Seit dem 1. März halten christliche FundamentalistInnen eine 40-tägige Gebetsmahnwache (01.03.?–?08.04.) vor Pro Familia in der Palmengartenstraße im Frankfurter Westend während der Fastenzeit ab. Die Aktion ist Teil der internationalen Kampagne „40 Days for Life“ („40 Tage für das Leben“), deren Schwerpunkt und Hauptquartier in den USA liegt. Sie findet zum ersten Mal in Frankfurt statt.
Selbsterklärtes Ziel der Bewegung ist es durch Beten, Fasten und das Abhalten von Mahnwachen Abtreibung zu beenden, um hierdurch den Zugang zur vermeintlichen Kraft Gottes zu erhalten. Die eigentliche Intention ist es durch Mahnwachen vor Abtreibungskliniken, beziehungsweise Organisationen die Beratung zu Schwangerschaftsabbrüchen anbieten, Frauen*, die diese medizinischen Angebote in Anspruch nehmen möchten, unter Druck zu setzen. So positionieren sie sich immer so nahe wie möglich vor entsprechenden Gebäuden und halten dabei Plakate mit Bildern von Säuglingen und Bibelzitaten hoch, so dass der Gang in die Klinik, beziehungsweise Beratungsstelle, zum Spießrutenlauf für die betroffenen Frauen* wird. Dies ist Teil einer breiter angelegten Strategie christlicher FundamentalistInnen, die darauf abzielt Frauen das Recht auf Abtreibung (beziehungsweise die Straffreiheit für Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland) zu verwehren.
Diese politische Agitationsform ist vor allem in den USA sehr erfolgreich, wo sie als wichtiger Schritt zur Abschaffung des Rechts auf Abtreibungen gilt. Dies zeigt sich aktuell in den bisher durchaus erfolgreichen Kampagnen gegen „Planned Parenthood“ . Die Kampagne zielt auf die Zerschlagung der körperlichen Selbstbestimmung von Frauen* und deren Unterordnung als passive Reproduktionsbeauftragte innerhalb eines christlichen Patriarchats. Diese Angriffe nehmen im Kontext des international zu beobachtenden gesellschaftlichen Rechtsruck in den USA, Polen, Deutschland und vielen weiteren Staaten zu.
Veranstalter der Kampagne (siehe Zusatz unten) in Frankfurt ist die katholisch-fundamentalistische „Deutsche Vereinigung für eine Christliche Kultur“ (DVCK e.V.) um Benno Hofschulte und Mathias von Gersdorff. Die aktuelle Kampagne sollte auch als Teil der langjährigen Kampagne „Aktion SOS Leben“ des DVCK betrachtet werden. Der Verein wurde 1983 in Frankfurt gegründet und hat seinen Sitz in der Emil-von-Behring-Str. 43. In ihrer Selbsdarstellung schreiben die Lebensschützer u.a.:
„Unsere Organisation besteht aus ehrenamtlichen Mitarbeitern, die zusammen mit etwa 50.000 Teilnehmern in Deutschland für die Wiederherstellung der christlichen Zivilisation kämpft.“
Dementsprechend attestieren sie auch der Gesellschaft eine „aggressive Christenfeindlichkeit“, welche vor allem durch die Medien vermittelt werden würde, und setzen sich gegen die vermeintliche „Frühsexualisierung“ von Kindern in öffentlichen Bildungsstätten, „Gendermainstreaming“ und Pornographie ein.
Seit dem 1. März stehen nun täglich von 9 bis 15 Uhr um die 15 Personen direkt vor dem Eingang des Hauptsitzes der Pro Familia in der Palmengartenstraße. Sie halten dabei Plakate und Banner mit Abbildungen von Säuglingen und Aufschriften wie „Ich will leben!“, „Gebet für das leben“, „Droit de naitre“ („Recht auf Leben“) und Bibelzitaten hoch. Dabei beten sie konstant, einige mit Rosenkranz in der Hand. Dadurch wollen sie psychischen Druck ausüben – auf die Frauen* die Pro Familia aufsuchen aber auch auf die Mitarbeiter*innen der Beratungsstelle. Davon betroffen sind auch all jene, die das Beratungsangebot der Pro Familia in Anspruch nehmen, welches weit über die gesetzlich verordnete „Schwangerschaftskonfliktberatung“ hinausgeht. Daher fordern sie im Rahmen der aktuellen Kampagne:
„Die Beendigung von Abtreibungen in Deutschland.
Die Heilung der Wunden von Müttern und Vätern, die eine Abtreibung durchgeführt haben.
Die Bekehrung des medizinischen Personals, welches Abtreibungen durchführt und für diejenigen, die Abtreibungen gutheißen.“
Der Sitz der Pro Familia in der Palmengartenstraße ist einer von vier in der gesamten Stadt. Die Beeinträchtigung ihrer Arbeit ist ein Angriff aus die körperliche Selbstbestimmung von Frauen*. Da in Deutschland jede Frau* gesetzlich verpflichtet ist eine Beratung aufzusuchen und drei Tage „Bedenkzeit“ einzuhalten, bevor ein Schwangerschaftsabbruch durchgeführt werden kann, ist ihre Drangsalierung durch fundamentalistische Arschlöcher um so perfider.
Für die Abschaffung des §218 StGB und körperliche Selbstbestimmung der Frau*!
