Intro
Trotz Corona und Lockdown liegen bewegte Monate hinter uns. Die Pandemie hatte viele Kämpfe unsichtbar gemacht. Aber mit den Lockerungen werden die Debatten um die Klimakrise, die Kämpfe um bezahlbares Wohnen, Stadt für alle, Rojava und vieles mehr wieder sichtbarer. Das freut uns und drückt sich auch in vielen kurzen Beiträgen und Dokumentationen in dieser Ausgabe aus.
Beeindruckend die Bilder von den Protesten und Aufständen in den USA nach dem Tod von George Floyd. Auch in der BRD hat #BlackLivesMatter in den letzten Wochen viele Menschen auf die Straße gebracht und Betroffene von Rassismus dazu ermutigt, ihre Stimmen zu erheben.
Die Kritik an Polizei und rassistischen Strukturen in deutschen Behörden bleibt nicht ohne Widerspruch und beim Versuch, die Deutungshoheit zurückzugewinnen ist dem Staat kein propagandistisches Mittel zu schade. Klare Loyalitätsbekundungen kommen von rechtsaußen bis linksliberal zur Institution Polizei, selbst dann, wenn sie wie im Nachgang des Stuttgarter Krawalls Ermittlungen offen unter rassistischen Gesichtspunkten führt.
Zudem erfolgen in kurzer Abfolge bundesweite staatliche Angriffe auf linke Strukturen: Hausdurchsuchungen und 129a-Verfahren in Baden-Württemberg, Leipzig und in Frankfurt. Politische Urteile in Hamburg gegen unsere Freunde aus Offenbach und Loic. In Berlin massive Repressionen gegen linke Projekte im Friedrichshainer Nordkiez. Verschwörungsmythen als Dauerkundgebungen im öffentlichen Raum. Dazu wird immer klarer, dass es faschistische Netzwerke auch in der Hessischen Polizei gibt, die weiterhin unbehelligt bleiben.
In eigener Sache: Das letzte Heft haben wir in der Hochphase der Corona-Beschränkungen unter erschwerten Bedingungen zusammengestellt. Dabei ist eine verkürzte Ausgabe entstanden, die quasi eine Sondernummer zur Pandemie und dem rassistischen Attentat in Hanau war. Es sind wichtige Aktionen leider untergegangen und fanden keinen Platz im Heft. Um das Unsichtbarmachen von Kämpfen zu verhindern, sind wir darauf angewiesen, von euch Texte und Berichte über Aktionen zu bekommen. Wir freuen uns immer über Zuschriften. Gefehlt haben im letzten Heft beispielsweise die gelungene anti-militaristische Aktion in Eschborn am 4.2., die unerschütterliche Internationalistische Demo am 29.2., die offensive FLINT*-Demo am 7.3. und manches mehr.
Schreibt uns, wenn ihr gute Aktionen macht oder lasst uns einen sowieso schon geschriebenen Text zukommen. Was im Postfach liegt, können wir nicht vergessen!
Über das Vorwort in der letzten Ausgabe gab es Irritationen, als wir schrieben, man solle Corona-Tests unbedingt vermeiden. Wir taten das vor dem Hintergrund, dass in den Tagen, als wir das Heft zusammensetzten, ein Text des Capulcu-Kollektivs die Runde machte, von dem wir dachten, er würde ausreichend zirkulieren und wir müssten ihn nicht abdrucken. Capulcu erklärten im Text, es sei noch nicht klar, ob und wo die Corona-Test-Abstriche, die zuordnenbare DNA enthält, gespeichert werde und es Tendenzen gäbe, sie in einer zentralen Datei zu speichern. Dies scheint sich aber nicht durchgesetzt zu haben. Nichtsdestotrotz ist es unklar, wer, wann und wie auf die an unterschiedlichen Orten gespeicherten Datensätze zugreifen kann. DNA ist ein zentrales Instrument der Ermittlungsbehörden geworden und diese haben größtes Interesse an diesen Daten. Wir denken, als radikale Linke sollten wir eine klare Haltung dazu haben, dass „meine DNA mir gehört“ und in keiner Datenbank – warum auch immer – gespeichert werden sollte. Denn wenn es die technische Möglichkeit gibt, einen Zugriff auf einen großen Datenpool an DNA abzugreifen, werden die Schnüffler das früher oder später tun. Insofern liegt es an euch, abzuwägen und zu entscheiden, ob ihr einen Test macht und damit den Daten-Pool auffüllt bzw. das Risiko eingeht, irgendwann einer vielleicht schon längst vergessenen Aktion zugeordnet zu werden. Völlig klar ist für uns, dass es nicht um eine Bagatellisierung von Corona und der damit einhergehenden Gefahr für Menschenleben geht. Die Verantwortung an der Bekämpfung des Virus auf der einen Seite und das Problem einer Speicherung der eigenen DNA ist ein Widerspruch. Der Umgang damit ist auch eine Abwägung jede*r Einzelnen.
Ähnlich, wenn auch nicht so schneidend, stellt sich die Frage mit der Corona-App. Das Autonome Blättchen hat in der letzten Ausgabe geschrieben: „Wer eine Tracing- oder Tracking-App auf seinem Scheiß-Smartphone hat, hat in unseren Räumen nichts verloren!“. Wir verstehen das als meinungsstarken Aufruf zur Debatte in Zentren und Zusammenhängen, die wir auch im Rhein-Main-Gebiet führen sollten.
Die jüngste Klassifizierung von de.indymedia.org als „Beobachtungsfall“ durch den Verfassungsschutz zeigt übrigens einmal mehr die steigende Gefährdung von linksradikalen Medien. Indymedia ist zwischenzeitlich ohne Torbrowser nicht mehr erreichbar. Die Swing ist (bislang) zuverlässig erhältlich – analog, seit über 30 Jahren. Wir hoffen, dass dies auch lang so bleibt!
In diesem Sinne: lest, schreibt, tut – wider die herrschenden Verhältnisse.
Swing
5 Jahre March of Hope: We stay united! Rassismus tötet: we will fight!
We’ll Come United ruft auf und lädt ein zu Antirassismus-Tagen vom 2. bis 5. September 2020
Nach der Ermordung von George Floyd durch einen Polizeibeamten in Minneapolis hat die Black Lives Matter-Bewegung die Straßen erobert und allen gezeigt, dass Rassismus ein weltweites System ist – und dass antirassistische Kämpfe im Mittelpunkt sozialer Aufbrüche stehen. In einer eindrucksvollen Welle globaler Demonstrationen wurde deutlich, dass es unzählige Querverbindungen zwischen unseren Kämpfen gibt. Wir glauben, dass es neuer, großer Koalitionen für Gerechtigkeit, für soziale und politische Rechte und für ein anderes Gemeinsames bedarf – über verschiedene Bewegungen hinaus und transnational.
Auch in Zeiten von Corona gilt: Wir sind hier. Wir sind immer noch da, in Europa, Deutschland und in Hanau, daran kann kein Terror, kein BAMF und keine Ausländerbehörde etwas ändern. Wir sind immer noch da und unser (all)täglicher Kampf geht weiter:
Trotz und wegen verschärfter Ausgrenzung und Entrechtung jener, die dazu gezwungen werden, auch während Covid 19 in Massenunterkünften und Lagern zu hausen. Trotz und wegen der unfassbaren Gewalt und der tödlichen Abschreckungspolitik an den Außengrenzen, auf dem Meer und auch an Land, wo Brüssel nun sogar tödliche Schüsse auf Schutzsuchende legitimiert. Trotz und wegen einer Abschiebe-Industrie, die fortgesetzt unschuldige Menschen inhaftiert und um jeden Preis außer Landes schafft. Trotz und wegen einer Politik der Spaltung und Hetze, die zu rassistischen Morden aufwiegelt und diese dann als Einzeltäter verharmlost.
In Hanau wurden am 19. Februar dieses Jahres 9 Menschen, unsere Brüder und Schwestern, durch einen rassistischen Terroranschlag innerhalb weniger Minuten ermordet. Parallel dazu werden die NSU-Akten für Jahrzehnte weggeschlossen, rassistische Netzwerke und ihre Verbindungen in Polizei und Verfassungsschutz werden toleriert.
Institutioneller Rassismus prägt unseren Alltag: in Ämtern und Behörden, bei der Polizei, bei der Wohnungssuche und auch in der Lohnarbeit. Ausgrenzung schafft die Bedingungen für rassistische Ausbeutung in den Niedriglohnsektoren. Rassismus verletzt und tötet, auf sehr vielen verschiedenen Ebenen.
Dagegen steht unser täglicher Protest und Widerstand. Dagegen setzen wir den Auf- und Ausbau von Solidaritätsstrukturen. Dagegen organisieren wir uns mit Demonstrationen, Paraden und Kampagnen. Die sozialen Bewegungen, die klar und deutlich gegen alle Formen des Rassismus kämpfen, werden stärker. Unsere Forderungen werden lauter: für ein Bleiberecht und Papiere für alle, für Bewegungsfreiheit und offene Grenzen, für gleiche Rechte für Alle.
Leave no one behind wurde in den letzten Monaten als Slogan überall aufgegriffen und verbreitet. Er steht nicht nur für die Evakuierung der menschenunwürdigen Transitcamps auf den griechischen Inseln, sondern für die Schließung aller Lager und für ein Ende sozialer Ausgrenzung. Wir von We’ll Come United rufen zu einer breiten Allianz für Gerechtigkeit und Rechte auf, die die verschiedenen Akteure aus verschiedenen Bewegungen (Klimabewegung, Frauenrechte, LGBTQ, Antifa-Bewegung, Antimilitaristische Bewegung) zusammenbringt. Wir sind überzeugt, dass wir alle einen großen Kampf teilen. Lasst uns zusammenkommen und gemeinsam Aktionen planen. Wir wollen trotz der Herausforderungen der Pandemie zeigen, dass wir an diesen verschiedenen Fronten für eine solidarische Gesellschaft weiterkämpfen.
Und wir rufen für Anfang September zu dezentralen antirassistischen Aktionstagen auf.
Denn der September 2015, vor dann genau fünf Jahren, markiert einen historischen Durchbruch gegen das Grenzregime. Der March of Hope hatte demonstriert, dass die Überwindung der Grenzen möglich ist. Der Sommer der Migration hatte gezeigt, dass ein offenes Europa vorstellbar wird.
An diese Erfahrungen wollen wir erinnern und anknüpfen. Deswegen rufen wir dazu auf, rund um den fünften Jahrestag des March of Hope in der ersten Septemberwoche bundesweit und transnational zu mobilisieren. In gemeinsamen Aktionstagen wollen wir die ganze Vielfalt unserer Kämpfe und Netzwerke zum Ausdruck bringen. In vielfältigen Aktivitäten, in virtuellen Räumen, aber auch auf den Straßen und entlang der Flucht- und Migrationsrouten wollen wir protestieren und für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte demonstrieren.
#leavenoonebehind – No Lager nowhere
Leave no one behind steht nicht nur für die Evakuierung der menschenunwürdigen Transitcamps auf den griechischen Inseln, sondern für die Schließung aller Lager und für ein Ende sozialer Ausgrenzung. Katastrophale Bedingungen in den Lagern, sei es auf den griechischen Inseln oder überall in Deutschland und Europa, machen besonders in Zeiten von Covid 19 erneut deutlich, wessen Leben geschützt oder nicht geschützt werden. Wir fordern die Auflösung der Lager und eine menschenwürdige Unterbringung in Wohnungen. Wir fordern Leave no one behind, keine Lager für Niemand!
#noborders – From the Sea to the Cities
Der Slogan verbindet Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer mit der Forderung nach Aufnahme von Geflüchteten und Migrant*innen in deren Zielstädten. Die in der Seenotrettung Tätigen treffen sich mit Bürgermeister*innen und Gemeinden sowie mit Initiativen von „Seebrücke“ und „Solidarity Cities“, um konkrete Korridore der Solidarität zu schaffen.
#keinmenschistillegal – Stop Deportation and Dublin!
Der Widerstand gegen Abschiebungen und die Forderung nach einem Bleiberecht und Papieren für alle sind entscheidende tägliche Kämpfe überall in Europa und darüber hinaus – ob als Bürger*innenasyl, als juristische oder politische Unterstützung oder als Blockade einer Abschiebung.
Wir intervenieren mit dem Aufbau alternativer Strukturen, indem wir die Selbstorganisationen von Geflüchteten in Lagern und in den Communities stärken, und gemeinsam mit AktivistInnengruppen Schutzstrukturen und sichere Räume schaffen, die unserem obersten Ziel der Verhinderung von Abschiebungen dienen.
#migrantifa – gegen Rassismus und rassistische Morde – Entnazifizierung jetzt!
In den letzten Monaten sind vielerorts Migrantifa-Gruppen entstanden, die Antifaschismus mit den Forderungen migrantischer Communities verbinden. Die strukturellen Dimensionen des Rassismus werden in der breiten Öffentlichkeit diskutiert, die Erfahrungen aus Chemnitz, Halle und Hanau verbinden sich mit dem, was wir aus Minneapolis oder Moria wissen: Institutioneller Rassismus ist ein System und prägt unseren Alltag: in Ämtern und Behörden, bei der Polizei, bei der Wohnungssuche und auf der Arbeit. Ausgrenzung schafft dabei die Bedingungen für rassistische Ausbeutung in den Niedriglohnsektoren.
Wir fordern die Entnazifizierung von Ämtern und Behörden, von Polizei etc.
Vom 2. – 4. September lokal dezentral!
Anfang September wollen wir zusammenkommen und gemeinsam Aktionen planen, in Städten, Dörfern und Landkreisen. Wir wollen trotz der Herausforderungen der Pandemie zeigen, dass wir an diesen verschiedenen Fronten für eine solidarische Gesellschaft weiterkämpfen. Ideen gibt es viele: ob Aktionen zivilen Ungehorsams, Veranstaltungen zu Bürger*innenasyl, ein Bestreiken der Ausländerbehörde oder ein regionaler Marsch von Ortschaft zu Ortschaft, von Lager zu Lager, für Bewegungsfreiheit und das Recht zu Bleiben. Ob Demonstrationen und Aktionen, Visualisierungen, Online-Aktivitäten oder Straßentheater – lasst uns zusammen kämpfen für Bewegungsfreiheit, gleiche Rechte und gegen Rassismus!
Zum 5. September
möchten wir uns dezentral auf regionaler Ebene sammeln, um We*ll Come United in diesem Jahr parallel in mehreren Bundesländern oder auch regionalen Zusammenschlüssen zu erleben und unsere Vielfalt und Stärke sichtbar zu machen.
United against Racism!
Say their names! Pläne für Frankfurt
In Frankfurt ist eine Aktion in der Innenstadt am Samstag, den 5.9. angedacht zum Thema „Gesichter des Rassismus“, der von Rassismus bei Abschiebungen oder an den Außengrenzen, Alltagsrassismus, strukturellem Rassismus bis zu rassistisch motivierten Morden reichen soll – Stichwort in Hanau, Polizeigewalt/NSU 2.0. Im Zentrum sollen die Betroffenen und die Opfer stehen, ihnen soll ein Gesicht gegeben werden, sie sollen benannt und an sie soll erinnert werden.
Doku zur Brandserie
In den kommenden Wochen steht der Prozess gegen Joachim Scholz an, den mutmaßlichen Brandstifter der Brandserie an verschiedenen linken Projekten im Rhein-Main-Gebiet 2018/19. Betroffene der Brandanschlagsserie und ihnen solidarisch verbundenen Menschen betreiben die Webseite https://www.rheinmain-doku.org/ Dort kann sich über die Brandserie, den mutmaßlichen Täter, den Prozess gegen ihn, sowie offene Fragen informiert werden. Kontakt über rheinmain-doku@systemli.org
Autonomia
Zine für queer-/feministische Selbstorganisation und Empowerment
Exkurs: Kleine Reflektion zum 8.März
Die Zeit um den 8. März 2020 hat gezeigt, wie viel eine Vernetzung von vielen queer-/feministischen Gruppen bewirken kann! Unter dem Hashtag #feministischKämpfen wurden die in diesem Kontext entstandenen Aktionen gebündelt und auf dem Blog feministischkaempfen.blackblogs.org veröffentlicht, um einen breiteren Zugang zur Öffentlichkeit zu schaffen. Vor allem um den 8.März herum sind viele verschiedene linke spektrenübergreifende Veranstaltungen und Aktionen entstanden.
