Zum Outing des Casa Pound Aktivisten Valerio Benedetti

Im April 2017 fand in Rom ein Kongress der rechten italienischen Studentenorganisation Blocco Studentesco statt. Die Jugendorganisation der Bewegung Casa Pound lud NeofaschistInnen aus sechs verschiedenen Ländern ein – unter ihnen die französische Action Francais und die Jugendorganisation der griechischen Partei Goldene Morgenröte.
In dieser Konstellation fiel jedoch noch jemand anderes auf: Valerio Benedetti, aufgeführt als Schriftsteller. Dieser lebt seit mehr als vier Jahren unbehelligt der Raiffeisenstr. 1, in 61231 Bad Nauheim (OT Nieder-Mörlen), promovierte an der Goethe Universität (Frankfurt) und arbeitet an diversen Volkshochschulen in Hessen als Italienischlehrer.
Benedetti ist ein zentraler ideologischer Kopf der Casa Pound. Seine Bücher dienen als ideologische Standardwerke, seine Publizistik, Übersetzungstätigkeiten und Vernetzungsarbeit stehen alle im Zeichen der Gruppe. Durch ihn werden neben dem simplen erwirtschaften von Geld, vor allem auch internationale Unterstützungsnetzwerke aufgebaut.
Da es sich bei Casa Pound im Kontext der europäischen Rechtsextremen um eine bedeutende Gruppe handelt, soll im Folgenden kurz auf diese eingegangen werden.

Blut an den Händen: Casa Pound

Bei Casa Pound Italia handelt es sich um eine 2003 gegründete rechtsradikale Bewegung, bei der es sich um traditionell ausgerichtete FaschistInnen handelt, die sich betont modern geben. Hierbei nutzen sie neben modernen Kommunikationsmedien aktuelle, ästhetische Ausdrucksweisen progressiver Jugend- und Protestkulturen. Internationale Bekanntheit erlangen sie in der europäischen rechtsextremen Szene durch das Besetzen von leerstehenden Häusern, die sie als Nationale Zentren nutzen. 2013 trat Casa Pound das erste Mal als Partei zur Wahl in Italien an und verfügt mittlerweile über diverse VertreterInnen in sechs Kommunalparlamenten. Ebenfalls 2013 hat sie ihre Parteistützpunkte auf fast 100 verdoppelt und ihre Mitgliederzahl, die sich laut eigenen Angaben auf ca. 6.000 Personen beläuft ist stark gewachsen.
Die Mitglieder von Casa Pound verstehen sich als FaschistInnen und berufen sich auf die äußerst gewalttätige Bewegungszeit der sogenannten Schwarzhemden unter Benito Mussolini von 1919 bis 1922. Dementsprechend ist ihr Auftreten von gewalttätigen Übergriffen auf Andersdenkende und Auseinandersetzungen mit der Polizei geprägt. So waren AnhängerInnen von Casa Pound wiederholt an Ausschreitungen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen beteiligt. Angesichts ihres Rassismus, den sie mit dem Begriff des Ethnopluralismus verschleiern, kam es auch immer wieder zu Übergriffen und Morden an Flüchtlingen aus den Reihen ihrer AnhängerInnen.
Neben den gewaltsamen Übergriffen versucht sich die Gruppierung in der Weiterentwicklung extrem rechter Ideologie und der Wiederauffrischung faschistischer Denker. Benedetti fällt hierbei besonders auf. Durch Buchveröffentlichungen zu Giovanni Gentile, dem zentralen „Philosophen des Faschismus“ unter Mussolini, oder zum „Korporatismus des 3. Jahrtausends“. Beide Bücher gehören zum Kanon der Gruppe und der Erlös geht direkt in die Bewegung über. Benedetti ist neben diesen Veröffentlichungen an einer Vielzahl von Publikationen der extremen Rechten beteiligt, arbeitet eng mit dem ehemaligen Rechtsterroristen Gabriele Adinolfi zusammen.

