kein Zugriff des Staates auf DNA-Proben über Corona-Tests bekannt geworden, doch haben uns die letzten Monate gezeigt: Kontaktlisten in Gaststätten werden, trotz anfänglicher Kritik, durch Polizeiorgane genutzt; zu Anfang der neuen Ausnahmemaßnahmen im November wird über die Unverletzlichkeit der Privatsphäre und die Anbindung der Corona-Warn-App an die Ämter diskutiert. Dem Staat ist nie zu trauen!
Mit dem Auftreten von „Querdenken“, Verschwörungsideologen und anderen Strömungen der Corona-Leugner*innen wurde es scheinbar für viele Linke unmöglich, eine Position zu vertreten, die nicht das hohe Lied auf die staatlichen Maßnahmen singt, aber auch nicht die Gefahr durch Corona herunterspielt.
Hinzu kam, dass direkt zu Beginn und teilweise noch vor offiziellen staatlichen Verordnungen linke Zentren dicht gemacht haben. Das war eine schwer zu verdauende Entscheidung – aus damaliger Sicht nicht völlig unverständlich, da Ausbreitungsweise und Gefährlichkeit des Virus noch unklar waren, aber doch schwerwiegend, weil wir uns somit Orte kollektiver Diskussionen beraubt haben. Auch hierzu erwarten wir noch Stellungnahmen und Erklärungen der Zentren.
Wir können uns vieles nur mit der Klassenzugehörigkeit und einem inzwischen relativen positiven Staatsbild erklären. Ein Großteil der Linken betreibt heutzutage Klientel-Politik für aufgeklärte Mittelschichten. Zwar gibt es Unterstützung für soziale Kämpfe und gegen Ausgrenzung – aber Linke gehören in den seltensten Fällen zu „Betroffenen“ oder kämpfen als Teil der proletarisierten Klasse. Die Diskussionen um „Neue Klassenpolitik“ hat in diese Situation zwar Bewegung gebracht, bleibt aber äußerlich.
Forderungen nach „Degrowth“ oder einer „Transformation“, die heutzutage bis weit in linksradikale Gruppen Einzug gehalten haben, zeigen ein reformistisches Gedankengut, dass die Hoffnung auf eine radikale Veränderung aufgegeben hat.
Ein anderer Punkt ist, dass die staatlichen Maßnahmen soziale Verhältnisse und Beziehungen atomisieren, aber zugleich auf atomisierte soziale Beziehungen innerhalb der Linken treffen. Die neoliberale Subjektivierung ist auch an der Linken nicht spurlos vorrübergegangen. Versuche mittels konstruierter Identität wieder eine Form von Kollektivität aufzubauen, müssen aber scheitern, so lange nicht ehrlich über Karriereentscheidungen, Klassenherkunft und -zugehörigkeit geredet wird. Und solange diese Kollektivität rein äußerlich bleibt und auch ihr Verhältnis zur individuellen Freiheit klärt.
Auf der anderen Seite verkennt der Aufruf zur Unversöhnlichkeit aus der insurrektionalistischen Ecke, wie weit diese Position von der Lebensrealität der meisten Menschen, auch aus unserem Umfeld, entfernt ist.
Nun kommen im Herbst weitere staatliche Maßnahmen – große Massenunterkünfte für Geflüchtete bleiben bestehen, Logistik- und Fleischereiunternehmen dürfen weiterhin den Infektionsschutz ignorieren. Natürlich müssen wir auch hier ansetzen – bei der dezentralen Unterbringung von Geflüchteten ist Hessen ganz hinten: 2/3 leben in Gemeinschaftsunterkünften, was schon in normalen Zeiten beschissen ist, jetzt ist es eine Katastrophe. Wir werden uns aber auch zu den staatlichen Ausnahmeverordnungen verhalten müssen, wollen wir in Zukunft noch glaubwürdig sein.
Wir sagen nicht: Schützt euch oder andere nicht
Wir sagen nicht: seid unsolidarisch
Wir sagen nicht: helft nicht euch und anderen
Wir sagen nicht: haltet keinen Abstand, nutzt keine Masken
Wir sagen: wer sich solidarisch verhalten will, muss dies auch gegen den Staat tun.
Wer unter „Solidarisch gegen Corona“ versteht, staatliche Maßnahmen kritiklos hinzunehmen, handelt nicht solidarisch, sondern egoistisch.
Einige Autonome
Blockaden im Bahnhofsviertel, Wasserwerfer gegen Antifaschist*innen
Rückblick auf den 14.11.
Von asvi.noblogs.org (Dort findet ihr auch eine aktuelle Broschüre zu Querdenken Frankfurt)
Am Samstag, den 14.11., riefen wir, die Initiative Aufklärung statt Verschwörungsideologien, gemeinsam mit linken Gruppen aus Frankfurt zu Protesten gegen die erste angemeldete Demonstration der Gruppierung „Querdenken69“ auf, die ursprünglich durch die ganze Innenstadt laufen sollte. Von „Querdenken69“ und der umliegenden Szene der Pandemie-Leugner*innen werden vielfach Verschwörungsideologien zur CoViD-19-Pandemie verbreitet; in den Chatgruppen und auf vergangenen Kundgebungen der Frankfurter Pandemie-Leugner*innen fielen diese immer wieder durch Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Antifeminismus sowie insbesondere durch ihre Offenheit zur extremen Rechten und bewussten Nähe zu Neonazis auf. Deshalb mobilisierten wir unter dem Motto „Solidarität statt Antisemitismus und Verschwörungsideologie“ zu Protesten, die sich um 11 Uhr am Jürgen-Ponto-Platz im Bahnhofsviertel sowie um 13 Uhr an der Hauptwache sammelten. Die „Querdenken“-Mobilisierung am Wochenende zuvor nach Leipzig, an der sich auch die Frankfurter Ortsgruppe beteiligt hatte und die von deren Sprecherin Malin Singh als Erfolg bewertet worden war, hatte gezeigt, wozu die Allianzen von Kleinbürger*innentum, Esoteriker*innen und Fascho-Hools fähig sind: In Leipzig griffen sie gemeinsam Linke und Gegendemonstrant*innen an. Auf der letzten „Querdenken69“-Kundgebung am 5. November war dem rechten Hetzer Hartmut Issmer („Patrioten für Deutschland“) eine Plattform geboten worden, er wurde von Singh für seine Rede bejubelt – die Rechtslastigkeit der gesamten Bewegung zeigt sich also auch in der Frankfurter Ortsgruppe. Grund genug, den geplanten Aufmarsch nicht unkommentiert zu lassen!
Endstation Bahnhofsviertel
Schon um 11 fanden sich über 150 Antifaschist*innen am Jürgen-Ponto-Platz zur Kundgebung ein. Dort wurde per Megaphon darüber aufgeklärt, warum die Querdenken-Bewegung keine legitime, erst recht keine linke Kritik an Corona-Maßnahmen formuliert, sondern stattdessen antisolidarische, gefährliche Propaganda verbreitet. Auf der Kundgebung gab es auch die Gelegenheit, sich die neue Recherche-Broschüre zur Frankfurter Szene der Corona-Leugner*innen, ihrem ideologischen Hintergrund und ihren Verbindungen ins extrem rechte Milieu mitzunehmen und zu lesen.
Kurz vor 12 Uhr kam dann Bewegung in die Sache. Mehr als 100 Antifaschist*innen liefen über Kaiser-, Elbe- und Niddastraße zur Karlstraße. Am Beginn der Karlstraße entfalteten sie Transparente und skandierten unter anderem „Gegen jeden Antisemitismus!“ und „Ihr seid nicht der Widerstand – Ihr lauft mit Nazis Hand in Hand!“ und blockierten damit direkt die „Querdenken69“-Route, 50 Meter nach deren geplantem Start. Dabei legte die Polizei bereits hier enorme Brutalität an den Tag, als ein Journalist, der den Protest dokumentieren wollte, grundlos angegriffen und zu Boden gerissen wurde. Im Laufe des Tages berichteten immer wieder Journalist*innen von Einschränkungen der Pressefreiheit durch die Polizei und wurden auch körperlich mehrfach von dieser angegangen. Bereits auf der Auftaktkundgebung von „Querdenken69“ vor dem Hauptbahnhof wurden zwei Fotojournalisten von der Polizei am Fotografieren gehindert, wie diese auf Twitter berichteten. Der Deutsche Journalisten-Verband musste die Frankfurter Polizei bereits um 13:00 Uhr ebenfalls über Twitter an ihre Aufgabe erinnern, die Pressefreiheit zu schützen und Journalist*innen nicht in ihrer Arbeit einzuschränken.
Zweierlei Maß
Über den ganzen Tag kam es immer wieder zu Polizeigewalt. Die „Querdenken69“-Demo und -Kundgebung wurde sämtlich mit Samthandschuhen angefasst und die Pflicht zur Mund-Nasen-Bedeckung nicht durchgesetzt. Nur am Abend agierte die Frankfurter Polizei halbherzig nach mehreren Dutzend Ankündigungen gegen die, trotz Auflösung nach wie vor auf dem Rathenauplatz versammelten, Teilnehmer der Kundgebung. Währenddessen war gegen den antifaschistischen Protest bereits gegen Mittag zwei Mal der Wasserwerfer und massive Gewalt durch Schläge, Tritte und Schlagstöcken eingesetzt worden. Trotz allem konnte dank der Blockaden die „Querdenken“-Demo in der Niddastraße zum Abbruch gezwungen werden. Auch eigene Wasserwerfer*innen des Gegenprotests trugen ihren Teil dazu bei, den Demozug zu stören, als Wasserbomben in der Karlstraße auf die rechte Demo flogen. Anstelle der ursprünglich geplanten 4 Kilometer langen Route konnte der verschwörungsideologische Aufmarsch nur etwa 700 Meter zurücklegen. Durch eine Blockade auf der Mainzer Landstraße zur Umleitung über die Elbe- in die Niddastraße gezwungen, führte diese Ausweichroute geradewegs in eine erneute Blockade, die trotz Einsatzes des Wasserwerfers nicht wich. Die Demonstration wurde an dieser Stelle abgebrochen. Weitere Blockaden, auch Materialblockaden, warteten da schon auf der weiteren Route. Auch anschließende Spontandemonstrationen von „Querdenken69“-Teilnehmenden durchs Bahnhofsviertel zum Goetheplatz wurden in der Neckarstraße, Kaiserstraße und Münchener Straße effektiv blockiert. Die zwischenzeitlich stehenden Blockaden an der Mainzer Landstraße/Taunusanlage sowie am Taunustor mit Hunderten Gegendemonstrant*innen leisteten ihr Übriges, den Weg in die Innenstadt zu einem Labyrinth für die Corona-Leugner*innen werden zu lassen. Während der über Stunden andauernden Blockaden kam es immer wieder zu Barrikadenbau und es wurden viele Möglichkeiten genutzt, das Bahnhofsviertel wortwörtlich an jeder Ecke dicht zu machen. Zwischenzeitlich fuhren keine Autos außer Polizei-Wannen und Rettungswagen durch das Viertel. Wir begrüßen es, dass während des antifaschistischen Protests Notärzte und Rettungswagen überall, durch Gassen, die Blockaden ohne Einschränkungen passieren konnten – auch wenn diese dann, wie am Taunustor geschehen, von der Polizei teilweise nicht durchgelassen wurden. Derartig fragwürdiges Handeln zeigte sich auch mehrfach, als während der Bildung von Rettungsgassen durch die Blockaden die Polizei unmittelbar die Gunst der Stunde nutzte und gezielt auf einige Genoss*innen einprügelte.
Mit dem überzogenen Wasserwerfereinsatz gegen die antifaschistischen Blockaden wiederholt sich eine Polizeitaktik, die bereits letzte Woche in Leipzig zu beobachten war. Auch dort stand ein Wasserwerfer bereit – aber nicht bei der Querdenken-Kundgebung, sondern in Connewitz. Befürchtungen, dass sich diese verfehlte Polizeitaktik auch in Frankfurt wiederholt, haben sich am Samstag bewahrheitet: Weder Polizei noch Ordnungsamt sind die richtigen Ansprechpartner*innen, wenn es darum geht, rechte Aufmärsche zu verhindern. Auch für Infektionsschutz scheint sich die Polizei nur bedingt zuständig zu fühlen: So wurden beispielsweise auch polizeiliche Kontrollen des antifaschistischen Gegenprotestes durchgeführt, ohne dass Polizist*innen in der Lage schienen, ihre Mund-Nasen-Bedeckungen aufzusetzen.
Rechte Angriffe am Rande
der Proteste
In einer der über den Tag immer wieder agil agierenden Blockaden, welche stellenweise Wasserwerfer und Polizeiketten trotzten, kam es zu einem Angriff mit einem Auto. Der silbergraue BMW mit dem Kennzeichen F-TC 1512 führ gegen 13:45 Uhr in eine Blockade auf der Mainzer Landstraße. Glücklicherwiese wurde niemand verletzt! Die anwesenden Genoss*innen haben hier gut reagiert und eine mögliche Beschleunigung des PKWs durch gemeinsames und entschlossenes Auftreten verhindert. Wir nehmen die Zunahme derartiger Attacken, wie erst kürzlich in Henstedt-Ulzburg am Rande einer AfD-Veranstaltung oder am Folgetag, dem 15. November, beim AfD-Parteitag in Hamburg, als besorgniserregend zur Kenntnis und fragen uns, wie ein Umgang mit solchen vehicle attacks aussehen kann.
Später kam es auch an der Gallusanlage zu gezielten Beleidigungen, Drohungen und körperlichen Angriffen von extrem rechten Teilnehmenden des „Querdenken“-Aufmarschs auf den Gegenprotest. Wenn ihr Foto- oder Videomaterial von den Angreifenden habt oder euch Nazis auf der „Querdenken“-Demo aufgefallen sind, schickt diese unbedingt, am besten verschlüsselt, an asvi@riseup.net!
Die Konzentration auf das Bahnhofsviertel erwies sich für die Blockaden insgesamt als erfolgreich, da so der Lautsprecherwagen von “Querdenken69” am späten Nachmittag umdrehen musste und auch größere darauffolgende Spontandemonstrationen erfolgreich gestört werden konnten.
