Nr. 216

Intro

Das Jahr fing mit der elenden Bullen-Berichterstattung zu Connewitz direkt so richtig scheiße an. Wir senden solidarische Grüße an die dort von Repression betroffenen Genoss*innen! Grüße gehen auch an Indymedia linksunten, dessen Verbot infolge des Prozesses in Leipzig hoffentlich bei Erscheinen der Swing bereits Geschichte sein wird. Sicherlich als Folge des Verbots ist der linksradikale Blätterwald wieder gewachsen, was uns sehr erfreut! In diesem Kontext senden wir gleich Geburtstagsgrüße an unsere kleine Schwester, das Autonome Blättchen. Es feiert aktuell 10 Jahre Bestehen – weiter so! ACAB!
Wir grüßen überhaupt alle, die gerade wegen Aktionen Repression an der Backe haben. Und zu Hamburg, Leipzig und Venezuela haben wir Texte für euch. Zu Eisenach und der Repression gegen militante Antifaschist*innen können wir leider grad keinen Artikel bieten, senden hiermit aber solidarische Grüße. Militanter Antifaschismus ist notwendig und legitim. Alerta!

Wir verfolgen aufmerksam die Entwicklungen in verschiedenen Ländern dieser Welt, in denen der entfesselte Neoliberalismus auf entschiedene Proteste stößt. Insbesondere die Entwicklungen im Nachbarland Frankreich, in der Macron die neoliberalen „Reformen“ durchzusetzen versucht, die hier schon vor 15 Jahren durch die SPD eingeführt wurden, und die jetzt auf den gemeinsamen Widerstand von Gewerkschaften, Gelbwesten und antagonistischer Bewegung stoßen.

Danke an alle Zuschriften für dieses Heft. Danke und Grüße an die Prolos für den zugesandten Mobi-Text zur Sicherheitskonferenz. Allerdings haben wir diesen nicht ins Heft genommen, weil wir erst knapp davor erscheinen.

Texte bitte bis zum 5.04.2020 in unsere Briefkästen.


Never Trust a Cop-Tweet

Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus zwei Texten zu den Ereignissen in Leipzig an Silvester und der Medienstrategien der Bullen. Na, nu? Leipzig ist weit weg für ein regionales Infoblatt. Ja, schon. Allerdings haben die (Medien)Ereignisse bundesweite Bedeutung in der Debatte über linke Militanz. Zum anderen sind die dargelegten Vorgehensweisen der Bullen und die nachfolgenden Dynamiken in der Presseöffentlichkeit von grundlegender Bedeutung. Oder um es anders zu sagen: Rödelheim und Connewitz waren Silvester sehr nahe beisammen. In beiden Fällen schwadronierten die Presseabteilungen der lokalen Polizeidirektionen von gewalttätigen Ereignissen und Angriffen auf Einsatzkräfte. Beide Male waren die realen Vorgänge in der Silvesternacht unfassbar weit entfernt vom gezeichneten Bild der behördlichen Angstmacher. Und dennoch fand in beiden Fällen die polizeiliche Darstellung ungefiltert den Weg in die offiziellen Presseberichte und in die Empörungsmaschinerie der sogenannten sozialen Medien.

Wir sind uns auch nicht einig darüber, warum Redaktionen bürgerlicher Medien aller Art sich immer wieder durch die absurden Berichte der polizeilichen Wiederholungstäter vorführen lassen. Aber wir sind uns sicher, dass diese Entwicklungen sich weiter festigen werden und somit auch bald hier vor Ort wieder wilde Blüten treiben werden. Insofern: Wenn die nächste Bullensau durchs Dorf getrieben wird, die dargestellte Handlungen euch vielleicht schockieren und euch zweifeln lassen am Gewissen und der Motivation von Genoss*innen, wenn der Angriff auf unser aller Werte fabuliert wird, die Reihen sich schließen sollen und von Unmenschen gesprochen wird, dann glaubt den professionellen Lügenbolden nicht! Sondern atmet lieber mal durch und sprecht das Thema lieber ganz analog an beim nächsten Treffen eurer Politgruppe, dem AZ-Plenum oder wo auch immer ihr noch in der echten Welt Genoss*innen trefft. Und am Besten beteiligt ihr euch auch nicht an der Empörungsmaschinerie in den digitalen Medien. Denn eine Hetzkampagne ist kein Diskurs in dem Argumente zielführend wären oder linksradikale Positionen zwingend vertrete sein müssten. Lieber mal die digitale Schnauze halten, Handy beiseitelegen und keine Gerüchte und Spekulationen streuen. Statt 140 unterkomplexen Twitter-Zeichen, diskutiert doch lieber in euren Zusammenhängen und vielleicht schreibt ihr auch einen kleinen Analysetext, wie einen der Folgenden aus denen wir zitiert haben:

„Gedanken zu den Ereignissen an Silvester in Connewitz

Am Silvesternachmittag war Connewitz von Bullen belagert, die die Anwohner*innen drangsalierten und sich wie eine Besatzungsmacht inszenierten. Zum Jahreswechsel gab es am Connewitzer Kreuz schließlich Auseinandersetzungen mit Bullen. Diese Auseinandersetzungen sind Ausgangspunkt einer beispiellosen Hetzkampagne der Leipziger Polizei gegen einen politisch unliebsamen Stadtteil.

Leipziger Märchenstunde(n)

Wie sich im Zuge der Recherche engagierter Journalist*innen herausstellt, handelt es sich bei der vermeintlich lebensgefährlichen Verletzung des Bullen am Kreuz, die der polizeilichen Pressemitteilung eine „Notoperation“ zur Folge hatte, keineswegs um eine gravierende Verletzung. Nicht einmal mehr von einer „Notoperation“ ist im Nachgang die Rede. Mittlerweile räumen dies selbst die Bullen ein und rudern dementsprechend zurück. Dennoch ist das Kind längst in den Brunnen gefallen. Die Nachrichten über einen lebensgefährlich verletzten Bullen geistern seit Tagen durch die Medien. (…)

The same procedure as every year(?)

Die Leipziger Bullen haben neben der Lüge der vermeintlichen Notoperation weitere Fakenews in Umlauf gebracht und damit bewusst das mediale und politische Klima beeinflusst.
Ein brennender, als Polizeifahrzeug gestalteter Einkaufswagen wurde auf eine Kreuzung geschoben und kam dort zum Erliegen. Bullen waren zu diesem Zeitpunkt nicht in der Nähe des Einkaufwagens. Es gab keinen Hinterhalt, in den die Cops gelockt wurden. Nach einem Angriff auf Bullen in der Selneckerstraße rannten zwei Bullen im Jagdfieber und einer davon ohne Helm mindestens einer Person hinterher, um diese festzunehmen. Ein kleines Stück dahinter folgte ein dritter Bulle. Den beiden Cops gelang es eine Person kurzzeitig festzunehmen, dies führte zu spontanem solidarischen Handeln Umstehender und durch direkte körperliche Angriffe auf die drei Cops konnte die Person befreit werden. Die Bullen haben ihren Festnahmeversuch voreilig und ohne Rücksicht auf ihren Selbstschutz gestartet. Der wegen Körperverletzung im Amt vorbestrafte BFE-Truppenführer Golze wird wahrscheinlich so schnell nicht wieder ohne Helm Zugriffsversuche starten. Die von Ronny Golze geäußerte Kritik in einer Polizeiübung: „Die Annäherung war noch zu langsam“, kann man in diesem Fall auch getrost zurückweisen.

Lügenbullen!

Die Bullen sind nicht erst seit Kurzem ein eigener politischer Akteur geworden, der die Deutungshoheit über politische Ereignisse und Auseinandersetzungen, teilweise mit Lügen und Übertreibungen, zu erlangen versucht. Sie generieren eigene Wahrheiten und schaffen ein Klima, das Politiker*innen aller Parteien zu einem Distanzierungsmarathon gegenüber vermeintlich linker Gewalt zwingt, auch wenn sich im Nachhinein das meiste als gelogen herausstellt. Die Bullen arbeiten damit ganz bewusst mit an einer Verschiebung der Diskurse nach Rechts, liefern Wasser auf die Mühlen derer, die seit jeher mit ihren autoritären Polizeistaatssehnsüchten glänzen und fördern letztlich damit auch Gewalt von Rechts. Und während sich Bullen, Medien (dem Narrativ der Bullen unkritisch folgend) und Politiker*innen aller Parteien gegenseitig mit catchy Schlagworten wie „linker Terrorismus“ und „Mordversuch“ und absurden RAF-Vergleichen überbieten, um maximale Aufmerksamkeit zu generieren, sind immer noch Menschen, die am Kreuz festgenommen wurden, eingesperrt, lag oder liegt ein Mensch in Folge der Polizeigewalt an Silvester im Krankenhaus…
Wer mit Worten wie „Terrorismus“ und „Mord“ um sich wirft, relativiert den Tod jener, die nicht nur im vergangenen Jahr rechten Tätern zum Opfer fielen und stellt alle, die am Silvesterabend gegen die Brutalität, Schikanen und Anwesenheit der Sächsischen Nazibullen intervenierten, mit diesen tatsächlichen rechten Terroristen auf eine Stufe.“ Text von Gepetto am 3.1.2020

„Zur Medienstrategie von Bullen, Justiz und Politik

Wir begrüßen das Vorgehen der Menschen am (Connewitzer) Kreuz und wollen es nicht herunterspielen oder kleinreden; aber es war, bei allem Gelingen, auch nicht dieses krasse „mehr als bisher“, welches Bullen, Politik und Medien nun daraus gemacht haben. Es war mehr als in anderen Jahren am Kreuz passierte und ein bisschen weniger, als zu anderen Gelegenheiten in Leipzig möglich war.
Warum aber nun dieses Riesentheater? Ist es wirklich, weil dort Genoss*innen versuchten, einen Bullen zu ermorden? Weil die angegriffenen Bullen so schwer verletzt wurden, wie noch nie? Weil der Angriff über jedes vorhersehbare Maß hinausging? So zumindest soll es den Menschen glauben gemacht werden und dies richtet sich nicht auf eine irgendwie angepeilte Strafverfolgung oder ähnliches, sondern dass richtet sich vor allem darauf, das Entstehen einer linksradikalen Bewegung zu verhindern und deren Akteur*innen frühzeitig auseinanderzujagen und zu spalten. (…)

Das Ziel hinter der Hetze

Viel schlimmer aber als das Geschilderte ist etwas anderes. Dieses lässt sich durchschauen, wie es ja dann auch die Recherchen vom Kreuzer (für alle Auswärtigen: eine Leipziger Stadtzeitung) und von der taz ergaben. Schlimmer ist: Es geht bei der verzerrten Darstellung der Ereignisse am Kreuz nicht wirklich um die Ereignisse am Kreuz, sondern es geht darum, die militante autonome und anarchistische Bewegung zu diskreditieren und gesellschaftlich zu isolieren. Dass Ziel ist nicht, dass die Leute am Ende der Darstellung der Polizei glauben, hinsichtlich der Frage, was am Kreuz nun wirklich passiert ist. Es geht darum, dass die Akteur*innen, ob sie es nun getan haben oder nicht getan haben, Menschenfeinde sind. Dass es sich bei denen, die Steine warfen und Raketen auf die Bullen schossen, um eine Gefahr für die Gesellschaft handelt. Dass diese handeln ohne Sinn und Verstand, dass ihre Ziele niederträchtig und menschenverachtend sind, dass ihr Handeln geboren wird aus Hass und der Freude an wahlloser Gewalt und dergleichen. Am Ende muss jemand, egal ob aus den Medien, den Repressionsbehörden oder der Politik sagen können: Diese Menschen sind uns ungleich und fremd, sie gehören zum Schutz der Allgemeinheit eingesperrt oder Schlimmeres; ihnen Gewalt anzutun ist kein Verbrechen, ebenso denen, deren Freund*innen sie sind. Diese Menschen sind nichts als eine Bedrohung, sie zerstören den Frieden, sie machen aus der guten Gesellschaft eine schlechte Gesellschaft, sie treten die Ziele der gemäßigten Linken mit Füßen und ziehen sie in den Dreck, sie wenden sich gegen Unschuldige und tun diesen Gewalt an, zerstören ihr Eigentum, sie kennen keine Grenzen mehr und keine Verhältnismäßigkeit.

Und das war, wie fast immer, wenn die Bullerei eine solche Absicht verfolgt und dabei von Medien und Politik unterstützt wird, oder diese die gleiche Absicht verfolgen, ein Erfolg. Dieses ist ihnen gelungen, denn wenn sich auch nicht alle einig sind, was am Kreuz passierte, so sind sich doch alle einig, von rechts bis links, dass es ein schweres Vergehen war, dass überhaupt jemand kam und die Bullerei mit Steinen bewarf. Und dass das so bleibt, dass ist das wahre Ziel hinter all dieser Hetze. […]

Nun haben sich die Autonomen (im Gegensatz zu ihren Ekelkindern, den Postautonomen) in den letzten Jahren weg von den Teilbereichskämpfen hingewandt zu Kämpfen gegen die Staatsmacht im Allgemeinen und in dieser Hinsicht ist von Leipzig wohl auch ein gewisser Esprit ausgegangen in den vergangenen Jahren. Der Angriff auf Polizeistationen, auf Gerichte und Ämter, … jedenfalls ist keine Besonderheit mehr und richtet sich gegen den Staat als Akteur. In diesem Kontext stehen ja auch die Angriffe am Kreuz, auch wenn die faktischen Schikanen der Bullen über die letzte Zeit hinweg dem Ganzen eine gewisse zusätzliche Würze gegeben haben dürften. Es ist für die Anhänger*innen des gegenwärtigen Staates eine ziemliche Schreckensvorstellung, dass so etwas in Teilen der Gesellschaft begrüßt wird. […]

Und da macht der Staat in seinem Sinne alles richtig, wenn er es schafft, die Autonomen zu isolieren und denjenigen, die von einer besseren Gesellschaft träumen, einzubläuen: „Du kannst zwar von einer besseren Gesellschaft träumen, aber gegen diesen Staat darfst du nichts unternehmen.“ Und so sind ja die meisten Leute, die von einer besseren Gesellschaft träumen, schon in genau diese Lage geraten, dass sie sich im erlaubten Maße für ihre Sache einsetzen, aber gegen den Staat, den sie hassen, nichts Grundsätzliches unternehmen können, oder anders gesagt, grundsätzlich nichts unternehmen können. Und damit dies möglichst für immer so bleibt, muss eben der Keil zwischen die Autonomen und die Gesellschaft getrieben werden und immer und vor allem da, wo es Anzeichen davon gibt, dass diese Trennung, aufgrund derer alle beherrschbar bleiben, beginnt sich aufzulösen, weil die Menschen, die da geteilt wurden, beginnen, sich zu erkennen und eben zu sehen, dass ihre Interessen gar nicht verschieden sind, sondern gleich oder zumindest sehr ähnlich, ähnlicher jedenfalls als das Interesse, es so zu machen, wie der Staat es verlangt. Und weil das in Connewitz so ist, also dass sich genau so etwas schon lange entwickelt, wird Connewitz bei allen Freund*innen der falschen Ordnung so gehasst. Und genau deswegen bekommt die Bullerei gleich Unterstützung aus der Politik selbst auf Bundesebene, um einen kleinen Krawall wieder einmal zum Bürgerkrieg hochzupushen. Dass es den Bullen und den Politiker*innen um etwas geht, sehen wir auch daran, dass sie sich richtig ins Zeug legen, um den Keil zwischen die Leute zu treiben. Sie sagen: Diese Leute, das sind Mörder. Und schlimmer geht es ja kaum. Es wäre noch drastischer, wenn es Vergewaltiger oder Massenmörder wären, aber das ist in Anbetracht der Situation einfach absurd. Und da ist mit Mörder schon die höchste Karte ausgespielt, ohne das ein einziger Bulle tatsächlich auch nur in die Nähe von Lebensgefahr gekommen ist und ernste Gefahr für Leib und Leben nachweislich häufiger von der Bullerei ausgeht als von irgendwelchen Autonomen.

Was ist zu tun?

