Chronik Februar/März 2017

01.02. Die Bullen starten eine Großrazzia gegen vermeintliche Anhänger von Daesh (hierzulande auch Islamischer Staat IS genannt) im Rhein Main Gebiet. Schwerpunkt war die Festnahme eines Tunesiers in Frankfurt und die Durchsuchung der Bilal-Moschee in Frankfurt-Griesheim. Insgesamt wurden 54 Objekte durchsucht, unter anderem in Limburg, Darmstadt, Wiesbaden und Offenbach (hier war eine weitere Moschee betroffen) und gegen 16 Beschuldigte ermittelt.
03.02. In Alsbach-Hähnlein (Kreis Darmstadt-Dieburg) wird ein Molotov Cocktail in den Innenhof der Flüchtlingsunterkunft geworfen. Es entsteht nur geringer Schaden.
07.02. Zwei fristlos entlassene Mitarbeiter des Autohauses Nix in Darmstadt haben sich vor dem Arbeitsgericht auf einen ziemlich miserablen Vergleich mit der früheren Firma einlassen müssen. Im Oktober 2016 waren 8 der 20 Mitarbeiter wegen angeblichen Betruges gekündigt worden. Mitarbeiter*innen und Gewerkschaft vermuteten jedoch die geplanten Betriebsratswahlen als wahren Grund. Im Unternehmen der Familie Nix, die von Wächtersbach aus über ihr Autohaus mit über 230 Beschäftigten im Rhein-Main Gebiet herrscht, scheint der Wunsch der Arbeiter*innen, sich zu organisieren, auf vehementen Widerstand zu stoßen. Es herrscht zumindest in Darmstadt ein regelrechtes Hire-and-Fire vor. Unbefristet Beschäftigte werden aus dem Unternehmen gedrängt oder gekündigt. An deren Stelle werden befristet Beschäftigte mit Jahresverträgen eingestellt, die in allen Filialen des Autohauses Nix von Fulda bis Darmstadt eingesetzt werden können. Die Autohaus-Gruppe ist in Hessen neben Darmstadt an fünf weiteren Standorten in Wächtersbach, Frankfurt, Offenbach, Fulda und Eschborn aktiv. Nach Auskunft von Nix verkaufte die Autohaus-Gruppe im vergangenen Jahr rund 2600 Neuwagen und 2500 Gebrauchte – dabei erzielte man einen Gesamtumsatz von rund 76 Millionen Euro. Das Autohaus vertreibt neben den Marken Toyota und Lexus auch Volkswagen Nutzfahrzeuge.
09.02. In Erlensee (Main Kinzig Kreis) wird die Aufführung des reaktionären Theaterstückes „Son Kale Türkiye“ (Letzte Festung Türkei) von der Stadt untersagt. Der Theatergruppe wird der Mietvertrag mit der Spielstätte Erlenhalle für den 17. Februar gekündigt. In dem Theaterstück geht es um die Darstellung des gescheiterten Putschversuches vom 15. Juli 2016 in der Türkei. Dabei werden angebliche Verschwörungskräfte als Drahtzieher des Umsturzes dargestellt. Es kommt dabei auch zu antisemitischen Äußerungen. Internet-Werbeausschnitte zeigen unter anderem eine Szene, aus der die Schlussfolgerung zu ziehen ist, dass Israel den Islamischen Staat (IS) gegründet habe, um die Türkei zu schwächen.
10.02. Im Briefkasten des Jobcenters in Friedberg findet sich ein Umschlag mit einer kleinen Granaten-Attrappe. Da war wohl jemand stinkig!
