„Corona-Rebellen“!?

Seit einem knappen halben Jahr finden in Frankfurt Proteste gegen die Corona-Maßnahmen statt. Neben vielen kleineren Kundgebungen die u.a. von dem extrem rechten Streamer Henryk Stöckl initiiert wurden, waren es vor allem drei Veranstaltungen, die mit höheren Teilnehmer*innenzahlen aufwarten konnten.
Darunter ein „Hygiene-Spaziergang“ am 9. Mai, ca. 350 Personen, die sich den „Corona-Rebellen“ zuzählten, zogen hier durch die Frankfurter Innenstadt. Ein Lable, was sich vornehmlich via Messengerdienste vernetzt und de facto keine feste Struktur hat. Dabei war auch der Heusenstammer AfD-Politiker und Holocaustleugner Carsten Härle, des Weiteren hatte eine Teilnehmerin eine schwarz-weiss-rote Reichsfahne dabei. Am 16. Mai lud der ehemalige Occupy-Aktivist Hajo Köhn, der sich zu diesem Zeitpunkt bei Widerstand2020 organisierte, zur Kundgebung auf den Frankfurter Rossmarkt. Dem Aufruf folgten ca. 300 Personen. Hier war neben Carsten Härle, auch Heidi Mund, sowie diverse Personen mit antisemitischen Patches oder Shirts des verschwörungsideologischen Qanon.
Nachdem Querdenken mit Kundgebungen in Stuttgart erste Erfolge feiern konnte, etablierte sich das Label und es wurden Ableger in u.a. Darmstadt gegründet. Eine weitere Etablierung erfolgte durch die Demonstrationen in Berlin. Mittlerweile hat sich auch in Frankfurt ein Ableger gegründet. Nach kleineren Veranstaltungen mobilisierte dieser am 15. August zum Frankfurter Rossmarkt. Geworben wurde hierbei u.a. mit Samuel Eckert, der bereits bei mehreren Querdenken-Veranstaltungen als Redner auftrat, darunter auch bei den Demonstrationen in Berlin. Dem Aufruf folgten ca. 500 Personen. Die ganze Veranstaltung wirkte auf gewisse Weise absurd und skurril. Ein Ordner im Shirt des NS-Rapper Chris Ares stand neben Teilnehmer*innen mit Regenbogenfahnen oder auch mit „Gib Gates keine Chance“-Patches. Moderator und Teilnehmende riefen im Wechsel „Frieden“ und „Freiheit“, während ein Teilnehmer mit „Merkel muss weg“-Aufkleber auf dem Hemd, dabei die geballte Faust hob.
Das Ganze wirkte auch etwas sektenhaft, die Teilnehmenden wurden mit einem Komplettprogramm bespaßt, in welches sie teilweise miteinbezogen wurden. Für Musik wurden Janin Devi und André Maris eingeladen. Neben der schwer zu ertragenden Pop-Musik, die mit den gängigen Schlagwörtern der Szenerie versetzt war, fügte Maris zu: „Ich sehe hier keine Nazis, sondern nur wunderschöne Menschen“, na dann. Auch Samuel Eckert unterstrich das Gefühl, hier bei einer Art Sekte zu sein. Er ratterte seine Beiträge phrasenweise runter, immer wieder versetzt mit gängigen Phrasen und Schlagworten. Bei den „Pointen“ oder bei Appellen wurde er langsamer und lauter. Letztendlich bemühte er immer wieder „die Wahrheit“. Das Publikum war begeistert.
Ernüchternd war an dem Tag vor allem der kaum vorhandene Protest gegen diese Veranstaltung. Wenn sich so viele Anhänger*innen von Verschwörungstheorien, die mit Rassismus und Antisemitismus durchsetzt sind, so ungestört treffen können, ist das ein massives Problem. Für den 19. September haben Querdenken 69 ihre nächste Veranstaltung angekündigt. Ein „Fest für Freiheit und Frieden“ soll ab 15.30 Uhr im Günthersburg Park (Eingang: Palmengarten) stattfinden. Dieser Text ist nur ein erster kurzer Abriss, mehr zum Thema wird folgen, bis dahin seien die zwei angegebenen Artikel empfohlen:
Im Antifaschistischen Infoblatt #127 ist der Artikel „Corona-Diktatur?“ über Grundrechte, antidemokratisches Denken und extrem Rechte in Pandemie-Zeiten erschienen.
Auch online: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/corona-diktatur
Zu den Protesten der selbsternannten „Corona-Rebellen“ in Hessen, NRW und RLP ist in der Lotta #79 ein Ausführlicher Artikel. Auch dieser ist online Abrufbar:
https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/masken-runter

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