Die letzte Frage, mit der wir uns in diesem Zusammenhang beschäftigen wollen, ist die Frage: Was ist zu tun, angesichts des Geschilderten, zumindest wenn jemand etwas von dem bisher Geschriebenen teilt. Aber wir denken: Es gibt in dieser Hinsicht überhaupt nichts zu tun. Die Bullerei, die Medien und die Politik werden das jedes Mal aufs Neue versuchen. Sie werden uns jedes Mal aufs Neue als die ganz Schlimmen und Bösen und Dummen hinstellen. Und eine ganze Reihe von Leuten wird weiterhin sagen: Mit diesen Schmuddelkindern wollen wir nichts zu tun haben. Hiergegen können wir nichts machen, denn der Erfolg der Hetze gegen uns, der liegt ja nicht daran, dass die Hetze gut gemacht ist, er liegt daran, dass die Hetze auf Menschen trifft, die verunsichert und eingeschüchtert sind und insgesamt etwas die Übersicht verloren haben, gleichzeitig aber glauben, dass sie eine sehr gute Übersicht hätten und dass sie genau wissen, was wie zu machen ist und dergleichen. Auf uns Schmuddelkinder hören sie sowieso nicht, über uns ärgern sie sich nur. Aber gleichzeitig gibt es auch immer mehr Leute, die erkennen, dass es eigentlich nicht so schlecht ist, mit den Schmuddelkindern zu verkehren und die verstehen, dass es gut ist, ein paar Schmuddelkinder zu kennen und hin und wieder etwas Zeit mit ihnen zu verbringen, weil sie erkannt haben, dass die Schmuddelkinder gar nicht so schlimm sind, wie ihnen vorher gesagt wurde.
Davon aber können wir sie nicht überzeugen, davon müssen sie sich schon selbst überzeugen. Was wir tun können, ist ihnen möglichst regelmäßig Gelegenheit dazu zu geben.“

Text von Schmuddelkindern am 5.1.2020


Brandstifter Joachim Scholz inhaftiert

Gedanken zur Selbstverteidigung gegen faschistische Angriffe

Der verantwortliche Täter für eine Serie von Brandanschlägen auf linke Strukturen im Rhein-Main Gebiet, Joachim Scholz ist Anfang Dezember inhaftiert worden. Dem vorausgegangen ist vermutlich eine über zwei Monate dauernde Observation durch die Bullen. Während der Observation beging Joachim Scholz 19 weitere Brandstiftungen, allerdings völlig wahllos: Linke Strukturen waren nicht mehr betroffen.

Die Motivation von Joachim Scholz ist nach wie vor unklar und lässt viel Raum für Spekulationen. Klar dürfte sein, dass ein nicht unerheblicher Hass auf Linke und auf Frauen besteht. Sein Zwang, „Feuer zu legen“ führte irgendwann auch dazu, in seiner Zielauswahl völlig wahllos zu werden. Oder – was innigst zu hoffen wäre – ein antifaschistischer Hausbesuch hat ihn bei der Zielauswahl vorsichtiger werden lassen.

So unvorhersehbar die Zielauswahl der Feuer von Joachim Scholz gegen Ende war, so vorhersehbar war die Reaktion des deutschen Staates in Form von Staatsanwaltschaft und Bullen. Bereits im Dezember 2018 letzten Jahres wurde Scholz durch engagierte Menschen nach seinem Brandanschlag auf die Metzgerstraße in Hanau gestellt. Einige Monate später wurde er erneut auf frischer Tat von engagierten Menschen festgehalten, als er am Frauenwohnprojekt „LilaLuftschloss“ einen Brand legte.
Während aktuell in Leipzig Menschen innerhalb von Tagen dafür verurteilt werden, dass sie einem Staatsdiener ein Bein gestellt haben, geschah im Fall von Joachim Scholz erstmal vor allem eines, nämlich gar nix. Trotz der massiven Gefährdung von Menschenleben waren ernsthafte Ermittlungsbemühen der Behörden kaum erkennbar. Für U-Haft seien keine ausreichenden Gründe vorhanden, wurde steif und fest behauptet. Erst als Scholz immer zwanghafter und wahlloser in Bornheim und Seckbach an allen möglichen Orten Feuer legte, reagierten die Bullen mit Überwachung und anschließender Festnahme.

Umso erstaunlicher und erschreckender die Reaktionen der regionalen linken Szene. Da zieht ein mit Adresse bekannter Brandstifter umher und bedroht die eigene körperliche Unversehrtheit oder die von Freund_innen und Genoss_innen – und die hauptsächliche Reaktion ist, abgesehen von guter Antifa Recherchearbeit und einer direkten antifaschistischen Aktion, Lähmung und der Ruf nach dem Staat und seinen Helfer_innen. Dass die hervorragende Pressearbeit der betroffenen Projekte auf wenig Interesse in der Öffentlichkeit stieß, ist sicher aktuellen politischen Verhältnissen geschuldet und dass die betroffenen Projekte versucht haben, Druck auf die Behörden aufzubauen, war sicher eine sinnvolle politische Strategie.
Erschreckend aber, dass es darüber hinaus kaum Diskussionen und Ideen gab, wie anders mit der Situation umzugehen sei: Kaum Diskussionen über einen effektiven Schutz der eigenen Projekte (außer in der „Akutphase“) und kaum Diskussionen über den Umgang mit dem Täter. Stattdessen schien bei vielen ein fest verankerter Glaube vorhanden, die Behörden würden es schon irgendwann richten und den Täter einsperren und damit die Gefahr bannen. Woher kommt der Irrglaube, der deutsche Staat würde uns und linke Strukturen vor Nazis und Faschisten schützen?
Die Zusammenarbeit von Bullen, Nazis und Soldaten. Falsche Ermittlungen, ständiges wegschauen bei rechten Straftaten und deren Verharmlosung, massive Repression gegen linke Strukturen, ständige Kriminalisierung von Geflüchteten und Migrant_innen. Zu all diesen Stichworten ließen sich unendlich viele Beispiele finden.
Sind es die unbewusst vorhandenen, eigenen Erfahrungswerte des oftmals bürgerlichen Hintergrundes? Die damit einhergehende Erfahrung, dieser Staat wird die eigene Klasse und den eigenen Besitz schon schützen? O der ist es die Angst davor, selbst zu handeln und eventuell Grenzen überschreiten zu müssen?
In einer Zeit, in welcher der Staat zunehmend autoritärer handelt und eine rechte Bewegung sich im Aufwind befindet, ist diese Lähmung fatal und auch nicht nötig. Wir haben die Skills, die Erfahrung und die Mittel, um uns selbst zu schützen und zur Wehr zu setzen, unabhängig davon, für welche Strategie wir uns auf Grundlage von Diskussionen und Auseinandersetzung entscheiden.

Die Feuer, welche Joachim Scholz legte, waren dilettantisch (und trotzdem hochgefährlich). Dass er mehrmals erwischt wurde, lag an seiner unklugen Vorgehensweise.
Was würde passieren, wenn eine junge engagierte Nazigruppe losziehen würde, um unsere Strukturen mit Feuer anzugreifen? Was, wenn eine solche Gruppe kluger agierte, brutaler wäre und bereit wäre zu töten …?!

Auch wenn wir in der Region das Glück haben, dass militante Nazistrukturen nur in geringem Umfang vorhanden sind, ist dies ein durchaus vorstellbares Szenario.
Sollten unsere Reaktionen ähnlich ausfallen wie im Fall von Joachim Scholz, wären die Folgen fatal und die Täter_innen hätten leichtes Spiel.
Wir können es uns diese Lethargie und diesen Irrglauben an den deutschen Staat nicht erlauben.
Auch wenn Joachim Scholz nun in Haft ist und einige Menschen deshalb hoffentlich wieder besser schlafen können, ist dies ein Aufruf zur Reflexion und Diskussion. Denn die Gefahr ist nicht gebannt und Bullen und Staatsanwaltschaft werden es auch beim nächsten Mal nicht richten: das müssen wir schon selber machen.

Einige autonome Antifas


Nazi in Rödelheim/Bockenheim

Seit mehreren Monaten fallen uns die zunehmend vorhanden Naziaufkleber in Rödelheim und Hausen auf. Verantwortlich dafür ist der Nazi Uwe Eisenschien.
Uwe Eisenschien wohnt in der Siedlung zwischen Ludwig-Landmann Straße und Industriehof in der Insterburgstraße 33, 60487 Frankfurt.
Er ist um die 50 Jahre alt und kommt eigentlich aus der Nähe von Dresden. Uwe mag sehr gerne Bier, Fleisch und Waffen. Manchmal fährt er mit seinem Fischer Mountain Bike an der Nidda entlang. Dann kehrt er am liebsten im indischen Restaurant an der Nidda ein. Außerdem mag Uwe Dynamo Dresden, Thailand und Nazishirts. Uwe hasst Linke und Menschen die in seiner Definition nicht „deutsch“ sind, deshalb verklebt Uwe massenhaft Naziaufkleber in Rödelheim und Hausen und das mit hoher Kontinuität und völlig angstfrei. Zeit daran etwas zu ändern!


NPD Hessen: Schutzzonen

Die darnieder liegende hessische NPD versucht sich weiter mit ihrer Online-Propaganda, dem sogenannten Schaffen von Schutzzonen.
Dabei patrouillieren Mitglieder der NPD in roten Westen durch hessische Städte, um angebliche „Schutzzonen“ zu schaffen.
Was eine „Schutzzone“ im Sinne von Neonazis bedeutet braucht hier nicht weiter erläutert werden. In der Realität handelt es sich bei den Aktionen in erster Linie um eine Propagandaaktion für die sozialen Medien. Wichtig wird das Foto der „Patrouille“ sein und weniger wie lange die Kameraden tatsächlich unterwegs waren.
Am 09.01 fand eine derartige Aktion in Offenbach-Bieber statt, kurz vor Weihnachten besuchten Jagsch und Co den Frankfurt Weihnachtsmarkt in ihren Westen.


Hamburger Gitter

Solidarität mit den Angeklagten – auch mit den Unschuldigen!

Elbchaussee-Prozess

Am 18.12.2019 wurde Loïc endlich gegen Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen (Haftverschonung) und ist seitdem wieder in Freiheit. Unten dokumentieren wir einen Text von ihm, geschrieben nach der Entlassung. Loïc legt Wert auf die Feststellung, dass er keinerlei Einlassung oder Aussage gemacht hat und keinen Deal mit dem Gericht eingegangen ist. Er bleibt dabei, dass er sich erst nach Wiederzulassung der Öffentlichkeit im Rahmen des „letzten Wortes des Angeklagten“ in Form einer öffentlichen Stellungnahme äußern wird. Angesichts der bisherigen 16 Monate Untersuchungshaft und der jetzt erteilten Auflagen sei der weitere Vollzug der U-Haft nicht mehr verhältnismäßig, obwohl ein nicht unerheblicher Strafrest verbleibe (durchaus möglich, dass Loïc dann nochmals in den Knast muss).

Aus dem Elbchausee-Prozess gegen die fünf Genoss*innen nicht viel Neues. Im Folgenden ist das Statement der Richterin dokumentiert – am 6. November 2019 hatten die Rechtsanwält*innen und die Staatsanwaltschaft ein „Rechtsgespräch“ mit der Kammer geführt. Tatsächlich war es eher ein Monolog des Gerichts, weil die Vorsitzende die Sichtweise der Kammer mitgeteilt hat und die Angeklagten wissen lassen wollte, wo das Gericht steht. Die Stellungnahmen von Staatsanwaltschaft und Anwält*innen ist noch nicht veröffentlicht.
Die Kammer geht derzeit offenbar von folgendem Sachverhalt aus: Es gab am 7. Juli 2017 einen Aufmarsch von ca. 200 Personen, die um 07.30 ab Donners Park gestartet sind. Man habe sich vorher Donners Park / Heinepark, eingefunden in Kleingruppen, wobei die Teilnehmer*innen unterschiedlich motiviert gewesen seien. Alle Angeklagten seien dabei gewesen, einen früheren Aufmarsch – beispielsweise eine früher losgegangene „friedliche“ Demo habe man bisher nicht feststellen können. Die Kammer gehe nicht davon aus, dass man auf den Aufmarsch das Demonstrationsstrafrecht anwenden könne, weil alle Teilnehmer dunkel gekleidet und vermummt gewesen seien. Die Kleingruppen seien jeweils mit zu differenzierenden Merkmalen versehen (Handschuhe, Hämmer und Werkzeuge, Pyrotechnik pp.). Es hätten ab 7.30 Uhr sofort die ersten Sachbeschädigungen stattgefunden, wobei alle Teilnehmer mit Gewalttätigkeiten jedenfalls gegen Sachen und öffentliche Einrichtungen (Bushaltestellen pp.) gerechnet hätten.

Nicht alle hätten sie gewollt, aber zumindest billigend in Kauf genommen. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte für eine übergeordnete „Gesamtplanung“ vor. Die Kleingruppen hätten ggf. schon (intern) geplant, aber es gebe nichts für eine alle Teilnehmer umfassende („paramilitärische“) Planung oder Absprache. Man gehe außerdem – gestützt durch LKA7-Lageanalyse und Sachverständigem – davon aus, dass die meisten Teilnehmer mit einem (baldigen) Einschreiten der Polizei gerechnet hätten. Insofern seien auch Gewalttätigkeiten in Kauf genommen worden; dies gelte auch für die Mollis mitführenden Teilnehmer; dass insofern ein Konsens betreffend deren Einsatz gegen IKEA geherrscht habe, halte man für fernliegend.

Man gehe hinsichtlich der Angeklagten von einer Inkaufnahme (FfM /Offenbach) bzw. einem Wollen (Frankreich) von Gewalt gegen Sachen aus. Man gehe aber auch davon aus, dass eine Gewalt gegen Privatsachen oder Privatpersonen nicht vom Vorsatz umfasst gewesen sei.
Man gehe davon aus, dass der Angeklagte Loïc einen Böller geworfen habe; man gehe außerdem davon aus, dass einer der weiteren Angeklagten eine Mülltonne hinter sich hergezogen und diese auf die Straße gelegt habe, was alle anderen Angeklagten mitbekommen hätten. „Die deutschen Angeklagten“ hätten sich dann Platz der Republik „ausgeklinkt“. Der Angeklagte Loïc sei am Paul-Nevermann-Platz ausgestiegen und habe sich entmummt. Man könne nicht sagen, warum die Personen gegangen seien, die Einlassung der Angeklagten – soweit sie erfolgt seien – seien insofern nicht zu widerlegen. Es seien insgesamt erhebliche Schäden an Geschäftsgebäuden und Büros entstanden. Es seien auch weitere erhebliche Sachschäden entstanden. Man gehe davon aus, dass der Busfahrer, die Frau vor dem Konsulat, der Bundespolizeibeamte im Auto am BHF Altona und ein HASPA-Mitarbeiter körperverletzt worden seien. Bei den anderen Zeugen würden die „Schockschäden“ nicht gravierend genug sein, um als Körperverletzung im Sinne des StGB zu gelten. Man könne im Übrigen nicht feststellen, wie viele Mollis insgesamt mitgeführt worden seien, weil man auf den Videos zwar Flaschen, nicht aber deren Füllstand und Füllart sehe. Letztlich gehe es damit um 4 oder 5, die auf IKEA geworfen worden seien.