Der Auftakt zu diesem Wochenende war der Aktionstag am 6. März gegen Gewalt an Frauen*, wo der Frauen*streik eine Gruppe Chilenischer Feminist*innen und weitere vor dem 1. Polizeirevier in Frankfurt die Performance von „las tesis“ aufgeführt hat, um wütend und laut den Staat und die Bullen als Teil des unterdrückenden, patriarchalen Systems zu markieren.
Am 7. März fand mittags die Frauen*demo der Kurdischen Frauenräte statt, die in Solidarität mit allen Frauen*, die gegen die patriarchale, neoliberale, faschistische und rassistische Gewalt kämpfen, durch die Innenstadt zog. Am Abend wurde sich mit einer wütenden FLINT*-Only „We Reclaim the Night“ Demo öffentliche Orte, männlich dominierte, wie die Konstablerwache oder Altsachsenhausen, zurückgeholt. Dabei zog ein FLINT*-Mob mit Rauchtöpfen durch Sachsenhausen und markierte Orte die für sexualisierte Übergriffe bekannt sind mit Farbe.
Am 8. März war der Tag thematisch dem Verweigern von Reproduktionsarbeit (Hausarbeit/Sorgearbeit) gewidmet. In Streikcafés versammelten sich FLINTQ*, um von dort gemeinsam zum Römerberg zu gehen und gepflegt zu Frau*lenzen. Dies ist nur ein Bruchteil der Aktionen, die stattgefunden haben. Weitere findet ihr auf dem oben stehenden Blog.
In der Zusammenarbeit haben wir mal wieder gemerkt, welches Potential und welche Stärke FLINTQ*- Organisierungen und Vernetzungen uns geben können. Im „normalen cis-männlichen Politikbetrieb“ haben wir unsere Perspektiven, Erfahrungen und Vorstellungen häufig nicht wiedergefunden. Doch gerade aus dieser Positionierung heraus möchten wir das Patriarchal-Kapitalistische System, welches sich tagtäglich in uns als Frauen, Lesben, Inter-, Trans- und Queers einschreibt mit unseren Aktionen anprangern, und wir werden damit auch nicht mehr aufhören bis wir diese Scheiße überwunden haben!
Durch die gebündelte Pressearbeit, der vielen feministischen Aktionen verschiedener Gruppen und Einzelpersonen, und der Präsenz die wir darüber für #feministischkämpfen erreichen konnten, dadurch dass wir einander besser kennenlernen konnten und durch das gegenseitige Empowerment wurde uns deutlich, dass wir unsere Arbeit nicht isoliert voneinander betrachten sollten und wir nur in Zusammenarbeit und Verschränkung unserer Kämpfe weiterkommen.
Obwohl es von vorne herein unser Anliegen war intersektionale Perspektiven in unsere feministische Arbeit mit einzuschließen und einen gemeinsamen internationalistischen Kampf zu führen, obwohl uns sehr bewusst ist das wir nicht alle gleich vom Patriarchat und der Unterdrückung betroffen sind, mussten wir leider feststellen von diesem Ziel noch weiter entfernt zu sein als gedacht. Wir haben es nicht geschafft einen Rahmen zu schaffen in dem Queere Perspektiven, die von schwarzen, und women of colour lautstark vertreten waren und es haben sich einige Menschen von unserer Politik ausgeschlossen gefühlt, das tut uns Leid!
Warum wir eine Zine rausbringen wollen…
Obwohl um den 8. März herum ein starker und empowernder Output vorhanden war, haben viele feministische Perspektiven und Aktionen in der letzten Ausgabe der Swing keinen Platz gefunden. Da dies kein neues Phänomen ist, nehmen wir die Öffentlichkeitsarbeit nun selbst in die Hand, um damit den männlich dominierten medialen Diskurs endgültig aufzubrechen!
Damit verfestigt sich auch unser Wunsch, unsere Kämpfe und Perspektiven kontinuierlich sichtbarer zu machen und wir haben beschlossen ein eigenes queer-/feministisches Magazin zu veröffentlichen.
Anliegen an das Zine
In dem Zine sollen viele unterschiedliche Texte, Bilder, Poesie, … usw, unter den Themenschwerpunkten Empowerment, Selbstorganisierung und lokale sowie internationale queer-/feministische Kämpfe zusammengefasst werden. Diese Texte sollen sich aus den subjektiven und kollektiven Perspektiven von kämpfenden FLINT*s da draußen zusammensetzen. Unser Anspruch an das Magazin ist es unter anderem die Verschränkung von Politischem und Privatem in unseren Kämpfen widerzuspiegeln. Wir wünschen uns damit auch explizit Texte, die nicht nur fakten- und Theorie basiert sind, sondern die auch das emotionale Erleben unserer Politik in den Vordergrund stellen. Traut euch, eure Perspektiven zu schildern! Das bedeutet, dass ihr alle die Möglichkeit habt, uns eure Texte, oder was immer euch einfällt, zukommen zu lassen.
Sollte nicht genug Platz für alle Einsendungen in der ersten Ausgabe sein, werden wir das definitiv als Anlass sehen eine Zweite Ausgabe zu veröffentlichen.
Redaktionelles
Als ein kleiner Kreis von Menschen, die diese Zeitschrift machen wollen, sehen wir uns nicht in der Rolle einer klassischen Redaktion. Die Idee der Zeitung ist, queer-/feministische Perspektiven der radikalen Linken aus Frankfurt sichtbar zu machen. Da wir diese nicht repräsentieren können und mit dem Wissen beginnen müssen, dass das Zine auch in ihren Perspektiven unvollständig sein wird, sehen wir uns in der Rolle der Unterstützer*innen. Wir stellen die Strukturierung, das Layout und die Finanzierung der Zeitschrift. Gleichzeitig wollen wir uns aber trotzdem vorbehalten verletzende und diskriminierende Texte auszusortieren. Alles was an Texten von der „Redaktion“ kommt werden wir kennzeichnen. Unter anderem werden wir kleine Infoboxen an den Rand der Texte platzieren, um komplizierte Begriffe oder ähnliches zu erklären. Uns ist wichtig, dass die Texte zugänglich bleiben, auch wenn sie doch Theorie lastiger sein sollten.
Es würde uns freuen, wenn ihr Lust habt ein paar kurze Sätze zu eurer Perspektive zu formulieren, also beispielsweise wer ihr seid, wie ihr lebt, mit was ihr in eurem Alltag konfrontiert werdet… Dabei ist natürlich euch überlassen wie viel ihr preisgeben möchtet, ihr könnt auch anonym oder als Gruppe etwas verfassen.
Wir wünschen uns einen gender- und diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch, wie Ihr diesen konkret formuliert bleibt auch euch überlassen. Sprich: wir werden keine einheitlichen Anpassungen vornehmen.
Einsendungen
Aus Sicherheitsgründen wollen wir euch nochmal darauf hinweisen, eingesendete Texte am besten verschlüsselt oder von einer Trashmail aus an uns zu senden, damit der Ursprung für die Repressionsbehörden nicht nachvollziehbar ist. Sendet uns eure Sachen bis zum 01.08.2020 an autonomia-zine@riseup.net und bleibt auf https://autonomiamagazin.blackblogs.org/ auf dem laufenden!
Genug von uns, jetzt seid ihr dran…
Wir freuen uns von euch zu lesen!
Aufruf zur FLINT*-Demo
Freiräume verteidigen
und zurückerobern!
FLINT*(Frauen, Lesben, Trans*- und Inter*-Personen, Nicht-binäre Personen) ONLY-Demo am 25.07. um 20 Uhr, am Uhrtürmchen bei Bornheim Mitte.
Kommt zahlreich und lasst uns die Straßen Frankfurts zurückerobern! Reclaim the night 2.0 – Liebig bleibt! Wir haben am 8. März gemerkt wie gut und empowerend es ist, sich als FLINT*Qs (Frauen, Lesben, Trans*- und Inter*-Personen, Nicht-binäre Personen und Queers) zu vernetzen und gemeinsam auf die Straße zu gehen. Sich die Räume und Plätze wieder zu nehmen, die vor allem in der Nacht von Cis-Männern dominiert werden und diese wieder zu unseren zu machen! Nehmen wir uns zurück, was uns systematisch entzogen wird!
Gerade jetzt wird uns die gesellschaftliche Verdrängung immer mehr bewusst. Die staatlichen Corona-Maßnahmen, die die bürgerliche Kleinfamilie und ein weißes, traditionelles Öffentlichkeitsbild stärken, lassen FLINT*Qs trotzdem mit der Pflege- und Care-Arbeit auf miserablen Arbeitsbedigungen und Bezahlung sitzen. #Stayhome ist ein Privileg und ignoriert die Gefahr, die für FLINT*Q vom Rückzug in den privaten Raum ausgeht, weil sie dort nicht in ihrer Lebensrealität akzeptiert werden oder Gewalt droht. Diese Individualisierung von gesellschaftlichen Problematiken tritt nicht nur auf dem Arbeitsmarkt auf, sondern begegnet uns täglich in den Medien, der Gesetzschreibung und nicht zuletzt auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen oder Zuhause. Wir befinden uns in einem gesellschaftlichen Rechtsruck, der schon vermeintlich gewonnene Kämpfe und Räume zurnichte machen will. Rassistische Polizeigewalt, ein antifeministischer Backlash der nach traditionellen Rollenbildern ruft und gerade queeren Personen ihre Identität abspricht, ist etwas, was in unserer Gesellschaft gerade beobachtet werden kann. Das wollen wir nicht hinnehmen und der (neuen) Rechten nicht das Feld überlassen! Wir werden unsere Räume verteidigen und neue erobern! Wir kämpfen weiter um gemeinsam eine Handlungfähigkeit zu entwickeln gegen die Zustände dieser Gesellschaft, denn wir haben keinen Bock mehr und streben weiterhin nach einem guten und schönen Leben für alle! Als Frauen, Lesben, Trans*- und Inter*-Personen, Nicht-binäre Personen und Queers haben wir mehr als genug Gründe wütend und laut durch die Straßen zu ziehen, um uns die Räume zurückzuerobern, die durch die männliche Norm in der Öffentlichkeit geprägt sind und von denen wir dadurch ausgeschlossen sind. Unsere Perspektiven auf den Zustand einer Gesellschaft in der Menschen, die aus der cis-männlichen Norm fallen, weil sie nicht einer geschlechtlichen Binarität entsprechen oder deswegen auf Rollen verwiesen werden, finden häufig nicht genug Raum. Tagtäglich führen wir eine auslaugende Auseinandersetzung mit einem Gesellschaftssystem das kapitalistisch, patriarchal und rassistisch ist und physisch und psychisch gewaltvoll unterdrückend sein kann. Doch sind wir gerade dadurch nicht alle gleich betroffen und sind nicht frei von den Systematiken diskriminierenden Verhaltens, deswegen sind wir Betroffene aber auch immer wieder Diskriminierende. Das müssern wir einzeln aber auch kollektiv reflektieren, um zusammen einen solidarischen, wertschätzenden Umgang miteinander zu finden. Wir danken unseren Freund*innen in Kurdistan, welche sich militant gegen den türkischen Faschismus verteidigen müssen. Sie zeigen uns, dass eine feministische Revolution keine Utopie darstellt, sondern im gemeinschaftlichen Leben und der autonomen Organisierung zur Praxis werden kann. Unsere Gedanken sind auch bei den zapatistischen Frauen, welche gerade gezielt festgenommen und gefoltert werden, weil sie sich für den Erhalt der autonomen, basis-demokratischen Organisation in Mexiko einsetzen. Wie verschieden die gelebten Realitäten und täglichen Kämpfe gegen patriarchale Strukturen auch sein mögen, sind diese als gemeinsamer Kampf zu verstehen, welcher auf der ganzen Welt geführt wird. Gerade Orte, an denen sich FLINT*s und Queers bereits autonom organisieren und ihren Lebensalltag auf den Kampf für eine befreite Gesellschaft ausrichten, werden systematisch angegriffen! Deswegen müssen (queer-)feministische Kämpfe immer internationalistisch gedacht werden! Auch die bevorstehende Räumung der Liebig34, ein anarcha-queerfeministisches Hausprojekt in Berlin, ist im Kontext patriarchaler Macht zu begreifen und ist ein Angriff auf alle (queer)-feministischen Strukturen und somit auch auf uns als widerständige FLINT*s. Hausprojekte wie die LIebig34 sind Safer Spaces, Räume die das Private politisieren und das schöne Leben erproben. Das können und wollen wir nicht akzeptieren und senden mit der Demo kämpferische Soligrüße an unsere widerständigen Genoss*innen nach Berlin! Mit der Demo wollen wir die Isolierung von FLINT*s aufbrechen und alle FLINT*s dazu einladen uns die Räume und die Straße gemeinsam zurückzuholen, die uns genommen wurden. Wir wollen uns gegen die cis-männliche Norm wehren, die uns sagt, dass es keinen Platz für uns gibt und wenn wir doch versuchen ihn uns zu nehmen uns durch Gewalt verdrängt. Sei dies mit widerlichen Sprüchen oder dummen Blicken. Vor allem in Alt-Sachsenhausen ist das leider immer noch der Regelfall. Diese Norm bedeutet für uns, dass wir immer wieder an diese Orten zurückkommen und unserer Wut über die Objektifizierung und Sexualisierung weiblich gelesener Personen, sowie das misgendern und ständige Erfragen des vermeintlich binär(zweigeschlechtlich?)gedachten Geschlechts queerer Personen Ausdruck verleihen werden! Wir waren schon immer da, wir waren schonmal hier und wir werden wiederkommen! Die Unterdrückung von FLINT*s und Queers ist Bestandteil des Alltags von jede*r von uns, deshalb gehen wir nicht nur an einem bestimmten Datum auf die Straße, um unsere Wut sichtbar zu machen! Deswegen wollen wir uns mit einer Demo, nur für FLINT*, wütend und kämpferisch die Straßen von Frankfurt zurückholen. In Solidarität als FLINT*, für gegenseitiges Empowerment und gemeinsame Handlungsfähigkeit werden wir auf die Straße gehen. Wir sind wütend, wir sind laut, wir sind kämpferisch! Deshalb bringt eure Freund*innen mit und lasst uns uns am 25.07. gemeinsam die Straßen zurückerobern! Bitte bringt zu eurer Sicherheit Masken und Handschuhe mit und achtet auf dem Sicherheitsabstand von 1,5m.
„Runter von euren Sockeln!“ Tipps zum Statuensturz
Die letzten Wochen waren nicht gerade die besten für Statuen. Von Bristol, England, bis Birmingham, Alabama, haben Menschen auf der ganzen Welt mit dem Erbe des Rassismus gekämpft, indem sie ihre Enterhaken um die Köpfe problematischer Denkmäler geworfen haben.
Solltet ihr euch zufällig in der Nähe einer Statue befinden, die missfällt, haben wir Wissenschaftler*innen nach den besten und sichersten Wegen gefragt, sie vom Sockel zu holen, ohne dass jemand verletzt wird – natürlich mit Ausnahme des leblosen Rassisten, der sowieso schon seit einem Jahrhundert tot ist. Hier wird Physik und Mechanik zur Entfernung von Statuen genutzt, angesichts der internationalen Aufmerksamkeit, die das Stürzen von Denkmälern und Statuen gerade erhält.
Es besteht Verletzungsgefahr, bei dem Versuch, eine Statue zu entfernen oder zu zerstören, selbst wenn ihr die in diesem Artikel vorgestellten Informationen, Materialien oder Werkzeuge anwendet.
1. Der physikalische Ansatz
Die Kraft, die erforderlich ist, um eine Statue herunter zu ziehen, ist nicht so groß, wie man denkt, sagt der Maschinenbauingenieur Scott Holland. Die meisten Statuen sind aus Bronze mit einer Legierung aus 90% Kupfer und 10% Zinn und einer maximalen Dicke von 8 cm. Das Kupferblech der Freiheitsstatue etwa ist nur 8,5 cm dick.