Antifa Kollektiv 069
Zusatz aus einem Artikel der FR am 16.03.17:
Der eigentliche Organisator steht selbst vor der Beratungsstelle von Pro Familia. Tomislav Cunovic (Frankfurter Anwalt aus dem Westend) hält sich Rand der Mahnwache, die Augen hinter einer Sonnenbrille verborgen, schwarzer Mantel, den Rosenkranz um die linke Hand gewickelt. Mit beiden Händen hält er ein Bildnis der Jungfrau Maria vor die Brust.
Cunovic ist kein Unbekannter. Als 2011 rund 1.000 Menschen an Karfreitag auf dem Frankfurter Römer gegen das Feiertags-Tanzverbot demonstrierten, und dabei die Prozession der kroatischen katholischen Gemeinde störten, erstattete er Anzeige gegen mehrere Grünen-Politiker, die seiner Meinung nach dafür die Verantwortung trugen. Cunovic war lange im Stadtsynodalrat der Katholiken in Frankfurt aktiv und in der kroatischen Gemeinde. Das erklärt, warum sich das Gros der Mahnwachenteilnehmer aus der kroatischen Gemeinde rekrutiert. Innerhalb der kroatischen Gemeinde ist Cunovic derweil in festere Strukturen integriert. Cunovic gehört zu den Organisatoren des Frankfurter Ablegers der kroatischen Initiative „U ime obitelji“ (Im Namen der Familie). Die christlich-fundamentalistische Vereinigung erzwang 2013 erfolgreich ein Referendum, mit dem in der kroatischen Verfassung die Ehe ausschließlich als ein Bund zwischen Mann und Frau festgeschrieben wurde – womit diese Bezeichnung homosexuellen Partnerschaften grundsätzlich vorenthalten werden sollte. Kroatien werde „eine gewisse Vorbildfunktion“ übernehmen prognostizierte er damals damit auch andere EU-Länder dem „Genderterror“ einen „gesetzlichen Riegel vorschieben“.
Seit diesem ersten Sieg versucht „U ime obitelji“ die kroatischen Regierung zu immer mehr Zugeständnissen an den christlich-fundamentalistischen Rand des politischen Spektrums zu bewegen. Erklärtes Ziel der Vereinigung ist etwa ein absolutes Abtreibungsverbot. Dabei hat „U ime obitelji“ keinerlei Berührungsängste zu rechten und rechtsextremen Parteien.
Der Frankfurter Ableger von „U ime obitelji“ hat derweil auch die Vorführung des Films „Jasenovac – die Wahrheit“ im April 2016 organisiert. Die mit offenkundigen Fälschungen arbeitende Dokumentation verharmlost die Beteiligung des faschistischen kroatischen Satellitenstaates am Holocaust, insbesondere die Rolle des Konzentrationslagers Jasenovac. In Frankfurt, fungierte Cunovic als Moderator.
Aktion zum 08. März
Wir haben heute den 08. März – den Tag der weltweit kämfenden Frauen* – dazu genutzt einige christliche Fundamentalist*innen zu besuchen und zu nerven. Der Kampf gegen ein reaktionäres Weltbild und für die Selbstbestimmung und einen emanzipatorischen Feminismus muss jeden Tag auf jeder Ebene geführt werden.
Heute Mittag trafen sich rund 30 Aktivist*innen, um die betenden Fundis des sogenannten Vereins für die christliche Kultur vor pro familia in Bockenheim zu besuchen und ihnen klar zu machen, dass es nicht nur am 08. März keinen Raum für ihre krude Weltansicht gibt. Wir als Aktivist*innen brachten Rauch, Flyer, Konfetti und laute Sprechchöre mit, um ihnen ihre menschenverachtende und antiemanzipatorische Aktion zu vermiesen. Durch die Aktion konnten wir darauf aufmerksam machen, dass wir bei sexsitischen und homo- sowie trans*feindlichen Umtrieben in Frankfurt und überall entschlossen entgegentreten werden!
Für einen kämpferischen und revolutinären 8. März!
Nieder mit dem Patriarchat – Frauen*kampftag ist jeden Tag!
#MAKEFEMINISMATHREATAGAIN
Schwarze Messe gegen Abtreibungsgegner*innen
Am Freitag den 10. März 2017 haben wir eine satana – feministische Kunstperformance gegen die Gottesanbeter*innen der Kampagne „40 Days for Life“ gestartet.
Mit Satansanbetung und Bier wurde eine schwarze Messe gefeiert, die Lesung in welcher die Seelen der anwesenden Pro- Life Aktivist*innen wurden als Opfergabe dem Teufel dargebracht und die geflügelte Kinderfresserin Lilith angebetet wurde, war der Start zum düsteren Biergenuss. Durch immer lauter werdenden „Ave Maria“ Singsang wurde die Aktion passend von den Fundamentalist*Innen unterstützt. Das gruselige Murmeln endete abrupt als einer der Aktivisten in einem spontanen Ausbruch von Lustfeindlichkeit versuchte unser Bier zu zertreten, was ihm aber nur teilweiße Gelang. Friedlich im Zirkel sitzend wurde unsere Messe ein weiteres mal von quietschenden Reifen und Blaulicht unterbrochen: Die etwa 30 Staatsdiener*Innen, die diversen vorgefahrenen Einsatzfahrzeugen der Polizei entstiegen ärgerten sich, kein Bier in der Sonne trinken zu können und sahen sich gezwungen einen verwirrten Platzverweis auszusprechen. „Unseren Müll“ (die Bibel) mussten wir auf Befehl des zuständigen Einsatzleiters mitnehmen.
Huldigt die Mutter der Huren!
Gründet einen Hexenzirkel!