Zwischenzeitlich sickerte die Info durch, dass sich am geplanten Endpunkt der Querdenker (welcher zuvor auch erfolgreich blockiert war) einige Corona-Leugner*innen bei lauter Techno-Musik versammelt haben, und sich immer mehr Personen in Kleingruppen dorthin bewegten. Allerdings wurde bewusst kein Blockadepunkt dorthin verlegt, da sich dort ein Gitter rund um den Veranstaltungsplatz befand und das effektive Aufhalten des Demonstrationszuges dadurch gefährdet worden wäre. Natürlich ist es trotzdem begrüßenswert, wenn einzelne Gruppen eigene Aktionen starten. Wichtig ist jedoch, einen Überblick über die Gesamtsituation zu behalten. Für nächste Aktionen mit dynamischem Geschehen wäre es wichtig, eine größere Informations- und Kommunikationsstruktur einzurichten. Dass dies nötig werden könnte, war noch bis zur Verlegung der „Querdenken69“-Demoroute am Freitag durch die Stadt unklar, da zuvor von einem wesentlich kompakteren Geschehen auszugehen war. Gleichwohl hat sich insbesondere der Demoticker mit aktuellen Updates am Samstag ausgezahlt. Große, lange Transpis, die vielfach mitgebracht wurden, waren sehr gut geeignet, um große Straßenzüge zu blockieren, da an dieser Stelle auch wenige Personen viel Platz einnehmen können.
Was tun mit Kleingruppen
Wir schlagen auch vor, für weitere „Querdenken“-Aktionen mehr Überlegungen zur Strategie der Corona-Leugner*innen, bei Blockaden einfach in Kleingruppen durch die Stadt zu ziehen, anzustellen. Auch am Samstag war von vorneherein davon auszugehen, dass die „Querdenken“-Teilnehmenden bei einem Stopp ihrer Demo zur Kundgebung tröpfeln, und so ist es auch immer wieder passiert. Gerade am Anfang wurde so Falschinformation verbreitet, als sich einige „Spaziergänger*innen“ von der „Querdenken“-Auftaktkundgebung entfernten und viele Beobachter*innen dies so interpretierten, als würde sich bereits ihre Demo in Bewegung setzen. Dies führte immer wieder zu Hektik und hat dafür gesorgt, dass einige Blockadepunkte zu früh aufgegeben wurden.
Es ist aus unserer Sicht als Erfolg zu verbuchen, wenn „Querdenken69“ nicht als Demozug laufen können und ihnen so ein großes Stück Außenwirkung und Vernetzung verloren geht. Die kleinen Gruppen von Verschwörungsideolog*innen sind einer Demo auf jeden Fall vorzuziehen. Gleichzeitig waren die einzelnen Blockadepunkte immer wieder überfordert, wenn kleine Gruppen oder Paare aus der „Querdenken“-Demo durch die Blockaden hindurch gehen wollten. Denn so kritikwürdig die Verschwörungsideologien und so rechts(-offen) ihre Strukturen auch sind, haben wir es nicht mit klassischen Nazi-Aufmärschen zu tun, wo alle wissen, was bei Einzelgruppen von ihnen zu tun ist. Die Kleingruppen der „Querdenken“-Teilnehmenden sollten weder für Hektik sorgen noch unbeachtet an Blockaden vorbeigehen können oder – wie am unteren Ende der Gallusanlage gegen 15:45 Uhr – hinter Blockaden stehen können, zumal sie teilweise äußerst aggressiv auftraten. In dieser Situation, als die Stimmung aufgrund des Abbruchs der „Querdenken“-Demonstration und mehrfach verhinderter „Querdenken“-Spontandemonstrationen zum Roßmarkt ohnehin schon aufgeheizt war, kam es auch zu Beleidigungen und körperlichen Angriffen von einzelnen „Querdenken“-Teilnehmenden auf den Gegenprotest in der Gallusanlage. Neben diesen Gruppen, die gezielt provozierten und angriffen, gingen viele aber auch stumm am Gegenprotest vorbei. Hier muss abgewogen werden, wie mit frei umherziehenden Kleingruppen von Verschwörungsideolog*innen in derartigen Situationen umzugehen ist. Wir freuen uns hier auf eure Reflexionen und Vorschläge!
Dass die Polizei am Samstag mit wenigen Kräften aufgestellt war, war ein großer Vorteil für den Gegenprotest. Vermutlich lag das ungleiche Kräfteverhältnis daran, dass derzeit enorm viele Kräfte gebunden sind, um im Sinne der Kapitalinteressen die Räumung und Rodung des Dannenröder Forsts durchzusetzen. Gleichzeitig waren auch heute wieder eine Menge Zivis im Einsatz, was die Gegendemo nicht immer im Kopf hat. Weiter bringt eine Aktion in einem belebten Innenstadtbereich auch immer viele Menschen mit sich, die direkt mit ihren Smartphones zu filmen anfangen. Für beide Fälle sollten sich die Bezugsgruppen, aber auch im größeren Kreise, Strategien überlegen, wie mit einzelnen Verdachtsmomenten und dem ungebetenen Filmen von Aktionen umzugehen ist. In der Auswertung des Tages stießen wir auf viele Berichte in Bild- und Videoform, da neben Schaulustigen und Teilnehmenden mit aufnahmefähigen Geräten auch viele Journalist*innen anwesend waren. Als Linke sollte das Verpixeln von Fotos und Videos zu unserem Standardrepertoire gehören, da wir uns sonst unnötiger Repression aussetzen und den Bullen ihre Arbeit erleichtern. Wenn ihr Fragen oder Anregungen zu richtigem Verpixeln oder Unkenntlichmachen habt, meldet euch gerne!
Die Linke verteidigt den Staat
Trotz unserer Versuche, eigene inhaltliche Schwerpunkte zu setzen und eigene Kritik an der kapitalistischen Krisenverwaltungspolitik von Bundesregierung, Stadt und Land deutlich zu machen, ist uns dies nicht immer gelungen. Auf der Auftaktkundgebung am Jürgen-Ponto-Platz sowie an der letzten Blockade Gallusanlage/Münchener Straße gelang es, entsprechende Inhalte zu platzieren, auch wenn die Rede im letztgenannten Falle vom „Querdenken“-Publikum mit Buhrufen quittiert wurde. In der öffentlichen Wahrnehmung wurde der linke Protest teilweise als Affirmation des autoritären Maßnahmenstaates gesehen, was weder unserer Position noch der der anderen aufrufenden Gruppen entspricht. Vielmehr verdeutlicht das Agieren der Polizei gegenüber unserem Gegenprotest sehr gut, dass der Staatsapparat auch unter dem Deckmantel des Infektionsschutzes versucht, unliebsame linke Veranstaltungen anzugreifen. An dieser Stelle müssen wir selbstkritisch einräumen, dass wir unserer eigenen Position nicht genug Raum gegeben haben, was auch der Dezentralität der Proteste und Blockadesituationen geschuldet war. Wir warnen jedoch auch davor, jegliche Proteste gegen das „Querdenken“-Milieu als Staatsaffirmation verächtlich zu machen.
Zudem muss eine linke Analyse des „Querdenken“-Milieus mehr in den Fokus gerückt werden. Es reicht nicht aus, auf die Offenheit zur extremen Rechten dieser Szene hinzuweisen. Sie mit Neonazis undifferenziert in eine Reihe zu stellen, wertet sie eher auf und wird der Vielschichtigkeit des Milieus aus unserer Sicht nicht gerecht. Es laufen zwar durchaus auch Neonazis mit – auch am Samstag waren vereinzelt Personen aus der extremen Rechten auf dem „Querdenken“-Aufmarsch, doch das Spektrum ist insgesamt breiter aufgestellt. Die Virulenz menschenverachtender Positionen in der vermeintlich neutralen „Mitte“ der Gesellschaft zeigt sich eben auch hier, wenn unscheinbare, privilegierte Kleinbürger*innen antisemitische und verschwörungsideologische Einstellungen verbreiten. Der Kampf dagegen muss stärker auf der Ebene des gesellschaftlichen Diskurses geführt werden als auf individueller Konfrontation, die bei erkennbaren Neonazis natürlich weiterhin angebracht ist. Alle „Querdenken“-Teilnehmende unterschiedslos als „Faschos“ oder „Nazischweine“ zu bezeichnen, trifft da nicht den Kern des Problems.
Gegenprotest kann nicht immer einen völligen Gegenentwurf zu dem, gegen was demonstriert wird, aufzeigen. Doch gerade in diesem Falle ist es wichtig, dass wir uns in Bezug auf „Querdenken“ sowie in unseren anderen Kämpfen inhaltlich mit der Pandemie und den staatlichen Maßnahmen auseinandersetzen und uns staatlichem Autoritarismus, Individualisierung durch die Krise und falschen Aufrufen zu staatstragender Solidarität entgegenstellen. Slogans wie „Maske auf“ und „Wir impfen euch alle“ sind da nicht genug.
Wir müssen uns als Linke zu den Corona-Maßnahmen sowie ihren Verweigerer*innen verhalten. Wir müssen gleichzeitig gegen antisolidarischen Narzissmus und Antisemitismus vorgehen, sowie gegen den autoritären Staatsapparat und seine Helfer, die auf dem Rücken der Pandemie zunehmend mehr Möglichkeiten bekommen. Wir müssen die kapitalistische Krisenverwaltungspolitik energisch bekämpfen und ihr eine Perspektive der Solidarität entgegensetzen, ohne die reale Gefahr der Pandemie zu verharmlosen.
Ein dynamischer Tag
Allgemein lässt sich zusammenfassen, dass der Samstag als Erfolg eingeschätzt werden kann. Die Mobilisierung hat trotz ihrer Kurzfristigkeit gut funktioniert. Es waren viele unterschiedliche Menschen auf den Straßen und haben blockiert! Es ist gelungen, dass sich auch der zweite Treffpunkt um 13 Uhr an der Hauptwache konsequent den Blockaden im Bahnhofsviertel anschloss. Dabei war glücklicherweise immer wieder viel Eigeninitiative und Dynamik zu beobachten, was für die Zukunft optimistisch stimmt! Wir bedanken uns bei allen Antifaschist*innen, die unterwegs waren, sich „Querdenken69“ entgegengestellt und Polizeigewalt getrotzt haben.
Wir danken auch den Demosanitäter*innen, dem Demoticker und dem Ermittlungsausschuss für ihre Arbeit!
Ein abschließendes Wort: Spart euch Vergleiche wie „Frankfurt ist nicht Leipzig“. In Frankfurt waren keine Zehntausende Pandemie-Leugner*innen nebst vielen gewaltbereiten Fascho-Hools unterwegs. Ein solcher Vergleich macht außerdem die Arbeit engagierter Antifaschist*innen, die sich in Leipzig, Sachsen und in vielen Kleinstädten tagtäglich dem rechten Mob entgegenstellten, unsichtbar und verächtlich. Wir senden solidarische Grüße an unsere Leipziger Genoss*innen – gerade auch vor dem Hinblick, dass am nächsten Samstag (21.11.) eine weitere bundesweite „Querdenken“-Mobi nach Leipzig ansteht.
Wenn ihr Betroffene von Polizeigewalt seid, meldet euch gern bei uns! Zu einigen Angriffen liegen uns Videomaterial und/oder Presseanfragen vor.
Falls ihr am Samstag Repressionen erfahren habt und Rechtsberatung braucht, meldet auch bei der Roten Hilfe. Wenn ihr Support beim Verarbeiten der Polizeigewalt möchtet, meldet euch bei Out of Action. Und wenn ihr am Samstag Lust bekommen habt, euch zu organisieren, kommt zum Offenen Antifaschistischen Treffen (OAT)!
Der Grüß-August greift durch
Als am Freitag, den 13.11. der Frankfurter Oberbürgermeister ein Bild auf seinem twitter-Account veröffentlicht, auf dem er mit Bundespolizisten in militärischer Ästhetik posiert, weiß Mensch nicht, ob lachen oder weinen. Der Frankfurter OB, der im letzten Jahr in der Öffentlichkeit selten eine gute Figur gemacht hat, inszeniert sich seit Beginn der Pandemie als „harter Hund“.
Da werden Jugendliche auf der Zeil, die sich gegen Polizeikontrollen zur Wehr setzen, zu „Asozialen“. Da wird medienwirksam ein Brief an den Innenminister geschrieben und um mehr Polizei gebeten, um die staatlichen Corona-Maßnahmen in der Frankfurter Innenstadt durchzusetzen. In der Presse wird vom „Ende der Party“ gefaselt. Gezeichnet wird das Bild der bösen feiernden (migrantischen) Jugendlichen, welche sich nicht um die Gesundheit anderer scheren würden. Fast absurd lächerlich ist die Berufung von Peter Postleb aus dem Ruhestand (ehemaliger Leiter Stabsstelle Sauberes Frankfurt) am Magistrat vorbei. Peter Feldmann inszeniert sich als „Saubermann“, um das bürgerliche Frankfurt zufrieden zu stellen, welches sich im ersten Lockdown über den vollgemüllten Opernplatz beklagte.
Das alles ließe sich als Frankfurter Provinzposse abtun. Ein Oberbürgermeister mit Geltungssucht im Vorwahlkampfgetöse (im nächsten Jahr stehen Kommunalwahlen an). Doch das ist sicherlich nur eine Seite der Medaille. Herr Feldmann ist ein gutes Beispiel für die autoritären Phantasien einer bürgerlichen Mitte. Und wie in jeder Krise verschärfen sich auch in der Corona-Krise die Gegensätze. Werden die Verlierer*innen erneut zu Verlierer*innen, werden die Gewinner*innen zu erneuten Gewinner*innen, wird die Krise genutzt, um Freiheitsrechte grundsätzlich abzubauen und um gegen die prekarisierte Klasse vorzugehen.
In Stuttgart wurde ein 18jähriger zu zweieinhalb Jahren (2,5 !) Haft verurteilt, weil er bei den Stuttgarter „Krawallen“ auf der Königsstraße eine Bullenkarre entglast haben soll. Ein unglaubliches, aber nicht unerwartetes Urteil nach der Hetze gegen migrantisierte und prekarisierte Jugendliche. Ein Urteil, bei dem einem nichts anderes übrigbleibt, als von Klassenjustiz zu sprechen.
Nun ließe sich als weltstädtische Frankfurter*in leicht mit dem Finger auf die Spießerstadt Stuttgart und das biedere BaWü zeigen. Das weltoffene Frankfurt gibt sich ja gerne liberal und der Ton ist doch (abgesehen von unserem grade freidrehenden OB) oft ein anderer. Doch auch in Frankfurt griff der Staat nach den „Opernplatzkrawallen“ zu allen Mitteln und veröffentlichte Fahndungsfotos der an den Auseinandersetzungen Beteiligten. Ein wahnsinnig hartes Mittel, angesichts der Tatsache das es keinerlei Verletzte gab. Was die Veröffentlichung solch eines Fotos für den weiteren Lebensweg eines Jugendlichen bedeutet, lässt sich nur erahnen.