Holland sagt, dass die durchschnittliche Statue einer Person höchstens 1700kg wiegt, eine Pferdestatue wiegt ungefähr 3500 kg. Das Maximum für horizontales Ziehen pro Person liegt bei 25kg – „aber das gilt für geschulte Leute“, sagt er, „ihr müsst wahrscheinlich doppelt so viel Kraft aufwenden“. Bei 50kg Kraft sprechen wir also von einem 34-Personen-Job, um eine Statue herunter zu ziehen, sagt Holland. Aber um sie wirklich herunterzuholen, „gehen wir von der doppelten Kraft, die benötigt wird aus – also brauchen ihr doppelt so viele Leute“, sagt Holland. Bevor ihr also anfangt zu kippen, organisiert besser 70 Genoss*innen.
Jetzt, wo ihr eine Bezugsgruppe habt, braucht ihr das richtige Werkzeug. Holland schlägt vor, sich ein paar 4×4-Bergungsgurte zu schnappen, die für über 17.000 kg ausgelegt sind und weit weniger schwerfällig als eine Kette sind. Seid ihr damit ausgerüstet und wollt ihr Hebelwirkung erzielen, müsst ihr die Gurte um den Kopf oder den Hals der Statue legen.
Um die Statue von ihrem Sockel zu lösen, teilt euch in zwei Teams auf beiden Seiten auf und arbeitet mit einer hin und her Bewegung. Die meisten Statuen sind mit einem 2-3 Meter langen Bewehrungsstab im Sockel befestigt, so dass man sie an der Bronze über dem Bewehrungsstab bricht – nicht am Bewehrungsstab selbst, denn der ist aus Stahl. „Als die USA am 9. April 2003 in Bagdad die Statue von Saddam Hussein vom Sockel holte, konnte man sehen, wie seine Statue an der Stelle kippte, an der sich der Bewehrungsstab im Sockel befindet“, sagt er.
Falls ihr keine 70 Leute organisieren könnt, ihr es trotzdem mit einem kleineren Sturzkommando versuchen wollt, müssten ihr das Denkmal selbst schwächen: Da kommt die Temperatur ins Spiel:
Die Streckgrenze ändert sich sehr stark mit der Temperatur. Eine Statue aus 90% Kupfer/10 % Zinn hat zum Beispiel bei Raumtemperatur eine Streckgrenze von 31,4 Megapascal – im Vergleich zu 275 MPa bei 6061 Aluminium – „also strukturell“, sagt Holland, „ist sie nicht schwer zu brechen“.
Bei 35 Personen müsst ihr die Streckgrenze der Statue halbieren, indem ihr sie erwärmt. Und wie macht man das? Bei einer Bronzestatue liegt ihre Zieltemperatur bei etwa 450°C. Man könnte einen Butan-Brenner oder besser einen Propan-Brenner nehmen, letztere brennen heißer. Es braucht 15 bis 20 Minuten, aber es erleichtert vieles.
Achtet nur darauf, die richtige Schutzausrüstung zu tragen und dass sich niemand unter der Statue befindet, wenn sie herunterfällt. Das bedeutet, ein langes Seil zu verwenden, um sicherzustellen, dass die erste Person am Seil weiter von der Statue entfernt ist als die Statue hoch ist. Verwendet den Satz des Pythagoras zur Berechnung.
2. Der chemische Ansatz
Seid ihr ein kleines Team oder ganz allein, ist es das Beste, das verdammte Ding einzuschmelzen. „Die Formel ist sehr einfach“, sagt Chris Harrison, Chemieprofessor an der San Diego State University. „Es steht 3:1 nach Masse von Rost und Aluminiumpulver. Man mischt das zusammen und verwendet ein Stück Magnesium, das man als Hochtemperatur-Sicherung verwendet. Und wenn ihr keins habt, geht auch eine Wunderkerze.“ Der Schmelzpunkt der hypothetischen Bronzestatue liegt bei 950°C, aber selbst wenn man auf einen rassistischen Guss aus Kupfer trifft, könnt ihr beides leicht mit Thermit schmelzen, da es bei 1371 °C brennt.
Thermit brennt zwar fast halb so heiß wie die Sonne, aber es ist nicht explosiv. „Man könnte das Thermit mit Hilfe eines Plastikeimers um die Knöchel der Statue packen, um sie vom Sockel zu holen“, sagt Harrison. „Dreht die Eimerhälften um und platziert sie auf beiden Seiten der Füße, schüttet das Thermit hinein und packt es so gut wie möglich ein. Je weniger Leerstellen bleiben, desto effizienter wird die Reaktion sein. Sobald man die Knöchel der Statue geschmolzen hat, sollte sie einfach umfallen, sagt Harrison, da dieses Metall wahrscheinlich alles über ihr stützt.
Freie Übersetzung eines Texts auf
„Popular Mechanics“
BERICHT über die Zustände in der Geflüchtetenunterkunft Bonames:
Die Flüchtlingsunterkunft in Bonames wurde am 7.6.2016 ursprünglich für zwei Jahre gegründet. Hier leben 53 Familien, insgesamt etwas mehr als 333 Personen, davon mindestens 146 Kinder aus verschiedenen Nationen. Die ersten Familien, die in die neu gebaute Unterkunft in Bonames einzogen, waren 18 Familien aus der Wickererstraße, die gezwungen waren, nach Bonames zu ziehen, weil die anderen Gebäude abgerissen wurden. Die meisten von ihnen leben immer noch in Bonames. Mit der Zeit wurden mehr Familien nach Bonames gebracht, jedoch Kapazitäten nicht angepasst, wodurch die ersten Probleme entstanden sind.
Die größten Probleme entstanden jedoch ab Anfang 2019 und nach der Renovierung. Nach der Renovierung hatten viele kein warmes Wasser mehr, viele mussten oft zwischen einzelnen Wohnungen umziehen. Wir haben kein funktionierendes Internet, die Mitarbeiter von der Diakonie jedoch schon. Die Diakonie, welche für unsere Unterbringung beauftragt ist, drohte uns an, die Unterbringung zu kündigen, wenn wir uns beschweren würden. Das ist auch mit zwei Familien passiert; Sie haben in Frage gestellt, warum sie wegen den kleinen Umbauarbeiten drei Mal umziehen sollten. Beide Familien wurden aus der Unterkunft geworfen. Nach dem Vorfall haben viele Angst gehabt, Probleme mit dem Wasser, den Waschmaschinen, mit der Hygiene, Krankheiten etc. anzusprechen.
Vor etwa zwei Jahren ist die Krätze ausgebrochen, die Diakonie ist auch seitdem auch informiert, hat das jedoch nicht an das Gesundheitsamt weitergegeben. Viele Wohnungen sind feucht, es gibt teilweise Schimmelprobleme, die nach der Renovierung sogar zunahmen. Dabei bekommt die Diakonie für die Unterbringung von der Stadt sehr viel Geld.
Nach der Renovierung verlangte die Diakonie, dass es bei uns wöchentliche Wohnungskontrollen gibt. Die Kontrollen sollten dem Zweck dienen, kaputte Sachen in der Wohnung zu entdecken, die Schäden und Mängel wurden jedoch nur sehr selten oder sehr sporadisch behoben. In einer Versammlung hat die Diakonie uns gesagt, dass die Herde mit vier Platten aufgrund einer Brandgefahr raus müssen, die kleinen könnten bleiben. Die kleinen Herde, mit nur zwei Platten, reichen uns jedoch nicht, um für die Familie zu kochen. Später wollten sie, dass wir auch die kleinen Herde abgeben. Wir haben uns mehrmals bei der Diakonie beschwert, die jedoch stets erwiderte, dass die Verantwortung bei der Stadt liege.
Am 10.Juni haben wir eine kleine Demonstration in Bonames abgehalten, ohne Ergebnis. Aufgrund des Stresses haben viele von uns Panikattacken bekommen, das kommt jetzt regelmäßig vor. Die Mitarbeiter von der Diakonie bezeichneten das als „Theater“. Statt Hilfeleistungen wurde als Reaktion ab dem 12.Juni unser Camp von Securitys umstellt, um „für Sicherheit zu sorgen“. Mittlerweile sind es etwa 20 Securitys, welche rund um die Uhr anwesend sind und uns teilweise eingeschüchtert und bedroht haben. Beispielsweise haben sie sich gegenüber einer im achten Monat schwangeren Frau aggressiv Verhalten, dazu später mehr.
Am 15.Juni gab es ein erstes Treffen mit Vertretern von der Stadt und dem Herrn Heinz, Herrn Franz, Sabine und Linda von der Diakonie. Aus irgendeinem Grund saß auch die Polizei mit am Tisch. Wir nannten unsere Probleme, dass warmes Wasser, Strom und WLAN mangelt beispielsweise. Die Stadt teilte uns dort mit, dass die Stromprobleme schon lange bekannt seien, jedoch haben sie nichts unternommen. Sie sprachen mit uns sehr beschwichtigend, haben uns jedoch keine konkrete Hilfe angeboten. Zitat: „Es ist so wie es ist“ und „wir können euch keine Wohnungen zaubern.“
In dem Gespräch wurde uns trotzdem angeboten, dass wir uns in einer Woche nochmal treffen, um eine Lösung zu finden.
Am 22.Juni sind wir wieder dahin gegangen, wir haben über mehrere Punkte gesprochen: Bezüglich der Herde gäbe es angeblich keine Lösungen, wir sollen uns absprechen wann wir duschen sollen (zwei Mal die Woche soll reichen, sagen sie), wir sollen keine elektrischen Geräte wie Laptops und Fernseher gleichzeitig anschalten. Sie haben uns widersprochen, dass es kein WLAN gibt, auf das Angebot es selbst zu prüfen, sind sie nicht eingegangen. Die Bilder davon, dass unsere Nachbarn Krätze haben, wollten sie nicht sehen; die Kinder sollen nicht so viel draußen spielen. Generell wurden eher uns Vorwürfe bezüglich der Situation gemacht, statt Lösungsvorschläge zu bieten. Uns wurde gedroht, dass wenn wir uns weiter beschweren würden, es jetzt sofort auch schlechtere Unterkünfte für uns gibt. Am selben Tag haben wir eine Demonstration vor der Unterkunft abgehalten.
Am 18. Juni wurde Frau Rashids Herd entfernt, während sie nicht zuhause war. Am 27.Juni haben die Securitys versucht, den Herd von besagter schwangeren Frau Yusefi gewaltsam zu entfernen. Mehrere Bewohner haben dagegen protestiert, viele haben noch ihren Herd in der Wohnung, wieso gerade diese Frau? Wir haben die Polizei gerufen, welche dann die Sicherheitsleute von dem Gelände geleitet hat.
Die Einschüchterungen hörten nicht auf. Am 2.Juli um 5 Uhr morgens wurde die, wir wiederholen es, im achten Monat schwangere Frau Yusefi mitsamt Familie sowie Frau Rashid mit Familie von einem großen Polizeikommando sehr grob aus deren Wohnungen gezogen, ohne klopfen, ohne Vorankündigung. Etwa 10 Polizisten stürmten die Wohnung von Frau Yusefi, etwa 50 warteten im Hof. Die Diakonie hat den Polizisten den Schlüssel gegeben.
Frau Yusefi, welche natürlich zu der Uhrzeit schlief, wurde nicht gestattet, sich richtig zu kleiden und ein Kopftuch anzuziehen.
Die zwei Familien wurden nicht zufällig gewählt. Frau Rashid und Frau Yusefi haben mit vielen Bewohnern über die Situation gesprochen und sie bestärkt, für ihre Rechte einzustehen. Sie haben Hausverbot bekommen. Für uns ist eindeutig, dass es sich um eine Abschreckungsmaßnahme handelt. Leider hat das funktioniert.
Am 10.Juli teilte uns die Stadt morgens mit, dass alle Herde aus den Wohnungen raus müssen. Die Übersetzer haben sich versprochen und sagten, dass alle elektrischen Geräte raus müssen. Es kam wie die vergangenen Tage zu mehreren Panikattacken, die Sicherheitsleute haben nicht geholfen oder Hilfe gerufen. Die Herde auf dem Gelände wurden eingesammelt. Wir sind uns bewusst über die existierenden Stromprobleme, jedoch wird uns keine Alternative angeboten.
Wir hatten mehrere Rückfragen, die Lage war insgesamt sehr unklar. An dem gesamten Tag hat Herr Dörr nicht mehr versucht mit Dolmetschern mit uns zu sprechen. Als wir versuchten, ihn mit der Situation zu konfrontieren, kamen viele Polizisten mit Helmen und Schlagstöcken, Herr Dörr hat sich hinter sie gestellt. Gegen 17 Uhr haben alle Diakoniemitarbeiter das Gelände verlassen. Die Polizisten machten eine Reihe und ließen uns nicht durch, auch wenn wir zur Arbeit mussten. Spaziergänger durften passieren.
Die Lage zog sich über mehrere Stunden. Jegliche Vermittlungen liefen nur über anwesende Aktivisten, die versucht hatten, uns zu helfen. Obwohl wir Leute mit elektronischen Beatmungsgeräten, Patienten mit Medikamenten, welche gekühlt werden müssen und Milch für Neugeborene vor Ort haben, wurde uns abends der Strom abgestellt. Das wurde nicht einmal richtig kommuniziert. Der Strom würde erst wieder angestellt werden, wenn alle Kochgeräte, auch Mikrowellen, aus den Wohnungen raus sind. Statt mit uns zu reden, wurde so Druck auf uns ausgeübt.
Einigen Familien wurde ein kurzfristiger Umzug in Hotels angeboten. Es wurde zwar gesagt, dass dort ausreichend Platz sei, die Familien, die das Angebot annahmen, berichteten, dass ihnen für 7 Personen nur ein Zimmer gebucht wurde. Am Ende wurden für uns alle nur 6 Herdplatten zur Verfügung gestellt, bis heute. Wir sind 333 Personen. Als alle Herde raus waren, wurde etwa um Mitternacht der Strom wieder angestellt.
Wir fordern:
1. Eine menschenwürdige Unterbringung, wir wollen nicht in Lagern leben! Sofortiges Handeln.
2. Ausreichende Kochmöglichkeiten!
3. Warmes Wasser, ausreichend Strom, funktionierendes WLAN!
5. Keine Securitys!
6. Sprecht mit uns, nicht über uns!
– Die Bewohner der Geflüchtetenunterkunft in Bonames
Frankfurt, den 15.07.2020
Sie müssen hören, wenn sie uns nicht sehen
Samstag, 15:00 Uhr, eine Fahrraddemo für den Ausbau der Grünflächen fährt durch die Stadt. Annalena sitzt auf ihrem Rennrad und unterhält sich mit Zoe, die auf ihrem E-Fahrrad gemütlich mitfährt. Auf einmal wird es lauter, denn neben der Demo fährt ein schwarzer Mercedes E 280 vorbei. Aus dessen Fenster dröhnt Deutschrap, während sich der aus dem Fenster gelehnte Arm im Takt bewegt. Annalena und Zoe empören sich über die Machoprolls, die mit ihrer lauten Mucke das Gespräch stören und mit ihrem Auto sowieso nur angeben wollen und nebenbei die Umwelt zerstören. Sie haben vielleicht nicht unrecht, dass der 13 Jahre alte Benz die Umwelt gefährdet und dass die Jungs im Auto doch nur angeben wollen.
Doch einer linken Bewegung wird diese Feststellung nicht weiterhelfen. Dass der Kanacke im dicken Benz dabei zum Symbol geworden ist, einem Symbol für Egoismus, Machotum und Ignoranz, ist auch auf der Fahrraddemo unbestritten.
Abgehängt sein
Während Teile der Linken auf die Prolls im Benz schimpfen und Verbote fordern, wird kaum Energie darauf verwendet, zu verstehen, warum gerade junge migrantische Männer häufig solche Autos fahren: In bildungsbürgerlichen Kreisen wächst man mit dem Wissen auf, dass man die Uni besucht, was Gutes lernt und sich vielleicht irgendwann ein Reihenhaus kauft. Später kommt häufig noch das Sammeln von guten Rotweinen und der Wunsch, in den Pyrenäen wandern zu gehen, hinzu. In den sozialen Brennpunkten jedoch sieht die Vorstellung anders aus, besonders bei Migrantinnen und Migranten – denn schon von früh auf lernt man, dass man es eh zu nichts zu bringen wird. Eine Gewissheit, die geschaffen wird durch Film und Fernsehen, Mainstreampresse, diffamierenden Sprüchen in der Schule und durch die Politik.
