Von Hamburg bis München, von Barcelona bis Athen, von Bern bis Brüssel, von Toronto bis Sydney bereiten sich Aktivist*innen auf die Proteste zum G20 vor, der am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg stattfinden wird. Das rebellische Europa plant die ganze Woche vor dem Gipfel Hamburg zum Schauplatz vielfältiger Gegenproteste zu machen: Camps, Aktionen, Veranstaltungen, Versammlungen – in der Stadt, in den Stadtteilen, und drumherum. Gemeinsam wollen wir unsere Solidarität zeigen und unsere gesellschaftlichen Alternativen gegen ihre mörderische, kapitalistische Zerstörungspolitik setzen, die zu immer neuen Kriegen, der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, millionenfacher Flucht, globaler Armut, Antifeminismus ebenso wie zur Klimakatastrophe führt. Beim G20-Gipfel werden rechtskonservative, faschistoide und neoliberalen Politiken aufeinander treffen und koordiniert. Für uns steht fest: Dieser Gipfel wird nicht ohne unseren vielfältigen, entschlossenen und lautstarken Widerstand stattfinden.
Was geht in Hamburg?
In Hamburg sagen sie Moin!
Gegen den G20-Gipfel regt sich breiter gesellschaftlicher Widerstand: Plattformen entstehen, Aktionskonferenzen werden an den verschiedensten Orten gehalten, Bündnisse bilden sich lokal, überregional und auch international. Geplant sind bislang ein „Gipfel für globale Solidarität“ (5./6. Juli), die antikapitalistische Demo am Abend vor dem Gipfel (6. Juli), der große Aktionstag am ersten Gipfeltag (7. Juli), mit dem der reibungslose Ablauf des G20-Machtspektakels empfindlich gestört werden soll, sowie die internationale Großdemonstration am Samstag, den 8. Juli. Eingerahmt werden diese Aktivitäten von Protestcamps in der ganzen Stadt, in denen sich die vielen tausend Aktivist*innen aus aller Welt zu gemeinsamen vielfältigen Aktionen über die ganze Woche hinweg versammeln werden. Raves, Nachttanzdemos und weitere hedonistische Aktionsformen werden die Woche umrahmen.
Red Zone is calling: Am Freitag die Rote Zone blockieren!
Der zentrale Aktionstag am 7. Juli wird ein Festival verschiedenster Protestformen und Themen werden. Darunter eine Klima-Aktion im Hamburger Hafen, eine Blockade der Logistik des Kapitals, sowie vermutlich eine Vielzahl dezentraler Aktionen und Aktivitäten. Unter dem Motto „BlockG20 – Colour the Red Zone“ rufen wir für diesen Tag dazu auf, gemeinsam mit abertausenden Menschen die Rote Zone rund um den Gipfel zu blockieren, die Hamburger Innenstadt zu verstopfen, und damit den reibungslosen Ablauf des G20-Treffens massiv zu stören. Wir setzen die Vertreter_innen der G20 fest, weil ihre Grenzen Millionen Menschen weltweit die Freiheit der Bewegung nehmen. Dafür wählen wir die Aktionsform der Massenblockade und rufen alle dazu auf, sich daran zu beteiligen. Wir werden ungehorsam handeln und die Stadt erobern. Wir werden dort sein, wo die rote Zone ist. Wir werden mit Zehntausenden in den Straßen im Herzen Hamburgs stehen, laufen, sitzen, uns bewegen. Wir blockieren mit der Nachbarschaft die unbeliebten Gäste dieser Stadt. Wir werden uns in mehreren Gruppen durch die Straßen bewegen. Wir werden aus allen Richtungen auf die Orte des Gipfeltreffens zuströmen, auf die Messehallen, auf das Rathaus und die Elphi, kurz: auf die sogenannte Rote Zone der Mächtigen. Wir werden die G20 blockieren! Wir werden uns die Rote Zone aneignen und sie nach unseren Vorstellungen gestalten. Wir werden am Freitag der eingezäunten Repräsentation globaler Herrschaft den Ungehorsam der Vielen entgegensetzen. Unser kreatives Potential wird die Rote Zone und die gesamte Innenstadt zum bunten Barrio des Widerständigen machen. Das Wiedererstarken sozialer Kämpfe von den Platzbesetzungen über Kämpfe für globale Bewegungsfreiheit, Blockupy, eine neue Klimabewegung und revolutionäre Projekte wie in Rojava, geben uns heute Hoffnung auf die reale Möglichkeit sozialer Rebellion. Wir verstehen unseren massenhaften Widerstand gegen den G20 in Solidarität mit den unzähligen sozialen Kämpfen und Ereignissen der Kristallisation sozialer Antagonismen der letzten Jahre. In Hamburg werden wir dieses Jahr gemeinsam Erfahren, wie durch kollektive Aktionen, Praxen gelebter Solidarität und dem Zusammenkommen der Vielen, uns ein Gefühl der Selbstermächtigung gibt, um die Lichter der Rebellion auch in den Zentren neu zu entfachen. Für ein Ende der Traurigkeit – Colour the Red Zone!