Gerade in der Frankfurter Innenstadt wird sehr deutlich, gegen wen die Ordnungsmacht vorgeht, um die staatlichen Maßnahmen durchzusetzen. Das von der Presse gezeichnete Bild des randalierenden migrantischen Jugendlichen in Frankfurt und Stuttgart führte in der Innenstadt zu einer noch stärkeren Anwendung von Racial Profiling. Der erneute Teil-Lockdown führt zu einer leerer werdenden Innenstadt, bei gleichzeitig erhöhter Polizeipräsenz. Die vermehrten Kontrollen und Maßnahmen der Ordnungsbehörden treffen nun noch mehr diejenigen, die schon im Normalfall unter ihnen zu leiden haben. Legitimiert unter der Prämisse des Gesundheitsschutzes.
Die eigene Gesundheit lässt sich gut schützen für die, die ins Home-Office können. Die in intakten sozialen Verhältnissen leben und denen genügend Wohnraum zur Verfügung steht. Die nicht in überfüllten S-Bahnen zur prekären Arbeitsstelle fahren müssen. Für einen 17jährigen Jugendlichen, der sich sein Zimmer mit zwei Geschwistern teilen muss, ist es keine Option, zuhause zu bleiben. Orte, an denen Jugendliche zusammenkommen können, gibt es de facto nicht mehr. So treibt es viele in die relativ leere Innenstadt, wo sie auf einen repressiven Polizeiapparat treffen, dessen Aufgabe darin zu bestehen scheint, den Jugendlichen zu zeigen, was sie dieser Gesellschaft wert sind und wo ihr „Platz“ ist. Nämlich ganz unten. Dass die Wut gegenüber der Polizei steigt, ist verständlich. Groß der mediale Aufschrei, wenn es dann einmal zu Gegenwehr kommt und die Polizei ihre Maßnahmen nicht durchsetzen kann.
Unerträglich das Elend im Bahnhofsviertel. Ohne Tourist*innen, Yuppies und Bänker*innen wird selbiges umso sichtbarer. Wohnungslose, Drogenabhängige und Prostituierte können sich nicht in ihre Wohnungen zurückziehen. Für sie bleibt nur die Straße. In einer Atmosphäre die extrem angespannt ist und mit der ständigen Angst, von den Ordnungsbehörden gegängelt zu werden.
Wenn sich also ein OB Feldmann zum „Gesundheitsschützer“ aufspielt und die Ordnungsbehörden behaupten, die Corona-Maßnahmen vehement durchzusetzen, so ist dies in erster Linie eine Kampfansage an die prekarisierte Klasse. Denn Gesundheitsschutz für alle würde bedeuten, beispielsweise Sammelunterkünfte zu schließen und den Geflüchteten Wohnungen anzubieten; Obdachlose in den leeren Hotels unterzubringen; Prostituierte finanziell zu unterstützen, damit sie nicht gezwungen sind, in der Illegalität zu arbeiten und sich damit zu gefährden. Gesundheitsschutz für alle würde bedeuten, die Wohnraumfrage radikal neu zu stellen und Immobilienbesitzer zu enteignen und Wohnraum zu vergesellschaften. Gesundheitsschutz für alle würde bedeuten, zum Subjekt der eigenen Gesundheit zu werden und nicht zum Objekt staatlicher Notstandsmaßnahmen.
Aktuell sind wir als radikale Linke damit beschäftigt, der rechten Corona-Bewegung die Räume klein zu halten, was zur teils absurden Situationen führt, wenn wir staatliche Auflagen wie Mund-Nase-Schutz gegen den Widerstand staatlicher Akteure wie Bullen einfordern.
Dabei müsste es darum gehen, in dieser Krise den Gesundheitsschutz für alle mit aller radikalen Konsequenz zu fordern, anstatt die Notstandsmaßnahmen zu unterstützen, die sich an den Bedürfnissen und Interessen der herrschenden Klasse ausrichtet. Es geht darum, die kapitalistische und herrschaftliche Logik der Maßnahmen aufzuzeigen und die Frage nach emanzipativen Auswegen aus dieser Krise aufzuwerfen. Darum, sich mit den Schwächsten dieser Gesellschaft solidarisch zu erklären und mit ihnen zu kämpfen. Dafür, dass nicht am Ende die Schwächsten der Gesellschaft den höchsten Preis in dieser Krise zahlen.
Let the rich pay for covid19!
Einige Frankfurter Linksradikale
Wir waren da, wo wart ihr?
Die identitären Nazi-Hipster haben sich gestern nicht nach Egelsbach getraut. Auf Aufforderung des Ordnungsamts im Zuge der antifaschistischen Mobilisierung gegen die Identitären haben letztere ihren Infostand wieder abgesagt. Die etwa 30 angereisten Frankfurter Antifaschist*innen führten stattdessen viele gute Gespräche mit den Anwohner*innen in Egelsbach und klärten über das Treiben neonazistischer Strukturen in der Region auf. Die Egelsbacher*innen waren vom ausgebliebenen Auftritt der Nazi-Hipster sichtlich erleichtert und fühlten sich von deren möglichem Kommen provoziert: schließlich hatte sich Egelsbach erst kurz zuvor zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärt. Gemeinsam mit den Egelsbacher*innen wurde der Erfolg mit einem Gruppenbild abgerundet.
Rhein-Main bleibt keine Homezone für Nazis!
AK44 in Gießen von Schließung bedroht
100 × 10€ für den Erhalt des AK44 / Infoladen Gießen
Du hast Bock auf politische Utopien? Du hast Bock auf einen Freiraum abseits der kapitalistischen, patriarchalen und rassistischen Gesellschaft?
Dann mach jetzt mit und ermögliche mit deiner regelmäßigen Spende, dass die monatliche Miete des AK44/Infoladen Gießen gezahlt werden kann! Es braucht nur 100 × 10€!*
Durch die Pandemie sind die Existenz des AK 44/Infoladen Gießen und der damit verbundene Freiraum bedroht!! Seit vielen Monaten heißt es,keine Einnahmen aber Ausgaben!
Ohne deine Unterstützung muss das Autonome Zentrum in Gießen in wenigen Monaten schließen. In Zeiten eines gesellschaftlichen Rechtsrucks und einer zu erwartenden weiteren Zuspitzung ökonomischer Verhältnisse braucht’s aber mehr denn je Orte, an denen Menschen sich organisieren und für eine emanzipatorische Politik und Gesellschaft streiten können!
Das AK44 und der Infoladen Gießen sind ein Raum für politischen Diskurs und konstruktiven Streit, ein Raum für Emanzipation und eine Gegenkultur, die keine Spaltung zwischen Politischem und Kulturellem zulässt. So geht es nicht darum Gewinne zu erwirtschaften, sondern ein solidarisches Zusammenleben für Alle zu erproben. Dies wird in unbezahlter Arbeit von Vielen realisiert und um unabhängig zu bleiben, werden keine öffentlichen Zuschüsse genutzt.
Deine regelmäßige Spende entscheidet also, ob es weiter geht oder die Räume aufgegeben werden müssen.
Spendenkonto des autonomen Kulturzentrums „AK44“ und des Infoladen Gießen:
IBAN: DE13 5135 0025 0205 0709 90
Zweck: Spende zur Förderung von Kunst und Kultur
(gemeinnützig, daher steuerlich absetzbar)
Kontakt: spenden@ak44-giessen.de | weitere Infos: www.ak44-giessen.de
Dokumentation:
Gewalt statt Asphalt – verteidigt die Dannenröder Waldbesetzung!
Während es im Rest des Landes langsam langweilig wird, gehts im Danni erst richtig los – gerade erst haben wir Hamburg auf Platz 3 des Riot-Award überholt. Aber da ist noch Luft nach oben!
Denn es gibt trotzdem noch Probleme: Es parken Cops öfter an unserem Camp, laufen teilweise ohne Helm zu zweit durchs Camp, arbeiten auch ohne Helme während Räumungen, und bauen (ungestört) ein Riesenlager am Waldeingang.
Das heißt bisher können die Bullen unser Zuhause leider noch relativ ungestört zerstören, es gibt vor allem viel zivilen Ungehorsam. Ab und zu fliegen auch Steine oder Scheiße-Eimer auf Bullen, aber koordinierte Angriffe sind selten. Der Hambi wäre nicht erfolgreich verteidigt worden, wenn nicht Autonome Gruppen die Rodungen, Secus und Bullen mit Zwillen, Silvesterraketen und heftigerem angegriffen hätten – das fehlt hier.
Obwohl Diversity of Tactics eigentlich Konsens ist in der Besetzung, gibt es einfach nicht so viele Leute, die Erfahrung damit haben; viele trauen sich auch nicht. Aber sie merken langsam, dass wir diesen Wald ohne wirksame Militanz nicht retten können. Gewaltlosigkeit führt zu Waldlosigkeit.
Grundsätzlich ist Militanz im Wald leichter als in Städten:
1. Anonymität ist viel einfacher, und damit Repression oft wirkungslos. Sie können niemanden nach einer Demo nach Hause beschatten. Ihr seid nicht daheim, wo die Cops schon die ganze Szene kennen und euer Klarname an der Tür steht. Es gibt keine Überwachungskameras an jeder Ecke. Niemand wundert sich über vollvermummte Leute und waschresistent bemalte Gesichter im Alltag. Viele haben konstant die Fingerkuppen und Handflächen zwei Hautschichten weit eingeritzt und Sekundenkleber draufgeschmiert, damit die keine Fingerabdrücke nehmen können.
2. Mit Personalienverweigerung kommen sie nicht so gut klar, gerade wenn viele Leute gleichzeitig Personalien verweigern. In Hessen dürfen die Cops euch nur maximal bis 24 Uhr des Folgetags in Gewahrsam behalten, um eure Identität festzustellen, also bis zu 48 Stunden. (Achtung: das gilt nur bei harmlosen Sachen wie Hausfriedensbruch oder irgendwelchen Ordnungswidrigkeiten; sonst können sie eins noch in U-Haft stecken. Und es ist nie auszuschließen, dass sie euch anderer Leute Straftaten vorwerfen.)
3. Im Wald kann eins sich gut verstecken. Alles was ihr braucht: Ein Bisschen grüne und braune Klamotten zur Tarnung, feste Schuhe ohne reflektierende Flächen, etwas Übung beim Schleichen und die Ruhe, euch tatsächlich still zu verhalten.
4. Im Wald kann mensch viel leichter wegrennen als in der Stadt. Cops können nicht so besonders viel im Unterholz. Ihre Fahrzeuge kommen nicht durch, und schnelles Reiten unter Ästen ist auch eher semispaßig. Ihre Rüstungen sind schwer und unbeweglich, sie können niemensch in engen Straßenzügen kesseln denn es ist in alle Richtungen Platz, es gibt keine Straßennamen zur Orientierung. Sie sind einfach nicht gut darauf vorbereitet, im Wald zu kämpfen. Sobald ihr im Unterholz ernsthaft Vorsprung habt, folgen sie euch in der Regel nicht – allein schon, weil sie nicht wissen, wer sich hinter dem nächsten Baum versteckt. Und solchen Ängsten Nahrung zu geben, kann ein richtig schönes Hobby werden……
5. Es gibt richtig viele interessante Ziele. Die Cops haben hier eine Menge Bau- und Rodungsmaschinen, Harvester, Bulldozer, Hebebühnen, ziemlich viel teuren Scheiß. Und die Firmen, die die an die Cops verleihen, sind vielleicht ja auch bei euch in der Nähe…
Also kommt her, überlegt euch einen Waldnamen, versteckt euren Ausweis irgendwo, schreibt euch die EA-Nummer auf den Arm (+49 641 201099540), und sucht euch einen Schlafplatz im Wald oder Camp.
Noch so ein paar nützliche Infos zur
Vorbereitung:
Es gibt Shuttles zwischen dem Bahnhof Stadtallendorf und dem Danni, aber auch immer wieder mal Kontrollen. Ihr könnt darauf bestehen, dass ihr auf dem Weg zur Mahnwache Dannenrod seid, das ist eine angemeldete Kundgebung. Das heißt, dass die Kontrolle rechtswidrig ist, weil auf Versammlungen oder dem Weg dahin kein Polizeirecht gilt. Aber klar ignorieren sie das wahrscheinlich, also weicht ihnen lieber aus.
Bezüglich Corona – wir sind alle sowieso konstant an der frischen Luft und meistens vermummt, das heißt die wichtigsten Übertragungswege sind kaum möglich. Wäre natürlich trotzdem wichtig, dass ihr keine akuten Symptome habt und möglichst sichergeht, nicht ansteckend zu sein, wenn ihr herkommt. Krätzefälle gibts ab und zu; passt vielleicht etwas auf, auf welche Sofas ihr euch setzt, mit welchen Menschen ihr kuschelt, und nehmt eigene Schlafsäcke mit. Tendenziell scheint Krätze seit der Coronapandemie weniger verbreitet zu sein, die Maßnahmen helfen ja gegen beides.
Wir haben eine Küfa in Dannenrod eingerichtet, die die ganze Besetzung bekocht. Wenn ihr gerade nicht soviel Bock auf Polizeikontakt habt, oder das sowieso eher euer Ding ist, bringt euch da gerne ein! Repro-Arbeit ist mindestens so wichtig wie selber Aktionen zu machen. Und ihr kriegt den Dank der ganzen Besetzung. Insgesamt gibt es sehr viele Aufgaben und Rollen. Kommt gern einfach vorbei und sucht euch das, was euch Spaß macht und nützlich erscheint.
Der Winter ist bis jetzt noch vergleichsweise okay, aber packt besser ein paar Schichten mehr ein, und einen warmen Schlafsack. Unser Freeshop hilft im Zweifel auch beim Aufrüsten. Wenn es zu kalt ist, kann mensch ja ein Lagerfeuer anzünden, oder eine Bullenkarre. Von denen stehen hier eh zu viele rum.
Also auf in den Danni! Zeigen wir den Cops, die aus allen möglichen Bundesländern angereist sind, was Krawalltourismus wirklich bedeutet.
Wir sind nicht alle – es fehlen die Gefangenen
Freiheit für die 11 von der Autobahn!
Endlich hat Hessen seinen eigenen Hambi! Seit Mitte November lassen die sogenannten „Grünen Hessen“ den Dannenberger Wald trotz Corona-Pandemie zugunsten einer geplanten Autobahn räumen, Unfälle, Polizeigewalt und Einschränkung der Pressefreiheit inklusive. Die Grünen sind schon lang der letzte Dreck und beweisen einmal mehr, dass zu ihnen die Farbe schwarz besser passen würde, diese Farbe hat aber ihr Koalitionspartner bislang gepachtet. Während sich die Bundestagsfraktion der Grünen für den Baustopp der A49 ausspricht, setzen sich die „Grünen“ Hessen für den Weiterbau ein.