Dabei ist klar: wer in solchen Verhältnissen aufwächst, hat ein anderes Ziel. Man möchte es raus schaffen aus dem Block, raus aus Verwahrlosung, und der ganzen Welt zeigen, dass man es zu etwas gebracht hat. Man möchte Mama und Papa ein Auto kaufen, bei dem nicht die Sorge vorherrscht, dass es an der nächsten Ecke kaputt geht. Umziehen, am besten in ein Haus weg vom Grau und dem Beton, man möchte einfach zur Gesellschaft dazugehören. Doch das Glücksversprechen des Kapitalismus ist trügerisch, die wenigsten schaffen es raus. Die Vorstellung, das durch Fleiß und Arbeit zu erreichen, wird dabei durch Diskriminierungen im Alltag und im Bildungssystem erschwert. Dabei lernen vor allem junge Männer in unserer Gesellschaft, wie wichtig es ist all, das nicht an sich heranzulassen: sie sollen hart und erfolgreich sein. Und in unserer kapitalistischen Gesellschaft passt nichts besser zum Sinnbild eines erfolgreichen Mannes als das Auto als Statussymbol.
Die Realität ist aber eine andere. Sie ist nicht geprägt von Aufstieg, sondern Hoffnungslosigkeit und zunehmenden Unterschieden zwischen Armen und Reichen. So wird für viele junge Migranten aus dem Wunsch, das begehrte Haus und den Neuwagen zu besitzen, eben der Kauf eines 15 Jahren alten Mercedes oder BMW, der damals viel kostete, heute aber weniger kostet als ein neues Elektrofahrrad.
Es geht um Anerkennung
Doch während es einem klar ist, dass das Glücksversprechen sich nicht erfüllt hat, ist der Wunsch, dass es einem besser geht und man anerkannt wird, immer noch da. Dieser Wunsch nach Anerkennung spiegelt sich wider im Umgang mit alten Autos, mit denen man durch die Stadt rast.
Der Rapper und Youtuber „Slavik“ bringt das auf den Punkt: „Der deutsche Thomas hat 20 Millionen auf dem Konto und fährt Fahrrad, der Umwelt zuliebe. Aber wenn der Slavik sich ein Nissan-Mikra kauft, denkst du, jemand denkt dran, dass er es der Umwelt zuliebe tat? Dieser Slavik, dieser Underdog mit 20 Millionen! Nein, sie denken dann, ah, der Domino’s Pizzafahrer.“
Wer auf diesen Wunsch nach Anerkennung und als Einzelner gesehen zu werden nur mit Abwertung reagiert und Benzfahrer als Macho und Proll stigmatisiert, der wird die (migrantische) Unterschicht weder verstehen, noch erreichen.
Denn die lebenslange Sehnsucht zu einer Gesellschaft dazu zugehören, in der der Status sich über Materielles verdeutlicht, wird nicht dadurch verändert, Menschen zu erklären, dass man keine Statussymbole braucht und der Benz doch nur eine Penisverlängerung sei oder die Umwelt zerstört. Diesen Wunsch nach Anerkennung kann man nur befriedigen, wenn man soziale Verbesserungen schafft und die Stigmatisierung von Migranten als ewige, dummbleibende Unterschicht beendet.
Die linke Bewegung muss daher verstehen: Laute Mucke aus dem Mercedes mag nach außen hin ein Zeichen des Machotums sein. In Wahrheit ist es aber vor allem die Selbstvergewisserung, dass man den eigenen Aufstieg doch noch nicht ganz aufgegeben hat.
Am deutlichsten spiegelt diesen Wunsch der Rapper „Credibil“ in seinen Lyrics wider: „Der ganze Randbezirk will AMGs! Sie sollen hören, wenn sie uns nicht seh’n“.
Auf Suche nach einer Bewegung: Vom Tatort zum Internet-Papiertiger
Seit einigen Wochen tauchen in vielen Stadtteilen Frankfurts Aufkleber der sogenannten Jungen Bewegung (JB) auf. In einer Frankfurter U-Bahn prahlte eine Personengruppe, dass am Folgetag irgendwas in der Stadt passieren solle. Mehr als ein paar verklebte Sticker und Fotos im Netz steckte nicht hinter der vermeintlich krassen Aktion. Es ist symptomatisch, dass solche Aktivitäten als große Aktion mit dementsprechender Veröffentlichung bezeichnet werden. Content für soziale Netzwerke – und natürlich zur Selbstbespaßung einer fiktiven Bewegung und deren AnhängerInnen.
Auch das Aufhängen eines Banners in Braunschweig oder das kurze und nur wenige Minuten andauernde Ausrollen eines Transparents in Frankfurt bei einer sog. „Hygienedemo“ mit dem selben Label, ändert nichts an der sehr simplen aber aufsehenerregenden Form der politischen Aktivität. Dahinter steckt vielmehr das Kalkül mit wenig Aufwand und Personen möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren, damit Medien berichten und die „Aktion“ bildlich reproduzieren. Aufmerksamen Leser*innen wird dieses Prinzip bekannt vorkommen: Es gleicht dem Stil, mit dem sich die Identitäre Bewegung (IB) vor wenigen Jahren in Deutschland prominent in Nachrichten und Medien platzierte.
Junge, Identitäre „Bewegung“
Im April strahlte die ARD den Tatort „National feminin“ aus, der sich mit der IB auseinandersetzt. Er behandelte einen Mord an einer rechten Videobloggerin, welche im Film in der sogenannten Jungen Bewegung organisiert ist – also das Synonym zu IB. Bereits am Tag vor der Ausstrahlung verabredeten diverse Personen der IB und Personen aus deren Umfeld auf dem Nachrichtenportal Discord, Accounts mit dem fiktiven Label zu erstellen. Unter diesem hetzen sie mit den rund 50 neu gegründeten Accounts gegen die Schauspielerin Florence Kasumba und versuchten mehr schlecht als recht einen rechten Shitstorm gegen sie zu befeuern. Auf den weiterhin bestehenden Accounts nutzen sie das von den Tatort-Macher*innen entworfenen Logo und Label, welches dem der IB entlehnt ist. Als content dienen dieselben rassistischen Parolen und sharepics, wie auf den Kanälen der IB. Gleichzeitig ging ein Internetshop der JB Hessen online, der Merch wie Tassen, T-Shirts und natürlich Sticker anbietet.
Das „Kapern“ des JB-Labels wirkt bisweilen wie eine Hoffnung die letzten Überbleibsel und die Aufmerksamkeit die einst der IB zugutekam, zu retten. Der Hype um die Identitären scheint mittlerweile abgeebbt zu sein und ihr Projekt ist quasi am Ende, was nicht zuletzt durch deren Auszug aus dem Hausprojekt in Halle symbolisiert wird. Nachdem es aus verschiedenen Lagern zu Recht häufig Kritik am Umgang der Medien mit solchen Aktionen gab, scheinen diese mittlerweile einen angebrachteren Weg gefunden zu haben mit den vermeintlich skandalösen Aktionen umzugehen. Durch die Berichterstattung über die Aktionen spielten die Medien der extrem Rechten in die Hände und die inszenierten Aktionen erfahren eine unnötig große Öffentlichkeit. Dahinter steht die Medien-Strategie der IB, in Diskurse zu intervenieren und sie zu dominieren. Deren Ziel ist es, den Ausgang der Diskurse mitzubestimmen und die Ideologie der extremen Rechten in einen sagbaren Rahmen zu verschieben.
Drei Stapel Sticker verkleben und ein Transparent bei einer Demonstration ausrollen sind wahrlich kein Indiz für eine Struktur, gar für eine Bewegung. Die Idee auf den Tatort-Zug aufzuspringen ist dabei weder sonderlich kreativ noch innovativ. Demnach zeigt sich die ganze Banalität der „Cut and Paste“-Generation bei dem selbst erklärten Leiter der JB Hessen. Felix Straubinger wurde bereits in der September-Ausgabe (2019) der Autonome Rhein-Main Info – Swing vorgestellt. Bereits damals wurde ihm zugeschrieben Aufkleber produziert und verbreitet zu haben, die inhaltlich der IB nah stehen. Straubinger tritt nun in den sozialen Medien als Leiter der Jungen Bewegung Hessen auf und scheint in dieser Rolle auch einige der Accounts zu pflegen. Er studiert an der TU in Darmstadt Geschichte im Bachelor und ist aktiver Fan der Eintracht Frankfurt. Außerdem tritt er auf dem rechten Portal enuffpost als Autor auf und ist bereits letztes Jahr gemeinsam mit Bewohnern der extrem rechten Burschenschaft Germania in Marburg zum Sommerfest der IB in Halle gereist.
Nun tauchte er mit drei weiteren Personen, die laut deren Postings dem Umfeld der Jungen Bewegung Hessen zu zuordnen sind, am 30.05.2020 mit einem Transparent auf einer der aktuell wöchentlich statt findenden „Hygienedemos“ in der Frankfurter Innenstadt auf. Ähnlich wie bei der IB wird der Auftritt der vergleichbar kleinen Gruppe ganz groß im Internet geteilt, obwohl sie mit dem Banner weniger als drei Minuten auf der Kundgebung zugegen waren. Die Strategie dahinter ist bekannt, das Label austauschbar. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie dieses Mal von Beginn an im luftleeren Raum verpuffen, was auch vom Umgang der Medien und der Linken mit der Gruppe abhängig sein wird.
Drai.noblogs.org/ak069
Dokumentation: Farbe gegen Wohnhaus von Felix Straubinger (IB)
Frankfurt am Main, 11. Juni 2020
Wir haben heute den IB-Aktivisten Felix Straubinger zu Hause besucht. Mit Parolen und Farbflaschen haben wir die Aussenfassade seines Hauses markiert. Straubinger ist seit einiger Zeit immer wieder bei Aktionen der Identitären Bewegung aufgefallen und wurde dankenswerterweise auch vor kurzem von Antifaschist*innen in die Öffentlichkeit gezogen.
Wer auch militant gegen Nazis im Rhein-Main Gebiet aktiv werden will findet im Netz vielerlei Hinweise. (https://stadtlandvolk.noblogs.org/post/2019/02/04/broschure-zum-rhein-main-gebiet-komplett/)
Felix wohnt übrigens mit seinen Eltern und Geschwistern an folgender Adresse:
Felix Straubinger, Am Windhag 3 63263 Frankfurt-Zeppelinheim
Den fünf minuten Auftritt mit seinen IB Kumpels auf der alten Oper vor wenigen Wochen nehmen wir zum Anlass noch mal eine Warnung auszusprechen. Frankfurt ist ein heisses Pflaster für Schweine wie dich, übrigens auch das Waldstadion wo du dich ja immer mal gern rumgetrieben hast.
Der rassistische Anschlag von Hanau bleibt unvergessen. Faschistische Strukturen angreifen, auf allen Ebenen, mit allen Mitteln!
Grüße an die von Repression betroffenen Freunde aus Leipzig – unser Kampf ist gerecht! Frankfurt bleibt nazifrei!
Autonome Antifas
Farbe gegen Haus einer Fundamentalistin
Frankfurt am Main, 13. Mai 2020
In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai haben wir das Haus der reaktionären Fundamentalistin Heidi Mund im Schelmenweg 18, Bergen-Enkheim, mit Farbe angegriffen und ihre Garage mit dem Schriftzug “Entnazifizierung Jetzt” verschönert. Außerdem haben wir Sauerkraut in ihren Briefkasten gekippt.
Nach dem Scheitern des Frankfurter Pegida-Ablegers “Freie Bürger für Frankfurt”, den Heidi Mund mit ihrem Mann Matthias organisiert hat, hatten wir eigentlich den Eindruck, dass Heidemarie Mund völlig in der politischen Irrelevanz verschwunden ist. Bis auf einige schwache Versuche, den Frauenkampftag für ihr rassistisches und antifeministisches Geschwurbel zu vereinnahmen, hatte man längere Zeit nichts mehr von ihr gehört.
Mit dem Aufkommen der verschwörungsideologischen Samstagsdemos sieht Heidi nun allerdings wieder ihren Moment gekommen und ist nun wieder öfter in der Stadt zu sehen. Letztes Wochenende führte sie einen “Spaziergang” der selbsternannten “Rebellen” über die Zeil, zusammen mit dem rechtsaußen Youtuber Henryk Stöckl. Die dort zur Schau gestellte Zusammenrottung aus VerschwörungsideologInnen, organisierten Nazi-Hools und verwirrtem Volk stellt einen der größten rechten Aufläufen seit langem dar. Die offen rechte bis rechtsoffene Vernetzung birgt unserer Meinung nach enormes Radikalisierungspotential, deshalb haben wir uns dazu entschieden, uns die InitiatiorInnen mal vorzuknöpfen.
Wir hoffen, dass diese kleine Aktion vielleicht auch andere Leute zur Handlung inspiriert, denn viele kleine Aktionen können Einiges ausrichten. So ist uns bei unserem Besuch in Bergen beispielsweise aufgefallen, dass Heidi ihre Nachbarschaft ganz schön mit Fundi-Propaganda zustickert und würden uns sehr freuen, wenn sich Leute dessen annehmen.
Gerade in solchen Zeiten legen wir reaktionären Pissern nahe: #StayHomeStaySafe, dann bleiben wir es auch!
AfD-Büro mit Stahlkugeln beschossen
Frankfurt am Main, 18. Mai 2020
Wir haben heute Nacht auf das menschenleere AFD Parteibüro im ersten Stock des Wasserweg 2 in Frankfurt mit Stahlkugeln geschossen. Gefährdung für Menschen haben wir ausgeschlossen, im Gegensatz zu den mörderischen Hetzern im Parlament und ihren rassistischen Helfern auf der Straße.
Nachdem vor drei Monaten in Hanau Tobias Rathjen neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen hat, gab und gibt es vielfältige Aktionen des Widerstands. Dabei steht die AFD im Fokus, denn die Stimmung solcher rassistischer Gewalttaten werden durch sie erzeugt und begünstigt. Die AFD schürt die menschenverachtende Stimmung gegen vermeintliche Migranten und „Ausländer“. Sie hat mit ihrer Kampagne gegen „Shishabars“ die theoretische und praktische Grundlage für Angriffe wie in Hanau gelegt. Zu dem alltäglichen Rassismus unserer Gesellschaft werden Feindbilder erzeugt und die Ausgrenzung vorangetrieben. Die rassistischen Mörder meinen nicht nur die getöteten Personen direkt, sondern greifen die Lebensweise einer pluralistischen Gesellschaft als solche an.
Alle, die nicht in das weiße patriarchale Bild passen sind gemeint. Ihnen soll durch Hetze und Gewalt ihre Freiheit genommen werden. Es wird ein angeblich bedrohtes weißes „Wir“ geschaffen, und von anderen Menschen abgegrenzt, welche die AFD am liebsten auf dem Mittelmeer sterben lassen oder an den Grenzen erschießen will. So vereinen sich die Biedermänner mit den Mörder*innen. Durch den strategischen Bruch vom Tabu dessen was sagbar scheint, wird auch der Rückhalt für die Mörder vergrößert.
Dies ist Ursache und Bedingung zugleich für Angriffe wie in Hanau und Halle. Allein aus diesem Grund ist Tobias Rathien kein Einzeltäter. Die AFD hat mitgeschossen! Wir ziehen die politisch Verantwortlichen in Verantwortung. Wir werden nichts unversucht lassen die Mörder zu stoppen, wenn nötig mit allen erforderlichen Mitteln.
Grüße an alle Migrantifas
AfD hat mitgeschossen
Maintal, 19.06.2020
In der Nacht vom 18. auf den 19. Juni haben wir Horst Nothas (AfD) an seinem Wohnort in Maintal besucht. Wir haben „AfD hat mitgeschossen“ an seine Garage gesprüht. Seinen gewerblich genutzten Transporter haben wir tiefergelegt und mit Abbeizer behandelt.
Horst ist ein kleines Licht. Er steht nicht im Rampenlicht wie andere Hetzer seiner Partei. Aber er hat entschieden sich in einer chauvinistischen, völkischen und rassistischen Partei zu organisieren. Damit ist er mitverantwortlich für die rassistische Atmosphäre aus der unter anderem die mörderischen Täter in Halle, Kassel oder Hanau ihre Motivation und ihre Rechtfertigung ziehen.
