Die Partei „die Rechte“ in Hessen

Über den Aufbau neuer Strukturen der Partei die Rechte in Hessen

Wegen angeblicher „Hetze gegen Rechts“ demonstrierte die Partei „die Rechte“ am 20. Juli durch Kassel. Erst vor einigen Wochen stellte sich der Landesverband der Partei, die bisher in NRW die meiste Relevanz besitzt, in Hessen neu auf. Die neuen Funktionäre stammen aus dem nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis.

Die neonazistische Partei „die Rechte“, welche seit Bestehen vor allem durch Provokationen mediale Präsenz erreicht, bleibt bei ihrer Strategie und mobilisierte ihre AnhängerInnen am 20. Juli nach Kassel. Den Aufmarsch nannte die Partei den Start einer „Gegenoffensive“, um der angeblich medialen Hetze gegen rechte Positionen im Nachgang der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke entgegenzutreten. Tatsächlich tat die Partei mit dieser Demonstration unverhohlen ihr Unterstützung für den Mörder Stephan Ernst kund und wählte erneut das Mittel von Provokation und Bedrohung. Trotz großem Protest konnte der Aufmarsch von 120 hauptsächlich aus NRW und Rheinland-Pfalz angereisten Neonazis nicht verhindert werden.

Anmelder der Demonstration in Kassel war der Gründer der Partei „die Rechte“ Christian Worch. Gemeinsam mit ehemaligen Mitgliedern der DVU gründete er 2012 „die Rechte“. Wirkliche Relevanz in der rechten Szene erlangte die Partei allerdings erst, als sie zum Auffangbecken und zur Ersatzorganisation für Mitglieder der verbotenen Organisationen „Kameradschaft Aachener Land“, „Kameradschaft Hamm“ und „Nationaler Widerstand Dortmund“ wurde. Seit 2018 dominieren die ehemaligen Kamderadschafts-Kader aus NRW auch den Bundesvorstand der Partei.

Hessischer Landesverband

Ein hessischer Landesverband wurde erstmals 2012 vom ehemaligen NPD Mitglied Pierre Levien im Main-Kinzig Kreis gegründet. Obwohl es Pierre Levien 2013 sogar in den Bundesvorstand der Partei schaffte, war der Erfolg in Hessen mäßig bis nicht vorhanden. Lediglich im Main-Kinzig Kreis konnte die Partei erwähnenswerte Strukturen aufbauen. Anfang 2014 wurden aus diesem Grund Konsequenzen gezogen. Der Landesvorstand trat zurück, die Kreisverbände wurden aufgelöst, angeblich um sich neu zu organisieren und auf größere Bezirke auszuweiten. Leviens Nachfolger als Landesvorsitzender wurde der bis dahin nahezu unbekannte Christian Göppner aus Marburg. Doch bereits wenige Wochen später gab der Landesverband bekannt, die Parteiarbeit „nahezu vollständig einzustellen“ und sich unter dem Namen „National Sozialisten Main-Kinzig“ organisieren zu wollen.

Im August 2017 gründete die Partei dann erneut einen Landesverband. Wieder stand der Main-Kinzig-Kreis im Zentrum, Ortsgruppen wurden nach eigenen Angaben auch noch in Marburg und Wiesbaden gegründet. Neuer Landesvorsitzender wurde erneut Christian Göppner aus Marburg. (BILD). Viel passiert ist seitdem nicht, weder auf Landesebene noch in den Ortsgruppen war irgendeine Form von Parteiarbeit zu bemerken, auch ließen sich Personen nicht bei Aufmärschen der Partei o.ä. blicken.

Neuer Anlauf

Am 24.März 2019 wurde Mike Guldner (Landesvorsitzender), sowie Tim Schmerer und Bastian Sure (beide Beisitzer) aus Nordhessen an die Spitze des Landesvorstandes gewählt. Alle drei kommen aus dem Schwalm-Eder-Kreis und sind seit vielen Jahren aus der Neonaziszene bekannt. In den vergangenen Monaten nahmen Guldner und Schmerer an diversen Aufmärschen teil. Unter anderem am 11.10. in Bielefeld bei einer Demonstration der „die Rechte“ für die in der JVA inhaftierte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Am Europawahlkampf beteiligten sie sich durch das Aufhängen von antisemitischer Wahlwerbung ihrer Partei in der Region.

In Teilen Nordhessens besteht durchaus ein Personenpotenzial für Parteien wie „die Rechte“. Vor einigen Jahren wurde dies vor allem im Schwalm-Eder-Kreis deutlich. Die „Freien-Kräfte-Schwalm-Eder“ (FKSE) machten mit gewalttätigen und militanten Aktionen auf sich aufmerksam. So verübten Mitglieder des FKSE einen Anschlag auf ein Zeltlager der „Linksjugend solid“ bei dem ein 13-jähriges Mädchen mit einem Spaten schwer verletzt wurde. Ob es ihnen in Zukunft allerdings gelingen wird, in (Nord-)Hessen eine politisch relevante und tragfähige Struktur aufzubauen, darf stark bezweifelt werden.

Schwerer Stand für neonazistische Parteien in Hessen

Rechte Parteien mit Ausnahme der AfD haben es schwer in Hessen, wie die vergangenen Jahre zeigen. Auch wenn seit vielen Jahren eine militante organisierte Naziszene in Hessen aktiv ist, hat es in den letzten Jahren keine Partei geschafft, ernsthafte Erfolge zu vermelden, die über einzelne Ereignisse hinausgehen. Zuletzt scheiterte der III. Weg in der Region Fulda damit, sich zu etablieren. Auch die hessische NPD ist seit Jahren in einem desaströsen Zustand und besteht mittlerweile nur noch aus einer Hand voll aktiver Personen. Um überhaupt noch den Eindruck erwecken zu können, landesweit präsent zu sein, wurden in den letzten Jahren diverse Kreisverbände zusammengelegt. Die Wahlergebnisse bei der Europawahl unterstreichen dann auch, dass die NPD momentan weder eine Basis, noch erwähnenswertes Personal, noch Relevanz besitzt, welches ihnen von der „Die Rechte“ streitig gemacht werden könnte.

Demnach wird es auch vermutlich der Partei „die Rechte“ nicht gelingen, sich ernsthaft zu etablieren. Die Nähe der Partei insgesamt zur militanten Naziszene macht sie in der Region zumindest für ein Spektrum interessant, welches die NPD in Hessen nicht für sich gewinnen kann. Die militante Neonaziszene in (Nord-)Hessen hat aber durchaus gezeigt, dass sie keine erfolgreiche Partei braucht, um eigene Strukturen aufzubauen und Anschläge zu verüben. Dies zeigen nicht zuletzt die Verstrickungen beim Mord Walter Lübcke nur zu deutlich.
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