Rechtlich stelle sich das Ganze dann wie folgt dar:

  • Das Demonstrationsrecht sei nicht anwendbar.
  • Die Angeklagten hätten (objektiv) wenigstens während ihrer körperlichen Anwesenheit den anderen Teilnehmern Sicherheit vermittelt. Sie hätten Sachbeschädigungen, Brandlegungen und Körperverletzungen gefördert. Man meine, dass durch den gemeinsamen Start, die Vermummung und Bekleidung, das Mitgehen in gleicher Geschwindigkeit wie das Banner den anderen diese Sicherheit vermittelt worden sei. Sie hätten dadurch die zur Schau gestellte Militanz verstärkt und vermittelt, mit der Straftatbegehung einverstanden zu sein.
  • Es stelle sich dann (subjektiv) die Frage, ob die Straftatbegehungen (Bsp.: Mollis, Körperverletzungen) auch gewollt gewesen seien. Weil am Start nach Überzeugung der Kammer die Angeklagten nicht damit gerechnet hätten, komme es auf die jeweilige Kenntnisnahme an. Die lasse sich für die Mollis ausschließen, weil die einzigen feststellbar geworfenen erst nach Abwesenheit der Angeklagten geworfen worden seien. Hinsichtlich der Körperverletzungen an Busfahrer und Frau vor der Botschaft / dem Konsulat gehe die Kammer davon aus, dass die Angeklagten diese ebenfalls nicht mitbekommen hätten. Hinsichtlich der hinter den eingeworfenen Scheiben befindlichen Personen gehe die Kammer davon aus, dass man damit nicht rechnen musste, dass dort schon Personen anwesend seien wegen der frühen Stunde. Jedenfalls habe man das berechtigt hoffen dürfen („bewusste Fahrlässigkeit“). Uneinig sei die Kammer sich bei der Frage, wie es mit dem Vorsatz betreffend die Körperverletzung des im Moment des Bewurfs im Dienstfahrzeug befindlichen Bundespolizisten sei. Hier stellten sich gleich mehrere Fragen:
  • Wurde durch das Weggehen der Angeklagten die vorherige Beihilfe aufgehoben oder wirkte psychische Bestätigung fort? Davon hinge dann ggf. auch die (weitere) zivilrechtliche Haftung ab. Man müsse sich hierfür im Prinzip fragen, ob die anderen Teilnehmer das Weggehen als Missbilligung verstanden hätten. Wenn ein Zielpunkt vereinbart worden sei (z. B. IKEA), dann wäre ein „vorzeitiges“ Verlassen ggf. als Missbilligung zu verstehen. Für die Vereinbarung eines fixen Zielpunkts gebe es aber keine Anhaltspunkte. Klar wäre die Sache bei entsprechenden Willensbekundungen („Hört auf damit!“ oder „Macht weiter!“), aber dafür gebe es auch nichts. Vorliegend seien Anhaltspunkte für eine Fortwirkung ggf., dass das Verlassen für sich neutral sei und (auch) als weitere Billigung und Solidarisierung verstanden werden könne, dass die Unrechtsdimension später ähnlich sei wie vor dem Verlassen, dass ohne Zielpunkt das Verlassen keinerlei Aussagewert habe. Gegen eine Fortwirkung spreche, dass das objektive Momentum mit Weggehen entfalle (keine Vermittlung von Sicherheit mehr pp.), dass das Weggehen in dubio pro reo als Missbilligung verstanden wurde von den anderen Teilnehmern und letztlich auch keine anderweitigen Unfriedlichkeiten der (deutschen) Angeklagten an anderen G20-Tagen feststellbar seien. Das sei ein offener Meinungsbildungsprozess, der auch in der Kammer noch nicht abgeschlossen sei.
  • Falls ein Fortwirken angenommen würde: Mussten die Angeklagten damit rechnen, dass nach ihrem Weggehen die Polizei angegriffen würde, wenn vorher keine da war? Dafür spreche aus Sicht der Kammer, dass die Unrechtsdimension nicht anders sei als vorher auch und im Übrigen sich diese Beamten gerade nicht dem Zug entgegengestellt hätten, sondern ohnehin da gewesen seien.
  • Dann müsse man aber schließlich die Frage beantworten, ob der eigentliche Straftäter, der mit dem Hammer auf das Auto der Bundespolizei eingeschlagen habe, überhaupt
  • Körperverletzungsvorsatz gehabt habe. Denn der Bundespolizist selbst habe immerhin angegeben, dass er ggf. in dem Fahrzeug gar nicht gesehen worden sei.
  • Zentrale Frage sei für die Kammer ohnehin, ab wann welcher Angeklagte was mitbekommen habe (Kenntniselement). Es gehe insofern um visuelle und akustische Wahrnehmbarkeit /Wahrnehmung, wobei die Videos zur Akustik nicht hilfreich seien, weil ggf. verzerrt, und hier auch ein Sachverständiger nicht weiterhelfen könne, der habe schließlich auch nur die Videos als Beurteilungsgrundlage. Derzeit gehe die Kammer davon aus, dass spätestens ab der Rainvilleterrasse für die Angeklagten (visuell) auch die Brandlegung an Fahrzeugen erkennbar gewesen sei, so dass hinsichtlich der weiteren Brandlegungen an PKW im Zeitraum der Anwesenheit der Angeklagten auch Vorsatz in Form der billigenden Inkaufnahme bestehe.

Abschließend teilte die Kammer mit, bald am Ende der gerichtlichen Beweisaufnahme sein zu wollen. Es gebe noch einzelne Beweiserhebungen – zu Loïc –, dann sei das gerichtliche Programm aber erschöpft.

stay tuned:
www.unitedwestand.blackblogs.org

Rondenbarg

Für 2020 ist zudem der Prozess zum Rondenbarg angekündigt, das Datum für den Prozess-Start steht allerdings noch aus. Wir erinnern uns: 2018 stand der Genosse Fabio aus Italien vor Gericht, der Prozess war jedoch vor Urteilsverkündung geplatzt, da die Richterin in den Mutterschutz ging.
Anfang September 2019 erhielten nun 19 junge Gipfelgegner*innen eine umfangreiche Anklageschrift. Ihnen wird vorgeworfen, an einem Demonstrationszug durch die Hamburger Straße Rondenbarg während des G20-Gipfels im Juli 2017 beteiligt gewesen zu sein. Anfang Oktober erhielten 11 weitere Aktivist*innen, die nach Erwachsenenstrafrecht verfolgt werden, ebenfalls eine Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft baut im Rondenbarg-Komplex dieselbe Rechtskonstruktion auf, mit der sie auch im laufenden Elbchausseeverfahren hohe Haftstrafen für die zum Tatzeitpunkt ebenfalls größtenteils Minderjährigen fordert. Sie geht davon aus, dass alle Demonstrant*innen einen „gemeinsamen Tatplan“ gehabt hätten, der die angeklagten Straftaten beinhaltet habe.

Die Drei von der Parkbank

Seit Anfang Juli 2019 gibt es außerdem zwei neue Menschen in Untersuchungshaft im Knast Holstenglacis in Hamburg. Zusammen mit einer weiteren Person wurden sie in der Nacht auf den 8. Juli 2019 auf einer Bank in einem Hamburger Park festgenommen. Noch in derselben Nacht gab es Hausdurchsuchungen in verschiedenen Hamburger Stadtteilen, bei denen Personen teilweise mit gezogener Waffe aus dem Bett geholt wurden. Am 9. Juli wurden drei Personen dem Haftrichter vorgeführt, für zwei wurde U-Haft erlassen. Die dritte Person wurde unter Auflagen wieder rausgelassen.
Am 9. Oktober gab es bei der dritten Person eine weitere Hausdurchsuchung, um an Schriftproben zu gelangen. Im Zuge dessen wurde von ihr – wie zuvor den zwei anderen – DNA genommen. Nachdem was öffentlich bekannt ist, sind die drei aufgrund von Observationsmaßnahmen festgenommen worden. Konkret wollen die Cops in der Nacht zum 8. Juli eine Person beim Befüllen eines Kanisters an einer Tankstelle gesehen haben und den zwei anderen Personen von zuhause bis zur Parkbank gefolgt sein, wo durch Zivis die Festnahme der drei erfolgte. Die Generalbundesstaatsanwaltschaft hat den Prozess an sich gezogen.
Der Prozess gegen die drei begann am 8. Januar, die Anklage lautet versuchte schwere Brandstiftung in einem Fall sowie Verabredung zu Straftaten/Brandstiftung. Da die drei Gefährt*innen sich weder zu den Anklagepunkten, noch zu den Ermittlungen äußern, ist die Staatsanwaltschaft darauf angewiesen, sie mit Hilfe der Ermittlungsergebnisse zu überführen. Der Zeitpunkt der Verhaftung legt laut Anklageschrift nahe, dass die Beschuldigten Anschläge zum G-20 Jahrestag geplant haben sollen. Die Verfolgungsbehörden brauchen offensichtlich weiterhin irgendwelche Verantwortliche für die Geschehnisse während der Gipfelproteste, die der Stadt Hamburg die Show gestohlen haben und wollen dafür Rache üben.
Der Prozess ist bislang bis April terminiert und findet im Hochsicherheitssaal 237 im Landgericht Hamburg (Sievekingplatz 1) statt.

Briefe schreiben
„Die 3 von der Parkbank“
Libertäres Zentrum LiZ
Karolinenstraße 21, Hinterhaus
20357 Hamburg

www.parkbanksolidarity.blackblogs.org

Die Mauer zwischen Gefängnis und draußen niederreißen

Bericht über 16 Monate Haft in Deutschland von Loïc

Wie findet man nach einem Jahr und vier Monaten Gefangenschaft die richtigen Worte? Wie verbindet man die Gefängnisrealität mit der Außenwelt und reißt die Mauer, die sie trennt nieder? Im Gefängnis verschwand ich, ich hörte auf, an mich selbst zu denken. Ich habe mich entleert, um nicht zu leiden. Ich verschloss mich – auch gegenüber meinen Erinnerungen – demgegenüber, was jenseits dieser Mauern geschieht, um mich auf dieses neue Leben mit den anderen Häftlingen zu konzentrieren. Dies war einer der Gründe, warum ich wenig Kraft hatte, auf die vielen Briefe, die ich erhielt, zu antworten. Heute merke ich, dass ich nicht mehr viel fühle, dass ich keine Leidenschaft mehr habe (außer für Schnee). Es gibt eine Lücke, ich bin mit meinen Gedanken woanders. Eine neue Zeitvorstellung lebt in mir, ich hatte Momente der Kontemplation, der Stille, der Abwesenheit.
Der Prozess wurde immer wieder verschoben, im April sollte er nun aber zum Ende kommen. Die Haftentlassung unter Auflagen am 18. Dezember kam unerwartet: Wenige Wochen zuvor hatte der Staatsanwalt angekündigt, dass er gegen einen solchen Beschluss Einspruch einlegen würde. Ich erwartete bestenfalls zwei Stunden, bevor ich wieder ins Gefängnis zurückkehren müsste – so wie es zuvor bei den beiden anderen Angeklagten der Fall war, die zwar entlassen, aber nach dem Einspruch des Staatsanwalts gezwungen wurden, wieder ins Gefängnis zurückzukehren. Ich hatte überlegt, dass ich bis zur endgültigen Entscheidung besser mal in der Zelle bleibe, denn wenn man für zwei Stunden rauskommt, riskiert man nicht nur durchzudrehen, sondern auch wieder im Gebäude A zu landen.

Gebäude A

Dieses Gebäude ist für Neuankömmlinge, hier muss man 23 Stunden am Tag in den Zellen bleiben. Es ist ein dunkler Ort, wo die Insassen durchdrehen, schreien und gegen die Wände schlagen – ich war vier Monate dort. Während des ersten Monats nach meiner Auslieferung aus Frankreich hatte ich genau nur die Kleidung, die ich bei meiner Ankunft trug. Es war unmöglich, meine Sachen zurück zu bekommen, obwohl sie zur gleichen Zeit ankamen.
In diesem Gebäude gibt es zwei gemeinsame Duschen pro Woche, um 6.45 Uhr. Dort habe ich meine Unterhose gewaschen und dann meine Kleidung wieder übergezogen, weil ich sie erst auf dem Heizkörper meiner Zelle trocknen konnte. In diesem Gebäude schubsen und schreien einen die Wärter an, wenn du bei der Essenausgabe die unsichtbare Linie zwischen deiner Zelle und dem Korridor überschreitest. Der 1-stündige Hofgang ist der einzige Moment am Tag zum Durchatmen – in einer Zelle, die weniger als zwei Meter breit und vier Meter lang ist. In diesem Gebäude sitzen hauptsächlich Ausländer, deren Straftat sein soll, keine gültigen Papiere zu haben, kleine Drogenhändler oder Leute, die des Diebstahls beschuldigt werden. Ich sah, wie die Wärter einen im Ausland geborenen Häftling verprügelten, der nach dem Hofgang einfach nur ein Buch aus der Zelle nebenan holen wollte. Ich habe ausgiebige lange, hasserfüllte Blicke von Wärtern auf die rassisierten Häftlinge gesehen. Die meisten Ausländer, die ich auf einem Hofgang im Gebäude A kennen gelernt habe, definieren die Wärter als Nazis. Es gab mir ein merkwürdiges Gefühl, das heute zu hören, da ich ja 3weiß, dass die Nazis in demselben Gefängnis vor weniger als einem Jahrhundert mehrere hundert Menschen getötet hatten.

Der Elbchaussee – Prozess oder: die konstruierte Komplizenschaft

Der Prozess ist etwas Besonderes. 99% der Anklagepunkte haben nichts mit den Angeklagten selber zu tun. Der Vorwurf bezieht sich auf einen Schaden von mehr als 1 Million Euro. Der Staatsanwalt versucht dabei, eine sehr weit gefasste Vision der Komplizenschaft zu konstruieren und durchzusetzen, bis zu dem Punkt, dass er diese sogar über die vermeintliche Anwesenheit der Angeklagten hinaus erweitern möchte. Konkret: Stellt euch vor, jemand verbrennt 50 Meter entfernt ein Auto – Ihr seid demzufolge dann verantwortlich für den Schaden. Aber das ist war erst der Anfang! Nun stellt Euch vor, ihr habt eine Demonstration bereits verlassen und 10 Minuten später wird ein Molotow-Cocktail geworfen und obwohl ihr schon ganz woanders seid, werdet ihr dafür zur Verantwortung gezogen.
Es gibt viele Probleme in diesem Prozess, im Gefängnis, in der Polizei, im Kapitalismus, im Staat und seiner Welt. Diese verschiedenen Themen haben unter anderem folgende fauligen Gemeinsamkeiten: Den Durst nach Führung, Globalisierung, Klassifizierung – eure Persönlichkeit, Identität, Kreativität, Einzigartigkeit, muss dabei in irgendeine Schublade passen.

„Die Einzigartigkeit eines Menschen zeigt sich in jedem Merkmal seines Gesichts und in jeder seiner Handlungen. Einen Menschen mit einem anderen zu verwechseln und diese dabei global zu betrachten, ist ein Zeichen von Dummheit. Nur stumpfsinnige Geister unterscheiden zwischen Rassen, Nationen oder Clans, während der weise Mensch zwischen Individuen unterscheidet.“
Thoreau, Tagebuch – Juli 1848 (169 Jahre vor der Hamburger G20)

Letzten November, also fast ein Jahr nach Beginn dieses Prozesses, bot ich an, eine Erklärung abzugeben, unter der Bedingung, dass diese dann auch öffentlich gehört werden kann. Die Richterin sagte zunächst, dass dies wohl möglich wäre, änderte dann aber ihre Meinung, wahrscheinlich wegen dem Ausschluss der Öffentlichkeit in dem Verfahren. Deshalb habe ich bis zu diesem Zeitpunkt, trotz fast 50 Tagen Anhörungen, noch keine Erklärung abgegeben. Die letzten müssen am Ende des Prozesses für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Seit meiner Entlassung aus dem Gefängnis am 18. Dezember haben mir Leute gesagt, dass dies ein schönes Weihnachtsgeschenk gewesen sei. Das Problem ist, dass das Geschenk ein Jahr zu spät kommt, ich habe bereits ein Weihnachten im Gefängnis verbracht.