Seine Nachbar*innen sollen wissen das sich Horst auf Seite der Unmenschlichkeit positioniert hat. Seine (potentielle) Kund*innen sollen wissen welchen Klempner sie sich mit Horst ins Haus holen oder eben nicht. Viele kleine Lichter in der AfD sollen wissen dass auch sie zur Verantwortung gezogen werden können.
Wir sind solidarisch mit den Betroffenen der rassistischen Morde in Hanau am 19. Februar, den Angehörigen und Freund*innen der Getöteten und auch mit den vielen Verletzten. Deren Forderung nach lückenloser Aufklärung des Ablaufs und des Hintergrunds des Anschlags unterstützen wir und verstehen unsere kleine Aktion als bescheidenen Beitrag zur Durchsetzung dieser.
Yalla Migrantifa
Keine Vergeben, kein Vergessen
P.S.: An Horst und seine Kameraden: Ja, wir haben uns an der Garage verschrieben. Ihr dürft euch gerne darüber lustig machen. Du kannst dich darauf verlassen, Horst, beim nächsten mal schreiben wir es korrekt. Großes Antifa- Ehrenwort.
Keine Denkmäler für Kolonialverbrecher!
Gießen, 25.6.
Wir haben das (15-Meter große) Bismarck-Denkmal in Gießen verschönert.
Rassismus gibt es nicht erst seit den weltweiten Proteste infolge der brutalen Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten.
Aber spätestens jetzt sollte auch dem letzten klar sein, dass wir diese Verhältnisse angreifen müssen und das rassistische Herrschaftssystem nicht weiter bestehen darf.
Der Kampf gegen Rassismus darf aber nicht nur aus Floskeln bestehen, sondern muss auch die Wurzeln verstehen und bekämpfen: den Kolonialismus und seine Kontinuitäten heutzutage.
Auf Bismarck stolz sein ist noch irgendwie salonfähig. Taugen NS-Verbrecher*innen jetzt gerade nicht mehr ganz so als nationale Identifikationsfiguren
für Bürgerliche, ist immerhin noch Bismarck da, auf den man seinen Nationalstolz richten kann. Viele wissen aber nicht, dass Bismarck den Weg für den deutschen Kolonialismus bereitet hat.
Wir fordern also eine radikale Aufarbeitung der deutschen und europäischen Kolonialverbrechen. Keine Denkmäler für Kolonialverbrecher in Gießen, in Deutschland und weltweit.
Spendenaufruf
Auf Grund ihres antisexistischen Engagements gegen einen übergriffigen Lehrenden wurde eine Genossin zu hohen Strafzahlungen verurteilt. Wir verstehen diese Unterlassungsklagen und Entschädigungsgelder eindeutig als Repression gegen feministische Kämpfe, um Betroffene mundtot zu machen und rufen euch daher dazu auf, Kohle für sie zu spenden, damit die Genossin nicht auf den (hohen) Restkosten sitzen bleibt, die wir nicht abdecken konnten.
Zum Hintergrund:
Die Betroffene beschwerte sich beim Gleichstellungsbüro ihrer Universität über einen ihr gegenüber übergriffigen Lehrenden. Das eingeschaltete Büro ergriff jedoch keine Konsequenzen gegen den Täter und drohte stattdessen ihr und weiteren Betroffenen mit Konsequenzen,
sollten die Vorfälle öffentlich werden. Als Reaktion machte die Betroffene das Verhalten der Universität öffentlich und willigte zu einem Gespräch mit der FAZ ein, die über die Vorfälle berichtete. Daraufhin erhielt sie vom Anwalt des übergriffigen Lehrenden eine Aufforderung eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie es in Zukunft unterlassen würde von den Vorfällen zu sprechen. Es kam für die Betroffene nicht in Frage zu unterschreiben und Stillschweigen zu bewahren. In Absprache mit ihrer Anwältin erstattete sie Anzeige wegen sexueller Belästigung. Diese Anzeige war u.a. notwendig, um gegen die Unterlassungsaufforderung vorgehen zu können. Da sie die Aufforderung nicht unterzeichnete, folgte eine Klage des Täters, um sie dazu zu zwingen. Gegenstand dieser Verhandlungen waren die Aussagen, die die Betroffene gegenüber der FAZ tätigte. Der Täter gewann den Prozess und die Betroffene darf über Teile der Vorfälle nicht sprechen, da sie die Taten nicht beweisen konnte – was für sexualisierte Gewalttaten typisch ist.
In der Folge hat der Täter in einer kombinierten, zweiten Klage 7500€ Entschädigung gefordert und zusätzlich weitere Unterlassungsansprüche geltend gemacht. Dieser zweite Prozess ist mit einem Vergleich geendet, durch den die geforderte Summe deutlich gesenkt werden konnte.
Öffentlichkeitsarbeit und Erfolge:
Die Genossin hat viel Energie in Öffentlichkeitsarbeit gesteckt, sowohl innerhalb der linken Szene als auch über regionale und überregionale Presse. Sie thematisierte die Vorfälle, den Umgang des Gleichstellungsbüros und die juristische Auseinandersetzung unter anderem in der FAZ, weitere Medien berichteten in der Folge darüber. Überdies organisierte sie eine Kundgebung mit mehreren hundert Personen mit. Als Reaktion auf diese Proteste und die Berichterstattung hat die Universität eine Antidiskriminierungsrichtlinie verfasst, an der nun auch explizit studentische Vertreter*innen mitarbeiten durften, und in der festgehalten wurde, dass die Antidiskriminierungsberatungsstelle der Universität unabhängig und parteiisch im Sinne der Betroffenen ist. Des Weiteren fand sich eine Gruppe von Personen, die eine Unterstützungsgruppe gegründet und auch den Prozess solidarisch begleitet hat. Aus diesen Zusammenhängen ist eine neue Gruppe hervorgegangen, die explizit Betroffene sexualisierter Gewalt bei Gerichtsprozessen unterstützen möchte.
Bitte unterstützt die Genossin
spendet für die Kosten,
die die ganze Scheiße verursacht hat!
Rote Hilfe e.V. – Ortsgruppe Frankfurt
IBAN: DE24 4306 0967 4007 2383 90
BIC: GENODEM1GLS
Spendenstichwort:
Feministische Betätigung
Anquatschversuch in Frankfurt/Main
Am 15. Juni klingelt bei der Familie einer Genossin, wo sie gemeldet ist, gegen Abend ein Mensch, der sich an der Freisprechanlage als DHL ausgibt und sich oben als Herr Müller vom Bundesverfassungsschutz vorstellt. Er sagt, er suche Frau X* und hätte Fragen zu Menschen aus Bremen. X* hält sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung auf, ihre Familie will erst mit ihr abklären, ob es ok ist, ihre Handynummer weiterzugeben. Herr Müller sagt, er würde am nächsten Tag nochmal vorbeikommen, was er auch tut. Der Bruder von X* gibt ihm die Telefonnummer, einen Tag später ruft Herr Müller X* an. Sie ist bereit, mit ihm zu telefonieren, weil sie sich dadurch erhofft, dass er nicht weiter ihre Familie belästigt. Er will sie zu einem Unternehmen aus Leipzig befragen, das er namentlich nicht nennt, aber meint, dass X* in der Vergangenheit für dieses gearbeitet hätte. X* sagt ihm, dass sie kein Interesse an einem Gespräch hat und legt auf. Danach wechselt sie ihre Handynummer.
Solltet ihr von Beamt*innen des Verfassungsschutzes angequatscht werdet, verweigert unbedingt jedes Gespräch! Ihr müsst kein Wort mit denen wechseln, da der VS keinerlei polizeiliche Befugnisse hat. Die VS-Mitarbeiterinnen versuchten gezielt, das Gespräch nicht einschüchternd, sondern vertraulich zu gestalten. Dass sie hierbei in die persönliche Sphäre der Person eingedrungen sind und den Eindruck von staatlicher Verfolgung hinterlassen, gehört zum psychisch-manipulierenden Vorgehen. Gebt keine Kontaktdaten oder andere Informationen weiter.
Es ist niemals eine Option mit dem VS zu reden. Deren Mitarbeiter*innen sind bestens geschult und lassen sich auch nicht austricksen. Jede Information, die diese in einem „unverfänglichen“ Gespräch erhalten, ist eine Information zu viel! Der Verfassungsschutz möchte Öffentlichkeit vermeiden. Daher: Meldet Euch bei der Roten Hilfe oder anderen Rechtshilfestrukturen, um das weitere Vorgehen zu besprechen und macht den Anquatschversuch öffentlich.
Dokumentation: Do shit get hit – Bullenwache angegriffen.
Frankfurt/nied, 22.06.2020
Viel zu oft beleidigen, belästigen, bedrohen, misshandeln die Schweine, wen sie wollen. Viel zu oft schlagen, foltern und ermorden sie, wen sie wollen. Viel zu oft wird relativiert, weggeschaut und vertuscht. Keine Anstrengung ist zu groß, um das Schweinesystem am Laufen zu halten.
Egal ob Hanau, NSU 2.0, die Anschlagsserie von Joachim Scholz oder die alltägliche rassistische Gewalt durch Bullen und andere Feinde der Emanzipation, wir lassen uns nicht spalten und schlagen zurück. Deshalb haben letzte Nacht die Schweine zur Abwechslung Besuch von uns bekommen. Ihre Außenfassade im Frankfurter Stadtteil Nied zeigt nun die Konsequenzen ihres Handelns. Viel Farbe und eine klare Botschaft bleiben zurück. Eine Hausdurchsuchung bei uns, eine bei euch – If you knock on our doors, we’ll knock on yours! Solidarität mit allen von Repressionen und Gewalt betroffenen Menschen! Grüße gehen raus an alle kämpfenden Genoss*innen! Widersetzen, angreifen, Gegenmacht aufbauen!
„This is no justice, this is shit“
Urteil nach 1,5 Jahren
Elbchaussee-Prozess
Am 10.07.2020 endete nach 1,5 Jahren Dauer der Prozess gegen fünf Angeklagte im Elbchaussee-Verfahren. Drei Jahre zuvor fand in Hamburg der G20-Gipfel statt, gegen den es vielfältige Proteste gab. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen von NoG20-Protesten am Elbchaussee-Aufzug teilgenommen zu haben. Obwohl den einzelnen Angeklagten keine konkreten Taten zugeordnet werden konnten, sollten sie nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft für alle Handlungen und entstandenen Schäden haftbar gemacht werden.
Vor dem Jugendgericht wurden zwei damals noch Jugendliche jeweils zu Arbeitsstunden, zwei weitere Angeklagte aus dem Rhein-Main-Gebiet zu Bewährungsstrafen und Loïc aus Frankreich zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt.
Der Elbchaussee-Prozess zeigte vor allem zweierlei: den unbedingten Willen der Strafverfolgungsbehörden, für die Vorkommnisse während des G20-Gipfels Schuldige zu präsentieren und den politischen Willen, jeglichen Protest zu delegitimieren und zu kriminalisieren. Im Verlauf des Prozesses wurden die von der Staatsanwaltschaft präsentierten polizeilichen Ermittlungsergebnisse reihenweise als manipuliert und tendenziös entlarvt. Mehrfach bezeichneten Zeug*innen der Anklage die von der Polizei vorgelegten schriftlichen Aussagen während des Prozesses als „Quatsch“ oder falsch dargestellt. In der Urteilsbegründung beklagte selbst das Gericht „die politische Stimmungsmache“ und Hetze der Staatsanwaltschaft von Beginn an, die in unverhältnismäßiger U-Haft, der Verschleppung Jugendlicher nach Hamburg oder politisch gesteuertem Aussageverhalten sichtbar wurde.
Um einen „schädlichen Einfluss“ durch eine kritische Prozessbegleitung von solidarischen Strukturen wie der Roten Hilfe zu verhindern, fand der Prozess gegen die fünf Angeklagten die meiste Zeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die vier Angeklagten aus dem Rhein-Main-Gebiet gestanden ihre Teilnahme an dem Protestzug auf der Elbchaussee ein, bedauerten dessen Verlauf und die Form der Aktion, die nicht ihre sei. Das Gericht wertete die Einlassungen „in der Nähe zur Reueerklärung“, vermisste aber eine glaubwürdige Entschuldigung, so dass sie sich kaum strafmildernd auswirkten. Die Prozessstrategie, mit distanzierenden Aussagen einen Freispruch zu erreichen, ging somit nicht auf.
Loïc, der 5. Angeklagte, machte im Prozess auf die Unverhältnismäßigkeit der Strafverfolgung aufmerksam. Sein Unverständnis über eine Bestrafung für Geschehnisse, die die Angeklagten nicht selbst begangen haben, drückte er direkt nach Urteilsverkündung vor dem Gerichtsgebäude aus: „This is no justice, this is shit“. Dagegen wurde und wird kein*e Polizeibeamte*r für die Gewalt anderer in der Einheit oder sogar für die eigens ausgeübte Gewalt während der Gipfelproteste belangt. Loïc distanzierte sich nicht für die Geschehnisse an der Elbchaussee und entschuldigte sich für nichts. In seiner Prozesserklärung ordnete er die Proteste gegen den G20-Gipfel und ihre Legitimität in einen größeren politischen Kontext ein.
Das Urteil ist eine deutliche Absage an den Versuch der Staatsanwaltschaft, aus dem bloßen Mitlaufen eine Mittäterschaft an gewalttätigen Auseinandersetzungen zu konstruieren und politische Auseinandersetzungen in die Nähe von Hooligan-Schlägereien zu rücken. Der Protestmarsch auf der Elbchaussee falle durch seinen von Beginn an „unfriedlichen Verlauf“ nicht unter den Schutz des Versammlungsrechts, urteilte das Gericht. Allerdings sei durch die Wahl der gemeinsamen schwarzen Kleidung ein gemeinsamer Rückhalt für gewalttätige Aktionen erzeugt worden, der den Angeklagten als Solidarisierung und psychische Beihilfe ausgelegt wurde, so dass sie wegen besonders schwerem Landfriedensbruch verurteilt wurden. Mit dieser Argumentation konnte das Gericht einzelne für die Taten anderer abstrafen und so ein offensichtlich politisch motiviertes Exempel zum Elbchaussee-Komplex statuieren. Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung jedoch ausdrücklich, dass mit dem Urteil kein Präzedenzfall für die Beurteilung anderer Demonstrationen ergangen sei und bezog sich damit vor allem auf die Verfahren zum Rondenbarg.
Die drei Dimensionen der Security Culture
SOZIALE SICHERHEIT
- „Don’t ask, don’t tell“ Prinzip
Beispiel: Es reicht Freund*innen zu sagen ihr geht zu einem Treffen, ihr braucht nicht zu sagen von welcher Gruppe oder wo es stattfindet. - Nur so viel Wissen wie nötig
Fragt euch bei jeder Info, die ihr weitergebt, muss die andere Person das wissen. Nicht nur Informationen, wer was genau macht, sondern auch wer eine Aktion organisiert, die Netzwerke dahinter, etc. sind für Repression sehr relevant.
Wichtig: Gilt auch nach Aktionen, Aktionsgemacker gefährdet uns alle!
Beispiel: Es gibt bessere Wege Menschen voneinander zu unterscheiden, als sie bei ihrer Polit-Gruppen Zugehörigkeit zu nennen. - Verschiedene Aktionsbereiche und -level trennen
Beispiel: Bei einer offenen Plattform können auf Treffen gut neue Leute gewonnen werden, Themen breiter diskutiert werden, etc. – es ist aber der falsche Ort, um Leute für eine Aktion, die starker Kriminalisierung ausgesetzt sein kann, zu mobilisieren. - potentielle Zuhörer*innen beachten
Welche Informationen gebe ich an welche Orte weiter? Könnten unbeteiligte Zuhörer*innen dort mitlauschen?
Beispiel: Eine Demo ist kein guter Ort, um die letzte Aktion nachzubesprechen.
PHYSISCHE SICHERHEIT
- Wer hat Zugang zu was? Beispiel: Der Raum in dem ihr eure Aktionsmaterialien lagert: ist er abgeschlossen, wer kann dort alles rein?
- Seid ihr auf Hausdurchsuchungen vorbereitet?