Erst am 15.11.2020 stürzte im Zuge eines Polizeieinsatzes ein Mensch aus 5 Meter Höhe. Die Polizei hatte das Sicherungsseil eines Skypods durchtrennt, an dem sich die kletternde Person befand. Die Polizei Mittelhessen hatte ihre Mitwirkung zunächst abgestritten und erst am folgenden Tag eingeräumt. Die Räumung durch Waldarbeiter und Gefährder-Polizei wird dennoch fortgesetzt, wie üblich bei derartigen Anlässen mit andauernd tendenziöser Berichterstattung durch die Polizei, die von Medien gern aufgegriffen wird, während Journalist*innen vor Ort in ihrer Arbeit behindert werden. Die Polizei greift wie gewohnt auch zu allerlei perfiden Mitteln, um Besetzer*innen und Protestierende loszuwerden.
In Frankfurt sitzen derweil sieben Menschen seit dem 26. Oktober nach einer Abseilaktion in U-Haft. Sie weigern sich, ihre Identität anzugeben, vier andere sind inzwischen unter strengen Meldeauflagen entlassen worden. Die Haftbedingungen sind offensichtlich politisch motiviert: Die sieben sind 23 Stunden täglich isoliert, nachts werden sie schikaniert, indem man sie stündlich weckt, angeblich aufgrund von Suizidgefahr. Die Inhaftierten dürfen keine Zeitungen und Büchern erhalten und bis vor kurzem war sogar die Herausgabe von Geld verboten, das für sie von Dritten einbezahlt wurde und das sie für Einkäufe im Knast brauchen. Als Begründung diente, dass die Gefangenen keine Zahlungen der Roten Hilfe erhalten dürften, da diese eine „verfassungswidrige Organisation“ sei.
Für das Abseilen von Autobahnbrücken werden von verschiedenen Seiten derweil härtere Strafen gefordert, um diese Aktionsform zukünftig zu verhindern. Zwei weitere Gefangene sind nach den Räumungen am 14. November ebenfalls in Knast gelandet, in Preungesheim und in Butzbach.
Schreibt den Gefangenen:
www.freethemall.blackblogs.org
Freiheit für Roletta Balog!
In der JVA Preungesheim wird auch die Stiefmutter von der am 19. Februar in Hanau ermordeten Mercedes Kierpacz gefangen gehalten, der Betrug vorgeworfen wird. Ein offener Vollzug wird abgelehnt, obwohl Roletta Balog haftunfähg ist, die ärztlichen Atteste werden nicht berücksichtigt.
Corona im Knast
Seit Anfang November herrscht im Trakt der JVA Preungesheim IV Corona – insgesamt 31 Personen wurden positiv auf Covid-19 getestet, darunter sind 2 Knastangestellte. Bundesweit sind Gefangene von Corona besonders schwer betroffen, da die Ansteckungsgefahr durch die enge Belegung besonders hoch ist, die Gesundheitsversorgung unzureichend und die Gefangenen seit Monaten noch stärker isoliert sind als vorher. Seit dem Frühjahr sind bundesweit in Knästen private und Anwalt*innen-Besuche gänzlich verboten oder nur mit Trennscheibe erlaubt. Inzwischen werden Ersatzfreiheitsstrafen und Jugendarrest und sowie Freiheitsstrafen und Jugendstrafen von bis zu drei Jahren wieder vollstreckt, sie waren zwischenzeitlich wegen Corona ausgesetzt worden.
Die drei von der Parkbank sind erstmal frei!
Im Prozess gegen die drei von der Parkbank sind am 5.11. die politischen Urteile gesprochen worden: 1 Jahr und 7 bis 10 Monate ohne Bewährung, die Haftbefehle wurden aufgehoben. Da zwei der Angeklagten seit 16 Monaten in U-Haft saßen, hätten diese einen Großteil bereits abgesessen, falls die Urteile rechtskräftig werden. Die Staatsanwaltschaft hatte über drei 3 Jahre gefordert. Zuvor war der Vorwurf der Vorbereitung einer schweren Brandstiftung in sich zusammengefallen, da sich herausgestellt hatte, dass ein Gefälligkeitsgutachten im Spiel war: Der „Sachverständige“ Sebastian Herrgesell, mit einem Büro am Badepark 3 in Schönebeck an der Elbe, dessen Mitarbeiter*innen fast sämtlich Ex-Bullen sind, nahm eine fertige Polizei-Theorie und nickte sie nur dankbar ab.
Wir übergeben nun das Wort an unsere drei Genoss*innen:
Zurück auf der Parkbank.
Erklärung der drei verurteilten
Anarchist*innen
Nun ist es soweit – die Hauptverhandlung im sogenannten „Parkbank-Verfahren“ ist überstanden, das Urteil der Großen Strafkammer 15 am Hamburger Landgericht ist nach über 50 Verhandlungstagen gesprochen. Vermutlich ist dies nicht das letzte Wort; bis das Urteil rechtskräftig wird, kann es noch einige Zeit dauern. Aber wir – die nun verurteilten Anarchist*innen – wollen uns zu Wort melden, was wir ja gemeinsam bislang nicht (öffentlich) getan haben.
Zum Verlauf des Verfahrens und den Ermittlungen wird es sicher an anderer Stelle und zu späterem Zeitpunkt mehr geben. Zunächst wollen wir hier Dankbarkeit und Verbundenheit ausdrücken und einige Worte zum Urteil und dem vorläufigen Ende dieser Odyssee verlieren. Aus der Haft wurde sich zwar schon zu verschiedenen Anlässen und Gelegenheiten öffentlich geäußert, aber zur Anklage und zum Spektakel der Verhandlung eben bis zuletzt nicht.
Dies hat auch mit der weitgehenden Verweigerung der Partizipation der uns aufgezwungenen Rolle als Angeklagte zu tun. Aber eben jene Haltung schien und scheint uns der beste Weg, in so einer Situation Würde und Integrität zu wahren. Als Anarchist*innen lehnen wir Gerichte grundsätzlich ab. Sie sind Institutionen der Durchsetzung von Herrschaft. Das Schweigen in diesem Prozess ist uns nicht immer leicht gefallen angesichts der arroganten, zynischen Frechheiten, mit denen wir das ganze Verfahren über konfrontiert waren. Uns ist allerdings wichtig darauf hinzuweisen, dass wir es hier keineswegs mit aus dem Rahmen fallenden Tabubrüchen zu tun haben. U-Haft als Maßnahme zur Kooperationserpressung, Durchwinken illegaler Ermittlungsmaßnahmen … ganz normaler Alltag im Justizsystem.
Wir sehen keine Perspektive darin, solche Zustände zu Skandalisieren – wir glauben nicht an die Möglichkeit einer „fairen“ Justiz. Womit wir nicht meinen, dass es unsinnig ist, diese Symptome einer, immer im Interesse der herrschenden Ordnung wirkenden, Institution zu benennen. Wir schlagen auch nicht vor, sich im Zynismus dieser Institution gegenüber einzurichten.
Viel wichtiger finden wir aber, der Repression gegenüber einen aktiven, selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang zu finden. Von ihnen haben wir nix zu erwarten, von uns selbst und den Menschen, mit denen wir kämpfen dafür umso mehr!
Wir sind glücklich und stolz zu sagen, dass uns das gut gelungen ist. Sicher, wir werden in der Nachbereitung, in den bisher durch den Knast arg begrenzten Diskussionen, feststellen, dass wir nicht alles wieder genauso machen würden – schlussendlich haben wir den Saal aber erhobenen Hauptes und reinen Herzens verlassen, mit dem Gefühl, unsere Integrität als Anarchist*innen bewahrt zu haben.
Abgesehen von dem durchaus komplexen juristischen Reglement und den Ritualen, die so einen Strafprozess formen, funktioniert das alles nach relativ simplen Gesetzmäßigkeiten – Zugeständnisse oder gar Milde gibt es nur im Tausch gegen Anerkennung und Würdigung der Autorität, Mithilfe bei der eigenen Bestrafung und Reue.
Was wir in der Hauptverhandlung erlebt haben, hat gezeigt, wie sehr diese ganze Herrschaftsinszenierung mit all dem dunklen Holz, den erhöhten Sitzpositionen, den absurden Ritualen und Choreografien und albernen Kostümen auf Angst und Ehrfurcht der Angeklagten angewiesen ist. Mit unserer weitgehenden Verweigerung des Respekts und der Angst hat das Gericht bis zuletzt keinen souveränen, gesichtswahrenden Umgang gefunden. Natürlich haben wir auch Angst vor der Willkür und der Gewalt der Herrschenden, aber wir sind nicht naiv und wissen, dass es sich langfristig nicht auszahlt, ihren Erpressungen nachzugeben. Wenn wir von dem Standpunkt ausgehen, dass die Höhe des Urteils nicht der wichtigste Maßstab für uns ist, sondern andere Dinge wie uns selbst treu zu bleiben, uns nicht brechen zu lassen, und sich davon ausgehend ihren Kategorien zu verweigern, bedeutet das auch mit den daraus resultierenden Konsequenzen einen Umgang zu finden. Und diesen müssen wir individuell als auch kollektiv finden, unter uns und gemeinsam mit unserem Umfeld und mit allen Mitstreiter*innen.
Welche Risiken wir dabei einzugehen bereit sind, ist immer ein Aushandlungsprozess, und wir wollen betonen, dass es da kein Ideal, kein Patentrezept gibt. Die Sphäre des Juristischen erlaubt schlicht keinen widerspruchsfreien, kompromisslosen Umgang. Es ist auch eine Frage der kollektiven Bewältigung, wie den Schikanen und der Rache beleidigter Autorität entgegengetreten werden kann.
Wie eingangs schon erwähnt, war also auch unser Umgang nicht frei von taktischen Erwägungen. Wir haben das große Glück, Verteidiger*innen an unserer Seite zu haben, zu deren Selbstverständnis es gehört, Kritik, Sorgen, Risiken klar zu benennen und klare Haltungen solidarisch zu respektieren und mitzutragen. Wir haben uns gemeinsam für einen eher juristisch-technischen Weg der Verteidigung im Prozess entschieden, zumal wir uns mit Vorwürfen menschenverachtender Praxen und so dem Risiko sehr langer Haftstrafen konfrontiert sahen. Die Verteidigung hat dem Gericht mit ihrer Beharrlichkeit und Akribie nicht bloß Nerven gekostet, sondern wesentliche Zugeständnisse abgetrotzt. Einige ihrer Lügen waren nicht mehr zu halten und ihr Konstrukt wurde effektiv abgeschwächt.
Wir wollten nicht, dass das von uns durch die Behörden gezeichnete Bild jenseits der technischen Ebene in der Verhandlung diskutiert wird. Unsere Ideen und wir selbst sind viel zu schön, um an so einem hässlichen Ort erörtert zu werden! Außerdem sind uns Relativierungen und Verharmlosungen zuwider, der Grad hin zur Verleugnung ist mehr als bloß schmal und überhaupt schulden wir diesen Leuten keinerlei Erklärung; sie stehen für alles, was wir ablehnen. Zumal der tendenziöse Schrott, den die Bullen da über uns zusammengeschrieben haben, so flach und durchsichtig war, dass sich inhaltliche Erklärungen ohnehin erübrigten. Und dafür, dass wir Anarchist*innen sind, mit all dem, das den Autoritäten Angst macht, schämen wir uns nicht – im Gegenteil!
Es war zwischenzeitlich auch schräg für uns, den Verhandlungstagen weitgehend passiv beizuwohnen und die Anwält*innen alle Arbeit machen zu lassen. Aber das hatte auch den angenehmen psychologischen Effekt, dass stets eine gewisse Distanz zwischen uns und dem Prozessgeschehen gewahrt blieb und zudem häufig der Eindruck entstand, dass hier nicht wir, sondern die Behörden auf der Anklagebank saßen. Dass dem Gericht die Überforderung mit dieser Situation so sehr anzumerken war, sorgte auch für Momente der Komik und der Genugtuung, ebenso wie die unprofessionelle Reizbarkeit des Oberstaatsanwalts Schakau. Nicht zuletzt hatten wir immer und im wahrsten Sinne des Wortes unsere Leute im Rücken – insbesondere für uns in der Haft waren die Verhandlungstage trotz des absurden Schauspiels von Verbundenheit, Wärme und Abwechslung geprägte Momente, auf die wir uns stets gefreut haben, so kräftezehrend sie auch waren.
Wir haben in diesen knapp 11/2 Jahren viel gelernt. Vieles, was uns und andere Mitstreiter*innen in unseren sozialen revolutionären Kämpfen helfen wird. Was uns stärker und ein Stück bewusster im Konflikt mit der organisierten Unterdrückung und Ausbeutung, mit dem Staat macht. Wir freuen uns darauf unsere Erfahrungen und die all der Mitstreiter*innen, die draußen Kämpfe weitergeführt und entwickelt haben, auszutauschen, gemeinsam an ihnen zu wachsen.
Wir haben gesehen, wie viel Stärke in all den über Jahre entwickelten und gepflegten solidarischen, liebevollen Beziehungen steckt. Wir sind auch stolz auf unsere Familien, die auf ihre Herzen hören, die immer hinter uns stehen und an uns und nicht an die Lügen der Bullen glauben.
Wir haben mit großer Genugtuung gesehen und gespürt, wie die revolutionäre Solidarität in Form von vielen direkten Aktionen gegen die Polizei, Knastprofiteur*innen, Immobilienhaie und anderen Ausdrücken von Ausbeutung, von Staat und Kapitalismus, ihren Repressionsschlag, unsere Festnahme ins Leere laufen lassen haben, sie zu einer Farce gemacht hat. Dieser Aspekt ist wichtig, denn er trifft verschiedene zentrale Punkte dieser ganzen Geschichte.
Wir standen stellvertretend vor Gericht für soziale Kämpfe, deren Ausdruck unter anderem direkte Aktionen, Angriffe und Sabotage gegen Verantwortliche und Mechanismen der sozialen Misere sind. Diese Anklage muss eben dort, wo diese Konflikte bestehen, wo wir leben, zurückgeschlagen werden. Ihre Repression wird diese Konflikte weder befrieden noch ersticken können, sie werden die soziale Spannung nur verstärken.