10.02. wenn ihr keine merkwürdigen Dinge in eurem Briefkasten finden wollt – folgende Empfehlung: Am 24.09.2017 ist Bundestagswahl. Das Bundesmeldegesetz lässt es zu, dass alle Parteien, die zur Wahl antreten, sechs Monate vor dem Wahltermin die Daten von Wahlberechtigten (Name, Anschrift) erfragen und für ihren eigenen Wahlkampf nutzen. Wer dies nicht möchte, kann eine Übermittlungssperre einrichten. Diese kann formlos bei der für den eigenen Wohnsitz zuständigen Meldebehörde beantragt werden, wie die Stadt Frankfurt auf ihrer Homepage mitteilt: „Folgende Übermittlungssperren können formlos, ohne Angabe von Gründen beantragt werden: … Widerspruch gegen die Übermittlung von Daten an Parteien, Wählergruppen u. a. bei Wahlen und Abstimmungen…“ . Dies gilt natürlich auch für alle anderen Kommunen.
11.02. In Wiesbaden demonstrieren etwa 1.000 Leute gegen Abschiebungen nach Afghanistan.
11.02. In Beselich-Heckholzhausen (Rheingau) werden der Briefkasten und die Hauswand einer Flüchtlingsunterkunft in der Bahnhofstraße mit roten Hakenkreuzen beschmiert.
14.02. Das Frankfurter Amtsgericht verknackt den 75-jährigen Nazirentner Joachim Z. wegen gefährlicher Körperverletzung zu 2 Jahren auf Bewährung. Dieser hatte bereits 2010 an einer Bushaltestelle in Frankfurt-Höchst einem Mann von hinten ein Messer in den Rücken gerammt, weil er sich von diesem belästigt gefühlt hatte. Das Opfer saß dabei auf seinem Fahrrad und wurde von dem gebürtigen Thüringer Z. mit ausländerfeindlichen Sprüchen beleidigt.
16.02. Die hessische Kriminalitätsstatistik verzeichnet im Jahr 2016 840 rechtsextreme Straftaten! Das entspricht einem Anstieg von fast 20 Prozent zum Vorjahr. Die tatsächliche Zahl dürfte gerade im Bereich der Gewaltverbrechen allerdings weit höher liegen. Ihr kennt das ja, wenn Nazis nicht „Sieg Heil“ schreien während Leute verprügelt werden dann ist das nur eine Auseinandersetzung zwischen alkoholisierten Jugendlichen. Ach, und weil es ja nicht fehlen darf; die Zahlen der linken Straftaten liegen bei 317 Delikten, wovon mehr als die Hälfte Sachbeschädigungen seien.
17.02. In Istanbul wird der Flörsheimer Journalist Deniz Yücel festgenommen. Ihm werden Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Yücel, der unter anderem für die Zeitung „Jungle World“ schreibt, sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Da er auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, erhält sein Fall immerhin Aufmerksamkeit bis in höchste deutsche Politikkreise. Von den meisten anderen Menschenrechtsverletzungen in der Militärdiktatur Türkei wird ja leider geschwiegen.
21.02. Mal was anderes; die Zahl der gesprengten Geldautomaten in der BRD liegt 2016 bei mehr als 270 Sprengungen. Damit hat sich die Zahl zum Vorjahr fast verdoppelt. Angaben über erbeutetes Geld liegen leider nicht vor. Der Sachschaden dürfte allerdings in die Millionen gehen.
22.02. Wieder einmal eine Protestaktion von Wanderarbeitern gegen Lohnbetrug auf hessischen Großbaustellen. Diesmal protestieren fünf rumänische Trockenbauer weil sie seit Monaten keinen Lohn für ihre Arbeit auf Baustellen am Frankfurter Flughafen bekommen haben. Wie immer steckt dahinter ein Geflecht aus Bauunternehmen, Subunternehmen, Tochterunternehmen von Subunternehmen, nicht eingehaltenen Zahlungen, Betrug und dem offensichtlichen Desinteresse der Bauherren und öffentlicher Behörden an einer gerechten Entlohnung für Arbeitskräfte. Insbesondere südosteuropäische Wanderarbeiter werden immer wieder von allen verarscht und zu sklavenähnlichen Bedingungen mitten im reichen Rhein Main Gebiet ausgebeutet.