Gründe und Bedingungen für die Freilassung

Dennoch stimmte das Gericht schließlich der Haftentlassung zu. In seiner Entscheidung macht es geltend, dass die Fluchtgefahr aus mehreren Gründen ausgeschlossen ist: Erstens würde eine Flucht bedeuten, dass ein neuer Europäischer Haftbefehl erlassen wird, und dann müsste der Prozess wieder von vorne beginnen. Zweitens: Während im Juni der Antrag auf Freilassung abgelehnt wurde, ist das Gericht sechs Monate später nunmehr der Ansicht, dass der Anteil der noch zu erwartenden Strafe im Verhältnis zu dem schon Verbüßten deutlich zurückgegangen ist. Das Gericht geht auch davon aus, dass ich die Kontaktfreiheit zu meiner Familie nicht durch eine Flucht gefährden würde, was wiederum auf dem Mitlesen meiner privaten Korrespondenz beruht.
Das Gericht wirft mir jedoch auch eine mangelnde Zusammenarbeit mit dem Staat vor. Sie hätten es gerne gesehen, wenn ich unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt hätte, was ich bisher abgelehnt habe. Nachdem ich jedoch angekündigt habe, dass ich am Ende der Verhandlung eine öffentliche Erklärung abgeben werde, ist das Gericht der Ansicht, dass ich schon nicht weglaufen werde, weil ich ja nun das Wort ergreifen möchte. Ganz generell erklärt das Gericht die Aussetzung des Haftbefehls auch damit, dass es mich als „einen höflichen und freundlichen jungen Mann“ wahrgenommen hat, was das in mich gesetzte Vertrauen offenbar rechtfertigt. Ich bin also seit dem 18. Dezember 2019 unter Auflagen wieder draußen. Bis zum Ende des Prozesses muss ich folgende Verpflichtungen einhalten:

  • Eine Meldeadresse in Hamburg vorweisen. – Mich jeden Montag und Donnerstag bei der Hamburger Polizei melden.
  • Als Gärtner in der Baumpflege arbeiten.
  • Dem Gericht meinen Pass und meine Papiere abgeben.
  • Zu den nächsten Gerichtsterminen erscheinen.
  • Mich nicht an irgendwelchen illegalen Aktionen beteiligen.

Geistige Freiheit auf Bewährung

Hier bin ich also, draußen und „frei“, mich zu äußern. Aber diese Freiheit ist auch nur rein theoretisch und an Bedingungen geknüpft. Es mangelt nicht an Lust oder an Dingen, die ich zu sagen hätte, aber angesichts dessen, was das Gericht von mir erwartet und der Risiken, die noch immer auf mir lasten, ist es illusorisch zu glauben, dass ich mich „frei ausdrücken“ könnte. Auch in diesem Bereich ist meine wiedergewonnene Freiheit sehr relativ.
Meine Sicht der Welt hat sich jedoch nicht geändert. Seit 16 Monaten abgetrennt, ist es besonders schockierend, von der Repression gegen die Demonstrationen in Frankreich (gegen die Gelbwesten und andere) zu erfahren. Es gibt mittlerweile schon fast tausend Gefängnisstrafen. Ich habe von Verurteilungen von bis zu 5 Jahren gehört, und kürzlich hagelte es 3,5 Jahre Gefängnis für eine in Nancy verurteilte Person. Derweil wird ein Polizist zu einer zweimonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, weil er einen Pflasterstein auf ungeschützte Leute geworfen hat. Er kann im Dienst verbleiben, keine Eintragung ins Vorstrafenregister. Wer aber einen Pflasterstein auf die Leute mit Helm und Schild wirft, bekommt mehrere Jahre Gefängnis. Ist das Gerechtigkeit? Das Gefängnis ist Wahnsinn, es zu akzeptieren, ist Wahnsinn. Vorverurteilungen sind ein Wahnsinn, die undifferenziert Leid erzeugen.
Vergewaltiger und Mörder machen weniger als 5% der Gefängnisinsassen aus. Es sind schlicht arme Leute hinter Gittern. Ich habe keine Bürger, Bankiers oder Polizisten im Gefängnis gesehen. Doch eigentlich ganz vorne bei der Gewalt und auch bei der Kriminalität, ist doch das, was von der Spitze der sozialen Pyramide herkommt. Die Menschen, die ins Gefängnis geworfen werden – in fast allen Fällen – werden wegen des Drucks der elitären Klassen, wegen der Ausbeutung der Armen durch die Reichen und wegen der sozialen Ungleichheit ins Gefängnis geworfen. Ich habe wirklich keine Reichen im Gefängnis gesehen, nur arme Leute. Es ist an der Zeit einzugestehen, dass die eigene Entscheidung angesichts der Situation fast keine Auswirkungen mehr hat. Es ist die Situation der Armut, die kriminell ist. Acht Personen sind so reich wie die Hälfte der Weltbevölkerung!

An die, die Kämpfen

Nach der eigenen Erfahrung weggeschlossen zu sein, fühle ich mich mit denen solidarisch, die noch immer eingesperrt sind. Deshalb möchte ich meine Solidarität ausdrücken und wünsche allen viel Kraft, die in Frankreich infolge der Demonstrationen nun inhaftiert sind – sei es im Kontext der Gelbwesten oder bei Protesten gegen die Rentenreform von Macron & seiner privatisierten und neoliberalen Welt.
Solidarität & Kraft für die Revoltierenden in Chile, die unter der gleichen neoliberalen & Privatisierungspolitik leiden.
Solidarität & Kraft für die Revoltierenden von Katalonien.
Solidarität & Kraft für den autonomen Stadtteil Exarchia in Griechenland.
Solidarität & Kraft mit den gefolterten Anarchist*innen in Russland.
Solidarität & Kraft mit den gefolterten Gefangenen in Guantanamo.
Solidarität & Kraft für die Revoltierenden von Hongkong, die bei den Protesten immer häufiger schwarze Flaggen blühen lassen, während die amerikanischen verschwinden.
Solidarität & Kraft für die Anarchist*innen und Anti-Atomkraft-Aktivist*innen, die in den USA, Frankreich, Deutschland und auf der ganzen Welt inhaftiert sind.
Solidarität & Kraft für Rojava, wo die konkrete Geschichte von Emanzipation, Autonomie, Ökologie & Feminismus weiterlebt.
Solidarität & Kraft für Afrika, ein großer vergessener Kontinent, der noch immer für den Komfort der Länder des Nordens geplündert wird. Möge jede und jeder Gefangene die Erfahrungen im Gefängnis bezeugen, damit wir so schnell wie möglich diese schrecklichen Mauern, die Leid säen, niederreißen können. Diese Mauern, die wir nur hinnehmen, weil wir in die Augen derer, die dort eingesperrt sind, nicht reinschauen können.
Loïc, Angeklagter beim Dauerprozess in Hamburg

Veröffentlicht im französischen Original auf der Unterstützungswebseite und bei lundimatin#225, 12. Januar 2020, übersetzt von Pipette Relais


ED-Behandlung

Linke Aktivist*innen laufen häufig Gefahr, einer erkennungsdienstlichen Behandlung (ED-Behandlung) unterzogen zu werden. Hier möchten wir euch darüber informieren, was es damit auf sich hat und wie ihr euch in solchen Situationen am besten verhaltet.

Eine ED-Behandlung ist die Erfassung von personenbezogenen Daten durch die Polizei und beinhaltet in der Regel standardisierte Fotos (Profil, Frontal) sowie Abdrücke aller zehn Finger, im Zweifel auch von Handflächen oder Ohren. Hinzukommen kann die Erfassung auffälliger Körpermerkmale, wie zum Beispiel Tätowierungen, Narben oder Muttermale.
Weil die Polizei für ihre Standardfotos und Fingerabdruckblätter bislang noch erhebliche Ausrüstung braucht, finden ED-Behandlungen eigentlich immer auf der Polizeiwache statt. Das ist ein Rahmen, den die Polizei recht weitgehend kontrolliert, und wenn mensch erstmal dort ist, ist es kaum möglich, sich der Maßnahme (auch juristisch) zu entziehen. Sich auf der Wache widerständig zu verhalten, wird meist dazu führen, dass die Polizei die Maßnahme erzwingt und euch die Fingerabdrücke gewaltsam abnimmt – darauf solltet ihr vorbereitet sein.
Häufig werden die Fotos dann mit Filmaufnahmen von Demos und die Fingerabdrücke mit Spuren von alten ‚Tatorten‘ abgeglichen. Um das zu erleichtern, will die Polizei manchmal Fotos mit Vermummungsmaterial oder anderen Kleidungsstücken von euch. Das müsst und solltet ihr auf keinen Fall mitmachen, denn ihr seid nicht verpflichtet, bei eurer eigenen Strafverfolgung aktiv mitzuwirken. Das bedeutet, ihr müsst keine bestimmten Haltungen einnehmen (z.B. Wurfbewegung vorführen) und bei keinerlei Kostümierung mitwirken (z.B. Kapuze aufsetzen). Auch wenn die Polizist*innen mit einer gewaltsamen Durchsetzung drohen, solltet ihr versuchen, euch dieser Schikane zu widersetzen.

Grundsätzlich muss zwischen zwei verschiedenen Formen der ED-Behandlung unterschieden werden, der repressiven, sich also auf eine konkrete Straftat beziehenden und der präventiven, zur sogenannten Gefahrenabwehr. Bei einer postalischen Vorladung zur ED-Behandlung solltet ihr daher zeitig Kontakt zu euren Antirepressionsstrukturen aufnehmen, da die unterschiedlichen Formen unterschiedliche juristische Handlungsoptionen ermöglichen.

In der Praxis sind die Handlungsmöglichkeiten allerdings sehr beschränkt, denn die Polizei wird in der Regel versuchen, die ED-Behandlung durchzusetzen, ohne der betroffenen Person eine Möglichkeit zu geben, juristisch dagegen vorzugehen. Sollte die Polizei also z.B. im Rahmen einer Demonstration die sofortige Durchführung einer ED-Behandlung verlangen, gibt es kaum eine Chance diese zu verhindern. Falls ihr in der letzten Zeit erkennungsdienstlich behandelt worden seid, macht die Cops darauf aufmerksam, wenn eure Daten bereits polizeilich erfasst sind, wäre eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung überflüssig und schikanös.
Wie gesagt lassen sich direkte ED-Behandlungen kaum verhindern, daher könnt ihr auch erstmal nicht viel falsch machen. Lasst euch aber auf keine Gespräche mit den Cops ein, denn es gibt keine ‚unwichtigen Fragen‘. Die Polizei hat keinen Anspruch auf Informationen zu Themen wie Rechts- oder Linkshänder*in, Raucher*in, Fremdsprachenkenntnisse, Schuhgröße oder Führerschein usw. Solche Maßnahmen sind Teil staatlicher Repression und Einschüchterung, lasst euch daher nicht unterkriegen, trefft euch im Anschluss mit Freund*innen, redet über Sorgen und informiert eure örtlichen Antirepressionsstrukturen.

Wie immer gilt: Macht Gebrauch von eurem Aussageverweigerungsrecht. Ihr müsst und solltet bei Polizei und Staatsanwaltschaft nichts sagen (außer den Infos auf eurem Personalausweis plus eine grobe Berufsbezeichnung und euren Familienstand). Außerdem: Nichts unterschreiben, das ist euer gutes Recht! Bei Unsicherheiten, Fragen oder Problemen: scheut euch nicht Kontakt zur nächsten Ortsgruppe der Roten Hilfe oder euren Antirepressionsstrukturen aufzunehmen!


Beitrag zur Falkstraßen-Debatte

Wir möchten den Vorschlag aufgreifen, die Aktion in der Falkstraße (Feuer gegen ein Siemensfahrzeug) als Anlass zu nutzen, um über Kriterien und Vorgehensweisen bei militanten Aktionen zu diskutieren. Uns scheint diese Diskussion vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl an Angriffen auf Infrastruktur und Material im Rhein-Main-Gebiet überfällig.
Als militant handelnder Zusammenhang kennen wir die Gegebenheiten, wie sie die Gruppe in der Falkstraße vorgefunden hat: Ein Fahrzeug eines Schweinekonzerns steht scheinbar günstig und kann mit überschaubarem Aufwand beseitigt werden. Doch welche Kriterien legen wir für die Kategorisierung „günstig stehen“ an? Das Fahrzeug in der Falkstraße kann jedenfalls nicht in diese Kategorie gezählt werden, sonst hätte der Brand nicht auf weitere Fahrzeuge übergegriffen und dadurch unbeteiligte Menschen gefährdet! Soweit wir uns ein Bild machen konnten, setzt ein Angriff mit Feuer in dieser Lage – selbst wenn nichts schief geht – ein zügiges Eintreffen der Feuerwehr voraus, da eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, auf umliegende Autos überzugreifen und damit ein großes Brand-Szenario zu verursachen. Warum? Das Fahrzeug ist eingeparkt von verschiedenen anderen Autos, außerdem ist der Abstand des Fahrzeugs zu den anliegenden Wohngebäuden gering. Die Möglichkeit, dass bei einem Autobrand Benzin ausläuft, ist in die Aktionsplanungen mit einzubeziehen und das Risiko, dass das Feuer auf anliegende Gebäude übergreifen könnte, zu berücksichtigen. In solch einem Fall würden wir uns entscheiden dieses Fahrzeug mit anderen Mitteln anzugreifen, weil das Risiko mit dem Mittel Feuer Unbeteiligte zu gefährden einfach zu groß wäre. Darauf zu vertrauen, dass die Feuerwehr den Brand rechtzeitig löscht, halten wir für grob fahrlässig und falsch.

Wir halten es als Revolutionäre für wesentlich, bei unseren Aktionen Schaden von Unbeteiligten auszuschließen. Wir verstehen dies als notwendigen Teil einer revolutionären Ethik. Wir haben den Eindruck, dass militant agierende Gruppen in den letzten Jahren dieser Ethik bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Demo in der Elbchaussee zu G20 in Hamburg) unausgesprochen gefolgt sind. Worauf beruht diese Ethik? Wir wollen ein Leben erkämpfen, das frei ist von Ausbeutung, Unterdrückung, Ausgrenzung und Gewalt. Wir nehmen dabei selbstverständlich auf unbeteiligte ungeschützte, schwächere Menschen Rücksicht. Befreiung zielt nicht alleine auf unsere eigene Befreiung, sie zielt auf die Befreiung aller Menschen. Dies ist unser Grundsatz, auf dem Weg dahin können wir nicht Wege einschlagen, die diesem Ziel widersprechen.

Dabei muss nicht nur am konkreten Ziel einer militanten Aktion, sondern auch an den Formen der angewandten Mittel erkennbar sein, ob sie eine emanzipatorische Dimension haben. In den besten Momenten revolutionärer Aktionen scheint die Möglichkeit auf, die materiellen Hindernisse zu einer befreiten Gesellschaft beseitigen zu können.

Ziel unserer Angriffe ist es, den Feind (materiell und ideell) zu schädigen und zu desorganisieren. Dazu müssen wir unsere Aktionen so ausrichten, dass für Außenstehende nachvollziehbar ist, gegen wen sich unsere Aktion richtet und aus welchen Gründen wir sie durchführen. Dies muss unser Anspruch sein, selbst wenn wir nicht verhindern können, dass Bullen und Medien ein Zerrbild von uns zeichnen. Wir lehnen den Nihilismus ab, der von einigen Strömungen der radikalen Linken vertreten wird. Ohne bewusste Vermittlung in die Gesellschaft, ohne den Versuch, unsere Positionen verallgemeinerbar zu machen, werden wir weder der Befreiung näher kommen, noch die faschistische Gefahr besiegen.

Wir finden die Gedanken der Gruppe richtig, dass es im Falle staatlicher Repression darum geht, „eine Antwort zu finden, die den Schaden hochtreibt, die möglichst unberechenbar ist und die die Isolation der Gefährt*innen aufbricht“. Im Falle der schief gegangenen Aktion in der Falkstraße ist dies nicht gelungen. Diese Antwort war in ihrer Auswirkung so unberechenbar, dass sie unsere Isolation eher befördert hat. Unsere Aktionen sollten immer mehr Kommunikation beinhalten, als nur zwischen uns Revolutionären und „den Schweinen“ – sie sollten sich bestenfalls selbst erklären. Die Möglichkeit, dass Unbeteiligte unsere Aktionen „lesen“ können, ist uns oft sogar wichtiger, als was der Feind denkt. Siemens ist das eine Fahrzeug ziemlich egal, der Verlust wird weder eine Auswirkung auf die Konzernpolitik haben noch auf die Situationen unserer eingeknasteten Gefährt*innen. Aber wie in der Nachbarschaft diskutiert wird, ist für uns als Revolutionäre von Bedeutung.