In diesen knapp 11/2 Jahren ist global, aber auch hier so viel geschehen, dass es den Rahmen sprengen würde, alles zu beleuchten. Viele soziale Revolten und Aufstände haben weltweit die herrschenden Verhältnisse in Frage gestellt. Seien hier beispielhaft nur der monatelange Aufstand in Chile genannt, in Hongkong, die Knastausbrüche während des Anfangs der Corona-Pandemie in zahlreichen Ländern der Welt und im speziellen der Knast-Revolten in Italien. Aber auch die Reaktionen, die Feind*innen der Freiheit, haben leider Raum genommen. Rechte, rassistische, antisemitische und patriarchale Morde und Anschläge in Halle und Hanau und weiteren Orten. Fast monatlich wurden Munitions- und Waffendepots bei Militär- und Polizei-Angehörigen entdeckt. Rechte Netzwerke und faschistoides Gedankengut in den Sicherheitsbehörden sowie die Bedrohung durch diese sind allseits bekannt. Die rassistischen Institutionen haben ihre Fratzen offen gezeigt. Natürlich ist dieser Zustand bedrohlich und beunruhigend, wenn auch nicht überraschend. Mut haben uns die Selbstorganisierungen von Opfern und Angehörigen des rechten Terrors gemacht, die sich würdevoll den unerträglichen Zuständen, den Faschos und dem braunen Sumpf der Behörden entgegenstellen. Stellen wir uns an ihre Seite! Auch die anti-rassistischen und anti-kolonialen Kämpfe weltweit haben trotz der allgegenwärtigen Corona-Pandemie wichtige Signale gesendet und Fortschritte gemacht, den Verhältnissen ein Ende zu setzen.
Wir sind voller Vorfreude auf die Straßen zurückzukehren und wieder ohne Mauern, Gitter und Scheiben zwischen uns, Seite an Seite zu kämpfen.
Für die soziale Revolution!
Für die Anarchie!
Freiheit für alle!
Die drei Anarchist*innen, die im Parkbank-Verfahren verurteilt wurden, Hamburg, November 2020
Der Feind steht links
Seit den Protesten zum G20-Gipfel im Sommer 2017 stehen linke Zusammenhänge und Räume bundesweit stärker im Fokus medialer und repressiver Angriffe. Strukturen und Zusammenhänge, die sich staatlicher Kontrolle und seinen „Spielregeln“ entziehen, sollen niedergehalten und in „gute“ und „böse“ Aktivist*innen gespalten werden. Dafür konstruieren die Behörden auch so manche angebliche „Vereinigung“ zusammen – Hauptsache, man kann eine große Publicity-Show aus dem angeblichen Problem „Linksextremismus“ machen und hinterlässt möglichst große Schäden in der Bewegung. Der Hauptgrund für die schon inflationäre Anwendung der §129 dürfte allerdings die Ausforschung unserer Strukturen sein – gibt es den Bullen doch die Befugnisse, quasi geheimdienstlich zu ermitteln. Da sich bei der Fülle von Repressionsschlägen mal schnell der Überblick verlieren lässt, versuchen wir, ihn an dieser Stelle herzustellen:
Frankfurt
17.06. Hausdurchsuchung durch das BKA wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB). Die bei dieser Anschuldigung ermittelnde Bundesanwaltschaft wirft Straftaten im Rahmen der Aktionen gegen das Bundesverwaltungsgericht am 1. Januar 2019 in Leipzig vor. Ermittelt wird laut Beschluss gegen einen Beschuldigten, der nicht in Haft genommen wurde, und mindestens zwei Unbekannte. www.129a.info
Stuttgart
2.07. In mehreren Städten BaWüs gab es Hausdurchsuchungen und die Verhaftung von Jo. Die Durchsuchungen stehen in Zusammenhang mit einem antifaschistischen Angriff gegen die faschistische Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“ aus dem Blood & Honour Umfeld. Am 4. November wurde zu gleichlautendem Vorwurf der Genosse Dy festgenommen. Jo und Dy sitzen immer noch in U-Haft.
Hamburg – Gemeint sind wir alle
31.08. die Bullen durchsuchen 28 Objekte und den Linken Stadtteilladen „Lüttje Lüd“ in Hamburg. Beschuldigt werden 22 Personen, sie sollen vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbaus und somit Teil einer kriminellen Vereinigung nach §129 sein. Gemeint sind wir alle
Berlin/Athen
16.09. In Berlin und Athen werden mehrere Wohnungen sowie die anarchistische Bücherei KALABAL!K unter dem Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ nach §129 StGB im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchsucht. In Athen werden drei Menschen festgenommen, aber vorerst wieder freigelassen. In Berlin sind fünf Menschen betroffen, die beschuldigt werden, 2016 eine konspirative und kriminelle Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied zu sein. Es handelt sich hierbei um ein wildes Konstrukt aus herbeifantasierter Gefährlichkeit und es wurden verschiedene, teils eingestellte Verfahren in den Durchsuchungsbeschluss eingefügt, um das Verfahren aufbauschen zu können und weitreichende Befugnisse zu erhalten.
Nürnberg – No Cops, no stress
7.10. Im Sommer 2019 werden nach schikanösen Kontrollen Bullen verbal aus dem Jamnitzer Park in Nürnberg-Gostenhof vertrieben – kein Bulle wurde auch nur berührt. Jetzt aber werden Menschen verurteilt, weil sie sich laut Staatsanwalt der Polizei gegenüber ablehnend verhalten und dies laut geäußert hatten. Dies müsse mit der vollen Härte des Staates bestraft werden. Einer der beiden Angeklagten wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt, der andere zu einem Jahr und 3 Monaten. Beide Freiheitsstrafen wurden nicht zur Bewährung ausgesetzt. Für die beiden Genossen gibt es jetzt ein Soli Konto bei der Roten Hilfe:
https://aufdersuche.blackblogs.org/
Dannenröder Wald – free them all
Siehe Artikel Seite 9
Indymedia.linksunten
12.10. Die Zerschlagung von Indymedia.Linksunten ist um eine Kuriosität reicher. Zur Erinnerung: Das Innenministerium erfand, einen die Webseite betreibenden Verein, den sie anschließend verbot. Gegen dieses Verbot hätte nur der betroffene Verein – den es ja nicht gibt – klagen können … Kafka hätte es nicht besser schreiben können. Nun hat ein Gericht nach über drei Jahren festgestellt, dass zumindest die polizeiliche Durchsuchung des Autonomen Zentrums KTS in Freiburg rechtswidrig war. Toll, so ein Rechtsstaat.
Leipzig – Freiheit für Lina
Bereits am 10.06. hatte es eine großangelegte Durchsuchungswelle in Connewitz gegeben. Die Begründung für den Durchsuchungsbeschluss und diverse DNA-Entnahmen im Juni lasen sich wie ein Flickenteppich, an dessen Ende es hieß: alle (Beschuldigten) seien linkspolitisch motiviert …
Am 5.11. führte die Generalbundesanwaltschaft nun einen Einsatz gegen Antifas in Leipzig durch.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, an mehreren Angriffen auf Faschisten beteiligt gewesen zu sein, beziehungsweise selbige geplant und vorbereitet zu haben. Ergänzt wird das Ganze durch den obligatorischen Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB gegründet zu haben, deren Ziel es sein soll “Angriffe gegen Personen der rechten Szene durchzuführen”. Eine Person sitzt seitdem in U-Haft. Spenden und Post über: https://freiheitfuerlina.noblogs.org/
Hamburg – Rondenbarg-Komplex
In Kürze sollen die ersten Prozesse gegen Angeklagte im Rondenbarg-Verfahren beginnen. Zur Erinnerung: Während des G20-Gipfels in Hamburg hatten Bullen einen Marsch aus dem Camp im Volkspark in kürzester Zeit mit großer Brutalität zerschlagen. Zusätzlich zum körperlichen Angriff im Sommer 2017 erfolgt jetzt auch noch ein juristischer, indem die Angegriffenen angeklagt werden. Auch in Zürich soll Menschen deswegen der Prozess gemacht werden.
https://rondenbarg-prozess.rote-hilfe.de/
Am Samstag, den 5.12., wird es im Zuge des beginnenden Rondenbarg-Prozesses, ergänzend zum Aktionstag am 28. November eine bundesweite Soli-Demo in Hamburg geben. Es geht um ein klares Zeichen gegen Vereinzelung und Passivität für eine praktische und kollektive Solidarität
Zeigt euch solidarisch, schreibt den Gefangenen, unterstützt die Initiativen, führt die Kämpfe fort.
Es ist noch nicht vorbei …
CASTOR-Alarm 2020
Hat sich da nicht jemand im Jahrzehnt vergriffen? Leider nicht. Für die Jahre 2020 bis 2024 sind vier Castor-Transporte geplant, bei denen hochradioaktiver Atommüll von Frankreich und Großbritannien nach Deutschland verschoben werden soll, ohne dass es ein Konzept für eine langfristige Lagerung gibt und geben kann. Jeder einzelne Transport stellt ein zusätzliches Risiko durch radioaktive Verstrahlung dar.
Für die breite Bevölkerung scheint der Atomausstieg 2022 beschlossene Sache zu sein. Ausstiegskonzepte beinhalten aber immer die Möglichkeit eines Ausstiegs vom Ausstieg. Die Anti-Atom-Bewegung fordert schon seit langem die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen weltweit.
Doch sechs Atomreaktoren sind in Deutschland noch in Betrieb. Dazu kommen die Uranfabriken in Lingen und Gronau, die unbefristet weiterlaufen sollen. Durch das gezielte Ausbremsen des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Stromnetze, kommt die Energiewende nur schleppend voran. Im Windschatten der Klimakatastrophe versuchen die Befürworter*innen der mörderischen Atomenergie nun wieder in die Offensive zu kommen. Industrie und Politik arbeiten auf eine Laufzeitverlängerung der noch laufenden AKWs hin – über die vorgesehenen Stilllegungsdaten hinaus. Auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs im Dezember 2019 wurde die Atomenergie als Beitrag zur Klimaneutralität ausdrücklich genannt. Aber die Atomenergie ist mit all ihren Gefahren für Mensch und Umwelt – vom Abbau des Urans über den Betrieb der Reaktoren bis zur nicht geklärten Atommüllproblematik – kein Beitrag zur Lösung der Klimakrise. Wie längst totgeglaubte Zombies taucht die Atomenergie nun aber wieder in der öffentlichen Diskussion auf.
Der Protest gegen den Transport nach Biblis
Die Proteste gegen den Atommülltransport zum Zwischenlager Biblis hatten bereits im Frühjahr 2020 begonnen. Besonders ein bundesweiter Aktionstag war sehr wirkungsvoll. Dann kam Corona – und kurz vor dem geplanten Transport Ende März / Anfang April wurde der Termin von Innenminister Horst Seehofer wegen der hohen Ansteckungsgefahr durch Corona abgesagt. Im September wurde bekannt, dass die Vorbereitungen für einen erneuten Transportversuch noch 2020 laufen. Der BUND Hessen strengte eine Klage gegen die Einlagerung in Biblis an und verwies auf zahlreiche Sicherheitsmängel, die Klage wurde aber abgewiesen. Wegen der im Herbst steigenden Corona-Zahlen forderten Teile der Politik als auch die Gewerkschaften der Polizei die erneute Absage des Atommülltransports. Doch die Bundesregierung war dagegen und verwies auf „umfangreiche Hygienekonzepte“. Die Rede war von Einzelzimmern für die 11.000 Polizist*innen, die immer nur zu sechst in einem Auto fahren sollten. Wir konnten das Gegenteil beobachten.
Der Protest formierte sich
Trotz der schwierigen Umstände und im Angesicht eines nächsten „Lockdowns“ formierte sich in Deutschland Ende Oktober, nachdem das Transportschiff „Pacific Grebe“ in England abgelegt hatte, der Anti-Atomprotest. In Nordenham, Bremen, Oldenburg und Biblis wurden Mahnwachen eingerichtet. In Bremen seilten sich Aktivist*innen von Robin Wood vom Hauptbahnhof ab. Nachdem der Zug, von einem massiven Polizeiaufgebot begleitet, seine Reise quer durch Deutschland angetreten hatte, fanden zahlreiche kleinere Aktionen entlang der Schienenstrecken statt. Uns haben etliche Bilder und Videos erreicht, auf denen kleine Gruppen mit Protestbannern die Durchfahrt des Castors begleiteten. Kurz vor der Ankunft in Biblis gelang dann einer Handvoll Aktivist*innen eine Schienenblockade auf dem Gleis zum AKW.
Gegen die absolute Geheimhaltung
Alle Details zum Transportablauf unterliegen offiziell der absoluten Geheimhaltung. Schließlich befindet sich in den Behältern hochgiftiger Atommüll, der unter keinen Umständen in falsche Hände gelangen darf. Mit Pressearbeit und einem Castor-Ticker hat das Bündnis den Transport begleitet. Viele Medien haben unsere Kritikpunkte an dem gefährlichen & unnötigen Transport aufgegriffen. Hohe Zugriffszahlen und eine umfassende Berichterstattung bestätigen uns ein öffentliches Interesse am Thema. Gäbe es unsere Aktivität nicht, würde im Vorfeld kaum jemand erfahren, wann der Castor rollt, was dagegenspricht oder wer von dem Transport betroffen sein könnte. Erst ein massives Polizeiaufgebot vor der Haustür würde darauf aufmerksam machen, oder die Berichterstattung der Presse am nächsten Tag. Deshalb bringen wir Licht in das Dunkel der atomaren Drecks-Geschäfte. Um Aufmerksamkeit für die Thematik zu erlangen und um betroffene Menschen über die Gefahren aufzuklären. Wir sind sehr zufrieden mit dem, was unter Corona-Bedingungen und inmitten eines Lockdowns erreicht wurde! Und wir danken allen, die sich in den letzten Wochen zwischen Sellafield und Biblis am Protest gegen diesen riskanten Atommülltransport beteiligt haben.
Bündnis Castor stoppen
Erfolgreicher Widerstand gegen Grillkohle-Fabrik im Rheingau-Taunus!
Lokale Bürgerinitiativen im Rheingau-Taunus-Kreis haben sich erfolgreich gegen den Bau einer Grillkohle-Fabrik in der Nähe von Heidenrod-Huppert gewehrt! Bei einem Bürgerentscheid Anfang November stimmten über 72 % der Bürger*innen gegen den geplanten Bau der französischen Firma Carbonex. Vorausgegangen waren Monate des Protests. Carbonex wollte ein bis zu 17 Hektar großes kommunales Waldstück gegenüber dem Hupperter Sportplatz kaufen und dort die Fabrik errichten. Die Gemeinde hatte ein Bauleitplanverfahren eröffnet und gleichzeitig beschlossen, die Bürgerinnen und Bürger um ihre Zustimmung zu bitten. Vor allem die regional führenden SPD-Politiker*innen setzten sich für den Bau ein mit dem Argument, Carbonex brächte neue Arbeitsplätze und Einnahmen aus Gewerbesteuern und Flächenverkauf. Die Lokalpolitiker*innen ahnten wohl, dass diese Argumentation nicht ausreichen würde und warben für die Ansiedlung der Holzkohlefabrik mit Verweis auf die „Nachhaltigkeit“ der Holzkohleproduktion – Carbonex erstelle in einem „patentierten Verfahren Holzkohle aus nachhaltigen zertifizierten Quellen“. Außerdem würden die anfallenden Nebenprodukte umweltfreundlich verbrannt, um Strom und Wärme zu erzeugen. Das übliche Greenwashing halt.