Von Blockupy nach Hamburg: Die RheinMain Mobilisierung läuft an!
Auch in Frankfurt ist der Startschuss für die Mobilisierung nach Hamburg gefallen. Anfang März haben wir uns auf der NoG20-RheinMain Aktionskonferenz getroffen, um mit den gemeinsamen Vorbereitungen für die RheinMain-Mobilisierung nach Hamburg zu beginnen. Über 100 Menschen füllten das Mesopotamische Kulturzentrum. Wir hörten Berichte von den großen Dynamiken, die die Vorbereitung der G20-Proteste in Hamburg und darüber hinaus entfachen. Wir diskutierten in den Aktionsworkshops Inhalte und Aktionsideen und begannen mit der gemeinsamen Planung. Wir tauschten in Arbeitsgruppen erste Ideen zu Veranstaltungen, Vorfeldaktionen, gemeinsamer Anreise und Mobi-Aktivitäten aus. Bereits jetzt steht fest, dass wir spektrenübergreifend aus dem RheinMain Gebiet nach Hamburg fahren werden. Dies tun wir nicht vereinzelt, sondern die Wochen vor dem Gipfel sind der Beginn der Gegenproteste und unser gemeinsamer Aktionsbeginn. Deshalb organisieren Aktivist_innen ein Projekt der gemeinsamen Anreise, damit niemand alleine fahren muss: #TrainofRebellion. Erste Ideen für gemeinsame Vorfeldaktionen mit mobilisierendem Charakter sind besonders enthusiastisch diskutiert worden. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja im Juni noch eine zweite Aktionskonferenz im öffentlichen Raum, sodass wir uns diesen als kollektiven Ort aneignen und unter freiem Himmeln alle einladen, mit uns die Aktionen in Hamburg vorzubereiten?
So oder so: Die G20-Woche fällt in Hessens erste Sommerferienwoche. So heißt es dieses Jahr: #AbInDenNorden! #ErsteSommerWocheHH! #UrlaubAufDerBarrikade #WirFahrenAlle!
Interventionistische Linke Frankfurt
Keep yourself up2date: radikallinks.org und rhein-main.g20hamburg.org
„Paint it red“
Interview von der iL*Frankfurt zu den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg und einer Mobilisierung aus Frankfurt und RheinMain.
Frage: Ihr mobilisiert in Frankfurt zu den Protesten nach Hamburg gegen den G20-Gipfel, was plant ihr denn?
Janna: Die RheinMain Mobilisierung ist mit einer gut besuchten Aktionskonferenz im Mesopotamischen Kulturzentrum der kurdischen Genoss_innen gestartet. Dort sind ganz unterschiedliche Leute zusammen gekommen, Einzelpersonen und organisierte Gruppen. Alle waren sich einig, dass wir gemeinsam aus der RheinMain Region, und natürlich darüber hinaus, zu den G20 Protesten fahren wollen.
Eric: Genau, es wurden schon erste Vereinbarungen getroffen, die jetzt auf regelmäßigen Treffen weiter geplant werden. Es soll zum Beispiel ein Sonderzug nach Hamburg durch Frankfurt fahren, den wir bewerben wollen. Als RheinMain Region wollen wir uns natürlich auch an dem zentralen Aktionstag in Hamburg beteiligen.
Frage: Und bis dahin? Was plant ihr in Frankfurt und der Region vor dem G20 Gipfel?
Eric: Auch da gibt es schon einige Ideen, die wir gemeinsam mit vielen anderen aus der Region auf den G20-Treffen diskutieren. In Frankfurt finden wir einiges, was sich schon im Vorfeld mit der Politik der G20 verbinden lässt. Also das Erstarken einer Rechten, Abschiebungen oder die neoliberale Krisenverwaltung der Herrschenden… Vom Frankfurter Flughafen finden bspw. Abschiebungen in das angeblich so sichere Herkunftsland Afghanistan statt. Frankfurt als Finanzzentrum steht mehr als jede andere Stadt für die Verwaltung des Kapitals. Gleichzeitig wird es in Frankfurt immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden, fast die Hälfte aller Frankfurter Haushalte hätte Anspruch auf eine Sozialwohnung – gebaut wird hier aber nur hochpreisiger Luxuswohnraum.
