Mit einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung endete die Verhandlung vor dem Frankfurter Amtsgericht gegen einen mutmaßlichen Steinewerfer während der Proteste gegen die Eröffnung der neuen EZB-Zentrale am 18. März 2015. Der 26-jährige Kunststudent aus Italien soll sich mit einem Wurf in Richtung eines Polizeifahrzeugs des schweren Landfriedensbruchs schuldig gemacht haben.
Vor eineinhalb Jahren kamen mehrere tausend Menschen aus ganz Europa in Frankfurt zusammen, um anlässlich der EZB-Eröffnung gegen die Sparmaßnahmen und Verarmungspolitik von EU und Troika zu demonstrieren. Am Vormittag des 18. März kam es zu militanten Auseinandersetzungen in weiten Teilen der Frankfurter Innenstadt.
Gegen 9 Uhr soll der Angeklagte aus einer Menschenmenge heraus einen Stein in Richtung eines geparkten Polizeifahrzeuges geworfen haben. Keiner der vier Polizeizeugen aus Dachau konnte dies belegen. Weder konnte zweifelsfrei festgestellt werden, ob es sich bei dem geworfenen Gegenstand um einen Stein handelte, wo der Gegenstand aufkam, noch ob der Angeklagte sich in einer Menschenmenge befand. Die wenigen Foto- und Videoaufnahmen belegten in den Augen der Verteidigung eher das Gegenteil.
Das Urteil stützte sich einzig auf die Aussage eines Polizeifotografen, der aus 40 Metern Entfernung eine kräftige Wurfbewegung des Angeklagten gesehen haben will. Mit welcher Hand der Wurf erfolgte, wusste er nicht mehr. Durch seine auffällige grüne Jacke wurde er kurz nach dieser vermeintlichen Beobachtung festgenommen.
Der Vorsitzende Richter Madsack übernahm in seinem Urteil alle Forderungen der Staatsanwaltschaft, die neben der Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe von 800 Euro vorschlug.
Jona Fritz, Sprecherin der Roten Hilfe Frankfurt, kritisierte das Urteil: „Eine Freiheitsstrafe bei solch einer dünnen Beweislage ist unverhältnismäßig. Das Gericht stützte sich auf die Aussage eines einzigen Zeugen, der seinen Bericht erst Monate später schrieb und sich schon da an fast nichts mehr erinnern konnte.“ Eine Erklärung dafür sieht sie im „hohen Verfolgungsdruck auf Staatsanwaltschaft und Gerichte“. Durch die bislang wenigen Ergebnisse bei der Verfolgung von Straftaten am 18. März 2015 seien sie „unter Zugzwang“.
Die Rote Hilfe Frankfurt ist solidarisch mit dem Angeklagten und stellt sich gegen die Kriminalisierung linker Proteste – heute, morgen und in Zukunft. In den kommenden Wochen finden weitere Prozesse gegen Teilnehmende an den Protesten gegen die EZB-Eröffnung statt.
Infos auf: www.frankfurt.rote-hilfe.de