Habt ihr ein Plakat „Checkliste Hausdurchsuchung“ an die Tür gehängt? Eine Handynummer einer Anwält*in? Habt ihr in der WG schon mal darüber geredet, wie ihr mit so einer Situation umgehen wollt? Ist bei euch aufgeräumt?
Kalender, unverschlüsselte Sticks /Handys / Laptops sind bei einer Hausdurchsuchung das größte Geschenk für die Bullen. - Welche Spuren hinterlasst ihr?
z.B. Fingerabdrücke, bezahlen mit EC-Karte, Video-Aufnahmen, Hausmüll, Flyer, SMS, Metadaten… - Welche Räume haben ein besonders hohes Repressionsrisiko? Sollten dort dann Treffpunkte für Aktionen sein?
Repressions-Beispiel: In Tübingen wurden mehrere Hausprojekte im Jahr 2016 videoüberwacht. In Hamburg wurde der Infoladen Schwarzmarkt und das Hausprojekt darüber videoüberwacht. Die KTS wurde 2014 videoüberwacht und 2017 durchsucht. - Welche Kleidung auf Aktionen tragen? Welche Kleidung und Dinge solltet ihr nach Aktionen loswerden?
Repressions-Beispiel: Sehr häufig werden Kleidungsstücke als Beweise vor Gericht verwendet und bei Hausdurchsuchungen gezielt danach gesucht.
KOMMUNIKATION UND DIGITALE SICHERHEIT
- Umfasst u.a.: Briefe, Telefone, Email, Chat/Messenger, „Soziale“-Netzwerke, digitale Informationen (Daten auf Computer, Cloud, …), Funk …
- Bereiche, die wir schützen wollen:
Inhalt unserer Nachrichten und Daten, Metadaten: z.B. wer redet mit wem, mit welcher Kamera wurde das Bild gemacht, etc.
Repressions-Beispiel: In Basel wurden Leute vor Gericht gezerrt für eine Scherben-Sponti, nur weil sie am Tag der Sponti mit anderen Beschuldigten SMS geschrieben haben. - Bedenke, dass unverschlüsselte Kommunikation (Mails, SMS, http statt https) unglaublich einfach zu überwachen ist, verschlüsseln hingegen hat sich immer wieder bewährt.
- Wenn 10 Leute gleichzeitig ihr Handy ausmachen lässt sich daraus schließen, dass sie sich treffen und nicht belauscht werden wollen. Repressionsbehörden lieben solche Metadaten und kommen (sogar im nachhinein) problemfrei an sie heran. Am besten lasst ihr euer Handy zu Hause!
- Vergiss auch nicht, dass sich mit Handys einfach Bewegungsprofile erstellen lassen.
- Welche Daten verbreitest du im Internet, speziell in sozialen Medien?
Repressions-Beispiel: Immer häufiger werden Bilder aus „Sozialen“-Medien von den Verfolgungsbehörden zur Identifizierung von Beschuldigten genutzt.
IM ALLGEMEINEN GILT: SICHERHEITSBEWUSSTSEIN STATT PARANOIA!
Damit eine Sicherheitsstrategie funktionieren kann, muss Handlungsfähigkeit erhalten bleiben:
- Ein Sicherheitsstandard der dich handlungsunfähig macht, ist eine Vorverlagerung der Repression.
- So sicher Arbeiten wie möglich und trotzdem praktikabel bleiben
- In Gruppen darf ein Sicherheitsstandard Menschen nicht ausschließen, stattdessen Skillshare und Workshops bis alle es nutzen können. Aber auch ein zu niedriger Sicherheitsstandard schließt Menschen aus.
- Nur kollektive Sicherheitsstandards bieten Schutz für uns und unsere Strukturen.
- Repression trifft uns nicht alle gleich. Aufenthaltsstatus, potenzielle Berufsverbote und Bewährung können zu sehr unterschiedlichen Risiken für Einzelne führen.
- Faulheit ist nicht dasselbe wie Unpraktikabel!
It’s corony, stupid. – Überlegungen zur Corona-Krise
/ AK.069
Dass alle Verschwörungsideologien zum Thema Corona völliger Humbug, das Virus gefährlich und Schutzmaßnahmen angebracht sind, steht außer Frage. Das müssen wir aber vermutlich den wenigsten Leser*innen erklären. Auch die Frage, welche Maßnahmen sinnvoll und welche überflüssig sind und waren, wird sich erst im Laufe der Zeit klären lassen, und soll hier nicht diskutiert werden. Wir versuchen sicher nicht, Hobbyvirolog*innen zu spielen. Davon gab es in Deutschland in den letzten Monaten mehr als genug. Uns geht es in diesem Text um die gesellschaftlichen Folgen der Einschränkungen und die Hilflosigkeit der Linken.
Unter Corona leidet einerseits das Kapital – was uns als Kommunist*innen ja egal sein könnte. Es ist aber klar, dass Rezessionen Arme und Schwache in besonderem Maße treffen. Andere Auswirkungen sind die negativen Effekte auf demokratische Freiheiten. Personenbezogene Daten und Bewegungsprofile werden erfasst, das Recht auf Versammlung, ein zentrales demokratisches Grundrecht, eingeschränkt und Sanktionsmaßnahmen gegen Verstöße verhängt. Die Kontaktsperre und die anderen Einschränkungen ließen sich nur damit durchsetzen, dass eine erhöhte Kontrolle des öffentlichen Lebens eingeführt wird.
Corona – die große Gleichmacherin?
Wie sehr man von der erhöhten Kontrolle des öffentlichen Lebens betroffen ist, hängt stark von der gesellschaftlichen Position ab. Hierzu vier Szenen aus Frankfurt:
Frankfurt Güntersburgpark: Dort, zwischen Bornheim und Nordend, zwischen Stadtvillen, Rhabarbersaftschorle, Besserverdienenden und hippen Eltern mit Transporträdern, verbrachten in Woche zwei der Kontaktbeschränkungen Hunderte von Anwohner*innen ihre Freizeit. Als die Polizei daraufhin anrückte, bat sie höflich per Lautsprecher darum, doch bitte das Abstandsgebot einzuhalten und bedankte sich danach herzlich bei den Anwesenden.
In Frankfurt Griesheim, dem Stadtteil Frankfurts mit dem geringsten Durchschnittseinkommen, patrouillierte die Polizei mehrmals täglich und verhängte Geldstrafen von bis zu 600 € gegen Jugendliche, die sich auf der Straße aufhielten. Dies endete in einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen und der Polizei.
Im Bahnhofsviertel dagegen wurden „die, die noch nie auf der Sonnenseite des Lebens standen, sich selbst überlassen“ – so formulierten es Mitarbeiter*innen der Frankfurter Drogenhilfe in einem offenen Brief an die Stadt Frankfurt. Wegen der Infektionsgefahr blieben nur sieben von zwölf Druckstuben geöffnet, vor diesen sammelten sich häufig bis zu 100 Menschen ohne jegliche Schutzvorkehrungen. Auch dem Personal mangelte es an Sicherheitsvorkehrungen und Mitarbeiter*innen berichteten davon, wie sie selbst am Rand der psychischen Belastbarkeit standen.
In der Frankfurter Innenstadt demonstrierten im April mehrere hundert Menschen gegen die Zustände in griechischen Flüchtlingslagern. Trotz der Beachtung von Abstandsregeln und Maskenpflicht wurde die Veranstaltung von der Polizei gewaltsam aufgelöst, Personalien aufgenommen und Strafzahlungen erhoben. Dies geschah während am Main dichtgedrängt Wochenendspaziergänger*innen spazierten und flanierten, jedoch ohne sich politisch zu positionieren. Ein Schelm wer da böses ahnt, bzw. vermutet, dass das Auftreten und Durchgreifen der Polizei mit dem politischen Ausdruck der Veranstaltung zu tun hat.
Es zeigt sich vor allem eins: Die Polizei nutzte ihre zusätzlichen Kompetenzen vor allem dazu, diejenigen zu maßregeln, die nicht ins Bild der Finanzmetropole Frankfurt passen. Sie ist die Exekutive des Klassenkampfes von oben.
Eskapaden und autoritäre Ausschweifungen von links
Nicht nur die staatlichen, sondern auch linke Antworten auf die Krise fallen autoritär aus. In den sozialen Netzwerken wurde zu Beginn der Pandemie in Deutschland der Hashtag #staythefuckhome genutzt, um die freiwillige Selbstquarantäne aller Menschen zu fordern. Wer dem widersprach sah sich schnell mit Denunziationen und Vorwürfen konfrontiert. Da kam es schon vor, dass Menschen zu Mörder*innen erklärt wurden, die mit ihren Kindern auf dem Spielplatz schaukelten oder ihren Laden aus Existenzangst noch so lange wie möglich geöffnet hatten. Sogar eine Verschärfung der staatlichen Repressionen gegen Regelübertreter*innen wurde gefordert. Hierin lässt sich ein autoritäres Verlangen spüren, das auf dem Glauben moralischer Integrität beruht und in der Forderung endet, dass amoralisches Verhalten unmittelbar gesühnt werden soll. Sicherlich war es vernünftig, zuhause zu bleiben, um das Ansteckungsrisiko für sich und andere zu minimieren. Dass diese Möglichkeit aber maßgeblich von den eigenen Arbeits- und Wohnverhältnissen abhängt, war dabei selten Thema. #staythefuckhome funktioniert eben nicht so gut, wenn man eine Doppelschicht im Amazon-Lager hinter sich bringen muss.
Andere Linke fanden sich in ihrer anarchistischen Trotzhaltung wieder und bliesen aus prinzipieller Staatsfeindschaft – sie forderten jetzt erst recht raven zu gehen und sich von diesem Staat nichts vorschreiben zu lassen. Auch das ist mehr Ausdruck des Verlusts politischer Urteilsfähigkeit und infantilem Wunschdenken als von Gesellschaftskritik.
NS–Relativierung von links
Dass gelbe Davidsterne mit der Aufschrift „Ungeimpft“ eine widerliche Relativierung der Shoah darstellen, ist klar, und wurde so auch auf allen linken Kanälen benannt. Sobald es aber gegen den eigenen politischen Gegner geht, haben viele Linke vor der Relativierung der Naziverbrechen ebenfalls wenig Skrupel. Unverfroren warf man Wolfgang Schäuble und Boris Palmer, so unsympathisch sie sind, die Verbreitung von Euthanasiegedanken vor. Schäuble sagte, das Grundgesetz schütze die Würde des Menschen, nicht jedes Leben; Palmer, dass den Corona-Toten hier aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Krise verhungerte Kinder in Afrika gegenüberstünden. Beide Aussagen sind vor allem vorgeschobene Argumente wirtschaftsliberaler Interessen. Bei Palmer schwingt zudem das moralisierende „Denk an die Kinder in Afrika“ mit, das den Deutschen nur all zu leicht über die Lippen kommt, wenn im Kindergarten der Kartoffelbrei nicht ganz aufgegessen wurde. Dabei kommt er natürlich nicht auf die Idee, Entschädigungen für Nachkommen der Opfer der Massaker der deutschen Kolonialherren zu fordern. Trotz allem: wer die Äußerungen Schäubles und Palmers mit der gezielten Tötung von Menschen mit Behinderungen vergleicht, ist nicht viel besser als die „Ungeimpften“.
Im Westen nichts Neues
Es ist zu begrüßen, dass im Falle der COVID-19 Pandemie in Deutschland die Gesundheit von Menschen über Wirtschaftsinteressen gestellt wurde. Dass dies nur für Staatsbürger*innen gilt ist ebenso logisch wie tragisch; die Menschen, die in Moria und anderen Camps an der europäischen Grenze leben wurden seit der Kontaktsperre noch mehr alleine gelassen, als sie es sowieso schon waren. In afrikanischen Staaten sind wirtschaftliche Engpässe tatsächlich schon spürbar. Hilfsgüterlieferungen und Entwicklungshilfeprogramme wurden dramatisch reduziert.
In Deutschland entspannt sich die Situation erfreulicherweise Zunehmens. Hier kann man sich also wieder zum Aperol-Spritz in den Parks und Bars treffen, ohne dass die, die nicht gerade zu einer Risikogruppe gehören, das Virus besonders fürchten müssen. Während hier also gerade (von vielen) aufgeatmet und vielleicht sogar schon Urlaub auf dem Ballermann geplant wird, hat ein Großteil der Welt den Höhepunkt der Corona Pandemie noch vor sich. Mitte Juni gab es binnen 24 Stunden einen neuen weltweiten Rekord an Neuansteckungen. Indien, das ein sowieso schon hoffnungslos überfordertes Gesundheitssystem und viel zu wenig Intensivbetten zur Verfügung hat, nimmt bereits Platz 3 der Länder mit den meisten Corona-Zahlen ein und auch in vielen afrikanischen und südamerikanischen Ländern steigen die Infektions- und Todeszahlen drastisch. Die tatsächliche Katastrophe steht also noch bevor.
In Anbetracht der Tatsache, dass die EU und die USA bereits Vorverträge über eventuelle Impfstoff-Lieferungen abgeschlossen haben, steht auch nicht in Frage, wer im Falle eines Impfstoffes am längsten auf dessen Verfügbarkeit warten muss.
Dannenröder Wald bleibt besetzt!
Am 23.06.2020 hat das Bundesverwaltungsgericht über die Klage des BUND gegen den Ausbau der A49 und damit einhergehend über die Zerstörung weiter Teile des Dannenröder Waldes
verhandelt. In Anbetracht des 1,5°C Klimaziels und der dafür notwendigen drastischen CO2 Emissionsreduktionen ist es ein Skandal, dass in Deutschland weitere Autobahnen gebaut werden.
Um auf die verheerenden Folgen für Klima, Wasser und Wald durch die potentielle Autobahn aufmerksam zu machen, wurde am Wochenende vom 19.-21.06. bereits an 11 Orten demonstriert. Die Dannenröder Waldbesetzung hatte im Vorfeld zu diesem Protest aufgerufen. Zahlreiche
Fridays for Future-, sowie Extinction Rebellion, Greenpeace und Klimagruppen haben sich mit der Besetzung und dem Kampf für eine sozial-ökologische Verkehrswende solidarisiert. Es gab mehrere Fahrrad-Demos, Solidaritätsbekundungen mit Bannern, teils auf Autobahnbrücken, teils auf Bäumen, sowie einen mit vertrockneten Bäumen gestalteten Infostand. Darüber hinaus wurde mit einer mehrstündigen Blockade der hessischen Landeszentrale der Grünen und des hessischen Verkehrsministeriums auf die klimapolitischen Missstände aufmerksam gemacht und der Versuch unternommen mit dem Verkehrsministerium in Kontakt zu treten. Während des lauten Protestes vor den Türen des Bundesverwaltungsgerichts, wurde hinter den für uns verschlossenen Türen
entschieden, die Klagen des BUND aus formalen Gründen abzuweisen. Das Gericht hat jedoch in aller Klarheit festgestellt, dass die Untersuchungen zum Trinkwasserschutz fehlerhaft sind und die
Wasserrahmenrichtlinie nicht beachtet ist. Es „[…] erweist sich der Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 unter Berücksichtigung der späteren Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich der wasserrechtlichen Prüfung als fehlerhaft. Er enthält zwar umfangreiche Untersuchungen insbesondere zur Straßenentwässerung und zum Trinkwasserschutz. Es fehlt aber eine Prüfung anhand der speziellen Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie.“ so das BVerG.
Die Besetzung des Dannenröder Waldes wird durch diese Entscheidung unter erhöhten Druck gesetzt. Es gibt nun keine juristische Zwischeninstanz mehr, die den Wald und das Trinkwasser vor dem Autobahnausbau schützt. Die Waldbesetzung wird fortan durch eine „grün“ geführten Regierung konfrontiert, die trotz Klimakrise und Trinkwassergefährdung die A49 bauen möchte. Die Besetzung ruft das Verkehrsministerium zu einem sofortigen Umdenken auf. Bis dieses eintritt, bleibt es notwendig den Wald unter dem Einsatz unser Körper zu schützen. Der Dannenöder Wald bleibt besetzt.