Wer militant agiert, trägt eine hohe Verantwortung – für sich selbst, für andere militant agierende Gruppen, für möglicherweise Beteiligte (z.B. eben Anwohner*innen) und zuletzt auch für die Sache der Revolution. Wir wollen das nicht an dieser Stelle ausführen, aber wir müssen wieder anfangen, konsequent darüber nachzudenken, wie die Wege zur Revolution aussehen können (auch wenn das hierzulande im Angesicht des Erstarkens der faschistischen Konterrevolution abwegig erscheint).

An der konkreten Aktion kritisieren wir auch die fehlende politische Bestimmung: aus Solidarität mit gefangenen Gefährt*innen wird ein Siemens-Fahrzeug angezündet. Die Erklärung zur Firma fällt allerdings sehr dünn aus. Es gibt eine jahrzehntelange Geschichte der revolutionären Linken zu Siemens und dessen lebensfeindlicher Konzernpolitik. Viele Jahre war Siemens als zentraler Zulieferer der Atomindustrie bekannt, aktuell stehen sie massiv in der Kritik für ihre Beteiligung am Kohleabbau in Australien. Eine ausführlichere politische Bestimmung des Konzerns in der Erklärung würde möglicherweise andere aufklären und anregen, ebenfalls gegen den Konzern aktiv zu werden. Die politische Bestimmung nur aus der Solidarität mit den Gefangenen abzuleiten, halten wir für zu schwach. Damit erscheint das Ziel absolut beliebig und erzeugt so aus unserer Sicht eben keine Solidarität mit den gefangenen Gefährt*innen und deren Überzeugungen.

Nun noch Gedanken zur alternativen Herangehensweise:
Zuerst wollen wir darauf hinweisen, dass die Brandlegung an Handwerker*innen-Fahrzeugen oft die Gefahr bergen, dass im Fahrzeug neben verschiedenen Werkzeugen auch große Gaskartuschen gelagert werden. Dies halten wir für eine potentielle Gefahr für Anwohner*innen, Passanten und Feuerwehrleute und sollte berücksichtigt werden.

Dann finden wir, dass es viele weitere Wege gibt, um ein Fahrzeug möglichst effektiv anzugreifen und zu beschädigen. Uns fällt da beispielsweise ein: Reifen plätten, Nummernschild abmontieren, Vollsprühen, Lack zerkratzen, Einsatz von Glasschneider, mit Sand versetzte Farbe auf die Scheiben schütten, Abbeize auf Lack und Dichtungen. Falls wir der/dem Fahrzeug-Nutzer*in persönlich schaden wollen, ist es eine gute Idee, einfach stinkendes Irgendwas in die Lüftung zu kippen (bei einer*m einfachen Angestellten und Nutzer*in eines Siemens-Autos machen wir das nicht). Schläge mit dem Hammer in Karosserie oder auf die Elektronik in der Stoßstange sind zwar laut, aber effektiv. Wir haben schon erfahren dürfen, dass Autos, die wir so behandelt haben, hinterher als Totalschaden gelistet wurden. Zum Einsatz von Bauschaum in Auspuff und Lüftungsschlitzen wurde uns schon oft geraten, aber uns erscheint das lästig und ineffektiv.

Im Gegensatz zum Einsatz von Feuer haben diese Methoden nur zwei (scheinbare) Nachteile. Erstens muss am Objekt im Zweifelsfall länger und vielleicht auch mit Geräuschentwicklung gearbeitet werden, was die Entdeckungsgefahr erhöht. Zweitens gilt der Einsatz von Feuer als der „entschiedenere“ Ansatz bei Militanten und bei den Ermittlungsbehörden. Bezüglich des letztgenannten Effekts haben wir als Zusammenhang allerdings einen pragmatischen Ansatz: Wir haben weder dem Staat noch anderen Militanten noch uns selbst was zu beweisen. Wir tun was wir für richtig und notwendig halten, was auf unserer beschriebenen Ethik basiert, was dem Feind nach Möglichkeit weh tut und was wir mit unseren Fähigkeiten für umsetzbar halten. Wir werden nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, nur weil uns andere dann für wichtiger halten.

Revolution bleibt Handarbeit


IAA verschrotten!

Die Internationale Automobilausstellung denkt über einen neuen Austragungsort nach, diverse Städte stehen als Alternativen im Raum. Uns reicht ein Verschwinden aus Frankfurt nicht, wir wollen alles: IAA verschrotten! Folgendes Text-Fundstück spricht uns aus dem Herzen und schlägt alltagstaugliche Aktionen vor:

E-Scooter lassen sich zurückdrängen

„Greta und Kenny“ haben sich im Dezember testweise auf ein Viertel in Köln konzentriert und dort mehr als 200 E-Scooter „(z)erlegt“. Der in Köln größte Anbieter von Ausleih-Elektrorollern „Lime“ hatte sich entschieden, in den wärmeren Städten sein Angebot nicht witterungsbedingt zu reduzieren. Gezielte Sabotage hat die Anzahl der Roller im ausgewählten Viertel nun spürbar dezimiert.

Mit einem kräftigen Schlag (Hammer oder Dorn) durch das Display in die darunter liegende Steuerelektronik verabschiedet sich der Roller komplett und kann nicht mehr entriegelt werden. Die Reparatur kostet mehrere hundert Euro; das Hipster-Mobil ist in der Regel für einige Tage aus dem Verkehr gezogen. Der Anbieter hat selbstverständlich reichlich Ersatz auf Lager, aber: Er weicht der Renitenz bei regelmäßiger Sabotage lieber aus. In dieser Hinsicht teilen wir die Erfahrung aus der Schweiz.

Mit dem Wiedererstarken der ökologischen Debatte werden die kritischen Stimmen lauter gegenüber besonders unsinnigen Konzepten von Smart City und smarter Mobilität. Sämtliche aktuellen Studien belegen eindrücklich, dass sich der Klimawandel nicht abwenden lässt, wenn wir am überkommenen Individualverkehr festhalten. Ein Umstieg auf elektrischen Individualverkehr ändert da gar nichts. Im Gegenteil: Die E-Mobilität erkauft sich niedrigere Emissionen während der Fahrt mit maximaler Umweltbelastung (und unzumutbaren Ausbeutungsbedingungen) bei Herstellung und Entsorgung der Energiespeicher. Der Bau einer Batterie für den viel zitierten Tesla zum Beispiel ist so umweltschädlich wie acht Jahre Betrieb eines Verbrennungsmotors. Aus dem gleichen Grund fällt die Bilanz für E-Scooter katastrophal aus. Hier kommt die geringe Haltbarkeit der Akkus von nur wenigen Monaten als ökologisch besonders fatal hinzu. Zudem ersetzen sie nachweislich keinerlei motorisierten Verkehr; sie sind rein zusätzlicher Ressourcenverbrauch.

Wir halten es im Rahmen der breiteren (und zukünftig hoffentlich noch tiefer gehenden) Ökologiedebatte durchaus für möglich, die im letzten Sommer eingeführten und (außer bei Hipstern und Touris) ungeliebten E-Scooter als besonders klimaschädliche Auswüchse des Plattform-Kapitalismus wieder zurückzudrängen. Es braucht dazu alltäglich sichtbaren Widerspruch – z.B in Form von Sabotage. Neben der alltäglichen Aktivität im Kleinen eignen sich ausgerufenene Klima-Aktionstage oder Mobilitäts-Messen hervorragend für massivere und breiter wahrnehmbare Aktionen. Die „neue“ Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) will sich von der reinen PS-Show in einen Ort für die Vorstellung grün gewaschener Mobilitätskonzepte verwandeln. Im März soll feststehen, welche Stadt Austragungsort für die „neue“ IAA werden wird: Frankfurt, Berlin, Hamburg, Hannover, Köln, Stuttgart oder München. Einige Bewerber wollen die ganze Stadt zum Austragungsort ihres Events erklären – umso besser für unseren Angriff auf ihre rückschrittliche Form der „smarten E-Mobilität“. Die Blockaden und heftigeren Attacken auf dutzende Luxus-Karren während der letzten IAA in Frankfurt geben zusammen mit der bundesweit gestarteten Kampagne „Ende Geländewagen“ gegen SUV einen Vorgeschmack auf das was möglich ist.

weitere Schnell-Sabotage-Möglichkeiten gegen E-Scooter:

  • QR-Code und 4-6stellige Rollerkennung mit kleiner Sprühdose oder dickem Stift unlesbar machen
  • Kabelbinder durch Vorderrad und um die Rollerlenkstange verhindert ein Losfahren ohne Seitenschneider

greta & kenny fans


Castor Alarm 2020!

…the Return of the living Dead?

Castor-Alarm 2019/2020? Hat sich da nicht jemand im Jahrzehnt vergriffen? Für viele ist der Atomausstieg beschlossene Sache, manche glauben gar, dass alle deutschen Atomkraftwerke bereits abgeschaltet sind. Doch die sieben (ab 2020 vielleicht nur noch sechs) leistungsstärksten Reaktoren laufen noch immer – und ihr Weiterbetrieb wird massiv vorangetrieben. Zugleich rollt – womöglich schon bald – ein Castor-Transport von La Hague nach Biblis und Philipsburg. Deshalb: Ja! Castor-Alarm!

Versprochen ist versprochen und…äh…Wieso eigentlich Castoren nach Biblis und Philipsburg?

Versprechen haben beim Betrieb von Atomanlagen eine lange Geschichte. Ohne sie wäre der Betrieb der Anlagen nicht vermittelbar. Zu den obskursten und zugleich bekanntesten dieser Versprechen gehört die Idee, mensch könne die Hinterlassenschaften der Anlagen verantwortungsvoll endlagern und die Idee, mensch könne sie problemlos wiederverwerten.

Zunächst wurden Atomanlagen in Betrieb genommen ohne sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wo denn die hochradioaktiven Zerfallsprodukte (beschönigend „Atommüll“ genannt) verbleiben sollten. Als dies als Problem benannt wurde, begaben sich Betreibende und Regierende auf die Suche nach einem Ort, der einstmals „Endlager“ genannt werden könnte. Die Hoffnung, dass es überhaupt ein geeignetes Dauerlager für die Zerfallsprodukte geben könnte, teilten schon damals nicht alle. Dennoch wurde die darauf gestützte Erkundung, etwa von Gorleben, atomrechtlich als Entsorgungsnachweis und somit als Voraussetzung für den Betrieb der Anlagen anerkannt. Die Prophezeiung, irgendwann fündig zu werden, reichte. „Wiederaufbereitung“ hieß das Versprechen, radioaktive Reststoffe nach geeigneter Behandlung in entsprechenden Anlagen (den WAA) wieder in Reaktoren stecken zu können. Auch dieses Versprechen galt als „Entsorgungsnachweis“. So wurde der deutsche Atommüll in die WAA La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) verschoben, wo er sich inzwischen türmt und von wo er jetzt vertragsgemäß wieder zurückgenommen werden muss. Deshalb soll es jetzt auch Castortransporte nach Biblis und Philipsburg geben.

Wird der Müll dann dort wiederverwendet? Nein. Das Versprechen nuklearer Endloskreisläufe konnte nicht eingelöst werden, aus technischen und politischen Gründen. Aber in Philipsburg und Biblis wurde der Müll einstmals produziert und dort gibt es eines der sogenannten „Zwischenlager“für hochradioaktiven Atommüll. Wie lange wird der Atommüll dort bleiben? Möglicherweise bis ein geeignetes „Endlager“ gefunden wurde. Mit der Suche danach (auf einer „weißen“ Landkarte) wurde gerade wieder begonnen und sie wird in zwanzig Jahren beendet sein. Das ist jedenfalls das neue Versprechen.

Die Rückkehr der Atomkraft verhindern!

Vor rund zweieinhalb Legislaturperioden, kurz nach Fukushima, sah sich die Bundesregierung gezwungen, dem Druck der Straße nachzugeben und die 2011 vereinbarte Laufzeitverlängerung (!) zurückzunehmen und zum zweiten Mal einen Ausstieg zu beschließen. Die acht ältesten AKW wurden stillgelegt, doch gelang es den Atomkonzernen, den Weiterbetrieb der wichtigsten Leistungsreaktoren für ein weiteres Jahrzehnt zu sichern. 2019 liegt Deutschland europaweit immer noch auf Platz 3 der installierten Atomstromproduktion, angesichts der gesamtgesellschaftlichen Anti-AKW-Stimmung eine bemerkenswerte Situation.

Zwar ist versprochen, dass in den nächsten drei Jahren alle sieben noch laufenden AKW abgeschaltet werden, doch scheint der Ausstieg 2022 zweifelhaft. Der Grund: Sachzwänge – geschaffen durch eine Energiepolitik der Unterlassung und geeignet, den Weiterbetrieb der Reaktoren geradezu rational erscheinen zu lassen. Diese Situation war zwar seit 2011 absehbar, dennoch wurde es an vielen Stellen unterlassen, sich auf die Abschaltung der restlichen Großkraftwerke vorzubereiten. Der Ausbau der regenerativen Energien wurde an vielen Stellen behindert, die Förderung der Windenergie zusammengestrichen. Der Zubau von Solar- und Windkraftanlagen ist inzwischen geradezu kollabiert. Gleichzeitig hintertreibt etwa die Bayrische Landesregierung massiv den Ausbau der Stromnetze, der notwendig sein wird, um den regenerativen Strom von Nord- nach Süddeutschland zu bringen. Von einer dezentralen Energieversorgung spricht schon keine*r mehr. Eine Politik mit dem Ziel, die AKW zu ersetzen, müsste anderes aussehen. Hat es sie je gegeben? Oder wurde es von Anfang an darauf ausgelegt, eine spätere Laufzeitverlängerung vorzubereiten?

Gleich wie: es ist höchste Zeit, die Anti-Atom-Bewegung aus dem Abklingbecken zu holen. Die geplanten Castor-Transporte nach Philipsburg und Biblis sind geeignete Anlässe. Wie beim ersten Castor Transport 1995 ist auch diesmal nicht genau bekannt, wann der Castor rollt. Es heißt also: Augen auf!

Für eine Gesellschaft in der Atomanlagen nicht möglich sind!

Für diejenigen, die in der Anti-Atom-Bewegung organisiert sind und waren, ging es nie einfach nur um den Betrieb von Atomkraftwerken. Von Anfang an war mit der Kritik an den Atomanlagen auch verbunden an den Grundfesten dieser Gesellschaft zu rütteln. Atomkraft nein Danke heißt: so kann es nicht weiter gehen! Der Betrieb von Atomanlagen ist konsequenter Ausdruck einer Gesellschaft, die Profite privatisiert und die Kosten des Betriebs der Anlagen konsequent sozialisiert. Sei es entlang kolonialer Linien bei Uranabbau und der Umweltzerstörung dabei oder der Umlegung der immensen Kosten für Forschung und „Entsorgung“ auf die Allgemeinheit. Energiekämpfe sind immer auch soziale Kämpfe darum, wem in dieser Gesellschaft welche Perspektiven möglich sind, und wem diese beschnitten werden. Tag für Tag werden in den Uranabbaugebieten riesige Mengen an Grundwasser verseucht und radioaktiver Abraum in die Landschaft gekippt. Dies trifft uns in Europa weniger als Menschen in Niger, Kanada oder Australien. Die Forderung nach der sofortigen Stilllegung aller Atomanlagen versucht, dieser Situation Rechnung zu tragen. Sie ist nicht einfach bundesdeutsche Verbalradikalität und dicke Hose. Sie ist eine Forderung, die anerkennt, dass diese Umwelt- und vor allem Lebensweltzerstörung keinen weiteren Tag lang zu akzeptieren ist.

Seid bereit – Castor stoppen!