Ein italienischer Neofaschist in Frankfurt

Valerio Benedetti legte im Jahr 2015 seine Doktorarbeit am Internationalen Graduiertenkolleg für Politische Kommunikation von der Antike bis ins 20. Jahrhundert ab, das an das Historischen Seminar des Fachbereich 08 für Philosophie und Geschichtswissenschaften der Goethe-Universität in Frankfurt angebunden ist. Neben seiner universitären Karriere fing Benedetti an unter seinem richtigen Name ideologische Beiträge zu verfassen, Vorträge zu halten und für die rechte Internetzeitung der Casa Pound Il Primato Nazionale Artikel zur politischen Lage in Deutschland schreiben.
Darüber hinaus scheint er sich im Rhein-Main-Gebiet nicht nur mit dem Verfassen von Blogeinträgen zu beschäftigten, sondern hat hier bereits seit einiger Zeit damit begonnen, sich mit neurechten Strukturen in Deutschland zu vernetzen und auszutauschen. Ein Beispiel dafür ist das Interview mit Philipp Stein, das Valerio Benedetti geführt und ins italienische übersetzt hat oder eine jüngst veröffentlichte Radiosendung, an der Valerio Benedetti und Philipp Stein teilnahmen. Philipp Stein ist ein enger Vertrauter von Götz Kubitschek und hat gemeinsam mit ihm die Ein-Prozent-Bewegung ins Leben gerufen. Darüber hinaus ist Stein Verleger des Jung Europa Verlags für den Valerio Benedetti unter seinem Psyeudonym „Ettore Ricci“ schon mehrfach veröffentlicht hat.
Unter diesem Pseudonym veröffentlicht er Texte auf verschiedenen Internet-Blogs, die ihm während seiner Promotionsphase hätten schaden können. So im Juli 2013 auf dem neurechten Internetblog „Blaue Narzisse“ ein deutscher Artikel, der sich mit Casa Pound beschäftigt.
Benedetti pflegt gute Kontakte in Deutschland. So hat er einen guten Draht zu Felix Menzel, der ebenso wie Kubitschek zu den Stichwortgebern der Neuen Rechten gehört und in der Vergangenheit beispielsweise in der „Projektwerkstatt“ von Andreas Lichert (AfD) in Karben zu Gast war. Menzel ist Gründer und Herausgeber der Blauen Narzisse und gilt als wichtige Figur in Bezug auf die sogenannte „Identitäre Bewegung“.
Neben seinem Treiben als Publizist der neuen Rechten scheint Valerio Benedetti ein sehr prekäres Dasein zu pflegen. So arbeitet er als Italienischlehrer an Volkshochschulen (VHS) im gesamten Rhein-Main-Gebiet, bei der VHS Frankfurt, VHS Wetzlar, VHS Wetterau und der VHS Main-Kinzig. Darüber hinaus hielt er zwei Vorträge zur antiken Geschichte Roms und der aktuellen politischen Situation in Italien, die in Zusammenarbeit von der DGB nahen Landesarbeitsgemeinschaft „Arbeit und Leben Offenbach Stadt“ und der VHS Offenbach organisiert wurden. Es ist davon auszugehen das Valerio Benedetti sein Leben von diesen Beschäftigungen auf Honorarbasis finanziert.
Wenn ihr Informationen habt, wendet euch gerne an euch bekannte und/oder organisierte Antifastrukturen. Bei Infos aus dem Rhein-Main Gebiet freuen wir uns über eine E-Mail an:
antifa_recherche_ffm@riseup.net
Antifa Recherche Ffm (09.06.)

Kleiner Zusatz aus der Frankfurter Rundschau vom 14.06.:
…Der Besuch kam unangemeldet – wie fast immer, wenn die Antifa mit von der Partie ist. Am vergangenen Freitag gegen 15.30 Uhr, so schildern es das Polizeipräsidium Südosthessen und die Leitung der Offenbacher Volkshochschule (VHS) übereinstimmend, stürmen etwa 20 bis 30 vermummte Personen eine Veranstaltung im Raum 2-09 des VHS-Gebäudes an der Berliner Straße, werfen Tische um und verteilen Flugblätter. Bis dahin hatte der Vortrag über die Ansiedlung der Ostgoten im antiken Italien lediglich zwei Zuhörer angezogen. Doch den Besuchern aus der örtlichen linken Szene geht es nicht um das Thema des Vortrags, sondern um den Referenten: Valerio Benedetti.