Hintergrund
Die geplante A49, die von Kassel nach Süden mit Anschluss an die A5 verlaufen soll, gefährdet sowohl den Dannenröder Forst als auch den nahegelegenen Herrenwald und Maulbacher Wald. Der Herrenwald ist ein Flora-Fauna-Habitat und der Dannenröder Wald liegt in Mitten eines Trinkwasserschutzgebietes, das 500.000 Menschen mit Wasser versorgt. Die sogenannten „Ausgleichsmaßnahmen“, die von den Verantwortlichen vorgesehen sind, kommen nicht einmal ansatzweise für die Schäden auf, die eine Abholzung der Wälder mit sich führen würde und sind in vielen Fällen sehr schlecht ausgeführt. Seit dreißig Jahren gibt es bereits Widerstand gegen die A49 und Anfang Oktober letzten Jahres wurde der Dannenröder Wald von Aktivist*innen besetzt und somit in letzter Instanz die geplante Rodung des Waldes vorerst verhindert. Von dem Ausbau der Autobahn profitieren nicht zuletzt lokal ansässige Konzerne wie etwa der Autoteilezulieferer Fritz Winter oder der Süßwarenproduzent Ferrero. Diese sind hauptsächlich für den Schwerlastverkehr auf der B 62 verantwortlich, dessen Entlastung die Befürworter*innen der A 49 erwarten. Eine etwaige Entlastung der B 62 nach dem geplanten Ausbau der A 49 wird auch von DEGES Vertreter*innen gegenüber der Presse ausdrücklich weder bestätigt noch negiert. Sich einerseits Verantwortung durch Umweltschutz und „nachhaltigen Anbau“ von etwa Palmöl in den Erzeugerländern auf die Fahne zu schreiben und gleichzeitig an der Vernichtung von unersetzbarem Naturraum vor der eigenen Haustür zu beteiligen ist an Heuchlerei nicht zu überbieten. Dies reiht sich ein in zahllose Greenwashing-Kampagnen multinationaler Konzerne um ein grünes Image fern von jeder Realität zu generieren.
Reaktion auf Appell den Wald zu verlassen
Aktivist*innen im Dannenröder Wald lassen den Appell der DEGES, die Besetzung zu beenden, links liegen. Die DEGES plant mit der Rodung des Waldes ab dem 1. Oktober Fakten zu schaffen. Dies tun sie, obwohl der gesellschaftliche Konflikt um die A49 noch nicht gelöst ist. Hinzu kommt, dass nach heutigem Baurecht der Bau der Autobahn nicht realisierbar ist, wie auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigt hat. Auch der Nachweis des öffentlichen Interesses an der Autobahn ist scheinheilig. Weder kann mit Sicherheit gesagt werden, ob es zu einer Entlastung der Anwohner*innen an den Bundesstraßen kommt, noch wurde eine Bürger*innenbefragung durchgeführt. Gesichert hingegen ist, dass durch den Bau der A49 Trinkwasser in große Gefahr gebracht und ein unersetzlicher Naturraum zerstört wird.
Die Besetzer*innen sehen sich genötigt gegen den Raubbau an der Natur zu agieren und lassen sich diesen Protest nicht durch eine der Hauptadressat*innen (DEGES) regulieren. „Wenn wir gehen, wird die DEGES durch die Zerstörung dieses Waldes die Klimakrise weiter befeuern. Wenn wir die Auswirkungen unserer Umweltzerstörung minimieren und die 1,5 Grad Grenze einhalten wollen, dann müssen wir jetzt handeln. Dies bedeutet, sich aktiv gegen die Verbrechen, die vom Land Hessen, der DEGES und der Strabag begangen werden, zu stellen und sich für eine gerechte Verkehrswende einzusetzen.“ fasst Tom Wünsche aus der Besetzung die Motivation von Aktivist*innen zusammen.
Die Aktivist*innen appellieren an die DEGES,die Planung der A49 einzustellen. Außerdem appelliert die Besetzung an die Zivilgesellschaft weiter gegen den Bau der A49 und die bevorstehenden Baumfällungen zu protestieren, dies mit vielfältigen Mitteln zu tun, und die Arbeiten vor Ort aktiv zu verhindern.
Dokumentation: Versuchter Brandanschlag auf Autobahn-Baustelle
Treysa/A49, Juli 2020
In der Nacht vom 3. zum 4. Juli 2020 wurden fünf Bagger des Großkonzerns Strabag angezündet. Die Maschinen wurden für den Bau der A 49 bei Treysa, Hessen eingesetzt.
Am 23. Juni hat das Bundesverwaltungsgericht die letzte legale Hürde zum Weiterbau genommen. Auch wenn sich das Gericht nicht in der Lage sah, die Unzulänglichkeit einiger zum Bau notwendiger ökologischer Ausgleichsmaßnahmen zu verneinen, beurteilte es den lang geplanten Weiterbau der Autobahn als zu wichtig, um durch ökologische Bedenken gestoppt zu werden.
Es war lang vor der Gerichtsverhandlung in Leipzig klar, dass die Institutionen des bürgerlichen Staates, ob politisch oder juristisch, nicht in der Lage sind und nicht dazu geformt wurden, um ökologische Desaster zu verhindern. Wo die Kräfte des industriellen Kapitalismus ungehindert diesen Planeten – unsere Heimat – unbewohnbar machen, ist die direkte Aktion notwendig. Angesichts einer sogenannten „Grünen“ Partei und Justiz, die die Eskalation des Konflikts weiter provozieren, sahen wir uns genötigt mit Feuer zu antworten. Mögen das Feuer das den Nachthimmel im Schwalmtal erleuchten, die Wut all derer, die von dieser maßlosen Unverantwortlichkeit betroffen sind – wir alle – in Flammen setzen. Nein zum Bau neuer Autobahnen, Nein zur Kontamination, Nein zur Rodung im Dannenröder Wald, Nein zu ökologischer Zerstörung weltweit. Bleib nicht passiv, lass dich nicht vom Gefühl der Machtlosigkeit herunterziehen. Lasst uns die Kontrolle über unser Leben nehmen, wo der Staat versucht sie von uns zu nehmen!
Autonome Kleingruppe in Solidarität mit den Kampf gegen die A49
Ergänzung: Die Brandsätze waren zu Wochenbeginn entdeckt worden. Laut polizeilichen Ermittlern ist anzunehmen, dass die Brandsätze vermutlich aufgrund der Witterungsverhältnisse wieder ausgingen. Sachschäden an den Baufahrzeugen blieben dadurch aus.
Chronik Mai/Juni/Juli 2020
8.5. Migrantifa-Kundgebung in Ffm fordert Entnazifizierung der Behörden.
9.5. Feuchte Fascho-Träume werden wahr: Demo von rechten Verschwörungsgläubigen über die Zeil ohne wahrnehmbaren antifaschistischen Gegenprotest. In den nächsten Wochen gelingt es aber Gegenprotest zu organisieren und die Rechten aus der öffentlichen Präsenz zu drängen.
13.5. Rechtsextremer Einzelfall bei der Bundeswehr Nr. 179: Im Garten eines rechtsradikalen Feldwebel des KSK in Niedersachsen wird ein Waffenversteck mit mehrere Schnellfeuerwaffen, Munition und Sprengstoff gefunden. Allerdings ist das nur ein Bruchteil der 85.000 Schuss Munition und der 62 Kilogramm Sprengstoff die bei der Bundeswehr vermisst werden …
28.5. Start der Revolte in den USA
6.6. Zwei große #BlackLivesMatter-Demos in Ffm. No Justice, no peace!
11.6. Im tristen Bruchköbel werfen seit Jahren unbekannte Künstler*innen Farbeier auf die Hauswände in einem Straßenzug – stets wenn die Bewohner*innen im Urlaub sind. Für ein buntes Bruchköbel!
12.6. CDU-Posterboy und Bundestagsmitglied Philipp Amthor wird Korruption nachgewiesen. Mit von der Partie Hans-Georg Maaßen, Karl Theodor zu Guttenberg und ein Mitglied der Familie von Finck, Großspender der FDP, AfD und seinerzeit NSDAP. Konsequenzen = 0
16.6. Der Prozess gegen die Nazis Stephan Ernst und Markus Hartmann beginnt im Oberlandesgericht. Eine Antifa-Demo fordert ihre Verbindung zum NSU und dem Verfassungsschutz offen zu legen.
17.6. Hausdurchsuchung in Frankfurt durch Bundesanwaltschaft wegen §129a. Abends Soli-Demo in Bockenheim.
20.6. In Stuttgart entlädt sich Frust über den polizeilichen Normalzustand in einem zweistündigen Krawall. Die auch in D unter Druck stehende Bullerei nimmt es als Anlass zur Diskursverschiebung. Anstatt der Kritik an rassistischer Polizeigewalt überschwemmt der #StuttgartTerror über Tage die Medienlandschaft. ACAB!
20.6. Aktionstag von Stadt für alle! in Frankfurt gegen Mietenwahnsinn, Rassismus und Klimawandel!
21.6. Sächsischer Polizeiskandal Nr. 276: In Leipzig vertickern zahlreiche Bullen beschlagnahmte Räder. Eine 43-jährige Polizistin soll es innerhalb von vier Jahren auf mehr als tausend verscherbelte Fahrräder gebracht haben. Aber so etwas geschieht sicherlich nur in Sachsen und auf gar keinen überhaupt nicht niemals in anderen unfehlbar Polizei. Punkt!
22.6. Angriff auf die Arbeitsagentur mit Molotov-Cocktail in Frankfurt. Bis auf einen kokelnden Container passiert nicht viel, eine Person wird dabei beobachtet, kann aber entkommen.
23.6. In Frankfurt gibts jetzt Polizeistreifen auf Fahrrädern. Passt auf euch auf und immer aufs Gleichgewicht achten!
25.6. Protest von Fridays for Future auf der Hauptversammlung der Lufthansa. 9 Milliarden (9.000.000.000 €) Billigkredit hat die Lufthansa für ihr zerstörerisches und klimaschädliches Geschäft bekommen. Der scheiß Kranich muss endlich am Boden bleiben!
Sommer 2020 Im ländlichen Umkreis von Frankfurt werden dutzende Jagdsitze sabotiert und teilweise das Kürzel ALF für Animal Liberation Front hinterlassen.
2.7. Mehrere Hausdurchsuchungen in BaWü wegen Angriff auf Faschos in Suttgart im Mai. Ein Mensch, Jo, sitzt immer noch in U-Haft.
7.7. 3 Jahre nach dem G-20 Gipfel in HH: Von 157 Verfahren gegen beim Gipfel eingesetzte Polizist*innen sind 120 eingestellt worden. Kein*e einzige*r Polizist*in wurde angeklagt. Lediglich ein (ehemaliger) Polizist, der eine Dose auf seine Ex-Kollegen geworfen haben soll, wird angeklagt – und frei gesprochen. Währenddessen fordert die Staatsanwaltschaft hohe Haftstrafen im Elbchauseeprozess. Noch Fragen?
9.7. Anti-Repressions-Demo in Frankfurt u.a. für die Beschuldigten im Elbchausse-Prozess
9.7. Your daily Einzelfall der hessischen Polizei erreicht die Landespolitik. Peter Beuthlin steht unter Druck, ein faschistisches Netzwerk in der hessischen Polizei ist nicht mehr zu leugnen. Erneute Demo vor dem 1. Polizeirevier an der Konsti.
10.7. In Würzburg wird nach Auflösung einer Party ein Streifenwagen angezündet. Defund the Police!
13.07. Wiederholter Bulleneinsatz in der Geflüchteten-Unterkunft am Alten Flugplatz. Diesmal wird auch der Strom abgedreht. Warum? Weil mehrere Familien eigene Kochplatten benutzen, die das marode Stromnetz überlasten. Menschenwürdige Unterbringung für alle Geflüchtete statt rassistische Bulleneinsätze!
14.7. Hessens Oberbulle Udo Münch wird das Bauernopfer im hessischen Polizeiskandal. Das Versetzen in den bezahlten Ruhestand nennen sie Verantwortung übernehmen, wir nennen das Vetternwirtschaft und Sozialbetrug. Bullen in die Produktion!
14.7. Rechter Einzeltäter die 541ste: Im badischen Oppenau entwaffnet ein Fascho vier Bullen und flüchtet.
22.7. Kundgebung anlässlich des rassistischen Mordversuchs in Wächtersbach. Kein Vergeben, kein Vergessen!
Dokumentation
Stadt für alle!Autos von Immobilienmakler demoliert
Hofheim-Diedenbergen, 25. April 2020
Gegen die Stadt der Reichen – Rhein Main nach Connewitz
Hofheim im Taunus liegt zwischen Wiesbaden und Frankfurt, dort haben wir in der Nacht von Freitag auf Samstag 2 Firmenfahrzeuge der Firma HÄHNLEIN & KRÖNERT in der Tiefgarage angegriffen. Wir haben in der Tiefgarage den Spruch „Gegen die Stadt der Reichen“ hinterlassen und den Porsche SUV mit dem Kennzeichen MTK HK 800 ordentlich demoliert und am Ende noch mit Löschpulver den Innenraum unbenutzbar gemacht. Der Spritfresser und Umweltsünder dürfte Schrott sein. Auch ein weiteres Auto der Firma hat einiges abbekommen – Laut den Bullen insgesamt 25000 Euro Schaden. Es war ihnen sogar zwei Pressemitteilungen wert. (s.U.)
HÄHNLEIN & KRÖNERT sind die Verkäufer eines Nobelwohnblocks in Leipzig Connewitz.
Dieser erregte bereits in der Vergangenheit den Zorn des Stadtteils:
„Hähnlein & Krönert prahlen derweil im Internet damit „mit großem Respekt vor den urbanen Besonderheiten des quirligen Stadtteils Connewitz“ [..] „Familien ein angenehmes Leben in ruhiger Umgebung zu ermöglichen.“ – es quirlen Hohn und Spott aus jedem Satz des Werbetextes.
Fakt ist, dass der Frieden der zukünftigen Eigentümer mit hohen Toren und fensterlosen Mauern in den zwei unteren Etagen gesichert wird. Dass sich, angesichts eines wahnwitzigen Verkaufspreises von rund 4000€/m², die Mieten der umliegenden Einwohner in den nächsten Jahren weiter steil nach oben entwickeln werden, ist so gewiss wie das Amen in der Kirche“
Leipzig wird wie alle größeren Städten stetig weiter aufgewertet. Den Gutverdienenden wird mehr Platz geschaffen, die Obdachlosen schikaniert und die Gerinverdienenden an den Stadtrand gedrängt. Die Coronakrise wird diese Ungerechtigkeiten weiter verschärfen, wenn wir nicht auf vielen Ebenen intervenieren.
Im nahegelegenen Frankfurt wird seit langem der Mietentscheid mit fadenscheinigen Argumenten heraus gezögert. Er wäre eine Chance eine Stadt für alle zu gestalten bei der die Menschen und nicht die Profitmaximierung im Mittelpunkt stehen. Wir nehmen uns ein Beispiel an Connewitz und lassen uns das nicht weiter gefallen! Die Verkäufer solcher Immobilien sollten sich nirgends sicher fühlen. Deshalb haben wir sie dort angegriffen wo sie zu Hause sind.
Insbesondere Grüßen wir die Kämpfenden gegen den Verkauf der Liebig 34 in Berlin, welche sich aktiv zu Wehr setzten. Auch wenn sie den Prozess weiter verschieben – Wir geben keine Ruhe!
Beste Grüße an die 3 von der Parkbank und alle Anderen in den Knästen.
Aktionsgruppe gutes Wohnen
Luxuswohnungen von Instone markiert
Frankfurt am Main, 19.6.2020
Gestern haben wir das Bauprojekt „Marie“ im Frankfurter Nordend besucht und die Fassade der Musterwohnung mit grüner Farbe verschönert. Noch mehr hässliche Luxuswohnungen braucht schließlich kein Mensch. Nirgendwo in Frankfurt. Aber vor allem nicht in den wilden Gärten der Grünen Lunge, wo der Investor „Instone Real Estate“ als nächstes aufschlagen will. Dort wird’s ungemütlich, also verpiss dich!
Klimawandel stoppen, Betongold zu Risikokapital machen, GrüneLungeBleibt!
Vonovia-Carsharing Fahrzeug in Brand gesetzt
Frankfurt am Main, 15. Juni 2020
Wir haben in der Nacht vom 14. auf den 15. Juni ein Fahrzeug von Vonovia-carsharing/ DB-flinkster in Brand gesetzt.Nebenstehende Fahrzeuge waren ebenfalls DB Carsharing Autos, somit entstand für keine Privatpersonen irgendeinen Schaden.