22.02. Die AfD-Darmstadt veranstaltet einen Stammtisch im Restaurant Konak in der Otto Röhm-Straße 36. Im Zuge des „Make Racists afraid Again“ Aktionsmonats bereicherten etwa 40 Antifas dieses Treffen durch ihre Anwesenheit und störten das gesellige Beisammensein der Rassisten.
23.02. Und fast monatlich korrigiert das hessische Innenministerium momentan die Zahlen der Reichsbürger nach oben. Jetzt sind es schon 600 Reichsbürger in Hessen, von denen etwa 10 Prozent eine Waffenerlaubnis besitzen. Lustig auch die Unterscheidung des Ministeriums in rechtsextre Reichsbürger (nur etwa 10 Prozent) und andere Reichsbürger! Was genau ist an Leuten, die dem Deutschen Reich anhängen, nicht rechtsextrem?
25.02. Make Racists afraid again!
25.02. Eine andere Form des Protests wählen die Unterstützer von Deniz Yucel in Flörsheim mit ihrem Autokorso. Laut hupend fahren gut 200 Leute bis nach Frankfurt. Sie protestieren für die Freilassung aller inhaftierten JournalistInnen in der Türkei!
01.03. Und noch ein Autokorso für Deniz Yücel, diesmal in Frankfurt mit 70 hupenden und leider auch stinkenden Karossen.
01.03. Der politische Aschermittwochquatsch der Grünen in Frankfurt wird von einem Dutzend Leute gestört, die mit Transparent und Flugis einen Stopp aller Abschiebungen nach Afghanistan fordern und die Grünen als verantwortliche Partei markieren.
02.03. Bei einem Reichsbürger in Breuberg (Odenwald) werden während einer Razzia mehrere Waffen sichergestellt.
04.03. Am Frankfurter Römer protestieren 150 Friedensbewegte gegen Rüstungspolitik und Waffenexporte in Krisenländer.
05.03. Der Prozess um Schüsse auf die Flüchtlingsunterkunft in Dreieichenhain im Januar 2016 gegen drei Männer endet mit Haftstrafen bis 3 Jahren und neun Monaten für den Haupttäter. Die Tat wird als Verwechselungstat aus Eifersuchtsgründen gewertet. Demnach soll es sich um eine Verwechselung des Straßennamens gehandelt haben, als der eifersüchtige Schüte einem Nebenbuhler eins auswischen wollte.
07.03. Neuerliche Razzia gegen die türkisch-nationalistischen Rocker der Osmanen Germania. Schwerpunkt war wieder das Rhein Main Gebiet, durchsucht wurden Wohnungen und Firmen im Kreis Darmstadt-Dieburg, Bad Homburg, Limburg und Biebertal.
07.03. Das US-Generalkonsulat in Frankfurt steht unter Verdacht, eine CIA-Zentrale zur Entwicklung von Cyberwaffen zu sein. Dokumente, die Wikileaks veröffentlicht hat, legen nahe, dass das Konsulat die europäische Filiale des sogenannten Center for Cyber Intelligence beherbergt. Diese soll angeblich Software zum Datenklau und zur Überwachung entwickeln und testen.
08.03. „Schlechtes Wetter – Harte Zeiten – Für den Feminismus streiten“. Ca. 100 Menschen trotzen dem wahrscheinlich regenreichsten Tag des Jahres und ziehen anlässlich des Frauenkampftages vom Goetheplatz zur Bockenheimer Warte. Irgendwie finden die Bullen eine unangemeldete Demo an diesem Tag gar nicht lustig und nerven mit einem Großaufgebot und zwingen die Demo zu einem kurzzeitigen Stop.
11.03. In der Frankfurter City protestieren gut 200 Leute gegen das Verfassungsreferendum und die aktuelle politische Lage in der Türkei. Zudem wird die Freilassung der türkischen politischen Gefangenen im ATIK Verfahren in München gefordert.
