Der Feind steht links

Seit den Protesten zum G20-Gipfel im Sommer 2017 stehen linke Zusammenhänge und Räume bundesweit stärker im Fokus medialer und repressiver Angriffe. Strukturen und Zusammenhänge, die sich staatlicher Kontrolle und seinen „Spielregeln“ entziehen, sollen niedergehalten und in „gute“ und „böse“ Aktivist*innen gespalten werden. Dafür konstruieren die Behörden auch so manche angebliche „Vereinigung“ zusammen – Hauptsache, man kann eine große Publicity-Show aus dem angeblichen Problem „Linksextremismus“ machen und hinterlässt möglichst große Schäden in der Bewegung. Der Hauptgrund für die schon inflationäre Anwendung der §129 dürfte allerdings die Ausforschung unserer Strukturen sein – gibt es den Bullen doch die Befugnisse, quasi geheimdienstlich zu ermitteln. Da sich bei der Fülle von Repressionsschlägen mal schnell der Überblick verlieren lässt, versuchen wir, ihn an dieser Stelle herzustellen:
Frankfurt
17.06. Hausdurchsuchung durch das BKA wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB). Die bei dieser Anschuldigung ermittelnde Bundesanwaltschaft wirft Straftaten im Rahmen der Aktionen gegen das Bundesverwaltungsgericht am 1. Januar 2019 in Leipzig vor. Ermittelt wird laut Beschluss gegen einen Beschuldigten, der nicht in Haft genommen wurde, und mindestens zwei Unbekannte. www.129a.info
Stuttgart
2.07. In mehreren Städten BaWüs gab es Hausdurchsuchungen und die Verhaftung von Jo. Die Durchsuchungen stehen in Zusammenhang mit einem antifaschistischen Angriff gegen die faschistische Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“ aus dem Blood & Honour Umfeld. Am 4. November wurde zu gleichlautendem Vorwurf der Genosse Dy festgenommen. Jo und Dy sitzen immer noch in U-Haft.
Hamburg – Gemeint sind wir alle
31.08. die Bullen durchsuchen 28 Objekte und den Linken Stadtteilladen „Lüttje Lüd“ in Hamburg. Beschuldigt werden 22 Personen, sie sollen vermeintliche Mitglieder des Roten Aufbaus und somit Teil einer kriminellen Vereinigung nach §129 sein. Gemeint sind wir alle
Berlin/Athen
16.09. In Berlin und Athen werden mehrere Wohnungen sowie die anarchistische Bücherei KALABAL!K unter dem Vorwurf der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ nach §129 StGB im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchsucht. In Athen werden drei Menschen festgenommen, aber vorerst wieder freigelassen. In Berlin sind fünf Menschen betroffen, die beschuldigt werden, 2016 eine konspirative und kriminelle Vereinigung gegründet zu haben oder darin Mitglied zu sein. Es handelt sich hierbei um ein wildes Konstrukt aus herbeifantasierter Gefährlichkeit und es wurden verschiedene, teils eingestellte Verfahren in den Durchsuchungsbeschluss eingefügt, um das Verfahren aufbauschen zu können und weitreichende Befugnisse zu erhalten.
Nürnberg – No Cops, no stress
7.10. Im Sommer 2019 werden nach schikanösen Kontrollen Bullen verbal aus dem Jamnitzer Park in Nürnberg-Gostenhof vertrieben – kein Bulle wurde auch nur berührt. Jetzt aber werden Menschen verurteilt, weil sie sich laut Staatsanwalt der Polizei gegenüber ablehnend verhalten und dies laut geäußert hatten. Dies müsse mit der vollen Härte des Staates bestraft werden. Einer der beiden Angeklagten wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten verurteilt, der andere zu einem Jahr und 3 Monaten. Beide Freiheitsstrafen wurden nicht zur Bewährung ausgesetzt. Für die beiden Genossen gibt es jetzt ein Soli Konto bei der Roten Hilfe:
https://aufdersuche.blackblogs.org/
Dannenröder Wald – free them all
Siehe Artikel Seite 9
Indymedia.linksunten
12.10. Die Zerschlagung von Indymedia.Linksunten ist um eine Kuriosität reicher. Zur Erinnerung: Das Innenministerium erfand, einen die Webseite betreibenden Verein, den sie anschließend verbot. Gegen dieses Verbot hätte nur der betroffene Verein – den es ja nicht gibt – klagen können … Kafka hätte es nicht besser schreiben können. Nun hat ein Gericht nach über drei Jahren festgestellt, dass zumindest die polizeiliche Durchsuchung des Autonomen Zentrums KTS in Freiburg rechtswidrig war. Toll, so ein Rechtsstaat.
Leipzig – Freiheit für Lina
Bereits am 10.06. hatte es eine großangelegte Durchsuchungswelle in Connewitz gegeben. Die Begründung für den Durchsuchungsbeschluss und diverse DNA-Entnahmen im Juni lasen sich wie ein Flickenteppich, an dessen Ende es hieß: alle (Beschuldigten) seien linkspolitisch motiviert …
Am 5.11. führte die Generalbundesanwaltschaft nun einen Einsatz gegen Antifas in Leipzig durch.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, an mehreren Angriffen auf Faschisten beteiligt gewesen zu sein, beziehungsweise selbige geplant und vorbereitet zu haben. Ergänzt wird das Ganze durch den obligatorischen Vorwurf, eine kriminelle Vereinigung nach § 129 StGB gegründet zu haben, deren Ziel es sein soll “Angriffe gegen Personen der rechten Szene durchzuführen”. Eine Person sitzt seitdem in U-Haft. Spenden und Post über: https://freiheitfuerlina.noblogs.org/
Hamburg – Rondenbarg-Komplex
In Kürze sollen die ersten Prozesse gegen Angeklagte im Rondenbarg-Verfahren beginnen. Zur Erinnerung: Während des G20-Gipfels in Hamburg hatten Bullen einen Marsch aus dem Camp im Volkspark in kürzester Zeit mit großer Brutalität zerschlagen. Zusätzlich zum körperlichen Angriff im Sommer 2017 erfolgt jetzt auch noch ein juristischer, indem die Angegriffenen angeklagt werden. Auch in Zürich soll Menschen deswegen der Prozess gemacht werden.
https://rondenbarg-prozess.rote-hilfe.de/
Am Samstag, den 5.12., wird es im Zuge des beginnenden Rondenbarg-Prozesses, ergänzend zum Aktionstag am 28. November eine bundesweite Soli-Demo in Hamburg geben. Es geht um ein klares Zeichen gegen Vereinzelung und Passivität für eine praktische und kollektive Solidarität
Zeigt euch solidarisch, schreibt den Gefangenen, unterstützt die Initiativen, führt die Kämpfe fort.

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