Geplant war, 17 – 23 Hektar Wald für die Fabrik zu roden. Die Gegner*innen machten deutlich, dass es zu einem zusätzlichen Ausstoß von etwa 300.000 t CO2 gekommen wäre. Zudem wäre das Holz aus einem 150km Umkreis – Hunsrück, Westerwald, Eifel, Spessart, Odenwald – angeliefert worden. Das Unternehmen plante, 180.000 Kubikmeter „Hartholz“, hauptsächlich Buche, in der Fabrik zu verarbeiten.
Dabei sind die Folgen der vergangenen drei trockenen Sommer für die Wälder in Deutschland unübersehbar. Gerade deshalb ist es immens wichtig, diese Ökosysteme – wie im Dannenröder Wald – zu erhalten. Neben der Trockenheit hat jedoch auch die Bewirtschaftung der Wälder einen maßgeblichen Anteil an dem aktuellen Zustand. Das Öffnen der Kronendächer durch Baumfällungen zur Holznutzung führt zu einer größeren Sonneneinstrahlung auf den Waldboden und somit zu einer verstärkten Erwärmung, Austrocknung und Verschlechterung des Mikroklimas im Wald und somit einer zusätzlichen Schwächung des Ökosystems gegenüber klimatischen Veränderungen. Zudem spielen intakte Laubwälder im Klimaschutz eine wichtige Rolle als Kohlenstoffsenke. Das Verbrennen von Holz führt hingegen in den kommenden Jahrzehnten zu einem CO2-Anstieg in der Atmosphäre.
Für Grillkohle werden etwa 20-30 Jahre alte Bäume genutzt, die zur „Waldpflege“ entfernt werden. Klingt nach Entsorgung von überflüssigem Restholz, aber moderne Forstwissenschaftler*innen empfehlen, die Bäume im Wald zu lassen, wo sie auch zukünftig Wasser und CO2 speichern.
Grillkohle ist an sich schon problematisch – die in Deutschland verkaufte Holzkohle wird überwiegend importiert und stammt zu 70% aus Polen, der Ukraine, Nigeria und Paraguay. Oft stammt die Kohle aus Tropenholz. So gesehen ist Grillkohle aus Europa zwar weniger katastrophal, aber weiterhin klimaschädigend. Alternativen gibt es bereits z.B. aus heimischen Maisspindeln…
Der Ortsverband der „Grünen“ hatte sich übrigens – wenig überraschend – für den Bau der Fabrik ausgesprochen. Selbst die FDP hätte in ihrer Argumentation den wirtschaftlichen Schwerpunkt nicht deutlicher machen können. Dazu passt die Information, dass die Ansiedlung laut des lokalen Bürgermeisters von Hessen Trade & Invest GmbH (HTAI) eingefädelt wurde. Diese Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft untersteht dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al Wazir…
Die Bürgerinitiativen haben vor Ort viele Menschen mobilisieren können, es gab mehrere Demos und Kundgebungen vor Werbeveranstaltungen der lokalen Politik. Auch gegen Vereinnahmungsversuche von Rechts wehrten sich die Bürger-Inis und grenzten sich deutlich gegen Rassismus und Rechts ab. Ein schöner Erfolg im Rheingau – darauf einen Riesling!
Mehr Infos:
https://www.kein-wald-fuer-kohle.de
Zum verrückt werden: Die Linke Szene und ihre psychische Gesundheit
Geklaut aus dem Autonomie Magazin
Eine Ergänzung zum Diskussionsbeitrag des Roten Aufbau Hamburg zum Thema linksradikal-sein als Hobby im Lower Class Magazine.
Wir leben in einer Zeit, in der es immer mehr enttabuisiert wird, über psychische Probleme zu sprechen und sich ihnen anzunehmen. Während unsere Mütter und Väter tendenziell solche Sachen mit sich selbst oder am Tresen ausgemacht haben, ist es mittlerweile völlig normal, sich professionelle Hilfe zu suchen, eben auch dann, wenn es nicht völlig offensichtlich ist, was da los ist. Auch innerhalb der Linken geben sich gerne alle aufgeklärt und offen. Doch es gibt Dynamiken, die behindern, dass linke AktivistInnen ihre psychischen Probleme angehen.
Das Problem ist, denke ich, überall zu sehen, wenn man bisschen genauer hinschaut. Es müssten eigentlich allen, die das lesen, Beispiele in ihrem Umfeld einfallen. Oft treffen sich Gruppen wöchentlich und ein Großteil der Anwesenden ist gestresst, müde, ausgelaugt. Das alltägliche Leben, das wir uns antun müssen, ist eine Zumutung für die Psyche. Wir rennen von Termin zu Termin und vergessen uns oft dabei selbst. Arbeit und Privatleben sind meist schon stressig genug eigentlich. Da wir aber ernsthafte linke Politik machen wollen, jammern wir nicht und gehen weiterhin zu den Treffen. In diesem System ist der Alltag ein permanenter Kampf gegen die eigenen Bedürfnisse, manchmal mehr, manchmal weniger. Wir als Linke wissen ja woran das liegt und was dagegen zu machen wäre, im Großen und Ganzen natürlich. Wir denken weniger daran, was das eigentlich bei uns persönlich im Einzelnen anrichtet. Auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene verwundert es nicht, dass immer mehr Menschen an Angststörungen, Depressionen, Psychosen, etc. leiden. Für Linke liegt es auf der Hand: Der Kapitalismus in seiner modernen Ausprägung sorgt dafür. Also kämpfen wir für seine Abschaffung und am Ende wird es auch uns gut damit gehen. Doch die Uhr der menschlichen Psyche tickt schneller. Die Rechnung geht nicht auf. Diese gesellschaftlichen Verhältnisse wirken mit einer Brutalität auf unsere Psyche, die einen verrückt werden lässt. Also sollten wir uns öfter erst einmal um uns selbst kümmern. Wer ein gebrochenes Bein hat, läuft ja auf der Demo auch nicht in der ersten Reihe.
Nehmen wir unsere Anspruchshaltung zurück, persönlich für die Rettung der Welt zuständig zu sein. Wir alle kennen diese GenossInnen, die nicht mehr runterkommen können, weil sie sich seit Jahren an einen Aktivismus gewöhnt haben, der sie kaputt macht. Burn-out gibt es eben nicht nur im Büro. Die Krux ist, dass die beruflichen Belastungen eher reflektiert und so gut es geht zurückgefahren werden, weil Lohnarbeit eh Verbrechen. Gleichzeitig haben viele Betriebe ein Interesse an der Gesundhaltung ihrer MitarbeiterInnen und tun einiges dafür. In der linken Szene kümmert man sich dagegen zu wenig darum. Man geht oft davon aus, dass es ja alle selber wissen müssen, wie sehr sie sich reinstressen. Von der Arbeit macht man gerne Pause, vom Weltretten erlaubt man sich keine. Denn die Anspruchshaltung an sich selbst ist riesig. Gerade in einem Land, das so aussieht, als sei es fast verloren. Linke sind hier Mangelware. Also muss man, wenn man Teil dieser bedrohten Art ist, sich besonders reinhängen, damit das was wird. Gleichzeitig wird das in der Szene honoriert. Hohen Status genießen Personen, die besonders viel machen, oft auftauchen und vieles in sich vereinen: Reden halten, Treffen moderieren, Veranstaltungen organisieren, Spenden sammeln, Pressearbeit machen, Sportlich sein, für andere da sein, etc. pp. Was das angeht, gibt es kaum eine Abgrenzung zum postmodernen Ideal alles hinzubekommen, egal wie hoch die Anforderungen sind. Auch in der Szene ist man seines Glückes Schmied. Es gilt Quantität vor Qualität. Wer viel macht, kann sich verdient ausruhen und muss sich keine Kritik gefallen lassen, von Leuten die weniger machen. Denn die sollen doch selber mal was machen und sich nicht nur beschweren.
Diese Dynamik würden natürlich die wenigsten so offenlegen. Mit ein bisschen Abstand betrachtet ist es ziemlich klar, wie es läuft. Es ist eine Dynamik, die permanent behindert, dass sich Leute zurücknehmen und in Ruhe Gedanken machen können. Gerade für angeschlagene Personen ist es teilweise noch schwerer sich dem zu entziehen. Und so passiert meistens erst was, wenn die Katastrophe schon nah ist. Viele verheizen sich in ihren Zwanzigern, geraten so in eine psychische Krise, bewältigen sie, haben danach keinen Bock mehr auf diese Art des Aktivismus und sind raus, weil sie mal gemerkt haben, wie schön das Leben sein kann oder andere Aufgaben haben (bspw. Kinder). So verliert die Linke fähige Leute im besten Alter. Oft ist es also ein entweder oder: Vollgas-Aktivismus oder kompletter Rückzug. Gesünder für die Psyche und besser für die Linke wäre etwas dazwischen.
Wie kommt man aus der Nummer raus? Ein erster Schritt wäre es, zumindest mal so fortschrittlich wie moderne Unternehmen zu werden, und sich um die geistige Gesundheit seiner GenossInnen zu sorgen. Schaut euch um und sprecht die Leute an. Kritisiert das Status- und Leistungsdenken in euren Gruppen nicht nur abstrakt. Werdet konkret darin. Legt Wert auf Qualität und lasst Leute sich nicht hinter ihrem „ich mach viel und du nicht“- Argument verstecken. Wendet das materialistische Denken auch auf euch als Individuen an und erkennt, dass die Last der Welt nicht allein auf euren Schultern lastet. Nehmt euch Auszeiten. Nehmt euch selbst nicht so wichtig. Keine Gruppe wird daran zugrunde gehen, dass einzelne ein paar Monate für sich brauchen, um wieder klar zu kommen. Und wenn doch, müsst ihr euch ernsthaft fragen, ob nicht etwas verändert werden muss. Eine politische Gruppe besteht aus autonomen Individuen und nicht aus, von einer Person abhängigen, SoldatInnen. Sprecht in euren Gruppen offen über psychische Leiden und versteht dadurch einander besser, ohne aber eine Selbsthilfegruppe zu werden. Oft reicht eine kurze Info, was bei einem los ist. Lasst euch von euren Genoss*innen auch mal was sagen. Die Verantwortung liegt weder komplett beim Kollektiv noch komplett beim Individuum. Denn am Ende ist man es selbst, der sich aus den Fängen seiner psychischen Leiden befreien muss. Das kann einem niemand komplett abnehmen.
Dokumentationen:
5 Vonovia-Karren zerstört – Long Live Liebig34
In Frankfurt wurden im Zeitraum August-September durch einige autonome Nachtaktive in weiser Voraussicht der drohenden Räumung der Liebig34 insgesamt 5 Karren der Wohnraum-Mafia Vonovia in den Stadtteilen Rödelheim, Nied, Praunheim, Nordweststadt und Bornheim zerstört. Es wurden jeweils die Reifen zerstochen, die Scheiben eingeschlagen und das Äußere großflächig mit Farbe oder Schriftzügen verschönert. Unsere Aktionen richten sich gegen die Firma Vonovia, die hier in Frankfurt und an vielen anderen Orten für Verdrängung und Gentrifizierung verantwortlich ist und gegen die Schweine in Politik, Wirtschaft und Repressionsapparat, die in Berlin für die Räumung verantwortlich waren.
Unsere Solidarität und Liebe allen kämpfenden Menschen der ehemaligen Liebig34, Rigaer94 und allen anderen besetzten Häusern!
Unser Hass den Drecksbullen, dem Staat und den Kapitalisten!
Auto von Nazi abgefackelt
Wöllstein, 24. September 2020
Martina und Kai hatten offenbar ihr Auto nach der Spontandemo in Wöllstein vor der Wohnung von Florian Grabowski abgestellt. Offensichtlich keine gute Idee. Jedenfalls fiel die Nazi-Karre in Kusel den Flammen zum Opfer.
Farbe gegen Grünen-Büro
In der Nacht vom 24. auf den 25. September haben wir dem Frankfurter Grünen Büro einen kleinen Vorgeschmack davon verpasst, was passiert wenn sie den Dannenröder Wald einer sinnlosen weiteren Autobahn opfern. Mit Chrom und Farbeiern wurde im Schutz der Dunkelheit ihr Büro markiert.
Die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der „grünen“ Partei ist eine des Verrats an der Umweltbewegung und so wird es auch in alle Zukunft sein. Die wenigen guten sind lange raus und der Rest hat Ideale für Posten und Macht verkauft. Alles zeigen sie zum wiederholten Male im Dannenröder Wald. Doch wir sind vorbereitet – wir werden die Räumung mit allen Mitteln verhindern. Doch seid euch gewiss – Bullen und „grüne“ Politiker – sicher könnt ihr im Wald nicht sein – versucht es erst gar nicht!! Kommt alle ab sofort in den Wald, beteiligt euch an Aktionen und Besetzungen! Danni bleibt!Für eine revolutionäre Öko Bewegung!
Polizei mit Feuerwerk und Steinen attackiert
Dannenröder Wald, 5. Oktober 2020
Wir haben gestern Nacht die Bullen am nord-östlichen Waldrand des Danni mit Feuerwerk und Steinen attackiert.
Wir wollen damit anregen stärker in die Offensive zu gehen. Denn selbst die sehr beeindruckende Anzahl an Blockaden werden irgendwann geräumt sein, wenn wir uns nicht dagegen wehren. Eine Barrikade ist schön. Eine Barrikade zu verteidigen ist auch schön und hält außerdem noch ein bisschen länger.
In diesem Sinne: Danni bleibt!
Danni: Bullen militant angegriffen
10.10. Heute haben mir mit einigen Militanten eine besetzte Bullenkarre im Dannenröder Wald platt gemacht – letzte Warnung an die Belagerer!
Tag X ist da – mit tausenden von Bullen soll für Kapitalinteressen der Dannenröder Forst abgeholzt werden. Angrenzend ging es in den letzten Tagen schon los und viele widersetzen sich dem. Wir wollen unseren Teil zum bunten Bild des Widerstands beitragen und freuen uns über alle solidarischen Aktionsformen und Nachahmer*innen
Weil bereits schon viel zu viele Bäume gefallen sind, viel zu viele Genoss*innen in der GeSa gelandet sind und mit Verfahren überzogen werden haben wir heute eine unmissverständliche Warnung ausgesprochen. Mit Steinen und Farbe haben wir eine Wanne am Waldrand angegriffen während die Besatzung darin wohl dachte sie wären sicher und Lenkrad und Funkgerät unbeachtet ließen. Das hat sie einige Scheiben und Nerven gekostet während wir danach wieder entspannt im Wald verschwunden sind.