Tragt euch in die Alarmliste ein, um den Tag X nicht vor lauter Alltag zu verpassen: castorstoppen.noblogs.org/alarmliste

Weitere Infos, Termine:
www.castorstoppen.noblogs.org


Dokumentation

Merry Crisis and a Happy New Fear!
Eltville, 09.01.2020

Getreu diesem Motto statteten wir dem Landtagsabgeordneten der AFD Frank Grobe am 24.12.2019 einen Besuch in Eltville ab. An seiner Hauswand hinterließen wir eine rote Grußbotschaft. Frank Grobe ist nicht nur Mitglied der Landtagsfraktion der Alternative für Deutschland, sondern auch als parlamentarischer Geschäftsführer der Partei tätig.
Die AFD vertritt rassistische und faschistische Ideale und wird mit ihrer diskriminierenden Politik durch die Demokratie geschützt. Das ist für uns umso mehr ein Grund diesen Staat abzuschaffen und diesen Pappnasen ihr Ruckzugsräume ungemütlich zu machen. Wir wollen die privaten Räume angreifen und den NachbarInnen deutlich machen, dass neben ihnen ungestört ein Faschist wohnt.
In einem Staat, der nach der angeblichen Entnazifizierung trotzdem noch Alt-Nazis in hohen Positionen wie beispielsweise in der Justiz und der Exekutive einsetzt, muss dringend etwas geändert werden!
Nazis raus aus der Politik!
Es gibt kein ruhiges Hinterland!
Alerta!

Defend spaces of struggle
Frankfurt, 13.12.2019

Unsere Wut an der richigen Stelle – mit Hammerschlagen und Stinkeflüssigkeit haben wir der Gewerkschaft der Polizei einen Besuch abgestattet.
Die GdP ist eine der gesellschaftlichen Institutionen die die Aufrüstung der Polizei und in diesem Zug auch die autoritäre Formierung der Gesellschaft vorantreibt.
Sie vertritt die Interessen der Polizei gegenüber den politischen Entscheidungsträger*innen und tritt dabei selbst als politische Akteurin in Erscheinung indem sie Ressentiments gegenüber Andersdenkenden oder vermeintlichen Kriminellen schürt. Die Verschärfung der repressiven Bestimmungen der letzten Jahre in allen gesellschaftlichen Bereichen trägt ihre Handschrift. Sie fordert regelmäßig mehr Befugnisse und Aufrüstung der Schweine indem sie rassistische und chauvinistische Ängste bedient, ungeachtet eines Rückgangs an Straftaten in den letzten Jahren.
Die GdP trägt maßgeblich dazu bei, faschistische Netzwerke in Polizei und Staatsapparat durch Verharmlosung und Abwehrreflexe zu schützen und aktiv zu ihrer Verfestigung beizutragen. Wir erwarten nichts von der Polizei als Institution und politischem Akteur, egal wie „demokratisch“ kontrolliert sie jemals sein sollte und egal wie viele aus der faschistischen „Armee der Einzeltäter“ noch mit lächerlichen Disziplinarverfahren und Versetzungen „bestraft“ werden.
Die Polizei und ihre Interessenvertretung legitimieren die rassistische Praxis des „racial profiling“ und arbeiten aktiv an der rassistischen Grundstimmung in der BRD mit, sie führt Abschiebungen und Zwangsräumungen durch und schikaniert tagtäglich Menschen auf der Straße die nicht in ihr Weltbild passen. Mehr Kameraüberwachung im öffentlichen Raum, mehr Waffen, Technologie und Personal: aufgrund dieser Kampfansagen an ein befreite und selbst an eine „liberale“ Gesellschaft sollte klar sein, dass die Polizei kein Arbeitgeber wie jeder andere ist sondern ein politischer Akteur mit totalitären und antiemanzipatorischen Ansichten und Praxis. Beispielhaft für die genannten Punkte sei nur an die Einflußnahme der GdP im Zuge des Antifakongresses 2017 in Gewerkschaftsräumen in München gedacht oder jüngst ein Gruppenfoto einiger Bullen vor einem Faschograffiti in der Lausitz vor einer Aktion von „Ende Gelände“.
Wir verweisen an dieser Stelle auf den Text einer feministischen autonomen Zelle anlässlich eines Angriffs auf ein Bosch-Auto, sowie den Text zu dem Hackerangriff auf die GdP-Internetseite.
Es gibt unendlich viele Gründe. Die meisten sind bekannt. Vieles wurde schon geschrieben.
Deshalb haben wir in der Nacht pünktlich zum 13.12. um 1:45 Uhr das GdP-Büro anlässlich des Prozesses gegen die Liebig34 angegriffen. Der Prozesstermin wurde zwar aus noch ungeklärten Gründen auf Januar verschoben, aber unsere Botschaft spricht an diesem Tage für sich.
Wir grüßen Loïc, die drei von der Parkbank
Keine Freunde, keine Helfer!
Gegen den Staat und seine Polizei!
Unterdrückung ist keine Arbeit!
Für eine befreite Gesellschaft!

Steine gegen Burschenschaft
Marburg, 2. Dezember 2019

Durch offenbar zielgerichtet geworfene Pflastersteine entstand an einem Haus einer Burschenschaft in der Lutherstraße ein Schaden von mindestens 1.000 Euro. Die Steine flogen in der Nacht zum Montag um kurz nach 01 Uhr. Sie trafen ein Fenster und die Eingangstür des Hauses.

Farbe gegen russisches Konsulat
Frankfurt, 21. November 2019

Das russische Konsulat in Frankfurt ist mit Farbbeuteln beworfen worden. Zudem sprühten die Angreifer die Parole „War starts here“ auf den Bürgersteig vor dem Haus. Der Staatsschutz ermittelt.
Unbekannte haben in der Nacht zu Donnerstag die Fassade des russischen Generalkonsulats in Frankfurt mit Farbbeuteln beworfen. Am Morgen danach waren die Spuren fast auf der gesamten Front des Gebäudes am Oeder Weg zu sehen. Lediglich die Fenster konnten zunächst zum Teil gereinigt werden.
Wie die Polizei mitteilte, berichteten Zeugen von einer Gruppe von etwa „fünf Personen jüngeren Alters“, die das Gebäude des Generalkonsulats gegen 0.45 Uhr mit roter, gelber und grüner Farbe beschmiert hätten. Zudem montierten die Täter mit Kabelbinder Plakate am Zaun und sprühten die Worte „War starts here“ auf den Bürgersteig. Anschließend flüchteten die Unbekannten, die dunkel gekleidet waren und Mützen trugen, in Richtung Eckenheimer Landstraße.
Der Vorfall sei dem Staatsschutz übergeben worden, der nun weiter ermittele, teilte ein Polizeisprecher mit. Unter anderem werde auch Videomaterial ausgewertet. Es sei allerdings noch nicht ersichtlich, welcher Gruppierung die Täter angehörten. Auf den Plakaten bezogen sie sich auf die Syrien-Politik des russischen Staates. Sie warfen Russland die „Unterstützung des türkischen Faschismus und des islamischen Staates“ vor.
Quelle: FAZ

Munitionshersteller angezündet
Geisenheim, 15.11.2019

Der Preis eines Lebens
Wir haben heute Nacht in Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf und gegen die türkische Invasion in Rojava den Eingangsbereich der Firma Ferrostaal in Geisenheim (Rheingau) angezündet. Wir haben mit einigen Reifen die Rückseite des Verwaltungsgebäudes in Brand gesetzt. Dort wird für den weltweiten Gebrauch Waffen und Munition hergestellt. Wir gehen davon aus, dass sowohl die Firma, als auch die Polizei kein Interesse daran haben wird, dass das an die Öffentlichkeit geraten soll.
Der Preis des Lebens – Eine Gewehrkugel, vielleicht 0,75€. Aber was kosten tausende Leben? Und welchen Preis bist du bereit zu zahlen, auch nur eines zu retten?
Wir wollen uns nie vorwerfen lassen, wir hätten etwas unversucht gelassen. Wann wäre der richtige Zeitpunkt gewesen? Zu welchem Zeitpunkt werden sie entscheiden es reicht, es ist genug? Wie viel bist du bereit zu ertragen? Und zu welcher Zeit wird es bereits zu spät sein. Wir haben uns entschieden jetzt zu handeln. Wir können und werden es nicht länger ertragen, nicht länger unwidersprochen mittragen.
Wir wissen, dass im Kapitalismus in dem wir leben die Profitmaximierung allem voran geht. Es ist völlig klar, dass privatwirtschaftliche Unternehmen sich nicht um die menschenverachtenden Folgen ihres Gewinnstrebens kümmern. Und ganz offensichtlich lässt sich mit dem Töten von Menschen sehr gut und sehr viel Geld verdienen.
Wir lassen uns nicht verarschen! Hinter der Fassade sind vielleicht Biedermänner, aber was sie tun ist mörderisch. Eine Bombe erfüllt nur einen Zweck und wird auf ein Haus voller Menschen geworfen. Sie wird die Menschen darin töten, denn es gibt für Gewehrmunition keinen anderen Zweck als das Töten – und den Machtinteressen derjenigen dienen, die sie abfeuern und denen Geld einbringen, welche diese produzieren und verkaufen.

Wir stellen vor: Das ist Ferrostaal.
Unter dem Namen Ferrostaal agiert heute die ehemalige Fritz Werner Industrie Ausrüstungs GmbH in Geisenheim. Sie stellt Waffen und Munition für den Kriegseinsatz weltweit her und verkauft diese an jeden zahlenden Despoten. Mehr noch, diese Firma gehört zu den weltweit ganz wenigen Anbietern, die seit Jahrzehnten komplette Rüstungs- und Munitionsfabriken für ihre Kunden konzipieren und aufbauen können Hierdurch werden eventuelle Exportbeschränkungen auf perverseste Art und Weise umgangen: Ist der Verkauf von entsprechenden Waffen oder Munition in eine Region verboten, bietet Fritz Werner/ Ferrostaal ein komfortable Möglichkeit an, das ganze zu umgehen. Sie bauen einfach eine fertige Waffen-Fabrik. Und schon können sich die Diktaturen der Erde sich die benötigten Kampfstoffe selbst herstellen, um ihre eigene oder andere Bevölkerungen zu unterdrücken, ermorden, zu vernichten.
Wir wissen, Ferrostaal wird dies öffentlich abstreiten. Öffentlich präsentiert sich das Unternehmen als Spezialist für den Maschinen- und Anlagenbau, hauptsächlich tätig in der sogenannten MENA(Middle east /North africa) Region. Natürlich nur im friedlichen Aufbau von Öl und Solaranlagen. Doch glaubt den Lügen der Mörder nicht! In einem komplizierten Firmengeflecht werden die Rüstungsaktivitäten geschickt verschleiert. Heißt die Sparte offiziell Ferrostaal oil, so ist sie doch aktiv mit dem Rüstungsbereich von Rheinmetall verbunden. Das mit Ferrostaal Industrieanlagen GmbH, Essen, betriebene Joint Venture Rheinmetall International Engineering GmbH, Geisenheim (RIE), war dem Unternehmensbereich Defence zugeordnet.

Wo es zu morden gibt, ist Ferrostaal aktiv: Türkei, Saudi Arabien, Mexiko… Ein kleiner unvollständiger Ausschnitt:

Türkei
Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Helmut Kohl 1998 die Fertigung von einer halben Million HK-33-Gewehre in der Türkei genehmigt hatte, erteilte im Juni 2000 die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) der damaligen Fritz Werner die Zustimmung zum Bau einer Fabrik zur Herstellung von Patronen des NATO-Kalibers 5,56 mm. Die Fabrik wurde ab 2003 errichtet und hatte einen Wert von 46 Mio Euro. Fritz Werner ist Führer eines Konsortiums von Firmen aus Belgien, Frankreich und Spanien. Der Vertrag der Türkei mit der spanischen Firma Santa Barbara sieht vor, dass diese pro Jahr 750 Tonnen Patronenpulver fertigt. Diese Menge reicht für die Herstellung von etwa 400 Millionen Patronen 5,56 mm. Im Jahr 2000, dem Jahr der erteilten Ausfuhrgenehmigung in die Türkei war dem Türkei-Bericht von Amnesty international zu entnehmen, dass die Folter „verbreitet“ war. Im Februar 2010 hat der Bundessicherheitsrat abschließend entschieden, dass Fritz Werner Herstellungsausrüstung für Munition im Wert von 854.250 Euro in die Türkei exportieren darf. Wann die Lieferung erfolgte, ist unbekannt.
Zynisch sind die leeren Phrasen der deutschen Politiker, wenn sie auf Einhaltung von Menschenrechen in den neun Kriegsgebieten der Türkei pochen. Eben diese Türkei wurde mit deutschen Waffen hochgerüstet. Eben diese Türkei hat niemals einen Hehl daraus gemacht, was sie in den kurdischen Gebieten veranstaltet. Dort wird die letzte sichere und vom Krieg verschonte Region nun zerstört und die dort lebenden Menschen getötet und vertrieben. Mit dem Ziel andere Bevölkerungsgruppen, bzw. genauer die islamistischen Milizen vom sogenannten IS und Konsorten anzusiedeln. In den 90ern lief solches Handeln unter dem Namen „ethnische Säuberung“. Und genau das ist es. Ethnische Säuberungen und Krieg, ausgelöst und vorangetrieben von einem engen „Verbündeten“ und NATO Mitglied.
Und die Deutsche Regierung erklärt diesmal aber nun wirklich keine Rüstungsgüter mehr zu exportieren. Zumindest keine mehr welche in Syrien eingesetzt werden könnten. Was soll das sein? Nur noch Schneetarnanzüge für die türkische Armee?!
Deutschland setzt Millionen von Euro mit den Türkischen Kriegen um. Und das auch fleißig nach dem vorherigen Einmarsch der türkischen Armee in Afrin. Spätestens danach war völlig klar wohin die Reise geht.

Saudi-Arabien
Zu Zeiten des Kabinetts Merkel II (schwarz-gelb) erteilte der Bundessicherheitsrat im Juni 2011 drei abschließende Ausfuhrgenehmigungen nach Saudi-Arabien zur Herstellungsausrüstung von Munition im Gesamtwert von rund 1,13 Mio Euro. Im Juni 2017 hat der Bundessicherheitsrat der Fritz Werner Industrie-Ausrüstungen GmbH die Ausfuhr militärischer Werkzeuge und Ausrüstungen im Wert von 8,9 Mio. Euro nach Saudi-Arabien erlaubt.

Mexiko
Im Juni 2006 eröffnete Ferrostaal in Mexiko eine Produktionsanlage. Dort wurde ein G36-Nachbau, in Serienfertigung hergestellt. Anfangs wurden die militärische Spezialeinheit GAFE damit ausgerüstet, welche damit den indigenen Aufstand der Würde der EZLN niederschlug. Später rekrutierten sich aus ebendieser Einheit eines der brutalsten Drogenkartelle in Mexiko.