13.03. Der Wirtschaftsclub Rhein-Main würde gerne eine Podiumsveranstaltung mit Frauke Petry (AfD) in Frankfurt veranstalten. Doch nach Protesten einzelner Wirtschaftsclubmitglieder, dem Aufschrei der Öffentlichkeit und der Ankündigung der Antifa alles in Schutt und Asche zu legen knickt Wirtschaftsclubpräsident Thomas Kremer von BKP Consulting aus Kronberg ein und die Veranstaltung wird abgesagt!
22.04. Große Abschiedssause im Multiversum in Offenbach!

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How to make a fake-news?

Um die beliebten Fake-News mal etwas näher zu beleuchten, hier etwas total beklopptes – wir dokumentieren ein Entschuldigungsschreiben der Bild-Frankfurt Redaktion:

„Am 6. Februar 2017 berichtete BILD Frankfurt unter der Überschrift „37 Tage nach Silvester brechen Opfer ihr Schweigen – Sex-Mob in der Freßgass“ über Ereignisse in der Frankfurter Innenstadt in der Silvesternacht.
Mit Bedauern muss die Redaktion feststellen, dass die wiedergegebenen Aussagen und Anschuldigungen der vermeintlichen Opfer in keiner Weise von der Polizei bestätigt werden und gänzlich haltlos sind.
Sowohl das Einsatzprotokoll aus der Silvesternacht, als auch die Ermittlungen in Folge der Berichterstattung lassen keinen Rückschluss auf die beschriebenen Tathergänge zu.
Die Zeugen (u.a. eine Kellnerin, ein Frankfurter Gastronom und zwei seiner Angestellten) berichteten gegenüber BILD von massiven mobartigen Übergriffen durch angetrunkene Ausländer. Nach der BILD-Veröffentlichung erhoben die Zeugen ihre Vorwürfe auch in anderen Medien.
Diese Übergriffe haben so nicht stattgefunden.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat Ermittlungen wegen des Vortäuschens einer Straftat eingeleitet.
Die BILD-Redaktion entschuldigt sich ausdrücklich für die nicht wahrheitsgemäße Berichterstattung und die erhobenen Anschuldigungen gegen die Betroffenen. Diese Berichterstattung entspricht in keiner Weise den journalistischen Standards von BILD. BILD wird intern klären, wie es dazu kommen konnte. Die BILD-Redaktion“

Nun wir wollen es nicht dabei bewenden lassen und es ist kein Wunder, dass solch eine Story in einem Schmierenblatt wie der Bild groß herausgebracht wird. Der Gastronom, um den es geht, ist der 49-jährige Jan Mai, Betreiber der First In Bar auf der Freßgass. Darüber hinaus mischt er zum Beispiel auch im „Garibaldi“ in der Kleinen Hochstraße und im „Gibson Club“ auf der Zeil mit. Den „Katana Club“ am Taunustor hat er nach den Hells-Angels-Schüssen vor der Tür abgegeben. Zu der Rockergruppe werden ihm gute Kontakte nachgesagt. Auf seinem Facebookprofil zeigt er Sympathien zur AfD und teilt auch mal ein „Merkel muss weg“ Video des Nationalen Widerstandes. Den Kontakt zur Bild-Zeitung stellte sein guter Freund Kerry Reddington her. Auch Reddingtons Vita ist imposant. Der US Amerikaner ist bekennender Trump Supporter, sitzt in der Kommunalen Ausländervertretung Frankfurt und ist Geschäftsführer der Eventfirma „Reddington-Services“. Kerry Reddington hat Anfang Februar aber offenbar nicht nur seine Kontakte zur „Bild“-Zeitung spielen lassen, sondern sich auch ansonsten politisch betätigt, indem er den AfD-Politiker Rainer Rahn anrief. „Er hat Informationen oder er kennt die handelnden Personen und hätte Information, dass das, was in der ‚Bild‘-Zeitung steht, auch zutreffend sei“ und „ er habe ihn ermuntert, sich um den Fall zu kümmern“ so der AfD Rassist.