Wir wollen unseren Angriff auch als eine letzte Warnung an die Bullenschweine richten – wenn ihr euch weiter im oder am Wald aufhaltet und euch an ihm zu schaffen macht, werden wir unsere Angriffe intensivieren. Wir kennen eure Wege, wir kennen eure Routinen und wir wissen wie wir euch angreifen können um eurem zerstörerischen Treiben ein Ende zu setzen.
An unsere Freunde: Kommt in den Wald! Beteiligt euch an (militanten) Aktionen gegen die Räumung! Stärkt den Widerstand und macht wunderbare Erfahrungen die euch auch im Kampf in der Stadt nützlich sein werden.
Solidarität mit der Liebig!
Gegen dieses kaputte System und seine Logik!
Verhindert die Abholzung des Dannis und aller anderen Wälder!
Auf in die revolutionäre Offensive!
Hessen Autonome
45m ACAB-Graffiti –
Wir sind alle 129a!
31.10.20: In Solidarität mit allen Betroffenen der 129a-Verfahren (bzw. 129) in Frankfurt, Berlin, Hamburg & Leipzig und allen anderen Betroffenen staatlicher Repression haben wir ein 45 Meter breites und ca. 3 Meter hohes ACAB-Graffiti gemalt.
Wir wissen genau, auf welcher Seite ihr steht. Fickt euch Scheiß-Nazischweine-Bullen!
Wir sind alle 129a!
All Cops Are Bastards!
Knastspaziergang mit Pyro
und Parolen
Am Samstag den 31.10 waren wir an der JVA Preungesheim und haben mit Feuerwerk und Parolen unsere Genoss*innen besucht. Gefangen gehalten werden 7 Personen wegen Identitätsverweigerung nach einer Autobahnblockade als Protest gegen die Rodungen im Dannenröderforst und eine Person wegen Identitätsverweigerung nach einer sogenannten Widerstandshandlung vor 2 Wochen.
In und um den Danni haben am 1. Oktober die Rodungen für den Ausbau der A 49 begonnen, seitdem gibt es vielfältigen Widerstand von militanten Aktionen gegen die Bullen bis zu den Waldspaziergängen jeden Sonntag. Der Danni, sowie auch der Hambi sind Symbol gegen die Zerstörung unserer Umwelt und Lebensgrundlagen mit dem einzigen Ziel, aus allem und jedem Profit zu machen. Für uns ist das nicht hinnehmbar! Macht Aktionen und beteiligt euch am Widerstand rund um den Dannenröder Forst.
Der Kampf um den Danni ist nicht nur ein ökologischer Abwehrkampf. Gleichzeitig wird versucht eine kollektive Alternative zu leben, fern von Rassismus, Sexismus und der kapitalistischen Leistungsgesellschaft. Mit den fortschreitenden Rodungsarbeiten intensiviert sich der Widerstand und damit auch die Repression. Diese Repression in Form von Kontrollen, Festnahmen, Anzeigen und massiver Bullenpräsenz sollen uns einschüchtern und unseren Widerstand brechen. Bullen und Politik wollen einen Keil der Spaltung zwischen uns und unsere verschiedenen Aktionsformen treiben. Die verhängte Untersuchungshaft gegen 8 von uns ist ein klarer Fingerzeig der Bullen: Der militante Teil der Proteste soll isoliert und vernichtet werden. Die übrigen Teile sollen unter diesem Druck befriedet und in die sogenannte friedliche und legale Sphäre eingegliedert werden. Dadurch soll unserem Protest die Kraft genommen werden die dieser durch Vielfalt und Zusammenhalt hat. Die unterscheidlichen Protestformen lassen sich nicht voneinander trennen, sondern gehören zusammen! Für uns steht fest: Wir lassen uns nicht einschüchtern! Kommt in den Wald, beteiligt euch an (militanten) Aktionen und organisiert eigene Aktionen im Wald und ausserhalb! Unterstützt die Betroffenen von Repression und besucht die Gefangenen in eurer Stadt!
Wir lassen niemanden allein!
Feuer und Flamme dem Knastsystem!
You take our houses, we smash the city! – Amazon Locker angegriffen
Weil die Nacht uns gehört, haben wir in der Nacht zum 1.11.2020 einen Amazon Locker in Frankfurt Hausen auf dem Aldi-Süd Gelände angegriffen und unbrauchbar gemacht. Wir haben den Scanner, den Bildschirm und die Kamera mit einem Hammer bearbeitet. Wir haben uns dafür entschieden, da die Methode schnell und effektiv ist. Außerdem haben wir eine Botschaft in Lila Farbe hinterlassen: L34 lebt! Damit solidarisieren wir uns mit dem am 9.10. mit massiver Bullengewalt geräumten Hausprojekt Liebig 34 in Berlin. Die Liebig steht für uns symbolisch für einen der wenigen linken, und vor allem queerfeministischen Freiräume, die zunehmend von Repression und Räumung bedroht sind.
Die Liebig 34 lebt!
Das bedeutet: auch wenn ihr uns die Räume nehmt, werden wir kämpfende FLINT*Qs nicht verschwinden. Der Preis der Räumung wird weiter in die Höhe getrieben, in Berlin, in Frankfurt und überall. Wenn ihr unsere Strukturen angreift, dann greifen wir eure an!
Amazon ist eine solche Struktur. Dieser Konzern steht für uns sinnbildlich für eine zunehmende Verschränkung von privaten Dienstleistungsunternehmen und staatlichen Repressionsbehörden. So stellt Amazon zum Beispiel seine Cloud-Dienste der Bundespolizei zur Verfügung, um dort die Daten der Bodycams zu speichern. Außerdem arbeitet Amazon gemeinsam mit Behörden an einer zunehmend überwachten Stadt, euphemistisch gelabelt als „Smart City“. Die dort ausgearbeiteten Systeme lassen sich dann gegen diejenigen richten, die als Feind*innen, als zu Überwachende, gelten. Rassifizierte, „weibliche“ und queere Körper, wohnungslose Menschen und alle weiteren, die der bürgerlichen Stadtgesellschaft ein Dorn im Auge sind.
Besonders perfide drückt sich das in einer neuen Gesichtserkennungssoftware aus, die genau darauf ausgelegt ist Menschen zu kategorisieren. Diese Kategorisierungen entsprechen denen in unserer normierten, also sexistischen, rassistischen und ableistischen Gesellschaft.
Diese Entwicklungen dauern an, werden weitergehen und sich zunehmend verschärfen. Amazon profitiert darüber hinaus auch noch von der aktuellen Krise und wird gestärkt daraus hervorgehen. Genau deswegen ist es wichtig Amazon zu markieren und anzugreifen um ihnen nicht die Deutungshoheit über gesellschaftliche Verhältnisse zu überlassen.
Die oben angesprochene Überwachung nutzt Amazon auch gegen die eigenen Mitarbeitenden. Die Arbeitsverhältnisse gelten als extrem prekär. Die*der Arbeitgeber*in Amazon übt massiven Druck auf die Mitarbeitenden aus und wehrt sich vehement gegen tarifliche Regelungen. Außerdem ist Amazon bekannt für seine aggressive Anti-Gewerkschaftsarbeit. Wir solidarisieren uns mit den Streiks bei Amazon, zuletzt im Frühjahr 2020.
Der Kampf gegen prekarisierte Beschäftigung ist für uns auch immer ein queerfeministischer Kampf. Amazon steht so symbolisch als ein*e Akteur*in vielem entgegen, wofür wir kämpfen.
Wir kämpfen für eine Welt in der wir uns frei entfalten können. Das bedeutet für uns die Abschaffung des rassistischen, sexistischen, antisemitischen, ableistischen und kapitalistischen Systems, damit unsere Leben lebbar werden! Dafür brauchen wir Orte an denen wir sein können, frei sind, unsere Kämpfe planen und vorbereiten können. Aber auch an denen wir uns erholen und wohlfühlen können, gerade auch in Zeiten von Corona.
Grüße gehen raus an die Liebig 34, Grüße und Dank an die FAZ für die Inspiration, Viel Kraft an die kämpfenden FLINT*Qs in Polen, Grüße an alle, die egal wo, mit uns den gleichen Kampf führen!
Kämpferische Nachtspaziergänger*innen
ThyssenKrupp-Auto
zerstört – Kriegsmaschinerie
angreifen #RiseUp4Rojava
2.11.2020: Im Frankfurter Stadtteil Nordweststadt haben wir ein Firmenauto des Rüstungskonzerns ThyssenKrupp entglast, zerstochen und mit dem Slogan „Waffenexporte stoppen!“ besprüht. Wir stellen uns damit in den Rahmen der Aktionswoche von RiseUp4Rojava, dessen Motto des heutigen 2. November „Kriegsmaschinerie angreifen“ lautet.
Waffenexporte, Geldzahlungen, Tourismusreisen, politische Unterstützung für die faschistische Türkei und den Diktator Erdogan müssen sofort eingestellt werden!
Ein Krieg gegen die Revolution in Kurdistan ist ein Krieg gegen uns alle. Und Deutschland unterstützt und profitiert massiv davon – es ist unsere Verantwortung, diese dreckige Zusammenarbeit mit dem türkischen Faschismus zu unterbinden. Wenn bald die Türkei wieder Rojava angreifen sollte, müssen wir die Revolution verteidigen.
Hoch die internationale Solidarität!
PS: Liebe Grüße an die Genoss*innen von der Parkbank. Wir werden bei der Urteilsverkündung am 5. November fest an euch denken!
Feuerwerk und Farbe am Knast
Am Montag (09.11.) haben wir dem Knast in Frankfurt einen Besuch abgestattet. Mit Feuerwerk haben wir unsere Genoss*innen im Knast gegrüßt. Außerdem haben wir mit Farbe Parolen hinterlassen, damit unser Besuch noch lange in Erinnerung bleibt. Ein Video davon findet ihr hier: https://vimeo.com/478655815
Um den Genoss*innen im Knast das Leben erträglicher zu machen könnt ihr ihnen schreiben. Infos dazu findet ihr hier: https://de.indymedia.org/node/116607
Grüße gehen auch an die von Repression betroffenen Antifaschist*innen in Stuttgart und Leipzig. Freiheit für Jo, Dy und Lina.
Solidarität mit den Betroffenen der 129 a verfahren in Hamburg, Frankfurt, Berlin und Leipzig. Keinen Frieden mit dieser Klassenjustiz!
Der Kampf um den Danni geht erst richtig los. Beteiligt euch an den Aktionen, ob im Danni oder vor eurer Haustür. Kommt in Frankfurt zur Kundgebung am Freitag den 13.11. um 17 Uhr zur JVA Preungesheim.
Freiheit für die Danni Gefangenen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Freiheit für alle Gefangenen!
Kommt in den Wald!
Going Viral – Organisierung in Zeiten von Corona
Wir befinden uns mitten in einer neuen Welle von Covid-19-Infektionen und mit ihr zeichnen sich erneute massive Einschränkungen von Bewegungs- und Versammlungsfreiheit ab. Die Folgen der Kontaktsperren für linksradikale Politik und Strukturen haben wir im Frühjahr am eigenen Leib erleben dürfen. Damit sich das nicht wiederholt, möchten wir zu einem reflektierten, kritischen und daraus folgernd auch widerständigen Umgang mit den verordneten Maßnahmen in Bezug auf politische Aktivitäten aufrufen!
Wir alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie Zentren nicht aufgemacht haben aus der begründeten Angst vor der Pandemie. Organisierungsprozesse sind abgebrochen, weil wir uns nicht mehr getroffen haben. Themen wie zum Beispiel Überwachung und Kontrolle oder die Privatisierung des Gesundheitssystems, die uns als Linke schon jahrelang beschäftigen, wurden im Zuge der Pandemie in den Mainstreammedien diskutiert. Doch haben wir es versäumt, diese Themen kontinuierlich zu besetzen und auf die Straße zu bringen in einer Zeit, in der sie teilweise anschlussfähig gewesen wären. Die großen Mobilisierungen zu #BlackLivesMatter und #leavenoonebehind zeigen, dass es möglich gewesen wäre. Statt dessen gelang es verstrahlten Aluhüten mit weiten Überscheidungen in rechtsextreme Milieus, Themen wie Grundrechts-einschränkungen zu besetzen.
Dies war sicherlich dem Umstand geschuldet, dass wir alle von der Pandemie überrumpelt wurden, kein Konzept für den Umgang mit der Bedrohung hatten, keine Möglichkeit, die Situation richtig einzuschätzen und keine Erfahrungswerte mit der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen. Das Bedürfnis, sich solidarisch zu verhalten, traf auf die Unkenntnis, wie das denn konkret umsetzbar wäre. Die Definition von Solidarität erfuhr eine orwellsche Transformation: Solidarisch war, wer NICHT ins Altenheim ging.
Statt dessen wurde aus der eigenen Verunsicherung heraus von vielen der staatlich-verordnete “verantwortliche Umgang” mit der Situation übernommen, ohne zu hinterfragen, woher eigentlich der Inhalt dieser speziellen “Verantwortung” kam. Wir sehen im unhinterfragten Übernehmen von “Verantwortung” die Gefahr, dass dies zu Positionen wie die der Grünen führt, die ein Endlager für hochradioaktiven Müll in Deutschland fordern aus Verantwortung für “deutschen” Atommüll – und dabei der Atomindustrie voll auf den Leim gehen. Das Übernehmen dieser staatlich verordneten Verhaltensregeln führt zudem dazu, dass alle, die davon abweichen, als “Gefährder*innen” wahrgenommen werden. Dieser Spaltpilz zerlegt soziale Kämpfe und lähmt emanzipatorischen Widerstand sehr viel gründlicher, als es Repressionsorgane je vermögen.
Wir sehen es als verständlich und berechtigt an, dass durch eine unbekannte Bedrohungssituation Ängste entstehen und teilen das Bedürfnis, sich und andere nicht zu gefährden. Was wir allerdings in diesen Monaten der „Schockstarre“ oder des Sich-Zurückziehens in digitale Räume vermisst haben, ist eine kollektive Auseinandersetzung um die Situation und die Frage, wie eine Linke mit dieser Situation umsichtig umgehen kann, um handlungsfähig zu bleiben und gleichzeitig den Staat und Überwachungskonzerne mit ihren autoritären Vorstößen deutlich zu kritisieren.