Schon in der vergangenen Zeit kam es in Frankfurt1 aber auch bundesweit2 zu verstärkten Angriffen auf zentrale Akteure der Immobilienwirtschaft, namentlich vor allem VONOVIA. Dem wollen wir einen Beitrag hinzufügen. Auch für die bevorstehende Räumung der Liebig 34 sollte der Angriff als Warnung verstanden werden.
Statt den üblicherweise in einer militanten Praxis im Fokus stehenden Handwerkerautos traf es diesmal ein carsharig Fahrzeug.3 Vonovia wirbt in dem Kontext immer wieder mit ihrer Bandbreite an Dienstleistungen für Mieter*innen. Dem setzten wir entgegen, dass es Vonovia auch hierbei um die profitorientierten Marktinteressen des Konzerns geht. Neben der Rolle als Wohnungsbau- und Mietunternehmen stellt für uns auch die Darstellung als vermeintlich nachhaltiger oder sozialer Dienstleister ein Problem dar. Die Scheinheiligkeit des Unternehmens ist unerträglich. Hierbei können wir uns nur den Ausführungen einer Berliner Aktionsgruppe vor einigen Tagen anschließen:
„Das nun zum wiederholten Male der größte börsennotierte Wohnimmobilienkonzern Vonovia, mit mehr als 400.000 Wohneinheiten, den zweitgrößten börsennotierten Wohnimmobilienkonzern Deutsche Wohnen, mit über 150.000 Wohneinheiten, übernehmen will, ist ein klares Signal, dass der Widerstand nun noch verstärkt werden muss.
Da sich Vonovia in den vergangenen Jahren als Führer auf dem deutschen Immobilienmarkt etabliert hat, zeigt sich das Unternehmen auch dementsprechend unbeeindruckt von der Corona Krise, die Anfang 2020 einen Großteil der Menschen weltweit in finanzielle und existenzielle Bedrängnis gebracht hat. Man verbucht gar eine Steigerung der Einnahmen und erhöht das sechste Jahr in Folge die Gewinnausschüttung an die Aktionäre.
„Für die Hauptversammlung am 30. Juni 2020 empfiehlt der Vorstand eine Gewinnausschüttung in Höhe von 850 Millionen Euro. Was das bedeutet? Dreieinhalb von zwölf Monatsmieten einer jeden Mieter*in wandern direkt auf die Konten von BlackRock, Fidelity Investments, APG SGA und zahlreichen weiteren Finanzdienstleister*innen und Anteilseigner*innen. Das geht aus dem Jahresabschlussbericht des Konzerns hervor.“
Dass diese wirtschaftliche Stabilität nicht von ungefähr kommt und vor allem nicht auf Grund der „sozialen Wohnungspolitik“ Vonovias, sollte klar sein, auch wenn Rolf Buch, Vorsitzender der Vonovia im Mai 2020 im Zusammenhang mit der Corona Krise verlauten ließ:
„Wir stehen zu unserer Verantwortung als großes Wohnungsunternehmen. Unsere wirtschaftliche Stabilität bildet die Basis dafür, dass wir in der Corona-Krise gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und unsere Kraft und Fähigkeiten nutzen können, um zu helfen“
Die Krise schürte bei tausenden, gerade in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeitenden Mieter*innen die Angst, ihre nächste Miete nicht bezahlen zu können.
Um größeren Unmut oder gar Widerstand zu verhindern, beschloss die Bundesregierung einen Stopp der Mieterhöhung, sowie ein Aussetzen aller Zwangsräumungen, bis Ende 2020. Außerdem wurde eine Mietstundung angeboten, zu einem Zinssatz von aktuell 4,22%. Da sich der Zinssatz der Mietstundungen vom aktuellen Basiszinssatz ableitet, bleiben die anfallenden Zinsen, bei ausfallenden Mietzahlungen, eine sichere Einnahmequelle für die Immobilienbranche.
Obwohl sich Vonovia also rein an gesetzlichen Vorgaben hält, setzt sich das Unternehmen als „soziales Unternehmen“ in Szene. Ein Blick auf die ersten 3 Monate des Jahres 2020 reicht dabei aus, um zu erkennen, wie es um das „soziale“ bei Vonovia bestellt ist.
So verzeichnete die Vonovia eine Einnahmesteigerung durch Mieteinnahmen von 12,3 % auf 564 Millionen € und eine Mietsteigerung von 5,8 %. Für das Jahr 2020 war eine Steigerung der Mieten von 4 % vorgesehen, diese wurde (sozial wie Vonovia ist) auf 3,8% gesenkt, als Corona bereits in Deutschland wütete.
Es sollte bei alldem auch erwähnt werden, dass durch eine komplexe Unternehmensstruktur mit diversen Tochterfirmen, wie bei großen Unternehmen üblich, Vonovia aktiv Arbeitskämpfe versucht zu verhindern und unmöglich zu machen. Nach wie vor zahlt der Immobilienriese kaum Tarif (nicht einmal 20% der Mitarbeiter*innen), befristet nahezu alle Arbeitsverträge und sorgt für ein Unternehmensklima, in dem Mitarbeiter*innen durch Druck und Drohungen dazu angehalten werden, sich der profitorientierten und menschenfeindlichen Firmenpolitik zu fügen.
Gerade als militante Akteur*innen wollen wir einmal deutlich herausstellen, dass sich die Aktionen gegen Vonovia nicht gegen die Angestellten richten soll. Wir sehen die vielen Aktionen gegen Vonovia im Kontext einer sich verschärfenden Lage auf dem Wohnungsmarkt, einer immer deutlicher werdenden Interessenvertretung der Immobilieneigentümer*innen durch parlamentarische Politiker*innen und Journalist*innen und einer Staatsmacht, die keine Probleme damit zu haben scheint, die privaten Interessen von Investoren mit Gewalt zu schützen und durchzusetzen.
Deshalb bleibt die einzig sinnvolle Forderung die Enteignung und Vergesellschaftung der Vonovia, der Deutsche Wohnen und ihren Partner*innen. Der Mietendeckel bietet keinen ausreichenden Schutz für Mieter*innen und ist keine langfristige und qualitative Änderung des Wohnungsmarktes.
Solange Wohnraum eine Ware ist muss es Widerstand auf der Straße geben um klarzumachen, dass sich mit dem Wohn- und Lebensraum von Menschen kein Profit machen lassen darf! Genauso wenig ist der Wohn- und Lebensraum von Menschen dazu da, sich die Rente zu sichern oder sein*ihr „Vermögen klug anzulegen“! Es muss sich dann auch niemand wundern, wenn einem die ganze Sache um die Ohren fliegt!
Wir gehen davon aus, dass diese Krise, so wie sonst jede Krise, besonders auf den Schultern der armen und prekären Bevölkerungsschichten ausgetragen wird. Dass sich Firmen wie Vonovia und Deutsche Wohnen aktuell zurückhalten, liegt wohl eher an erwartetem Aufschwung und an Subventions- und Soforthilfeprogrammen, mit denen viele Leute zwar weiter Miete zahlen können, allerdings langfristig dem immer teurer werdenden Wohnungsmarkt ausgeliefert und in existenzielle Nöte gedrängt werden.
Es ist darum umso wichtiger den Widerstand aufrecht zu erhalten und deutlich zu machen, dass es keine Alternative zur Vergesellschaftung des Wohnraums gibt.
Wir rufen auf sich an der Mieten-Aktionstag am 20. Juni zu beteiligen.“
Liebig 34 verteidigen!
Nachlese Erster Mai
Farbe gegen Arbeitsamt
Mainz, 1. Mai 2020
Am 1. Mai, dem Kampftag der Arbeiter*innen, wurde das Arbeitsamt in Mainz mit Farbe markiert. Diese Behörde zwingt Menschen, die sowieso schon jeden Tag darum kämpfen müssen genug Geld zum leben zu haben, jegliche Arbeit zu verrichten, egal wie mies sie bezahlt ist, oder wie unmenschlich die Arbeitsbedingungen sind. Deutschland ist eines der Länder mit dem höchsten Niedriglohnsektor Europas und das obwohl der wirtschaftliche Reichtum dieses Landes jedes Jahr wächst. Dieses Wachstum kommt bei den lohnabhängigen Menschen jedoch in keiner Weise an, sondern versickert in den Taschen der Bosse, Manager*innen, Kapitalbesitzer*innen und Eigentümer*innen von Produktionsmitteln. Sie haben auch in der aktuellen Krise nicht um ihren Reichtum zu fürchten, im Gegensatz zu den Millionen, die nun durch Kurzarbeit, Kündigungen oder Insolvenzen kleiner Betriebe um ihre Existenz kämpfen müssen, darum die Miete zahlen zu können oder die nächsten Monate zu überstehen. Die allermeisten von ihnen werden nun in die Abhängigkeit gezwungen: von der Willkür des Arbeitsamtes und den bürokratischen Hürden der staatlichen „Hilfspakete“.
Die bestehenden Eigentums- und Wirtschaftsverhältnisse aufrecht zu halten, ist Aufgabe des Staates und seiner Behörden, daher werden sie immer Teil des Problems sein, statt zu echten Lösungen beizutragen. Gerade in Zeiten, wo Ohnmacht und Resignation vor dem System allgemeiner Konsens scheint, braucht es Aktionen, die ein Zeichen setzen, die darauf aufmerksam machen, wie diese Verhältnisse Armut und Ausbeutung verschärfen und festigen. Der Farbangriff war eine Aktion, die eine tiefe Solidarität mit allen Unterdrückten in diesem System zum Ausdruck bringen soll. Sie überschreitet bewusst Grenzen des Legalen und des Akzeptierten, um klar zu machen, dass es keinen Frieden mit diesen menschenverachtenden Zuständen geben kann. Wir sind nicht machtlos, wenn wir uns unserer gemeinsamen Stärke bewusst werden und beginnen für eine grundlegende Veränderung aller Verhältnisse, die uns unterdrücken, zu kämpfen!
Farbe gegen Jobcenter
Frankfurt am Main, 8. Mai 2020
Wir haben in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai die Fassade des Jobcenters in Frankfurt-Bockenheim mittels eines Farbfeuerlöschers verschönert. Das Jobcenter steht seit seiner Gründung sinnbildlich für den in unserer Gesellschaft herrschenden Sozialchauvinismus und fällt immer wieder durch seine rassistische und sexistische Arbeitsweise auf.
Mit unserer Aktion wollen wir einen kleinen Beitrag zu den politischen und alltäglichen Kämpfen um eine Anerkennung und bessere Bezahlung der Sorgearbeit leisten sowie ein Zeichen gegen die Prekarisierung von gesellschaftlich marginalisierten Gruppen und der lohnabhängigen Arbeiter*innen setzen.
Zu Zeiten der Covid19-Krise kommt es uns besonders wichtig vor, auf die menschenunwürdige Situation im Pflegesektor aufmerksam zu machen.
Applaus ist kein Lohn und reicht nicht als Anerkennung!
Für eine Politisierung des 1.Mai!
Sechs Monate nach dem 19. Februar:
Erinnerung – Gerechtigkeit – Aufklärung – Konsequenzen!
Aufruf zur Demonstration und Kundgebung in Hanau
Am Samstag, 22. August 2020
13 Uhr Hanau-Kesselstadt
14 Uhr Hanau-Freiheitsplatz
Vorläufiger Aufruf: Am 19. August wird es sechs Monate her sein, dass ein Rassist mit seinen tödlichen Schüssen unsere Herzen gebrochen und unsere Leben, unsere Familien und unsere Stadt zerrüttet hat. Wir alle werden niemals so leben wie zuvor und nichts und niemand kann wiedergutmachen, was geschehen ist. Niemand kann Ferhat, Fatih, Gökhan, Kaloyan, Mercedes, Vili, Nesar, Hamza und Sedat ins Leben zurückrufen.
Wir, die Angehörigen der Opfer, die Überlebenden und Betroffenen, das Institut für Toleranz und Zivilcourage -19. Februar Hanau e.V. und die Initiative 19. Februar Hanau rufen gemeinsam zur Demonstration und zum Gedenken auf: in Hanau am 22.8.2020, dem Samstag nach dem 19. August.
Wir erfahren nach und nach, was vor dem 19. Februar passierte, welche Warnungen nicht ernst genommen wurden und dass viele Polizisten – vor allem in Kesselstadt – seit Jahren lieber unsere Kinder und Freunde schikanieren anstatt Nazis die Waffen wegzunehmen. Ja, wir erfahren, dass sich hier niemand um den Schutz von jungen Menschen sorgt, die eine Migrationsgeschichte haben. Wir recherchieren und ermitteln selbst. Jeden Tag. Wir rekonstruieren nicht nur die Tatnacht, sondern auch die Jahre davor und finden immer mehr behördliches Versagen. Offene Fragen werden nicht beantwortet und wir erleben die blinden Flecken im sogenannten sozialen Rechtsstaat.
Wir kämpfen seit jenem Tag. Und wir werden nicht aufhören. Denn in den letzten 6 Monaten wurde viel versprochen und wenig geliefert. Wir lassen uns nicht stumm stellen und wir geben uns mit Beileidsbekundungen und warmen Worten nicht zufrieden. Der Rassismus ist nicht verschwunden, nur weil Politiker dieses Mal das Problem nicht mit Schweigen, sondern mit Reden unter den Teppich gekehrt haben.
Unsere Frage an die Politik und die Behörden: worauf wartet ihr eigentlich, wenn nicht auf den nächsten Anschlag?
Heutzutage ist es bereits ein Erfolg, dass die Tat als das anerkannt wird, was sie war: Purer Rassismus. Kein verwirrter Einzeltäter. Wie viele Hinterbliebene mussten selbst Jahrzehnte um diese Benennung kämpfen! Doch das reicht uns nicht. Wir wollen Taten sehen. Wir wollen, dass Hanau keine Station von vielen ist, sondern die Endstation. Wir sagen ein halbes Jahr danach: Es muss sich endlich – nicht nur etwas, sondern vieles – in diesem Land ändern.
Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Tat des 19. Februar 2020.
Warum wurden diese Morde nicht verhindert? Wir fordern Antworten auf unsere Fragen und dass diejenigen Beamten, die nicht nur in der Tatnacht, sondern all die Jahre davor bereits versagt und die Warnsignale ignoriert haben, beim Namen genannt und zur Rechenschaft gezogen werden.
Wir fordern politische Konsequenzen.
Die Verschärfung des Waffengesetzes ändert nichts, wenn es immer noch Rassisten sind, die Rassisten die Waffenscheine ausstellen. Wir fordern eine Entnazifierung des Bundestags, der Behörden und Institutionen und die Entwaffnung aller Rassisten in diesem Land.
Wir fordern den Rücktritt aller Verantwortlichen, die lebensbedrohliche Informationen und Warnsignale für jede Form von rassistischen und rechtsextremen Anschlägen ignorieren oder verschweigen. Wir fordern den Rücktritt des Hessischen Innenministers Beuth.
Wir fordern Gerechtigkeit und Unterstützung.
Dass das Leid der Familien ernst genommen wird. Dass durch Taten und nicht nur Worte oder Kränze gezeigt, ja bewiesen wird, dass dieser Anschlag und dass Rassismus und Rechtsextremismus in diesem Land nicht geduldet, toleriert und akzeptiert werden. Dass alles Erdenkliche dafür getan wird, den Familien weitere Sorgen zu ersparen und ihnen ihren zerrütteten Alltag und ihre Zukunft zu erleichtern, so gut es geht – psychosozial und finanziell.
Wir fordern ein angemessenes Erinnern.
Ein Denkmal an unsere neun Verlorenen – zentral – sichtbar und vor allem spürbar für alle. Die Thematisierung des rechtsextremen Attentats des 19. Februar 2020 und die Aufrechterhaltung der Erinnerung an sie in allen Bildungsinstitutionen.
Wir haben uns ein Versprechen gegeben: Nie zu vergessen. Solange nicht lückenlos aufgeklärt wird, solange nicht endlich Konsequenzen gezogen werden und es Gerechtigkeit gibt, solange werden wir nicht aufhören zu kämpfen. Denn wer sich mit Hanau angelegt hat, hat sich mit der falschen Stadt angelegt. Wir werden keine Ruhe geben.
Hanau, am 19. Juli 2020