Burma
Die Auflistung der Beteiligung an Verbrechen von Ferrostaal /Fritz Werner würde diesen Rahmen sprengen – jedoch hat es bundesdeutsche Tradition. Selbst die international isolierte Militärregierung in Burma wurde jahrelang durch das Unternehmen hofiert. „Die deutsche Regierung hat zweifellos eine gewisse Mitschuld an den Tötungen in Burma, weil deutsche Firmen Waffen oder Fabrikmaterialien zur Herstellung von Waffen geliefert haben. Die deutsche Regierung hat dies nicht nur gebilligt, sondern auch aktiv realisiert. Wenn ich jemandem eine Waffe gebe in dem Wissen, dass er damit jemand anderes tötet, werde ich in den meisten Ländern als Helfershelfer bezeichnet. So gesehen ist Deutschland damit ein Komplize der Massaker von 1988 und dem Krieg gegen die ethnischen Minderheiten.“, sagt Mark Farmaner, Direktor der Burma Campaign London.
(Für weitere Hintergrundinformationen empfiehlt sich beispielsweise die Informationsstelle Militarisierung)

Unsere Sabotage richtet sich gegen die gesamten Machenschaften von Ferrostaal, gegen die blutigen Folgen ihrer Profitmaximierung. Doch besonders nehmen wir Bezug auf den Widerstand in Rojava, der mit Hilfe ihrer Technologie gerade jetzt zerschlagen werden soll.
In Nordsyrien bauen die Menschen eine demokratische Selbstverwaltung auf. In ihren Ausformungen und Prinzipien ist sie denen der parlamentarischen Demokratien der westlichen Welt deutlich näher als den sie umgebenen Machtblöcken. Ein bedeutender Unterschied, wie die meisten fortschrittlichen gesellschaftlichen Veränderungen, wurde auch diese von unten, durch die Menschen erkämpft. Insbesondere die enorme Teilhabe der Frauen, ihre Gleichberechtigung im Alltag wie auch an den Kämpfen, oft sogar ihre Vorreiterrolle in den gesellschaftlichen Umbrüchen darf gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dies sind unsere Anknüpfungspunkte an die revolutionären Umwälzungen in Rojava. Der Versuch eine befreite Gesellschaft aufzubauen, die feministische Revolution erfüllt uns mit Hoffnung. Der durch westliche Invasionen völlig in den Abgrund gescheiterte Irak, sogenannte oppositionelle Gebiete in Syrien, wo unter dem Schutz des türkischen Staates die Scharia ausprobiert wird, die Türkei selbst, im Vorhof sogenannte neoosmanischer Träume. Ganz offensichtlich ein autoritärer Staat welcher nur noch im Angriff gegen andere die inneren Widersprüche und die Korrumpiertheit seiner Eliten übertünchen kann.
Doch die kämpfenden Kurdinnen und Kurden sind einerseits Vorbilder, in der Konsequenz ihres Handelns und in dem Eintreten für ihre Sache. Andererseits ist es ein gemeinsamer Kampf, um Geschlechterbefreiung, gegen Krieg und kapitalistische Ausbeutung, für gemeinsame Teilhabe und gegen Ausschlüsse aufgrund von Herkunft oder sexueller Orientierung. Diese Kämpfe sind aktuell und an jedem Ort der Erde sind es die progressiven, radikalen fortschrittlichen Kräfte, welche für die Befreiung der Menschen eintreten. Sicherlich sind die jeweiligen Bedingungen in denen wir kämpfen unterschiedlich und unsere Voraussetzungen auch. Die linksradikalen Versuche in den zentral europäischen Metropolen sind kaum zu vergleichen mit den Organisationsansätzen der kurdischen Freund*innen, und in keinster Weise mit dem unvorstellbaren hohen Preis an Blut, Leid und Tod. Doch uns eint die Vorstellung, der gemeinsame Traum , dass es einmal besser werden wird. Nicht nur für wenige, für alle!

Der Preis des Lebens
Unser Traum des befreiten guten Lebens ist der selbe Traum ,wie ihn Gefährt*innen in Kurdistan und Chiapas träumen. Mittel, Wege, Voraussetzungen und Intensität unterscheiden sich in Chile, Paris, Seattle und Serê Kaniyê.
Wir denken, dass Widerstand jetzt und hier notwendig ist. Wir kämpfen dort wo wir leben – nämlich an dem Ort, von dem aus die Diktatoren und ihre Regime in dieser Welt mit Waffen und Munition ausgestattet werden. Andere von uns beteiligen sich an den Kämpfen, dem Aufbau, dem Widerstand in Rojava. Manche versuchen hier auf vielfältigste Weise die dauerhafte und doch so schmerzhafte Stille in Westeuropa zu unterbrechen. Tausende versammeln sich zu Demonstrationen, es gibt Aktionen des zivilen Ungehorsams, Blockaden von türkischen Einrichtungen, Straßen oder deutschen Rüstungsbetrieben. Wir verstehen uns als Teil der Bewegung, welche nur in ihrem Zusammenspiel von verschiedenen Aktionen eine Stärke und Wirkmächtigkeit gegen den Krieg entfalten können und werden. Doch der Widerstand, unser gemeinsamer Kampf ist unsere Stärke. Wir verstärken die Aktionen und Demonstrationen und den Druck auf die Profiteure des Mordens. Doch ohne die öffentlichkeitswirksamen Aktionen verschwindet unser Widerhall im Blätterwald der Medien.
Das Zusammenspiel wird unsere Stärke ausmachen – das Zusammenkommen der Kämpfe!
Jede*r von uns wird sich entscheiden, wo er/sie steht. Und jede*r wird die Aktion, den Weg des Widerstands wählen welcher am besten zu ihr/ihm passt. Wichtig ist die selbe Richtung des Weges.
Wir haben bei unserer Aktion sehr darauf geachtet, dass das angegriffene Objekt menschenleer ist und somit keine Menschen verletzt werden. Das kann Ferrostaal nicht von sich behaupten. Ihre deutschen Waffen töten mit in aller Welt. Wir hoffen dass unsere Aktion wenigstens für ein paar Tage den ungestörten Betriebsablauf behindert hat. Wir glauben dass auch nur eine einzige Waffe, eine einzige Kugel weniger in den Händen Erdogans alles Wert ist. Es ist der Preis des Lebens. Was ist dein Preis?
Der Drang nach Freiheit ist unser aller Bedürfnis und stärker als jede Gefängniszelle, manchmal auch stärker als der Tod.
Wir grüßen alle Gefährt*innen auf der Flucht und in den Gefängnissen, insbesondere alle die weiter kämpfen. Solidarische Grüße an Loïc und die drei von der Parkbank, und an alle im nirgendwo. Gewidmet ist die Aktion Anna Campbell. Sie schloß sich dem Frauenkampf der kurdischen Befreiungsbewegung an und kämpfte gegen den sogenannten Islamischen Staat. Sie wurde von türkischen Milizen in Afrin getötet, von türkischen Söldnern mit türkischen Waffen. Hergestellt und geplant wurden diese Waffen vielleicht in Geisenheim, von Ferrostaal.
Ihre Gefährt*innen in England blockierten einen Rüstungsbetrieb, wir entschieden uns dafür die Fabrik anzuzünden.
„Für dieses weite und aufgerüttelte Herz, trunken von Solidarität, ist die einzig atembare Luft die Menschenliebe“
Autonome Gruppe
Kommando Hêlîn Qereçox /Anna Campbell

Polizeimeldung:
Bei einem Brand in der Industriestraße in Geisenheim ist in der vergangenen Nacht ein Sachschaden in Höhe von mehreren Tausend Euro entstanden. Unbekannte steckten in der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 01.15 Uhr auf einem Firmengelände mehrere Reifen in Brand, wobei das Feuer auf die Fassade des angrenzenden Gebäudes übergriff. Glücklicherweise wurde der Brand rechtzeitig bemerkt, sodass die Freiwillige Feuerwehr Geisenheim schlimmeres verhindern und den Brand löschen konnte.
Quelle: Polizei

AfD-Veranstaltung in Hanau mit Andreas Kalbitz – Farbe, Kleber und Stinke gegen die FaschistInnen

Hanau 15.11.2020
In der Nacht vom 14.11 auf den 15.11 sind wir in den Frankfurter Vorort namens Hanau gefahren und haben mit einer Sabotageaktion unseren Hass gegen Afd und Co zum Ausdruck gebracht.
Für den 15.11 hatte der lokale Kreisverband den dreckigen Faschisten Andreas Kalbitz in das Bürgerhaus Reinhardskirche geladen.
Wir haben „Nie wieder Faschismus“ an eine Wand gesprüht, die Türschlösser des Veranstaltungsortes verklebt und uns mittels eines Bohrers Zugang zum Veranstaltungsraum verschafft und eine stinkende Flüssigkeit eingeleitet.
Wir hoffen, es hat ordentlich gemüffelt als das Rassistenpack geifernd zusammen saß.
Die Bullen behaupten, wir wären bei unserer Aktion gestört worden. Dies ist absoluter Schwachsinn! Unsere Aktionen sind stets gut vorbereitet, wir lassen uns weder stören noch erwischen.
In diesem Fall hat uns das ganze wenig Zeit und Vorbereitung gekostet und wir können nur zur Nachahmung aufrufen. Den neuen Faschismus werden wir sicher nicht mit netten Wort aufhalten.
Nie wieder Faschismus!
Anmerkung des Tippers: Den SUV von Kalbitz hat es erst beim nächsten Veranstaltungstermin in der schwäbischen Alb erwischt.


Chronik Oktober/November/Dezember 2019

13.10. Nach dem Nazianschlag in Halle, zeigen knapp 1000 Menschen ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde in Frankfurt vor der dortigen Synagoge.

17.10. Der Mieterbund Höchster Wohnen hat eine Statistik vorgelegt, in der mehr als 150 leerstehende Häuser in der Frankfurter Innenstadt aufgelistet sind. Dass Spekulation mit Immobilien immer noch lukrativ ist, könnte ja auch mal wieder ein Ansporn für euch sein, die Enteignungsfrage praktisch werden zu lassen! Auf jetzt – die Miete verprassen, Kündigung ins Klo – Häuser besetzen sowieso!

17.10. Aus der Reihe: Hetze gegen linke Läden! Frankfurts Bürgermeister Uwe Becker (CDU) will dem Club Voltaire städtische Zuschüsse streichen, da dort Veranstaltungen stattfänden, die ihm nicht passen. Das geht natürlich gar nicht – und auch wenn uns auch vieles im Club Voltaire nicht passt, einer Einmischung von Vertretern einer rechtspopulistischen Partei wie der CDU stehen wir solidarisch entgegen!

17.10. Ein Streifenwagen vor dem 8. Polizeirevier in Frankfurt Sachsenhausen wird mit Steinen erheblich beschädigt. Die Bullen tappen im Dunkeln und das vor der eigenen Haustür!

19.10. Bis in den November hinein kommt es regelmäßig zu teils größeren Demos wegen des türkischen Angriffskrieges gegen kurdische Gebiete in Syrien. So heute in Frankfurt mit mehr als 5000 Menschen. Dabei wurde auch die Friedensbrücke besetzt, um den Verkehrsalltag etwas zu unterbrechen.

23.10. Der hessische Verfassungsschmutz veröffentlicht Zahlen zu rechten Reichsbürgern im Land. Demnach liegt die Zahl bei etwa 1000, wovon eine mittlere zweistellige Zahl über einen Waffenschein und Waffen verfügt. Außerdem laufen Verfahren gegen drei Reichsbürger, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Zwei weitere Verfahren gegen hessische Polizeibeamte wurden natürlich wie immer bei diesen eingestellt.

24.10. Wie aus einer Mücke ein Elefant gemacht werden kann, zeigt schön die Repressionswelle nach den sogenannten Schlossgrabenfest-Krawallen in Darmstadt im Juni 2018. Mittlerweile gab es mehr als 30 Anklagen und Verurteilungen, alle bewerten den Abend als ungekannte Eskalation von Gewalt. Unnötig zu erwähnen, dass dies natürlich vollkommener Blödsinn ist. Der Rechtfertigungsdruck der Behörden, nachdem bereits am Abend mehr als 150 Menschen ohne Grund in einem Polizeikessel festgehalten wurden, macht aus einigen, von Betrunkenen geworfenen Flaschen ein Bürgerkriegsszenario. Das erinnert stark an den Gewaltdiskurs wegen Pyrotechnik in Fußballstadien, während auf der anderen Seite die Polizeiarmada für tatsächliche Kriegsszenarien hochgerüstet wird. Glaubt also nicht jeden Schwachsinn and get ready for a rumble!

25.10. In Offenbach kommt es zu einer siebenstündigen Kundgebung der rechten Politsekte „Pax Europa“. Der durchgeknallte Wanderprediger Michael Stürzenberger war mit gut 20 patriotischen Spinnern auf dem Aliceplatz. Glücklicherweise gab es Gegenproteste mit etwa 150 Leuten, wobei gleich zu Beginn bei einer Rangelei diverse rechte Plakate zu Boden gingen.

26.10. Einen Tag später kommt Stürzenberger mit seinem Wanderzirkus auf der Frankfurter Rathenauplatz an. Wieder dasselbe Bild – eine Handvoll Patridioten, hundert Antifas und eine Hundertschaft Bullen.

28.10. Im Kreis Groß-Gerau ist das komplette Personal der Polizeistation Bischofsheim ausgetauscht worden! Allen Bullen wird vorgeworfen, sich an sichergestellten Asservaten bedient zu haben. Die Fälle sind wohl schon vor knapp einem Jahr aufgeflogen, so sollen Kosmetik, Alkohol und Honig verschwunden sein. Gegen insgesamt 19 Bullen wurden Verfahren eingeleitet und alle Beteiligten wurden auf andere Bullenstationen versetzt. Darunter ist mit Revierleiter Rolf Leinz auch der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete der Freien Wähler (FW) im Kreistag. Das erinnert uns auch an die Koks dealenden Bundesbullen vom Frankfurter Bahnhofsrevier vor einigen Jahren. Geschichten, die eigentlich nicht in Vergessenheit geraten sollten!

01.11. Das Frankfurter Amtsgericht verknackt einen Mann zu einer Geldstrafe, weil dieser die betenden Abtreibungsgegner vor dem Pro Familia Büro in Frankfurt belästigt haben soll. Der Mann hatte im Schafskostüm verkleidet Seifenblasen und Rote Beete Saft in den Schnee gepustet und angeblich einen Taschen-Alarm ertönen lassen. Religion macht dumm und tötet!

06.11. In Hanau wird dagegen der Bulle vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen, der einem Häftling in einem Wasserbecher Urin und Fäkalien gereicht hatte. Freigesprochen wurde er auf Antrag der Staatsanwältin Sandra Dittmann weil – nun ja. weil er halt Bulle ist! Und keiner seiner Kollegen zu einer Aussage bereit war! Der Bulle ist mittlerweile nach Osthessen versetzt worden, das könnte z.B. Schlüchtern sein – wir erinnern uns an den Fahnenskandal! Ach, verknackt wurde der Bulle dann doch noch zu etwas, nämlich zu einer Geldstrafe, weil er in einem dokumentierten Chat die Grünen PolitikerInnen Künast und Roth als „dumme F..ze“ beleidigte. Aber das darf Mann doch nach einem Gerichtsurteil angeblich?!

07.11. In Frankfurt demonstrieren mehr als 400 Leute von Freien Trägern der offenen Kinder- und Jugendarbeit gegen die fehlende Unterstützung der Stadt. Konkret geht vielen Freien Trägern finanziell die Luft aus, sodass einige Einrichtungen ihre Schließung befürchten müssen.

11.11. Bei der 300. Montagsdemo gegen Fluglärm im Frankfurter Flughafen beteiligen sich mehr als 1500 Leute aus der Region. Vorgestellt wird auch die Aktion „Deutschland fliegt nicht“, bei der auf private und dienstliche Flüge verzichtet werden soll, insbesondere auf Kurzstreckenflüge!

13.11. In Offenbach werden drei Männer festgenommen, die verdächtigt werden, IS Anhänger zu sein und Anschläge vorbereitet zu haben. Die Männer sind gebürtige Offenbacher bzw. aus Langen und sollen im Internet versucht haben, sich Waffen zu besorgen.

14.11. In Wiesbaden werden vier Antifas vom Amtsgericht zu Geldstrafen verknackt, weil sie in einer Gruppe von etwa 50 Leuten eine gleichgroße Saalveranstaltung der AfD-Nazis im Hilde-Müller-Haus im Rheingauviertel im Januar 2018 störten. Sie sollen laut Parolen gerufen und geklatscht haben. Verknackt wurden sie, weil sie als einzige auf einem Video identifiziert wurden. Die Veranstaltung wurde damals abgebrochen, weil die anwesenden Bullen sich außerstande sahen, alle Protestierenden festzunehmen.

16.11. Im ersten Halbjahr 2019 sind in Deutschland von Arbeitenden und Angestellten mehr als 960 Millionen Überstunden geleistet worden! Davon, es wird noch schlimmer, mehr als die Hälfte UNBEZAHLT! Leute, habt ihr sie noch alle? Überproportional viele Überstunden würden Leute im Homeoffice arbeiten. Das Volumen der Überstunden entspricht rechnerisch etwa 1,2 Millionen Vollzeitstellen.

16.11. In Hanau protestieren 200 Leute vor dem Bürgerhaus Reinhardskirche gegen eine Saalveranstaltung der AfD-Nazis mit ihrem Bundesvorstand Andreas Kalbitz.