Wir erleben, wie Trittbrettfahrer*innen der Pandemie die Angst vor Covid-19 nutzen, um ihre autoritären Agenden durchzusetzen. Das Feld dieser Krisengewinnler*innen ist weit. Corona-App, Telemedizin, Telebildung, bargeldloses Bezahlen, pandemieresistente Smart Cities bewohnt von digital voneinander isolierten Individuen, die zwischenmenschliche Kontakte als auszumerzende Bedrohung darstellen und durch plattformvermittelte Dienste ersetzen wollen. Die Pandemie ist für die Apologeten dieser zerstörerischen Neuzusammensetzung der Gesellschaft wie frische Morgenluft, die die bislang renitente Widerständigkeit wegweht. Corona ist der digitalisierende Virus, der Entwicklungen, die ansonsten Jahre gebraucht hätten, binnen Wochen durchpeitscht.
Die Disziplinierung und Diskriminierung der “gefährlichen Klassen” wird verschärft. Ob es Obdachlose sind, denen Bußgelder aufgedrückt werden, weil sie sich während der Ausgangssperre nicht in ihrer Wohnung aufgehalten haben, oder die unverhältnismäßig hohe Anzahl von Bescheiden wegen Verstößen gegen migrantische Jugendliche. In Deutschland wurden ganze Wohnblöcke eingezäunt und deren Bewohner*innen gefangen genommen mit glasklaren rassistischen und klassistischen Argumentationen, in vielen Ländern passiert das Gleiche, nur dass teilweise gleich ganze Stadtteile abgeriegelt werden. Die Armen sind die gefährliche Klasse, nicht nur wegen potenzieller revolutionärer Ambitionen, sondern weil Armut die Ausbreitung der Krankheit befördert.
Derweilen weitet sich der Einsatz der Bundeswehr im Inneren aus, nicht nur, dass Uniformierte an immer mehr Stellen auftauchen, sondern auch ideologisch. Gesundheitsämter geraten unter Recht-fertigungsdruck, wenn sie den Einsatz der Truppen ablehnen.
Der autoritäre Umbau der Gesellschaft beschleunigt sich. Politiker*innen vergießen Krokodilstränen, wenn sie von „den Sachzwängen“ zu Maßnahmen „genötigt“ werden – um unter der Hand durch verschärfte Infektionsgesetzgebungen den „Notstand“ festzuschreiben. Ein „Notstand“, der auch immer dann in Stellung gebracht werden wird, wenn es darum geht, soziale Kämpfe und Widerstand zu ersticken.
Unsere Position
Wir wollen uns weder mit den Konformist*innen gemein machen, die in angstvoller Kopflosigkeit jede Maßnahme der Regierung gutheißen und mit einer nachbetenden „Verantwortlichkeit“ die unsinnigsten Verregelungen schlucken, die nun in einer autoritären Anmaßung per Dekret erlassen werden. Warum sollten wir wochentags dicht gedrängt in mittlerweile wieder vollen Zügen zur Arbeit fahren, aber „einsichtig“ auf Demos verzichten, insbesondere auf die, die mehr sind als choreografiertes Widerstandstheater?
Wir wollen uns auch nicht mit Corona-Leugner*innen gemein machen, die in ihrem völlig unangemessenen Wunsch nach Vereinfachung die Pandemie für eine ersonnene Weltverschwörung erklären und sich im Protest gegen die vermeintliche Weltherrschaft von Bill Gates auch noch mit Nazis verbünden.
Ein Spagat, der gelingen kann, wenn wir fremdbestimmte “Verantwortung” zurückweisen. Wir müssen uns jetzt Gedanken darüber machen, wie wir mit den pandemiebedingten Einschränkungen umgehen, um nicht nur ein weiteres Einbrechen unserer Kämpfe und Organisierungen zu verhindern, sondern auch, um handlungsfähig und kämpferisch zu bleiben. Den entwendeten und verdrehten Begriff der Solidarität müssen wir uns zurückholen und mit unseren Inhalten füllen.
Wir rufen euch auf, die Nutzung der Krise zur Durchsetzung einer „neuen Normalität“ der verstetigten „sozialen Distanz“ von einer klaren linken Position aus anzugreifen!
Je länger wir in einer erschrocken-beobachtenden zweiten Reihe verharren, desto stabiler können autoritäre Krisenakteure ein solches „post-pandemisches“ Normal verankern. Denn allen dürfte klar
sein: Ein Zurück (nach dem Ausnahmezustand) zu „alter Normalität“ der Vor-Corona-Zeit – die schon damals etwas war, wogegen es sich zu kämpfen lohnte – wird es nicht geben.
Was können wir tun?
Diese neue Corona-Welle wird von Seiten der Regierung allein schon aus ökonomischen Gründen nicht mit einem umfassenden Shutdown beantwortet, sondern wird mit Rückgriff auf das Infektionsschutzgesetz zu (massiven) regionalen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führen. Freier Zugang und unbeschränkte Teilhabe wird unter Umständen denen vorbehalten sein, die „Immunität“, PCR-Test oder zumindest Corona-App vorweisen können.
Auf dem Land gab es in der ersten Welle genügend Möglichkeiten, sich ungestört von Corona-Bullen in großen Gruppen zu treffen. Historisch gab es darüber hinaus die Methode „konspirativer Spaziergänge“, in denen in wechselnden Konstellationen im Freien Zweiergespräche geführt wurden. Erinnern wir uns außerdem an die Kämpfe, die wir zu Zeiten der Castortransporte ins Wendland geführt haben: Mitten im Winter, tagelang draußen im Gelände, trotz widriger Umstände hat das Begreifen der Notwendigkeit der Kämpfe alle Unwegbarkeiten überwindbar und den Widerstand möglich gemacht.
Wir sollten auch in den Städten nach geeigneten Räumlichkeiten suchen, die eine Vollversammlung auch im Winter möglich machen. Gibt es zum Beispiel Situationen, in denen es uns möglich und richtig erscheint, uns solche Räume zugänglich machen, auch dann, wenn die für sie „Verantwortlichen“ denken, sie nicht freigeben zu können? Zumindest können wir das Gespräch suchen, um über Räume zu verhandeln, wir können unsere eigenen Konzepte entwickeln, um Räume so zu nutzen, dass sie politische Aktivitäten zulassen, ohne sich Gesundheitsrisiken auszusetzen. Wir können uns wetterfest anziehen und auch mal Treffen im Freien durchführen. Wir brauchen Konzepte im Umgang mit Kontaktbeschränkungen und Ausgehverboten (wie es sie z.B. in Frankreich gab und wiedergibt), alleine schon deshalb, weil das die Punkte sind, an denen die Repression den Hebel ansetzt.
Zwei Aspekte halten wir für besonders wichtig:
// Räume //
Konzerte, Partys, Küfas und Vorträge sind neben unseren Plenas und Vollversammlungen wichtige Orte des Austausches und der (informellen) Organisierung. Während sich Plenas zur Not noch virtualisieren lassen, können wir diesen informellen Austausch und das soziale Miteinander nicht in den virtuellen Raum verlagern. Was aber auch heißt: Wir brauchen im Winter Räume, um uns zu sehen, auszutauschen und zu organisieren. Verschlüsselte virtuelle Treffen sehen wir maximal als Möglichkeit der Verabredung bzw. des organisatorischen Austausches für Delegierte. Das heißt auch, dass wir dafür stetig in Konfrontation gehen werden müssen. Sei es beispielsweise bei stillen Besetzungen von Häusern, die durch ihre Größe ermöglichen, uns mit dem nötigen Abstand auch drinnen zu treffen oder aber auch bei der Auseinandersetzung mit den zum Teil staatlich co-finanzierten linken Zentren, die aus Angst vor staatlicher Repression ihre Räume nicht öffnen.
Der Winter wird die Zeit sein, in der wir die im Frühjahr durch unsere Nachbarschaftshilfen gewonnenen Beziehungen nutzen können und müssen, um unsere Räume vor Denunziation zu schützen, in der Hoffnung, dass die Nachbar*innen nicht direkt die Bullen rufen. Und der Winter wird auch der Punkt sein, wo wir wieder mehr konspiratives Verhalten üben müssen, um unsere Räumlichkeiten und Strukturen nicht zu gefährden.
// Demos und Aktionen //
Ende August wird die Demo gegen die rassistischen Morde in Hanau verboten. So kurzfristig, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht mehr möglich ist, auch die Infektionszahlen stiegen schon einige Tage an. In Hanau wurde nicht an den Zahlen gedreht, um unsere Demo zu verhindern, es wurde an der Interpretation der Zahlen gedreht. Das Verbot hätte schon Tage früher kommen können und wäre dann gerichtlich überprüfbar gewesen oder es hätte ein Alternativplan entwickelt werden können.
Soziale Kämpfe lassen sich nicht virtualisieren
Schon jetzt merken wir die Auswirkungen der Distanzierung zwischen uns. Onlinedemos, Hashtagaktionen und ähnliches sind genau wie der virtualisierte 1. Mai des DGB kein Kampf, sondern PR und eine Verächtlichmachung realer sozialer Kämpfe. Daher freuen wir uns über den Mut der sozialen Kampfbaustelle Anfang September in Leipzig, dieses verlorene Terrain zurück erkämpfen zu wollen.
Nicht, dass es vor 2020 einen besseren Stand der Organisierung gab, aber jetzt gilt es auch noch obendrein, die Organisierung im nicht-virtuellen Raum aufrechtzuerhalten bzw. wieder in Gang zu setzen. Sprich, es müssen deren Grundvoraussetzungen geschaffen werden!
Lebendige soziale Widerständigkeit ist mit Social Distancing nicht vereinbar, sie muss die Methoden sozialer Distanzierung samt ihrer disziplinierenden und isolierenden Wirkung offensiv angreifen!
Gesellschaftliche Veränderungen werden immer noch auf der Straße erkämpft!
Capulcu Kollektiv
Chronik Herbst 2020
15.08. Am Rande einer Kundgebung der Gruppe „United Colors Of Change“, welche für eine Umbenennung der „Hof-Apotheke zum Mohren“ in Friedberg demonstrierte, sammelte sich eine 20-Köpfige Gruppe und beleidigte die Demonstrierenden lautstark und rassistisch. Des weiteren soll eine Frau aus der Gruppe später einen der Demonstrierenden mit dem Auto angefahren haben. Der Beifahrer soll zudem gebrüllt haben: „Soll ich aussteigen und dem Kerl auf die Fresse hauen?“.
24.08. Angriff auf die Kreisgeschäftsstelle des Bündnis 90/die Grünen in Wetzlar verübt. Auf eine Scheibe, hinter der ein Plakat gegen Nazis und Rassismus hing, wurde ein Stein geworfen, der die Doppelglasscheibe durchschlug.
26.08. Rassistischer Übergriff in Darmstadt. Zwei schwarze Personen werden am Luisenplatz von einem 35-Jährigen angegriffen. Er schreit „Heil Hitler“, attackiert die jungen Männer und zeigt den Hitlergruß. In den sozialen Medien kursierte ein Video des Angriffs. Auf seinem Profil postete der Angreifer ein Bild welches seine NPD-Mitgliedschaft bestätigte. Außerdem zeigte er sich auf Bildern mit der JA Hessen und der Jungen Union.
03.09. Das Café Klatsch in Wiesbaden erhält erneut einen Drohbrief rassistischen Inhalts. In dem Schreiben wird Migrant*innen, PoC, linke Aktivist*innen und Organisationen gedroht. Das linke Café erhielt bereits im vergangenen Jahr einen solchen Brief.
08.09. Querschwurbler versuchen an einer Schule in Darmstadt Jugendliche zu verunsichern. Antifaschistische Jugendliche vertreiben sie vom Hof.
11.09. In der ehemaligen Unterkunft für Geflüchtet Menschen „Hotel Gundrum“ in Schlitz (Vogelsberg) gibt es einen Großbrand. Aufgrund mehrerer Brandherde wird von Brandstiftung ausgegangen. Zeug*innen hörten außerdem als der Brand begann ein Auto wegfahren. Das durch den Brand einsturzgefährdete Gebäude war bis vor wenigen Wochen noch bewohnt, zum Tatzeitpunkt stand es leer.
15.09. Am Rande einer Kundgebung in Limburg gegen die Verhältnisse im abgebrannten Lager Moria auf Lesbos provoziert ein 34jähriger die Antirassist*innen mit dem Hitlergruß. Der Arm ist leider noch am Mann, aber immerhin Strafanzeige.
18.09. Ein 19-jähriger Schüler wird vom Pausenhof in den Abschiebeknast nach Ingelheim verschleppt. Der gebürtiger Guinear sollte trotz Corona-Krise nach Spanien abgeschoben werden. Protest am Flughafen verhinderte vorerst die Abschiebung.
19.09. Kundgebung am Rödelheimer Bahnhof von Young Struggle um an die Morde in Hanau zu erinnern.
20.09. Schlimmste Krawallnacht in Sachsenhausen (seit letzter Samstagnacht)! Als sich die Bullen in eine Auseinandersetzung in Alt-Sachs einmischen, werden sie von einer sich solidarisierenden Menge zuerst beschimpft und später mit Flaschen und Gläsern beworfen. Kurz zuvor war bereits bei einer rassistischen Bullen-Kontrolle auf der Zeil Widerstand geleistet worden.
01.10. Aufregung in Mittelhessen: Ca. 170 fette Spritschlucker waren mit einem X markiert worden und es wurde gedroht diese abzufackeln wenn der Dannenröder Wald abgeholzt werden solle. Die Aktion zeigt sehr gelungen auf was der Mehrheitsgesellschaft so am Herzen liegt.
24.10. Rund 800 Menschen ziehen durch Wiesbaden gegen gegen Rassismus und rechte Strukturen bei Bullen und Unsicherheitsbehörden. Anlass waren die erneuten rechten Drohbriefe gegen mehrere linke Akteure.
31.10. Mehrere hundert Menschen ziehen vom Westend durch die Innenstadt. Aus Solidarität mit den Frauen in Polen und gegen das dort verabschiedete Abtreibungsverbot.
31.10. Leichte Verwarnung für einen 54 Jahre alten Hauptkommissar, bei dem große Mengen Schwarzpulver gefunden wurde: Selbst die leichte Strafe von 2.800 Euro muss der Bulle nämlich nicht zahlen, wenn er sich die kommenden 2 Jahre straffrei verhält. Wie lange eure U-Haft wohl dauern würde, wenn bei euch Schwarzpulver gefunden würde…?!
05.11. Ca. 500 Menschen demonstrieren unter dem Motto „Feurio – Es brennt schon viel zu lange“ gegen rechten Terror in Staat, Behörden und auf der Straße. Anlass war der Prozess gegen den Brandstifter Joachim Scholz, welcher am 06.11 starten sollte, aber kurzfristig verlegt wurde.
14.11. Samstagabend kommt es vor MyZeil zu einem widerlichen Angriff auf eine queere Person durch ca. 10 Männer. Diese treten und schlagen auf ihr Opfer ein. Zu dem Zeitpunkt befinden sich vor MyZeil an die 150 Personen, doch die betroffene Person erhält kaum Unterstützung.