Janna: Deswegen wollen wir den G20 nutzen, um auf all diese Probleme im Vorfeld zu verweisen, denn ich denke, so können wir zeigen, wie die globale Politik der Herrschenden uns auch in der eigenen Stadt betrifft. Und wie wir uns wehren können – in Hamburg werden wir dann unsere lokalen Kämpfe und Proteste gemeinsam mit tausenden Menschen auf die Straße tragen und ein internationales Zeichen setzen. Natürlich uns auch kennen zu lernen und unsere verschiedenen Kämpfe zu verbinden und den kapitalistischen Alltag für einen kurzen Moment zu unterbrechen und zu verschnaufen von dem Irrsinn dieser Welt.
Frage: Und was heißt das jetzt konkret? Was plant ihr in Frankfurt?
Janna: Paint it red! Wir holen die Rote Zone nach Frankfurt.
Eric: In Hamburg wird das Gipfeltreffen in der sogenannten Rote Zone stattfinden. Also eine Sicherheitszone um die Orte der Treffen – die Messehalle, das Rathaus und die Elbphilharmonie. Dort müssen sich die Herrschenden verschanzen, um ihren Gipfel abzuhalten. Die Stadt wird in ein riesiges Gefahrengebiet verwandelt. Es ist eine Provokation, dass sich in einer Stadt wie Hamburg Leute wie Trump, Erdogan, Temer und auch alle anderen treffen, und damit die Stadt lahmlegen. Wir werden in Hamburg versuchen, diese Rote Zone zu umzingeln und Zugänge dicht zu machen. Bunt und kreativ – „Colour the Red-Zone“!
Janna: Ja, denn die Rote Zone steht eben für das, was die G20 dort verhandeln, wofür sie weltweit verantwortlich sind. Das wollen wir im Vorfeld deutlich machen, in dem wir in der eigenen Stadt Rote Zonen markieren. Also werden wir die Abschiebungen und ihre Profiteure am Flughafen symbolisch zur Roten Zone erklären. Oder wir markieren prekäre Arbeitsbedingungen im Einzelhandel und Produktionsbedingungen von Textil in Asien. Das sind jetzt nur zwei Beispiele.
Eric: Die Aktionen können kreativ weitergedacht werden. Wir hoffen, dass mehrere Städte die Idee aufgreifen und mitmachen. Über rote Banner, Absperrbänder, rote Ballons, Luftmatratzen bis zu Markieraktionen mit Farbe… Markiert die Rote Zone in eurer Stadt. Denn in allen Städten gibt es Gefahrengebiete für Unbeugsame. Holen wir diese Zonen endlich aus ihrer Unsichtbarkeit raus und greifen sie an.
Frage: Warum macht ihr das überhaupt alles?
Janna: weil es keine Alternative gibt. Es sind wechselhafte Zeiten. Auf der einen Seite gibt es Entwicklungen wie in der Türkei, die sich in eine Diktatur verwandelt oder in Südamerika wird wieder geputscht. Gleichzeitig bauen die Zapatistas oder die Kurd_innen in Rojava solidarische Gegenmodelle auf. Es ist eben eine Zeit, in der die neue Ordnung noch nicht geboren ist und genau in diesen Zeiten müssen wir intervenieren und Hegemonien aufbrechen oder wenigstens anknacksen. Jede Scherbe gibt uns den Raum, unsere Vorstellungen von einer befreiten Gesellschaft von Gleichen aufblitzen zu lassen.
Frage: Wie kann man bei euren Aktionen mitmachen?
Eric: Alle, die Interesse haben bei einer gemeinsamen Mobilisierung und den Aktionen mitzumachen, können bei den regionalen Treffen vorbeikommen. Dort sitzen wir mit verschiedenen Gruppen und Personen, tauschen uns aus und planen. Oder wenn ihr eine Aktion macht, dann schickt uns doch eure Fotos und Videos. Also fragt eure Freund_innen, Genoss_innen und Kolleg_innen: Willst du nicht mit mir ins Gefahrengebiet kommen?
Vielen Dank für das Gespräch!
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