19.11. Ihr erinnert euch, letzte Ausgabe, ein Bulle, der Dienstgruppenleiter der Bereitschaftsbullen in Mülheim ist verschickt in einem Chat mit sechs anderen Bullen rassistische Bildchen mit Hakenkreuzen und Stahlhelm. Nun, das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt! Weil – nun ja, weil der Typ halt Bulle ist!

20.11. Endlich mal wieder Arbeitskampf im Rhein-Main Gebiet! Es kommt zu einem zweiwöchigen Streik der BusfahrerInnen im öffentlichen Nahverkehr. Mit Erfolg, so konnte bis zu 29% mehr Lohn erstritten werden und auch weitere Vergünstigungen in den Arbeitsbedingungen. Solidarität mit den Streikenden!

25.11. Wir hatten es ja vorhin schon mal mit dem hochmilitarisierten Bullenapparat, Hessen will dieses Jahr 1,8 Milliarden Euro für den Polizeiapparat ausgeben. Historischer Höchststand! Warum? Weil die Widersprüche in der Gesellschaft kurz vorm Explodieren stehen? Revolution? Oder doch nur Pyrotechnik und einige kaputte Flaschen? Auf jeden Fall sollen im Jahr 2025 allein in Hessen 16.000 Bullen im Einsatz sein! Wieso weshalb warum? Ach, im Jahr 2018 wurde übrigens die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit fast 40 Jahren gemessen!

25.11. Zum internationalen Tag der Gewalt gegen Frauen protestieren in Frankfurt Bornheim gut 300 Leute aus feministischen und queerfeministischen Gruppen.

27.11. Und für alle von euch, die immer noch an die Rechtschaffenheit der hiesigen Justiz glauben, das Verfahren gegen acht Bundespolizisten des Frankfurter Bahnhofsreviers wegen gemeinschaftlicher Nötigung und Körperverletzung (s. letzte Ausgabe) wird eingestellt! Weil die 17. Strafkammer nur ein geringes öffentliches Interesse an dem Fall feststellte. Zudem seien die Körperverletzungen keinem Beamten zuzuordnen. So einfach geht das! Ach, auch toll, das Verfahren gegen das Opfer wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wird womöglich auch eingestellt, ließ die Staatsanwaltschaft durchblicken! Toll, oder?

29.11. Klimastreik die nächste! In Frankfurt wird von Fridays for Future zu Blockaden auf der Zeil gegen den Konsumterror aufgerufen. Blockiert werden dabei Primark, MyZeil oder McDonalds. Wir finden sowas ja immer super! Der Ort ist richtig und die Form auch! Da gibt es gar nichts zu kritteln dran! Die Bullen sehen leider so aus wie sie immer aussehen (bereit den Aufstand niederzuschlagen) und malträtieren einen 15-jährigen, weil er sie mit seinem Handy filmte! Paramilitärs gegen Jugendliche! So siehts aus! Und FFF: nicht aufgeben! Es ist ein langer Weg zur besseren Welt!

02.12. Die AWO Affäre erschüttert Frankfurt! Uns zeigt sie eigentlich nur, dass auch SPD Funktionärsbonzen korrupt, bestechlich und auf die eigenen Pfründe bedacht sind. Aber das sind sie halt alle, egal von welcher Partei oder in welchem Machtgefüge!

11.12. Der Brandstifter Joachim Scholz wird zum wiederholten Male festgenommen! Diesmal sogar während einer Observation durch Bullen – er dabei mehrere Brände gelegt!

15.12. Ein Jahr nach dem Bekanntwerden von Nazi-Bullen NSU 2.0! Die bedrohte Anwältin Basay-Yildiz zeigt sich vom Verlauf der Ermittlungen und der Zusammenarbeit mit den Behörden enttäuscht. Und sonst? Von 38 Ermittlungsverfahren gegen Bullen wegen rechter Auffälligkeiten ist es angeblich in sechs Fällen zu Entlassungen gekommen, eine weitere Kündigung befinde sich in Vorbereitung. In 17 Fällen habe sich der strafrechtliche Vorwurf nicht bestätigt (das sind dann solche Fälle wie ihr sie weiter oben in der Chronik findet!). Ein Beschuldigter ist mit dem Auto gegen den Baum gefahren worden und verstorben! So bleiben noch 13 Ermittlungen offen. Wer die Drohschreiben verschickte, ist nach wie vor ungeklärt. Aber ihr wisst ja, alles Einzelfälle!


Freiheit für Bernhard, Peter und Thomas!

Nach nunmehr fast 25 Jahren werden drei Berliner Autonome – Peter, Thomas und Bernhard – wegen der Verabredung zu einem Anschlag, der nie stattgefunden hat, noch immer mit internationalen Haftbefehlen gesucht.
Am 16.11 2019 wurde Peter Krauth in Venezuela festgenommen, weil ihm zusammen mit den anderen aus Deutschland stammenden linken Aktivisten Bernhard Heidbreder und Thomas Walter von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen wird, der längst aufgelösten Gruppe K.O.M.I.T.E.E. angehört zu haben.
Am 27.10 1994 wurde ein Gebäude der Bundeswehr in Bad Freienwalde (Brandenburg) in Brand gesetzt und zerstört. In einer Erklärung meldete sich ein K.O.M.I.T.E.E. zu Wort und begründete die Aktion mit der Beteiligung der Bundeswehr am Krieg der Türkei gegen die PKK und die kurdische Bevölkerung. Kritisiert wurde aber auch die mangelnde Solidarität der deutschen Linken zum kurdischen Befreiungskampf.
Am 11.04 1995 versuchte das K.O.M.I.T.E.E. die Baustelle des Abschiebeknastes in Grünau bei Berlin zu sprengen. Dieser beabsichtigte Angriff zielte auf die deutsche Abschottungs- und Abschiebepolitik gegen Flüchtlinge aus aller Welt. Gegen diese rassistische Politik der deutschen Regierung gab es seit Jahren Widerstand verschiedenster politischer Gruppen, von Kirchengemeinden bis zu militantem Widerstand.
Die Aktion ging schief. Drei mutmaßlich Beteiligte konnten der Verhaftung entgehen. Sie tauchten unter. Die Gruppe löste sich einige Monate später auf. Bernhard, Thomas und Peter werden seitdem mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Inzwischen sind fast 25 Jahre vergangen. Der Brandanschlag, die „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ und die Vorbereitung der Sprengung des Abschiebeknastes sind verjährt. Allein die „Verabredung zu einem Sprengstoffverbrechen“, ermöglicht der Bundesanwaltschaft ihre Verfolgung fortzusetzen, da er eine absolute Verjährungszeit von 40 Jahren vorsieht. Damit wird die bloße „Verabredung“ länger verfolgt und höher bestraft, als die tatsächliche Vorbereitung der Sprengung. Im Juli 2014 wurde einer der gesuchten Genossen, Bernhard Heidbreder, in Venezuela festgenommen. Die von Deutschland betriebene Auslieferung wurde von venezolanischer Seite durch das zuständige Tribunal Supremo de Justicia (TSJ) mit der Begründung abgelehnt, dass die vorgeworfenen Taten in Venezuela bereits verjährt sind. Bernhard beantragte daraufhin in Venezuela politisches Asyl.
Nach zwei Jahren Haft wurde er dann freigelassen. In den folgenden Monaten tauchten auch Peter Krauth und Thomas Walter in Venezuela auf und stellten dort im Frühjahr 2017 Asylanträge. Seitdem warten die drei Genossen auf eine positive Entscheidung der Nationalen Flüchtlingskommission in Caracas zur Anerkennung als politische Flüchtlinge.
Die jetzige Verhaftung von Peter Krauth bei einer Kontrolle erfolgte, weil der Polizeicomputer den immer noch aktiven Interpol-Haftbefehl des BKA ausspuckte.
Bundesanwaltschaft und BKA können nicht ernsthaft glauben, dass Venezuela Peter ausliefern wird. Der Fall ist identisch mit der Entscheidung zu Bernhard. Zudem suspendiert der noch laufende Asylantrag ohnehin eine Auslieferung. Da der Oberste Gerichtshof Venezuelas schon 2015 beschlossen hatte, dass eine Auslieferung nach Deutschland nicht möglich ist, kommt die Aufforderung zur Festnahme in Venezuela der Anstiftung zur illegalen Freiheitsberaubung gleich. Genau dies ist jetzt mit Peter passiert.
Denn natürlich wurmt es die deutschen Verfolgungsbehörden, dass sich linke Aktivisten über zwei Jahrzehnte ihrer Fahndung und Legalität entzogen – und damit die BKA-Losung „Wir kriegen sie alle“ Lüge straften. Das von Deutschland angestrebte bürokratische Verfahren ist trotzdem Grund zur Sorge und deshalb aktiven Solidarität: wie die Erfahrungen bei Bernhard zeigen, kann dies durchaus heißen, dass Peter monate- oder sogar jahrelang im Knast festgehalten wird.
Die Aktualität der Themen, die das K.O.M.I.T.E.E. mit ihren Aktionen aufgegriffen hatte, ist deutlich und eine Möglichkeit, Zusammenhänge herzustellen: Angesichts des Krieges der Türkei gegen das demokratische Projekt in Rojava ist es nach wie vor dringend notwendig, sich gegen die politische und militärische Zusammenarbeit und Unterstützung der Türkei gegen den kurdischen Befreiungskampf zu engagieren. Angesichts der neuen Mauern und Zäune gegen Geflüchtete, mit denen sich das kapitalistische Europa abschottet und den zehntausenden Toten im Mittelmeer ist es nach wie vor dringend notwendig das reaktionäre Migrationsregime Deutschlands und der EU zu bekämpfen. Angesichts der gesellschaftlichen Rechtsentwicklung und dem mörderischen faschistischen Terror, ist es nach wie vor dringend notwendig, Antifaschismus wirksam zu machen.
Sofortige Freilassung von Peter Krauth!
Aufhebung aller Haftbefehle im K.O.M.I.T.E.E. Verfahren!

Brief von Peter aus dem Knast
Caracas, 17.12.2019

Hallo ihr Lieben,
ich sitze jetzt seit über 3 Wochen im Interpol-Knast in Caracas. Das ist eher ein Provisorium als ein Knast. Wir sitzen hier zu 11 Knackis auf 20 qm und das ohne Fenster, nur air condition. Die einzige Abwechslung sind 10 Minuten aufs Klo morgens und 15 Minuten am Nachmittag, dabei 1 oder 2 Tage ohne Wasser pro Woche (Erklärung: keine Toilettenspülung), die Zelle ein einziges Matratzenlager, das einzige Möbel eine Mikrowelle, um Essen warm zu machen. Also alles nicht einfach, dazu nur 25 Minuten Besuch pro Woche. Die meisten Mitgefangenen sind Colombianer, die nicht ausgeliefert werden, da es keine diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern gibt. Immerhin ist die Solidarität groß. Es wird geteilt, wenn einer kein Essen hat (Erklärung: Essen muss von Freund*innen oder Angehörigen in den Knast gebracht werden, wenn du niemanden hast, hast du nichts zu essen) und auch wenn es andere Probleme gibt.
Meine Aussichten sind, dass ich warten muss, bis der TSJ (Tribunal Supremo de Justicia) eine Entscheidung über meine Auslieferung trifft. Nach allem, wie die Sache aussieht, besteht kaum die Möglichkeit, dass ich ausliefert werde, aber bis sich das entscheidet, werden noch ein paar Monate ins Land gehen, laut der Erfahrung meiner Mitgefangenen 4-5 Monate bis es zum Prozess kommt. Darauf habe ich mich eingestellt.
Mein größtes Problem ist die Verdauung, die bis jetzt nicht funktionieren will, obwohl ich versuche Gymnastik zu machen und mir Obst gebracht wird. Die Hoffung ist einfach, dass es mit der Zeit besser wird.
Gut, ansonsten bin ich guter Dinge, zum einen, da ich weiß, dass die Haft nicht endlos sein wird und ein halbes Jahr eine überschaubare Zeit ist, und zum anderen, da ich weiß, dass es euch gibt, eure Solidarität und eure Unterstützung.
Liebe Grüße und eine dicke Umarmung, Peter

Bundesweite Termine für die Filmpremiere „Gegen den Strom“


Weltweiter Housing Action Day am 28.03.2020!

Wohnen für Menschen statt für Profite

Wir erleben, wie Wohnraum zu Betongold wird und zur Aktie an der Börse. Immer mehr teure Neubauwohnungen treiben die Preise in die Höhe, der Bestand an Sozialwohnungen nimmt stetig ab. Viertel und Nachbarschaften werden gewinnbringend umstrukturiert: Unsere Lieblingskneipe, unser unverzichtbarer Kindergarten und unser geschätzter Kiosk sind bedroht oder schon verdrängt. Wir erhalten Mieterhöhungen und zahlen immer mehr von unserem Einkommen für die Miete. Unsere Häuser werden privatisiert, verkauft und gewinnbringend weiterverkauft. Unsere Wohnungen werden teuer saniert und modernisiert und die Mieten steigen weiter. Unsere Wohnungen werden in Büros, Ferienwohnungen oder in leerstehende Geldanlagen umgewandelt. Wir erhalten Kündigungen und Eigenbedarfsklagen. Wir werden aus unseren Wohnungen gewaltsam zwangsgeräumt, aus unseren Vierteln gerissen, auf die Straße gesetzt. Als Wohnungslose werden wir gezwungen unter unwürdigen Bedingungen zu leben.

Wir wollen diese Ungerechtigkeit und Gewalt nicht mehr dulden. Wir widersetzen und solidarisieren uns.

Der Ausverkauf der Städte im Interesse einiger weniger ist kein Naturgesetz, sondern die Konsequenz eines ungehemmten Wirtschaftssystems und einer Politik, die ihren Kompass der sozialen Verantwortung verloren zu haben scheint. Gemeinsam können wir das ändern!

Zehntausende, Hunderttausende sind in den vergangenen Jahren für eine gerechte Mieten- und Stadtpolitik auf die Straße gegangen, zuletzt zum europaweiten Aktionstag am 6. April 2019 in fast 50 Städten. Dieser hartnäckige Protest unzähliger Initiativen in vielen Städten hat erreicht, was noch vor kurzem undenkbar schien: Bundesweit wird über Mietendeckel und die Enteignung großer Wohnungsunternehmen diskutiert. In Frankfurt am Main, Osnabrück oder Berlin ermächtigen sich die Mieter*innen, selbst über die Neuausrichtung der kommunalen Wohnungsunternehmen zu entscheiden. In Gera und Berlin werden ganze Siedlungen rekommunalisiert. In vielen Städten werden leerstehende Häuser besetzt.

Wir, ein bundesweiter Zusammenschluss von Mieter*inneninitiativen und Recht-auf-Stadt-Gruppen, fordern:

1. Wir wollen echte soziale Mieten und ein grundlegend anderes Miethöhenrecht. Keine Profite mit der Miete!

2. Ein Ende von Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit. Housing First in würdevollen Wohnungen und ein einklagbares Recht auf Wohnen!

3. Leerstand beenden! Wir fordern, dass die Vermietung von spekulativem Leerstand erzwungen werden kann. Besetzungen legalisieren!

4. Echte demokratische Mitbestimmung und kollektive Rechte für Mieter*innen. Wir wollen mitbestimmen, was mit unserem Zuhause passiert!

5. Eine neue Gemeinnützigkeit im Wohnungsbereich, ein Ende der Bodenspekulation, eine Sozialisierung des Grundeigentums, die Vergesellschaftung der großen Wohnungskonzerne. Wohnraum und Boden dürfen keine Ware sein!

6. Einen radikalen Kurswechsel in Politik und Wirtschaft: Für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung!

Solange unser Recht auf Wohnen nicht durchgesetzt ist, der Mietenwahnsinn kein Ende nimmt und Profitinteressen mehr zählen als soziale Gerechtigkeit, werden wir den Druck weiter erhöhen! Macht mit beim weltweiten Housing Action Day am 28.03.2020!

Zusammen zeigen wir: Es gibt Protest, Widerstand, Solidarität und Alternativen!

Wohnen für Menschen statt für Profite!